Blog-Netzwerk und Franchising – Interview mit Partysan.net

Blog-Netzwerk und Franchising - Interview mit Partysan.netIch bin ja immer wieder auf der Suche nach Erfolgsgeschichten im Web.

Dabei interessieren mich Millionen-Startups allerdings weniger, sondern kleine aber leidenschaftliche Gründungen, die dann wirklich Erfolg hatten und größer geworden sind.

Tobias Bartels von partysan.net kann so eine Geschichte erzählen. Im Internet sprechen wir über Ideenfindung, Franchising im Netz und Erfolgsfaktoren von Blogs.

Viel Spaß.

1. Hallo Tobias, bitte stell dich meinen Lesern kurz vor.

Hallo Peer, mein Name ist Tobias Bartels, ich lebe und arbeite in München und bin seit gefühlter Ewigkeit im Medien- und Musikgeschäft unterwegs. Irgendwo im Netz habe ich mal die schöne Berufsbezeichnung “Independent Entertainment Professional” gefunden, ich glaube das kommt meiner Tätigkeit schon ziemlich nahe.

Mit meinen Partnern betreibe ich die Webschmiede www.nanosell.de. Wir betreuen die unterschiedlichsten Webprojekte und sind viel als Freelancer bei Kunden oder Projekten unterwegs. Seit gut 12 Jahren betreue ich außerdem als CvD, “Hausmeister” und Webmaster das www.partysan.net Netzwerk.

2. Worum geht es auf deiner Website partysan.net und wie bist du auf diese Idee gekommen?

Blog-Netzwerk und Franchising - Interview mit Partysan.netDie ursprüngliche Idee, die gerade aufblühende Rave Szene mit einem eigenen Magazin im damals noch einzigartigen A6 Pocket / Hosentaschenformat zu versorgen, entstand schon 1994. Die erste Ausgabe hatte noch echten Fanzine Charakter, innerhalb der ersten sechs Monate waren aber schon die ersten Gleichgesinnten in anderen Städten und Bundesländern eingebunden und nur kurze Zeit später gab es 12 monatlich erscheinende Magazine in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

In den darauf folgenden Jahren kamen dann noch einige internationale Ableger in Europa dazu, später erreichten wir sogar Thailand und Australien. Bei einem derart großen Netzwerk, das noch dazu dezentral geführt wurde, waren und sind auch heute noch die Werte elektronische Musik in allen seinen Spielarten samt der dazugehörigen Kultur der gemeinsame Nenner aller PARTYSANen.

Was also als Party & Spaß Fanzine begann hat sich über die Jahre als feste Marke nicht nur im Medienbereich sondern auch im Eventbereich etabliert.  Mich haben die PARTYSANen dann 1998 assimiliert und seit 1999 leite ich den Verlag.

3. Seit wann gibt es partysan.net und wie hat sich die Site seitdem entwickelt?

PARTYSAN.net ist seit August letzten Jahres mit der vierten und neusten Version online. Angefangen haben wir 2000 mit einer ersten Webseite nur mit Artikeln, danach sind Bildergalerien, und eine Community dazugekommen.

Wir haben in der ganzen Zeit so viele Updates und Designänderungen gemacht, dass ich für eine genaue Historie auch erstmal die Way Back Machine bemühen müsste, um das alles nachzuvollziehen.

4. Eine Besonderheit an partysan.net ist ja, dass in einer Art Franchise-System regionale Unterblogs entstehen können. Wie genau funktioniert das?

Wir hatten nie den Anspruch einen starre und konservative Verlagsstruktur im klassischen Sinne aufzubauen. Der Gründergeist hatte eher etwas von einem Kollektiv. Spaß an der Arbeit und der Szene war immer wichtiger als das pure Business. Aus diesem losen Verbund entstand das heutige Franchisesystem. Unsere Partner in den verschiedenen Regionen sind redaktionell und wirtschaftlich eigenständige Unternehmer.

Natürlich braucht man bei dem Volumen das wir inzwischen erreicht haben auch eindeutige Verträge, wir versuchen die Vorgaben aber eher als Leitfaden zu sehen und zwingen niemanden in ein Korsett aus Regeln, Verträgen, Vereinbarungen, Lizenzabrechnungen und unproduktiven Managementstrukturen.

5. Wie verdient ihr Geld? Nur durch Franchise-Gebühren oder gibt es noch weitere Einnahmequellen?

Wir haben das Lizenz- oder Franchise-Geschäft nicht als Gelddruckmaschine interpretiert. Mit den niedrigen Gebühren finanzieren wir Verwaltungsaufgaben und die meisten Maßnahmen rund um die Marke und deren Entwicklung.

Die Kosten für Technik, Hosting und Wartung werden von allen Partner zu gleichen Teilen finanziert. Die überregionale und internationale Vermarktung von PARTYSAN.net ist die Haupteinnahmequelle, wobei unsere Eventabteilung in Berlin nochmals komplett eigenständig ist.

6. Was hat der Franchise-Nehmer davon? Lohnt sich das für ihn auch finanziell?

Der größte Vorteil ist das Netzwerk selbst. Aktuell acht PARTYSAN Redaktionen mit eigenen Teams arbeiten jeden Tag für ihren Teil des Netzwerkes. Jeder einzelne kümmert sich um die Themen und Kunden in seinem Gebiet. So entsteht eine große Webseite mit Inhalten aus allen Bundesländern, Österreich und der Schweiz das von allen Beteiligten genutzt und vermarktet wird.

Jeder kann auf den gesamten Pool von Artikeln, Kontakten und Erfahrungen zugreifen, muss sich aber nur auf seine Region konzentrieren und ist für diese auch verantwortlich.

In welchem Umfang die Partner ihre Region bzw. ihre Lizenz monetarisieren, hängt aber wie bei jedem Selbständigen vom Einsatz, Talent, Durchhaltevermögen und Einfallsreichtum ab.

Die Vorteile für einen Start in die Selbständigkeit liegen auf der Hand. Eine starke Marke, eine erfolgreiche Webseite mit konstanten Besucherströmen und der gesamten Technik und Know-how stehen bereit, die Investition ist die eigene Zeit und Engagement und die harten Kosten für die Zukunft sind überschaubar.

Neue Partner können nach einer ausführlichen Schulung schnell loslegen und alle Vorteile komplett nutzen ohne den harten Weg zu gehen und sich selbst alles von Null an aufbauen zu müssen. Wir haben auch eine “hauseigene” Steuerberaterin, die unser Geschäft seit Jahren kennt und mit Rat und Tat zu Seite steht.


7. Wie vermarktest du partysan.net? Welche Vermarktungsmaßnahmen haben bisher gut funktioniert und welche weniger gut?

Neben den Aktivitäten der verschiedenen Regional Büros und unserer eigenen zentralen Vermarktung arbeiten wir seit 5 Jahren mit www.webcombi.de und anderen Vermarktern für die überregionale deutschsprachige Vermarktung.

An Side Kicks arbeiten wir mit AdSense und einigen wenigen Partner- und Affiliateprogrammen. Der Fokus liegt aber ganz klar auf Präsentation, Kooperation und Advertorials mit Kunden aus der Agentur- und Kulturszene. Daneben haben wir noch die Email Newsletter und natürlich unsere monatlichen Printmagazine.

Wir haben einige schlechte Erfahrungen mit größeren und kleineren Affiliate Anbietern gemacht. Gerade was Testkäufe und Abrechnungen angeht, kann ich nur jedem raten die Augen offen zu halten. Der Spielraum ist groß und die Kontrollmöglichkeiten gering. Natürlich sind es auch hier nur die wenigen schwarzen Schafe, die einem den Spaß verderben, aber das Testen verschiedener Partner lohnt sich.


8. Eure Website ist ein WordPress Multiblog. Was sind deine Erfahrungen damit und wo liegen die Vorteile?

Wir haben im Laufe der verschiedenen PARTYSAN.net Versionen einige Redaktionssysteme verwendet, vom selbst gebauten bis zum fertigen Profitool war alles dabei. Der Wechsel zu WordPress im letzten Jahr war eigentlich eine logische Entwicklung.

WordPress ist nicht nur unglaublich flexibel sondern eben auch Open Source und bietet die Möglichkeit auch in großen Seiten als Redaktionssystem eingesetzt zu werden. Nach einigen Anpassungen haben wir heute ein funktionierendes System, das unsere Anforderungen voll erfüllt.

Die größte Herausforderung war die Distribution überregional relevanter Inhalte auf die vielen verschiedenen Subblogs. Es macht ja keinen Sinn eine veröffentlichte Platte mehrmals zu rezensieren, trotzdem müssen solche Artikel aber auf jedem Subblog verfügbar sein um den gesamten Pool an Inhalten voll auszunutzen. Wir haben das mit einem selbst entwickelten Plugin realisiert, das die Artikel auf alle Subblogs verteilt, ohne dabei Duplicate Content zu produzieren.


9. Welche Rolle spielen “normale” Websites in Zeiten von Facebook und Co.? Wie ist dies gerade bei jüngeren Zielgruppen?

Blog-Netzwerk und Franchising - Interview mit Partysan.netNachdem wir ja bis letztes Jahr noch eine eigene Community gehostet haben, sind wir heute ganz froh, daß wir dieses Segment eingestellt haben. Der Aufwand eine Community mit 50.000 relativ aktiven Membern zu betreuen und am laufen zu halten, war immens.

Facebook hat einigen Mitbewerbern starke Einbrüche in Besucherzahlen und vor allem bei den regionalen Umsätzen beschert und ich glaube da ist das dicke Ende noch gar nicht komplett in Sicht.

Heute nutzen wir die großen Social Media Seiten als Satelliten für unsere Inhalte, was hervorragend funktioniert. Rückblickend betrachtet wurde noch vor gar nicht allzu langer Zeit Myspace als das neue Ding diskutiert und viele Branchenvertreter hatten damals schon das Ende der “normalen” Webseiten verkündet. Heute ist eben Facebook der Schwamm der vermeintlich alles aufsaugt.

Ich glaube zwar nicht, dass Facebook uns so schnell wieder verlassen wird wie Myspace oder ähnliche Hype Seiten, auf lange Sicht sehe ich zur eigenen Seite aber keine Alternative.

Wer heute als Publisher, Gewerbetreibender, Künstler oder Shop nur auf Social Media Portale setzt, riskiert die Möglichkeit langfristig sein eigene Marke zu etablieren. Von Themen wie Copyright, Datenschutz und der wachsenden Abhängigkeit mal ganz abgesehen. Die heute Jungen, sind die morgen Etablierten und am Ende des Tages ist das Internet wie Busfahren: Verpasst man einen Bus, wartet man eben auf den nächsten.


10. Sucht ihr nach neuen Bloggern? Wenn ja, woher sollten diese stammen? Wohin können sich Interessenten wenden?

Ja, wir sind immer auf der Suche nach neuen Kolleginnen und Kollegen. Egal ob für Gastbeiträge, als Freiberufliche Mitarbeiter oder regelmäßige Autoren, als Fotografen oder als voller Partner.

Aktuell stellen wir neue Teams für unsere Mitteldeutschland Redaktion (Sachsen, Sachsen Anhalt, Thüringen und Mecklenburg Vorpommern) und für die Schweiz zusammen. Wer sich also in den neuen Bundesländern, der Schweiz oder sonstwo auf der Welt angesprochen fühlt, ist mit seiner Bewerbung unter [email protected] herzlich willkommen.


11. Deine wichtigsten Tipps für angehende Blogger, um viele Leser zu finden?

Ein guter und erfolgreicher Blogger ist wie ein guter DJ oder Entertainer. Er selektiert aus der Masse der Inhalte die Perlen für sein Publikum, interpretiert sie in seinem Stil, liefert immer wieder Neues und Interessantes und präsentiert das alles in einem möglichst einzigartigem Style mit Mehrwert für seine Nische. Er unterhält seine Zuhörer, bringt neue Fakten ins Spiel und sorgt so für eine gute Zeit und Diskussionen.

DJs die nur die aktuellen Charts rauf und runter spielen, landen am Ende vielleicht in den Großraumdiskotheken, da ist das Publikum zwar zahlreich, die Künstler aber komplett austauschbar. Der glaubhafte, ehrliche Spezialist und Nischenblogger wird also so schnell nicht aussterben. Und wer zuletzt lacht, bloggt am längsten.


Danke Tobias

für die Einblicke in dein Blog-Netzwerk.

Partysan.net ist auf jeden Fall eine interessante Plattform, die zeigt, was man alles machen kann und wie flexibel WordPress einsetzbar ist.

Peer Wandiger

3 Gedanken zu „Blog-Netzwerk und Franchising – Interview mit Partysan.net“

  1. Erstmal danke für das Interview 🙂

    Einige Fragen hätte ich aber noch. Spielt SEO bei euch eine große Rolle? Wie viel Traffic generiert ihr durch Social Media Plattformen? Wie kontrolliert ihr die Artikel der Partner-Blogger?

    Zu guter Letzt möchte ich noch erwähnen, dass gerade Nischen-Communities zu Zeiten von Facebook mehr an Bedeutung gewinnen. Denn man hat einen klaren Besucherfokus, kann die Seite besser bewerben und natürlich monetisieren. Dann sollte man aber nicht das Ziel haben gegen Facebook zu konkurrieren, sondern es als weiteren Kommunikations-Kanal nutzen und interessierte User auf der eigenen Community bündeln.

    Als Mehrwert könnte man guten Content bieten, was Facebook nämlich nicht macht. Es dient eher als Content-Aggregator.

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  2. @Marcel

    …da muss ich Dir recht geben!

    Dazu habe ich auch einen Artikel vor ein paar Tagen veröffentlicht zu “Facebook als Blogersatz”…

    Ich denke nur wenn man alle Wege und Möglichkeiten zusammenfügt hat man im Internet eine riesige und mächtige Waffe in der Hand um Aufmerksamkeit zu erregen!

    Man sollte sich nie nur auf eines Konzentrieren sondern alle verfügbaren Portale mit dem Blog verbinden…

    MfG

    Csaba

    Antworten
  3. @Marcel
    SEO spielt auf jeden Fall eine Rolle. Wir arbeiten laufend an der Schulung unserer Redakteure und Kollegen, überwachen die Statistiken, basteln an Einstellungen, Plugins und Optimierungen. SEO ist nun mal eine Neverending Story.

    Der Traffic von SocialMedia Plattformen variiert natürlich je nachdem welche Inhalte grade aktuell sind, im Durchschnitt würde ich aber sagen dass der Social Traffic mit dem aus den Suchmaschinen ungefähr gleich ist.

    Für die Kontrolle der Inhalte gibt es feste Regeln, Handbücher und Leitfäden, Hauptsächlich kontrollieren wir uns aber alle gegenseitig, da jede Redaktion alle Feeds der Kollegen abonniert hat und somit alle immer über alle neuen Posts informiert sind.

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