Die eigene Presse-Seite – professionelle Öffentlichkeitsarbeit im Netz Teil 2

Im ersten Artikel dieser kleinen Serie ging es um Sinn und Nutzen von Presseseiten bzw. Presseinformationen. Es wurden das Thema Transparenz und die Wichtigkeit von regelmäßigen Inhalten angesprochen.

Im zweiten Teil geht es heute um Tipps zum Mehrwert von Presseinformationen und es wird gezeigt, welche weiteren Möglichkeiten es neben der klassischen Presseseite gibt.

Jessica Schmidt (30) arbeitet als PR-Beraterin bei GlobalCom PR-Network in München. Sie verdingte sich während ihres Studiums der Soziologie zunächst einige Jahre als freie Journalistin, bevor sie auf “die andere Seite” der Öffentlichkeitsarbeit wechselte.

Mehrwert ist mehr wert

Reichert eure Presseseite noch weiter an, indem ihr für eure Zielgruppe nützliche Mehrwertinformationen anbietet. Das können ganz klassisch Produktbroschüren und Referenzberichte sein.

In ersteren stellt ihr euer Produkt oder eure Dienstleistung vor. Bei einem Referenzbericht geht ihr den indirekten Weg und illustriert an einem konkreten Projektbeispiel wie euer Produkt oder Service beim Kunden umsetzt wurde, warum der Kunde euch gewählt hat und zu welchen Erfolgen das Projekt geführt hat.

Aber auch Artikel, bei denen ihr zu einem Fachthema euer Wissen zusammen tragt, genauso wie ich es hier gerade tue, sind sinnvoll.

Achtet darauf, dass ihr einfach und verständlich schreibt und informationsleere Phrasen (Marketing-Blabla) vermeidet. Wenn einige Dokumente, beispielsweise Produktbroschüren, aus eurer Sicht besser in andere Bereiche der Website passen oder dort bereits vorhanden sind, ist eine Verlinkung auf der News-Seite sinnvoll.

Hier einige Beispiele:

Presse-Seite - professionelle Öffentlichkeitsarbeit im NetzFür eine Produkt-Broschüre: Anydoc Software bietet die Broschüre auch als designtes Dokument im PDF-Format an. Das ist schön, aber kein Muss.

Für einen Referenzbericht: BSI präsentiert eine Kurzform in HTML. Detailliertere Ressourcen stehen als PDF zum Download bereit.

Für Fachartikel findet Ihr hier bei Peer jede Menge gute Beispiele.

Jetzt werden einige vielleicht denken: warum sollte ich mein Wissen anderen kostenlos zur Verfügung stellen? Nun, das zahlt sich womöglich nicht unmittelbar aus. Aber in der Regel führt diese “Prestige-Arbeit” langfristig zu einem Gewinn für die eigene Marke – indem ihr euch als Experte für ein Thema positioniert, indem Neukunden zu Neukunden werden, weil sie da mal was von euch gelesen haben oder oder indem ihr über Feedback an nützliches Hintergrundwissen oder Kontakte für zukünftige Projekte kommt. Wissen für andere zur Verfügung stellen ist ein essenzieller Baustein in der Öffentlichkeitsarbeit und beim Aufbau einer Marke.

Das geschriebene Wort ist nach wie vor der wichtigste Part professioneller Öffentlichkeitsarbeit. Aber auch Information in Form von Multimedia bereichert eine News-Seite.

Toll finde ich zum Beispiel Video-Tutorials, wie oben schon beschrieben. Videos lockern auf und geben dem Publikum gefühlt einen noch tieferen Eindruck von einem Unternehmen. Dabei müssen die Filme gar nicht aufwendig gemacht sein, das finde ich eher langweilig.

Das Beispiel von oben – die Firma BSI – stellt sich beispielsweise mit einigen iPhone-Clips potenziellen neuen Mitarbeitern vor.

Dabei führt der CEO höchstselbst den Besucher durchs Büro. Das ist spontan und sympatisch.

Neben Videos könnt ihr natürlich auch Podcasts bereitstellen. Das IT-Beratungshaus Criquent macht das zum Beispiel sehr geschickt: sie stellen Referenzberichte in hörbarer Form bereit und Zitate werden von den Zitatgebern selbst gesprochen, was dem eigentlich trockenen Inhalt ein wenig auflockert. Beim Hören des Podcasts merkt man gar nicht, welch langen Text man da eigentlich konsumiert. Müsste man diese zwei, drei A4-Seiten lesen, würde das vielleicht abschrecken.

Tue Gutes und sprich darüber

Erfolge wollen kommuniziert werden – das gilt nicht nur für erfolgreich abgeschlossene Projekte, die Ihr in Referenzberichten vorstellt, sondern auch für Artikel in der Presse und auf Blogs. Eure so genannten “Clippings”, also Artikel über und/oder von euch, über euer Produkt und Projekte in den Medien und auf Blogs, solltet ihr auf eurer Presseseite veröffentlichen. Hier hat sich die Form einer fortlaufenden Liste etabliert, bei der der aktuellste Artikel oben steht, ganz ähnlich, wie bei einer Blogroll.

Ein schönes Beispiel findet Ihr bei Shutterstock.

Auch hier gilt es wieder rechtliche Kriterien zu beachten. So darf man in der Regel Artikel nicht im vollständigen Originalwortlaut veröffentlichen, also Print-Artikel auch nicht als Scan. Das verstößt gegen das Urheberrecht, es sei, denn Ihr habt die schriftliche Genehmigung des Verlags zur Weiterverwertung. Dieses Verbot greift übrigens meistens auch, wenn der Artikel ursprünglich von euch stammt. Dann liegt das Urheberrecht zwar bei euch, aber als Autor gibt man in der Regel das Verwertungsrecht an das Medienhaus ab. Also guckt in die Vertragsbedingungen und versichert euch im Zweifelsfalle rück. Zwar habe ich noch von keinem Fall gehört, wo ein Verlag einen Webseitenbetreiber zur Unterlassung aufgerufen hat – wo kein Kläger, da kein Richter – aber theoretisch wäre es möglich.

Am besten also, ihr lasst euch für eure Clipping-Liste jeweils eine knackige Überschrift einfallen, schreibt einen kurzen Anreißer, eventuell mit ein wenig Hintergrundinfo, wie es zu dem Artikel kam und verlinkt schließlich auf das Original. Bei Print-Artikeln muss halt ein Verweis auf die Ausgabe genügen.


Die Frage der Form

  • Klassische Presseseite
    Damit sind wir schon beim letzten Punkt angekommen: die formalen Gesichtspunkte der News-Seite. Ultimativrezepte gibt es auch hier nicht mehr. Der “klassische” Weg ist sicher nach wie vor die Integration der News-Seite als Unterseite in die Unternehmens-Website. Das macht vor allem dann Sinn, wenn ihr euch nicht viel Aufwand machen wollt, nicht die Zeit für die Pflege einer umfangreichen Site habt oder einfach auch nicht die Masse an Content. Dann, finde ich, sollte man sich auch nicht verkünsteln und das Minimum an Content – Pressemitteilungen (mindestens eine pro Monat), Bilder, Unternehmensprofil und Kontakt – auf einer einfachen Webseite übersichtlich bereitstellen.
  • Unternehmens-Blog
    Neuere Ansätze ziehen Presseseiten in Form eines Blogs auf, der als eigenständige Website im Internet steht. Solche Seiten folgen nicht nur in formalen Gesichtspunkten dem Look and Feel eines Blogs, sie basieren auch häufig auf Blog-Tools wie WordPress. Der Vorteil liegt sicher in der einfachen Pflege eines solchen Presse-Blogs. Allerdings lebt ein Blog von den Inhalten. Ihr braucht also den Content und die Zeit, regelmäßig Inhalte zu veröffentlichen. Das können dann aber durchaus auch mal Posts zum aktuellen Branchengeschehen sein, die nicht unbedingt den formalen Kriterien einer Pressemitteilung entsprechen müssen.

    Überlegen sollte man sich an dieser Stelle auch, ob man den Traffic und die Links auf eine separate Site lenken oder lieber auf der Unternehmens-Website haben möchte. Denn Presseseiten sind durch ihren regelmäßigen, neuen Content, die hohe Textdichte und die Verlinkung, zum Beispiel von Presseportalen, auch eine schönes SEO-Instrument.

    Darüber solltet ihr euch Gedanken machen, ob eure Zielgruppe Inhalte von einem Blog konsumieren kann und will. Das ist aus meiner Sicht ein bedeutender Faktor, denn auf einem Blog sind Informationen anders aufbereitet als auf einer Webseite. Das überfordert mit dem Web 2.0 wenig vertraute Nutzer womöglich. Außerdem erwartet ein Großteil der deutschen Journalisten die “Informationsbelieferung” nach wie vor in Form einer Pressemitteilung.

    Presse-Seite - professionelle Öffentlichkeitsarbeit im NetzEin schönes Beispiel für einen Presse-Blog findet Ihr bei Fujitsu. Hier gibt es eine große Bilddatenbank, alle Pressemitteilungen und Pressemappen zu Events (darin sammelt man event- oder produktspezifisch mehrere Pressematerialien wie Pressemitteilungen, Produktdatenblätter und Unternehmensprofil).

  • Social Media Release
    Außerdem sind ausgewählte Informationen bei Fujitsu als Social Media Release aufbereitet. Das Social Media Release wurde vor etwa zwei Jahren heiß diskutiert, ist aber aus der deutschsprachigen Fachdiskussion mittlerweile so gut wie verschwunden.

    Das liegt möglicherweise daran, dass sich das Ganze im deutschsprachigen Raum bisher nicht so recht durchgesetzt hat. Denn der deutsche Journalist zieht es immer noch vor, eine Information in Form einer klassischen Pressemitteilung zu bekommen. Das ist zumindest meine Erfahrung aus dem IT-B2B-Bereich. In einer Pressemitteilung ist die News idealerweise schon inhaltlich so aufbereitet, dass man den Text kopieren und einfügen kann, wenn nötig – für einen News-Journalisten mit chronischem Zeitmangel ein essenzieller Faktor.

    Das Social Media Release bereitet dagegen die Information eher fragmentiert auf (und ist damit für Blogger, Partner und Kunden wohl eher uninteressant). Die wichtigsten Inhalte sind in Stichpunkten aufgelistet und Zitate sind aus dem Textzusammenhang heraus gelöst. Außerdem gibt es meistens weiterführende Links sowie Bilder und Multimedia-Dateien als Download. Ein Social Media Release ist daher praktisch als Ausgangspunkt für eine Recherche oder als Ressource für einen längeren Artikel. Außerdem kann eine Social Media Release als Ergänzung zu einer klassichen Pressmitteilung fungieren.

  • Vernetzung
    Zum Schluss möchte ich noch ganz kurz auf das Thema Vernetzung eingehen. Als Selbständige im Netz sind die Kanäle Twitter, Facebook, Mr. Wong und Co. sicher kein Neuland für euch. Wenn ihr diese Kanäle nutzt, solltet ihr sie auch für eure Öffentlichkeitsarbeit einsetzen. Postet also beispielsweise Event-Hinweise oder einen Link auf euren neuesten Fachartikel auch auf Twitter und Facebook.

    Darüber hinaus solltet ihr eurem Publikum die Möglichkeit geben, Inhalte über die genannten Kanäle zu verbreiten bzw. Streams zu abonnieren. So gehören die kleinen Verknüpfungen zu Twitter, Digg und Facebook für mich mittlerweile zum Standard auf einer Website. Je einfacher man es mir macht, interessante Informationen an mein Netzwerk weiter zu geben, desto eher werde ich dies auch tun.

Zusammenfassung: Erst die Basics sauber umsetzen

Das war ganz schön viel Information. Aber man muss ja nichts über’s Knie brechen. Setzt lieber die grundlegenden Dinge um und tastet euch nach und nach an die Add-ons heran, als überhastet einen Rundumschlag zu tun. Vielleicht ist es auch gar nicht notwendig, alle meine oben genannten Wunschkriterien umzusetzen – jedenfalls konnte ich keine News-Seite finden, bei der das der Fall war (Hinweise sehr willkommen!).

Eine interessante Studie habe ich übrigens kürzlich in dem Internet-Marketing-Blog Hubspot gefunden.

Demnach haben Unternehmen, die bloggen, 55 Prozent mehr Besucher und fast doppelt so viele eingehende Links wie Unternehmens ohne Blog. Dabei bezog sich die Umfrage wohlgemerkt auf kleine und mittelständische Unternehmen.

Du hast Interesse einen Gastartikel hier auf “Selbständig im Netz” zu veröffentlichen? Dann einfach eine eMail mit kurzer Vorstellung und Artikelideen an [email protected] senden.

Peer Wandiger

1 Gedanke zu „Die eigene Presse-Seite – professionelle Öffentlichkeitsarbeit im Netz Teil 2“

  1. Super Infos – gut tolle Beispiele!
    Bei meinen Ideenworkshops für Unternehmen und auch bei Gründungsberatung wird mir immer bewusst, die wenig die neue PR Möglichkeiten im Netz bekannt sind. Aber hier sind Beispiele von gelungener PR, die ich auch noch nicht kannte. Danke!
    Ich werde auf diesen Bericht hinweisen.
    Verena Kurth

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