Umfragen im Hörsaal – Interview mit Invote.de

Im Interview mit Johannes Bittner geht es um einen kreativen Services, der vor allem für Universitäten und Bildungseinrichtungen interessant ist.

Um was es sich dabei genau handelt, wie die Idee zu “invote” entstanden ist und Einblicke in die Umsetzung findet ihr im Folgenden.

Zudem stellt sich die Frage, ob und wie damit Geld verdient werden soll.

Viel Spaß damit.

Guten Tag Herr Bittner. Bitte stellen Sie sich meinen Lesern vor.

Mein Name ist Johannes Bittner, ich bin Gründer mehrerer Internetportale und Medizinstudent im 10. Fachsemester.

Welche Erfahrungen konnte Sie online bisher sammeln?

Nach der Mitgründung einer rheinland-pfälzischen Community mit mehr als 110.000 Mitgliedern im Jahr 2006 habe ich zahlreiche kleine, hilfreiche Webtools mit entwickelt. Dazu gehören Projekte wie schon12.de oder wasgabich.de – eine Website, die an Vergessenes erinnert.

Alle Tools haben das Ziel, das Überwinden der kleinen Hürden des Alltags zu erleichtern.

Sie habe einen neuen Service namens Invote gestartet. Bitte stellen Sie diesen vor.

Auf der Website invote.de können Dozenten (und Referenten aller Art) Umfragen anlegen, die anschließend live vor einem Publikum durchgeführt werden können.

Ein Beispiel: Der Professor wirft per Beamer während der Vorlesung eine Auswahlfrage an die Wand, die Studenten können anschließend per SMS, Smartphone-Browser oder Laptop ihre Antwort in Echtzeit übertragen.

Da das Ergebnis direkt für alle sichtbar ist, können so beispielsweise Wissenslücken aufgedeckt und direkt in der Veranstaltung geschlossen werden. Natürlich sind noch zahlreiche weitere Einsatzzwecke denkbar.

Wie sind Sie auf die Idee zu Invote gekommen? Haben Sie vorher geprüft, ob ein Markt dafür vorhanden ist?

Invote entstand gemeinsam mit dem Institut für Physiologie an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden. Hier ist man ständig auf der Suche nach innovativen Lehrmethoden, und der Hörsaal bot das perfekte Szenario für die ersten Tests mit unserem neuen Projekt.

Wer ist die Zielgruppe für Ihren Service und was sind Ihre langfristigen Ziele mit diesem Projekt?

Wir wünschen uns, dass Invote von Dozenten an Universitäten und Fachhochschulen genutzt wird, aber auch von Seminarleitern, Lehrern und Referenten aller Art. Da das System sowohl mit einem Plenum von 20 als auch mit 2000 Personen funktioniert, sind der Kreativität beim Einsatz keine Grenzen gesetzt.

Auch langfristig soll der Service kostenfrei bleiben – unser Anspruch ist: Invote soll kein Projekt “für die Schublade” sein.

Wie lief die Umsetzung von Invote? Welche Herausforderungen mussten bewältigt werden?

Gemeinsam mit dem Softwareentwickler Ansgar Jonietz, der Geschäftsführer der Netzmanufaktur GmbH ist und Invote betreibt, haben wir das System im Betastatus mit in Vorlesungen des Instituts genommen.

Hier stand natürlich zunächst die Frage im Raum: Ist Invote intuitiv nutzbar, entstehen lange Verzögerungen während der Veranstaltung? Glücklicherweise ging alles gut, sodass wir den Service nun für die breite Öffentlichkeit zugänglich machen konnten.


Was sind die Vorteile von Invote? Wieso sollte man diesen Service nutzen,statt z.B. einfach nach Handzeichen im Vorlesungssaal zu bitten?

Invote bietet den Vorteil, dass es anonymes Antworten erlaubt. Es fördert außerdem die Aufmerksamkeit der Zuhörer und zeigt schnell, ob das vermittelte Wissen auch wirklich angekommen ist – natürlich die richtigen Fragen vorausgesetzt.

Spannend ist: Es gibt neben Auswahlfragen auch die Möglichkeit, Freitextfragen mit festgelegten Zahlenbereichen zu erstellen. Das erlaubt beispielsweise die Durchführung von Schätzfragen.


Wird Ihr Service von den Dozenten angenommen? Wie vermarkten sie Invote?

Natürlich wird das Tool zum Semesterstart wieder im Institut für Physiologie eingesetzt. Da invote.de erst seit kurzem online ist, gibt es allerdings derzeit erst vereinzelte weitere Nutzer. Wir erwarten eine gewissen Viralität, da jeder Gebrauch von Invote unmittelbar zahlreiche potentielle weitere Nutzer erreicht.

Natürlich setzen wir zusätzlich auf Social Media und klassische Pressearbeit.


Möchten Sie damit mal Geld verdienen und wenn ja wie?

Auch wenn diese Möglichkeit zukünftig offen stehen könnte, ist die primäre Motivation für die Bereitstellung von Invote eine andere: Es gibt so viele gute Softwareentwicklungen, die häufig irgendwo im Netz verschwinden – Invote wünschen wir eine andere Zukunft.


Welche Rolle spielt der Datenschutz bei Invote?

Invote ist nicht gedacht, um es im Kontext sensibler Themen einzusetzen. Die naheliegenden Einsatzgebiete stellen diesbezüglich auch kein Problem dar.

Übermittelte Handynummern werden selbstverständlich nicht genutzt, um sie anschließend gewinnbringend zu verkaufen…


Welche Features planen Sie für Invote in nächster Zeit?

Wir hoffen auf viel Feedback aus dem Nutzerkreis, um sinnvolle Features ans Tageslicht zu bringen.

Zunächst fokussieren wir uns allerdings darauf, die bestehenden Funktionen zu perfektionieren, um den Einsatz von invote.de so einfach wie möglich zu gestalten.


Danke Herr Bittner

für die Infos und Einblicke.

Peer Wandiger

3 Gedanken zu „Umfragen im Hörsaal – Interview mit Invote.de“

  1. Eine Frage habe ich auch noch. War diese Community für den Raum Trier hauptsächlich gedacht. Wenn ja kenne ich diese 😉

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  2. Erst dachte ich:”Wer braucht’s?!”

    Dann dachte ich:”Eigentlich ‘ne richtig gute Idee. Wirklich gut.” – und das denke ich selten.

    Dann las ich:”Soll kostenlos bleiben und kein Projekt für die Schublade”.

    Hier sind drei Gründe, warum das – sorry für meine Ausdrucksweise – völliger Blödsinn ist und warum ihr es kostenpflichtig machen MÜSST:

    1. Die meisten Software-Projekte verschwinden irgendwo im Netz, weil es genau das ist: Software-PROJEKTE. Und kein Software-PRODUKT, also kein Unternehmen. Weil diese Software-PROJEKTE keinen Umsatz machen und niemand dahinter steht, um das Produkt auch langfristig am Leben zu erhalten, verschwinden sie im Netz.

    Irgendwann ist das Studium vorbei und irgendwer muss sich auch weiterhin um die Plattform kümmern. Der Aufwand mag gering sein, ist aber nicht non-existent. Wenn kein Kapital da ist, kann das auch niemand machen.

    Während des Studiums kann man Samariter sein so viel man will (ich war das mit meinem Projekt auch über 5 Jahre), aber danach stellt sich schnell eine andere Realität ein und die Brötchen müssen auf den Tisch.

    2. Eine Uni ist ein Unternehmen mit mehr oder weniger viel Geld. Eine Uni ist außerdem ein langsamer Haufen mit noch langsameren Prozessen.

    Wenn sich eine Uni dazu entschließt, ein Tool in die Lehre einzubauen, dann muss es Bestand haben und auch in den nächsten 10 Jahren noch existieren, weil andernfalls das Risiko zu groß ist. Nicht das finanzielle Risiko, sondern die zeitliche Investition, sich mit dem Tool und dem ganzen Thema “Voting” vertraut zu machen.

    Euer Tool muss also langfristig existieren, damit es akzeptiert wird und das geht nur, wenn ihr ein seriöses Unternehmen seid.

    3. Unternehmen (und damit Unis) denken anders. Kostenlos bedeutet “hohes Risiko”. Kostenpflichtig bedeutet “Konsistenz/Vertrauen”. Jedes Unternehmen hat ein Budget, um Tools anzuschaffen, die entweder Umsatz steigern, Ziele erfüllen (Bildungsauftrag), oder Kosten senken.

    Wenn ihr einer Uni verklickern könnt, dass euer Tool eines (oder mehrere) dieser Dinge leisten kann, dann ist der Anschaffungspreis für die Uni ein No-Brainer und eine kleine Spesenausgabe.

    Allein die typischen Papierumfragen am Semesterende “zur Beurteilung der Lehre” könntet ihr mit eurem Tool super einfach umsetzen und spart damit jeder Uni Kosten zur Auswertung. Ist eine Frage dessen, welchen Mehrwert ihr der Uni verkaufen könnt, was wiederum eine Frage der Produktpositionierung ist.

    Die Idee ist, nicht die Studenten zur Kasse zu bitten, sondern entweder die Dozenten – oder noch besser: die Uni selbst als “Maßnahme zur Verbesserung der Lehre”.

    Ich glaube, wenn man diese Idee richtig angeht und gut vermarktet, kann man damit einen Jahresumsatz im sechsstelligen Bereich machen.

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  3. ein ähnliches Projekt gibt es auch an der Uni Paderborn pingo.upb.de – ich habe es schon getestet und war recht zufrieden, obwohl noch Verbesserungsbedarf besteht – nun werde ich aber auch mal invote testen

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