Food-Blog Einblicke und Tipps fürs Schreiben, Fotografieren und die Motivation – Interview

Food-Blogs gibt es in den USA schon lange und auch in Deutschland gibt es mittlerweile einige erfolgreiche Vertreter.

Doch was genau ist ein Food-Blog eigentlich und wie betreibt man diesen?

Diese und andere Fragen habe ich einem deutschen Food-Blogger gestellt und dabei ist ein umfangreiches in interessantes Interview entstanden.

Es gibt interessante Einblicke, Beispiele und Tipps für Fotos, Motivation, Organisation und mehr.

Guten Tag Herr Spitzmüller. Bitte stellen Sie sich meinen Lesern vor.

Hallo! Mein Name ist Uwe Spitzmüller, ich lebe mit meiner Familie in Nürnberg und betreibe nebenberuflich seit 2009 meinen Food-Blog HighFoodality.

Hauptberuflich arbeite ich als Berater bei der Erlanger Healthcare-Agentur Spirit Link Medical. 

Wie sind sie zum Kochen gekommen?

Seit ich denken kann habe ich mich für das Kochen interessiert. Das fing wohl als Vierjähriger an, als ich eine kurze Unachtsamkeit meiner Eltern nutzte, um ihnen stolz einen Obstsalat, bestehend aus übergroßen, in Wasser gekochten Apfelschnitzen zu servieren.

Meine Mutter war Hauswirtschaftslehrerin und hat in ihrer Erziehung immer dafür gesorgt, dass ich eine gesunde Einstellung zu guter Ernährung bekam und die Grundzüge des Kochens beherrschte.

Mit dieser Grundlage war es dann einfach, in meiner ersten WG dafür zu sorgen, dass dort gut gegessen wurde. Spaß hatte ich schon immer am Kochen, war es doch neben Studium und Arbeit ein willkommen kreativer Ausgleich.

Sie betreiben den Food-Blog highfoodality.com. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich Blogs für mich entdeckt habe. 2008 bin ich über die ersten deutschsprachigen Food-Blogs gestolpert und war sofort davon begeistert: Ich hatte das Gefühl, ein Thema gefunden zu haben, zu dem auch ich bloggen kann – denn die Frage, über was ich schreiben kann, hatte ich mir schon vorher gestellt.

Ich war fasziniert von der Möglichkeit, kulinarische Vorlieben mit anderen teilen zu können und andere Interessen wie die Fotografie noch zusätzlich einfließen lassen zu können.

Da ich hin und wieder gerne programmiere oder designe, konnte ich viele Interessen in einem Hobby vereinen. Die Idee, es selbst einmal zu versuchen, lag da nicht mehr fern.

Warum hat ihr deutschsprachiger Blog eine englischsprachige .com Domain?

Das ist das erste Mal, dass ich das gefragt werde. Ursprünglich wollte ich auf Englisch bloggen um einen größeren Markt anzusprechen, da die deutsche Food-Blog-Szene 2008 nicht wirklich groß war.

Als ich aber merkte, wie viel Zeit ich zusätzlich benötige, Rezepte auf Englisch zu erstellen, habe ich in meine Muttersprache gewechselt und die Domain belassen – ich wusste ja nicht, ob ich bei dem Hobby bleiben würde.

Mittlerweile habe ich die .de Domain aber auch registriert, die Hauptdomain aber aufgrund der guten SEO-Werte nicht verändert.

Ihren Blog gibt es bereits seit 2009. Wie hat er sich seitdem entwickelt?

Als ich im Juni 2009 begann, hatte ich etwa 50 Leser am Tag. Meine Beiträge bestanden aus mehr oder weniger hübschen Fotos und einer knappen Zubereitungsanleitung. Kein Prosatext, keine Einleitung, nichts.

Wenn ich heute zurück blicke, dann bin ich über die Entwicklung sehr erfreut. Mittlerweile lesen über 44.000 Leser monatlich meinen kleinen Blog, die inhaltliche und fotografische Qualität meiner Beiträge hat sich stark verändert.

Ein großer Meilenstein in der Entwicklung meines Blogs war sicher das Ganzjahresevent “Cookbook of Colors”, zu dem die Leser aufgefordert waren, zu monatlich wechselnden Farben passende Gerichte einzureichen. Die besten Rezepte eines Monats wurden in ein E-Book übernommen und frei zum Download angeboten.

Der Event sorgte für eine hohe Sichtbarkeit und gutes Wachstum im Jahre 2012. Eigentlich kann ich sagen, dass die Bloggerei ernsthaft erst im Jahre 2012 begann. Seither geht es steil bergauf, die Leserzahlen steigen, was mich sehr freut.

Betreiben sie den Blog allein oder im Team? Wie organisieren Sie die Arbeit und wie aufwändig ist das?

Ich betreibe den Blog alleine. Ich veröffentliche meist jeden zweiten Tag ein neues Rezept. Deswegen richte ich meine tägliche Nahrungsaufnahme auf die Produktion neuen Contents aus (Deswegen gibt es selten ein Gericht zweimal im Jahr…).

Ich habe den Vorteil, dass ich bei meinem Arbeitgeber in der Mittagspause kochen kann, weil wir dort eine voll ausgestattete Küche besitzen. Die Kollegen schätzen es, wenn es mittags gutes, gesundes Essen gibt und ich kann eine Stunde lang gut abschalten.

Die Artikel schreibe ich meist abends oder am Wochenende. Insgesamt benötigt der Blog viel Zeit, pro Tag etwa 1-2 Stunden inklusive kochen.

Sämtliche Ideen, Manuskripte und Artikel verwalte, sammle und erstelle ich mit Evernote. Das Tool gibt mir die Möglichkeit, überall auf meine Notizen zuzugreifen, Recherche-Ergebnisse direkt zu speichern, Listen zu verwalten, Tasks und Aufgaben zu managen und den Überblick zu behalten.


Welche Rolle spielt Durchhaltevermögen nach Ihrer Erfahrung? Reicht es Spaß am Kochen zu haben?

Ich denke, dass es für jeden Blogger wichtig ist, eine gesunde Portion Durchhaltevermögen zu besitzen. Jeder Blogger hat schon einmal schwere Zeiten durchlebt und Motivationskrisen erfahren – aus welchen Gründen auch immer.

In solchen Fällen ist es gut, Ideenlisten zu besitzen, die einem neue Denkanstöße geben oder Personen in seinem näheren Umfeld zu haben, die einen auch einmal anschieben können und den Fokus auf das Wesentliche zurück lenken.

Das Wichtigste ist jedoch, seine Grenzen zu kennen. Gerade wenn Leserzahlen steigen und das positive Feedback zunimmt neigt man dazu, sich zu überlasten. Dies artet schnell in Stress aus, was dann in Demotivation umschlägt. Ich habe das erlebt und durch die Unterstützung meiner Frau auch überlebt – nun kenne ich mein Limit, habe meine Organisation stark verbessert und hatte seither keinerlei Probleme mehr.

Die Basis für erfolgreiches Bloggen ist sicher ein großes Interesse an und die unbändige Begeisterung für ein Thema. Ohne Leidenschaft wird es schwierig, sich täglich mit einer Sache auseinander zu setzen und den langen Atem zu behalten.

Leidenschaft ist wichtiger als Wissen: Ich habe nie eine Kochausbildung genossen und bin Autodidakt, dennoch ist es mir möglich, mit der nötigen Leidenschaft den Betrieb des Blogs zu gewährleisten. Das Wissen kommt mit der Zeit. 


Fotos sind für einen Food-Blog sehr wichtig. Haben Sie besondere Tipps für gute Fotos von Gerichten?

Gute Fotos leben von gutem Licht. Gutes Licht zu sehen oder erzeugen zu können ist dabei die schwierigste Kunst. Oftmals werden die Teller zu voll geladen, das sieht auf Bildern nicht so gut aus und erinnert eher an Hundefutter. Lieber weniger anrichten.

Wenn für Food-Fotos Kompaktkameras verwendet werden, niemals den internen Blitz benutzen. Lieber ein kleines Stativ anschaffen und mit einer längeren Belichtungszeit arbeiten. Ein Stativ ist generell eine gute Idee, weil die Bilder schärfer werden und der Bildausschnitt besser komponiert werden kann. 

Ich verwende für meine Fotos eine Vollformat-DSLR und fotografiere entweder aus dem Top-View oder aus einer 45°-Position. Ich versuche, Tageslicht zu nutzen und helle die Szenerie durch einen entfesselten Blitz und große Reflektoren auf.

Als Untergrund benutze ich alte Holzplanken oder Laminat-Platten mit hübschem Muster aus dem Baumarkt.


Wie vermarkten Sie Ihren Blog? Nutzen Sie das Social Web und wenn ja, wie?

Ich setze bei der Vermarktung auf Owned und Earned Media. Paid Media setze ich nur im Rahmen von dedizierten Kampagnen ein, um gezielt bestimmte Ziele zu unterstützen – wie zum Beispiel ein Blog-Event oder aber den Start meines Newsletters.

Ansonsten bespiele ich meinen Blog, meine RSS-Feeds und meinen Newsletter, um die Inhalte an die Leser zu bringen. Daneben nutze ich hauptsächlich Facebook, Twitter und Google+, um meine Inhalte zu streuen.

Eigentlich habe ich für jeden Kanal eine eigene Content-Strategie – diese auch umzusetzen scheitert oftmals an der zur Verfügung stehenden Zeit. Gerade aber auf Facebook und Google+ besteht die Möglichkeit, über das Veröffentlichen von Inhalten in Fokusgruppen für eine gute Reichweite zu sorgen.

In regelmäßigen Abständen versuche ich Blog-Events – Kampagnen – durchzuführen, die eine starke Verlinkung und damit eine hohe Durchdringung der Food-Blog-Szene nach sich ziehen. Leser binde ich über meinen Newsletter oder RSS-Feed sowie durch freie Downloads, meist E-Books.


Verdienen Sie Geld mit Ihrem Blog? Wenn ja, wie?

Ja. Momentan biete ich eine Reihe von Dienstleistungen an: Ich berate PR-Agenturen und Unternehmen hinsichtlich Blogger Relations und dem Betrieb der eigenen Online-Plattformen, führe Kampagnen für Partner durch und schreibe Gastartikel für einige Corporate Blogs. 


Wie sehen Sie die Zukunft für Ihren Blog und für Food-Blogs allgemein?

Ich freue mich auf das Blog-Jahr 2014. 2013 war bereits ein Jahr der Rekorde, nie lasen mehr Menschen meinen Blog als in den letzten Monaten. Der Trend geht momentan ungebrochen weiter, und so denke ich, dass ich einerseits Leser hinzugewinnen und mir andererseits weitere Themenfelder erarbeiten kann, die im Umkehrschluss wieder auf den Blog einzahlen.

Ich möchte meine lokale Präsenz in der Region Nürnberg verstärken und detaillierter über die Region und das existierende Angebot berichten. Ich erwarte mir davon eine größere Nähe zu meinen Lesern sowie einen höheren Diskurs in den von mir angebotenen Dialogmedien.

Die Zukunft der Food-Blogs sehe ich grundsätzlich als sehr positiv. Die Szene beginnt sich zu professionalisieren, das Angebot wird dichter. Täglich kommen neue Blogs hinzu. Ich denke, dass die Nachfrage immer noch größer ist als das Angebot, wir uns also in einem Wachstumsmarkt befinden, der zudem noch keine gewachsenen Strukturen besitzt. Das wird sich über die nächsten 2-3 Jahre radikal ändern, und wir werden immer mehr Blogger sehen, die ihren Food-Blog professionell betreiben. Ich freue mich darauf!


Zu guter Letzt würde ich mich über Ihre wichtigsten Tipps für einen erfolgreichen Food-Blog freuen.

Zunächst gelten auch hier die Grundgesetze des Bloggens: Guter Inhalt, gute Vernetzung, ein gesundes Maß an Differenzierung und konstante Veröffentlichung von neuen Beiträgen.

Für Food-Blogs empfiehlt sich zudem eine ausgiebige Beschäftigung mit der Fotografie, weil das Auge eben doch mitisst – ansprechende Bilder bereichern einen Beitrag nicht nur multimedial, sie führen den Lesern das beschriebene Objekt (Rezept) direkt vor Augen und regen Appetit an.


Danke Herr Spitzmüller

für das interessante Interview.

Peer Wandiger

8 Gedanken zu „Food-Blog Einblicke und Tipps fürs Schreiben, Fotografieren und die Motivation – Interview“

  1. Interessantes Interview mit guten Einblicken, danke dafür.
    Essen gut zu fotografieren ist manchmal auch gar nicht so einfach, mich hat die Tage eine Fliege in der Küche in die Verzweiflung getrieben. Und manchmal steht einfach der Hunger zwischen mir und einem guten Foto 🙂

    Antworten
  2. Sehr spannend. Eine Frage hätte ich allerdings:

    Wie setzt man sich mit einem Food-Blog SEO-mäßig gegen chefkoch.de und so weiter durch?

    Und drei Anregungen:

    1. Ich finde, dass der schwarze Hintergrund den Content erdrückt. Du hast super tolle Fotos, die würde ich groß in Szene setzen. So bekomme ich als Leser das Gefühl, dass der Blog “kleiner” ist als er sein braucht. Schonmal überlegt, die Fotos als Hintergrundbild für den jeweiligen Artikel zu verwenden? Wir haben 2014, Zeit für responsive Design 😉

    2. Ich fände folgende Themen interessant:
    – Lecker Kochen mit maximal 15 Minuten Aufwand pro Tag
    – Lecker Kochen mit maximal 4-5 Zutaten
    – “Gestaffelte” Rezepte, so dass ich übrig gebliebenes vom Vortag weiterverarbeiten kann. Z. B. kauft man einen Sack Kartoffeln, den man unmöglich mit einem Gericht aufbrauchen kann. Beim Bund Petersilie oder Frühlingszwiebeln das gleiche. Also irgendwie eine Art Wochenkochplan, der aufeinander aufbaut, so dass am Ende der Woche für 1-2 Personen keine Zutaten mehr übrig bleiben und man jeden Tag trotzdem was anderes hat.

    3. KURZE(!) Tutorials / Videos über kleinere Kochtechniken, wie man irgendwas effizienter macht. Ich habe keine Lust, mir eine 30-Minuten-Kochsendung anzuschauen, aber wenn ich in 2 Minuten eine bessere Technik für X lerne und ich das noch während des Kochens gucken kann oder kurz beim Kaffee nachmittags, dann wäre das ideal.

    Hinweis: Für Vorschläge 2+3 würde ich sogar zahlen, sofern die Qualität stimmt. “15 Minuten kochen für Selbstständige”, da hättest du hier sogar schon eine nette Werbeplattform 😉

    Antworten
  3. Sehr schöner Beitrag!
    Ich war bereits in der Vergangenheit öfter Besucher dieses Blogs und von daher fand ich diese Hintergrundinformationen sehr interessant. Auch im Internet ist die Welt manchmal sehr klein 🙂

    Gruß,
    Jens

    Antworten
  4. Sehr schöner Beitrag. Ich schreibe seit kurzem selbst an einem Blog (foodoo.de/blog) rund ums Thema Social Dining und Essen und weiss daher, dass dies manchmal sehr aufwändig ist. Vor allem das mit dem Stativ kann ich nur bestätigen. Seit ich eins habe, werden die Bilder auch mit Tageslicht und ohne Blitz hervorragend. Danke für das tolle Interview und Herrn Spitzmüller weiterhin viel Erfolg bei seinem Projekt.

    Antworten
  5. Vielen Dank für den kleinen Einblick. Das mit dem Stativ und Tageslicht ist mir zwar bekannt aber noch nie so bewusst was das für eine Auswirkung auf die Foodfotografie hat.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar