Vom Fotografieren leben, typische Fehler und Tipps für Anfänger – Interview

Fotos sind heute wichtiger denn je und qualitativ hochwertige Kameras gibt es schon zu günstigen Preisen.

Doch kann man vom Fotografieren leben und auf was sollte man besonders achten, um gute Ergebnisse zu bekommen?

Diese und andere Fragen beantwortet in meinem heutigen Interview ein Fotograf und Blogger.

Hallo Carsten. Bitte stell dich meinen Lesern kurz vor.

Ich bin Carsten Stolze, Fotograf und Fotografietrainer aus Oranienbaum-Wörlitz. Fotografisch liegt mein Schwerpunkt auf der Hochzeits- und Lifestylefotografie, ich arbeite also vor allem mit Menschen.

Neben der Arbeit als Fotograf gebe ich auch Workshops, halte Vorträge und blogge unter bildbezogen.de, zum Thema Fotografie.

Wie bist du zur Fotografie gekommen?

Bei mir hat es etwas gedauert bis ich wirklich zur Fotografie gefunden habe. Angefangen habe noch analog mit der Kamera meiner Eltern. Hier bin ich aber nie über die üblichen Schnappschüsse hinausgekommen.

Der nächste Schritt war meine erste Digitalkamera, welche ich 2001 gekauft habe. Da die digitale Fotografie zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen steckte, wurde die Kamera vor allem für dokumentarische Zwecke eingesetzt.

Richtig Blut geleckt habe ich erst 2008. Die letzten Jahre hatte ich fast ausschließlich mit dem Handy und diversen Kompaktkameras fotografiert. Da ich mit der Qualität aber nie zufrieden war, musste eine DSLR her.

Damit habe ich dann auch meine ersten Shootings gemacht und mich richtig tief in das Thema Fotografie und Lichtsetzung eingearbeitet.

Lebst du vom Fotografieren? Wie schwer/einfach ist damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten?

Ja, ich lebe von der Fotografie. Eigentlich war es nie geplant das Ganze professionell zu machen. Durch einen Zufall bin ich zu meiner ersten Hochzeitsreportage gekommen, welche mir riesigen Spaß gemacht hat.

Dabei scheine ich einiges richtig gemacht zu haben, denn als ich die Ergebnisse auf meiner Website präsentierte, kamen schnell weitere Anfragen. Die Hochzeiten haben sich zu einem festen Standbein entwickelt.

Alles weitere, wie die Workshops und Lifestyle- oder Buisnessportraits, kam dann nach und nach dazu.

Die Frage nach dem leicht oder schwer, kann ich nur bedingt beantworten. Auf der einen Seite kann ich mich über die Auftragslage nicht beschweren, oft muss ich sogar Aufträge ablehnen weil ich terminlich nicht mehr verfügbar bin, auf der anderen Seite bin ich natürlich fast jedes Wochenende unterwegs, bearbeite unter der Woche die Fotos und gebe zusätzlich noch Workshops.

Viel Zeit für Hobbys und private Dinge bleibt da oft nicht übrig. Trotzdem macht die Fotografie riesigen Spaß und ich möchte nichts anderes machen.

Welche Technik nutzt du und was empfiehlst du einem Einsteiger, der ein gutes Preis/Leistungs-Verhältnis möchte?

Ich selbst arbeite mit Spiegelreflexkameras von Canon. Wenn man als Einsteiger nach einer Kamera sucht, muss es aber nicht unbedingt eine DSLR sein. Viele Hersteller bieten inzwischen spiegellose Systemkameras an. Das sind Kameras mit Wechselobjektiven, welche kleiner und leichter als DSRLs sind aber trotzdem noch einen relativ großen Bildsensor und gute Bildqualität haben.

Preislich liegt diese noch recht neue Gattung der Kameras etwa zwischen einer guten Kompaktkamera und aktuellen DSLRs. Besonders interessant finde ich den Micro-Four-Thirds-Standard von Olympus und Panasonic. Hier bieten beide Hersteller eine recht große Auswahl an Kameras und Objektiven an, welche zueinander kompatibel sind.

Zudem springen auch immer mehr Drittanbieter wie Sigma oder Tamron auf diesen Zug auf und liefern zusätzliche Objektive für dieses System. Einen großen Nachteil haben die spiegellosen Kameras gegenüber einer DSLR aber noch. Der Autofokus ist im Gegensatz zu vielen DSRLs noch recht langsam, wer also seinen Schwerpunkt auf schnelle Sportarten, Aktion oder die Fotografie von Vögeln legt, kommt um eine DSLR kaum herum.

Allen anderen sollten aber unbedingt einen Blick auf die spiegellosen Systemkameras werfen.

Welche typischen Fehler siehst du immer wieder bei Fotos von Anfängern?

Bei den Einsteigern sind es einmal die technischen Fehler, wie falsche Belichtung oder falscher Fokus. Diese kann man aber in der Regel recht schnell minimieren, indem man sich genauer mit seiner Kamera und ein paar Grundlagen auseinandersetzt.

Was die Bildgestaltung angeht, hilft einem auch die modernste Kamera leider nicht. Diese zu lernen, zu verbessern und eine eigene Bildsprache zu entwickeln ist nach wie vor ein langer Prozess.

Was sind deine wichtigsten Tipps für Foto-Laien? Wie kann man die Qualität seiner Fotos am einfachsten verbessern?

Meine zwei heißen Tipps sind Belichtungskorrektur und Autofokus. Selbst einfache Kameras und Handys verfügen fast immer über eine Möglichkeit die automatische Belichtung zu korrigieren. Mit dieser Belichtungskorrektur kann man seine Bilder heller oder dunkler machen, ohne gleich in die manuellen Kameraeinstellungen zu gehen.

Mein zweiter Tipp ist es, genauer auf den Fokus zu achten, dieser sollte natürlich auf dem Hauptmotiv sitzen. Hier sollte man die Möglichkeit nutzen den Fokuspunkt auf dem Display oder im Sucher zu verschieben, so kann man genau bestimmen wo der Fokus im Bild sitzen soll.


Wo siehst du die Vorteile hochwertiger Fotos für Firmenwebsites etc.? Auf was sollte man dabei achten?

In meinen Augen sind hochwertige Fotos für jede Firmenwebsite Pflicht. Sie gehören genau wie ein ansprechendes Design und gute Texte zur Grundausstattung jeder erfolgreichen Website.

Ich würde sogar sagen, dass Bilder oft wichtiger sind als Texte, da der Besucher diese schon anschaut bevor er anfängt lange Texte zu lesen. Wenn ich nach Dienstleistungen suche, öffne ich nicht selten 4-5 Webseiten gleichzeitig und überfliege dann erstmal alle geöffneten Tabs.

Bei diesem schnellen anschauen und aussortieren sind Webseiten mit guten Bildern natürlich stark im Vorteil.

Neben hochwertigen Fotos der Produkte oder Referenzen, sollte man auch auf ansprechende Mitarbeiterfotos achten. Bei einem professionellen, freundlichen Portrait auf der Website, greife ich als potenzieller Kunde schneller mal zum Hörer um anzurufen. Ich habe ja schließlich durch das Foto schon einen ersten Eindruck von der Person bekommen.


Wie wichtig ist die Foto-Nachbearbeitung bei dir und welche Software nutzt du dafür?

Da ich ausschließlich RAW (Rohdatenformat) fotografiere, ist die Nachbearbeitung ein fester Bestandteil meines Workflows. Zusätzlich definiert die Bildbearbeitung natürlich auch in gewisser Weise meinen Bildstil und sorgt für die bestmögliche Qualität für meine Kunden.

Als Software nutze ich vor allem Adobe Ligthroom. Damit kann man große Mengen an Fotos schnell sortieren und bearbeiten. Da Lightroom einen Großteil der Bearbeitungen abdeckt, kommt Photoshop bei mir nur für Spezialfälle wie Retuschen oder Bildmontagen zum Einsatz.


Verdienst du auch über Online-Fotostock-Anbieter mit deinen Fotos Geld? Wie sind da deine Erfahrungen?

Nein, Online-Stockfotos spielen bei mir keine große Rolle. Ich kaufe höchstens selbst mal eine Textur oder einen Hintergrund.


Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Tipps für tolle Fotos freuen.

Einige technische Tipps habe ich ja schon gegeben. Sehr wichtig ist aber in meinen Augen aber auch die Herangehensweise an ein Foto. Gerade unerfahrene Fotografen sollten sich Zeit für Ihr Motiv nehmen und auch mal mit Perspektiven, Ausschnitten und Kameraeinstellungen herum experimentieren.

So bekommt man schnell ein Gefühl dafür was gut funktioniert und was nicht. Man lernt quasi aus den eigenen Fehlern und Erfolgen.

Weiterhin empfehle ich Einsteigern die weiterkommen wollen, so viele “Abkürzungen” wie möglich zu nutzen. Das Internet ist voll mit kostenlosen Quellen rund um fotografische Grundlagen. Allein bei YouTube gibt es hunderte Videos, die vieles Schritt für Schnitt erklären.

Zusätzlich kann man natürlich auch Bücher oder Lern-DVDs zu vielen Themen kaufen oder einen Workshop besuchen um seine fotografische Entwicklung schneller voranzutreiben.

Zum Schluss noch mein allerwichtigster Tipp: Für tolle Fotos ist der Spaß beim Fotografieren unerlässlich. Denn nur mit Spaß an der Sache wird man wirklich kreativ.


Danke Carsten

für die Einblicke und Tipps.

Peer Wandiger

6 Gedanken zu „Vom Fotografieren leben, typische Fehler und Tipps für Anfänger – Interview“

  1. Am schwierigsten ist es wohl immer, den Übergang von kostenlosen zu bezahlten Aufträgen zu schaffen. Man muss sich erst ein paar Kunden ranholen und gut netzwerken und kann dann anfangen, auch gegen Geld zu knipsen.
    Oder man macht es direkt bei Veranstaltungen für Geld, wie eine Freundin von mir. Da sie im Gegenzug aber nicht allzu viel aktuell nimmt, hat sie immerhin neben ihrem Studium ein nettes Taschengeld. Man kann das auf viele Weisen aufziehen, um davon zu leben.

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  2. Grade selbst den Fall gehabt. Fotograf selbständig und knappst am Limit mit seim Geld. Beitrag werd ich mal empfehlen.

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  3. Super Beitrag. Sehr lesenswert und hilfreich …. um von der fotografie leben zu können muss man viel mehr wie nur gut fotografieren können. Marketing und Organisation sind wichtige Punkte !

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  4. Was mich in Verbindung mit dem Thema Fotografie noch interessieren würde, ist in wie weit sich Fotolia als Einnahmequelle lohnt. Habe darüber bisher keine Artikel gefunden. Hat jemand Erfahrung damit?

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  5. Zum Thema Stockfotos und Verkauf/finanzielle Verwertung von Fotos und ähnlichem habe ich beim Portal pagewizz einen Artikel geschrieben.
    Link: pagewizz.com/geld-verdienen-mit-stockfotos/

    Viel Spass beim Lesen

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  6. Dem Kommentar von “drazen topic” kann ich nur zustimmen.
    Vor allem muss man es schaffen seine eigenen Preise irgendwie zu verteidigen – bei Privatkunden ist das meist sehr schwer..

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