Ein eigenes physisches Produkt entwickeln und vermarkten – Interview

Digitale Produkte zu entwickeln ist eine Sache, aber ein echtes physisches Produkt zu vertreiben, eine ganze andere.

Ich habe in einem Interview mit einem Startup-Gründer über sein Produkt gesprochen.

Dabei geht es unter anderem um die Idee, die Entwicklung und die Vermarktung.

Hallo Moritz. Bitte stelle dich meinen Lesern vor.

Mein Name ist Moritz Mack, ich bin 25 Jahre alt und beschäftige mich rund um das Thema Produktdesign im Gadget-Bereich. Ich habe es zu meiner Berufung gemacht, die Marke „Mokey“ aufzubauen.

Mein Startup befindet sich in Weilheim Teck, nähe Stuttgart. Ich betreibe den E-Commerce Shop www.mokey.de. Meine Produkte sind allerdings auch auf weiteren Verkaufskanälen erhältlich.

Wie bist du auf die Idee zu Mokey gekommen?

Ich trage häufig Skinny Jeans, wenn man dann noch seinen unbequemen Schlüsselbund mit sich herum tragen muss, sind unschöne Beulen in den Hosentaschen und früher oder später auch die kaputten Hosen garantiert.

Wer hat sich nicht schon von seinen Lieblingsjeans trennen muss wegen aufgescheuerter Hosentaschen. Der Schlüsselbund muss neu gedacht werden. Also habe ich begonnen an dem Projekt MOKEY zu arbeiten.

Wie verlief die Gründung deines Startups? Was waren dabei deine wichtigsten Erfahrungen?

Die Gründung war anfangs natürlich mit einem gewissen Risiko verbunden. Der Absprung von einem Angestelltenverhältnis ist alles andere als einfach. Dennoch muss man manche Sachen im Leben einfach riskieren und die gewisse Risikobereitschaft sollte man doch bei solch einer Entscheidung mit sich bringen.

Ich habe das Kleingewerbe parallel zu meine Vollzeit-Tätigkeit angemeldet und schließlich auch betrieben. So hatte ich die Möglichkeit über die Zeit hinweg einen stabilen Kundenstamm aufzubauen. Dieser Kundenstamm musste aber trotz allem erweitert werden, das war mir klar. Langfristig wäre der Umsatz mit diesen Bestandskunden nicht ausreichend für meinen Lebensunterhalt gewesen. Ich wusste dann, neue Kunden und vor allem neue Projekte müssen her.

Zu den wichtigsten Erfahrungen: Als Gründer sollte man alle Bereiche des eigenen Startup-Unternehmens eine bestimmte Zeitlang durchführen. So können spezielle Aufgabenbereiche und Arbeitsabläufe, die später an Mitarbeiter abgegeben werden, besser nachvollziehund einschätzbar sein.

Wie bist du die Planung deines Produktes angegangen?

Zu der Planung des Produkts griff ich auf meine Erfahrungen meiner Werkzeugbau-Vergangenheit zurück. Als gelernter Feinwerkmechaniker wird einem die Planung und die Arbeitsschritte in Verbindung mit mechanischen Bauteilen sehr intensiv beigebracht, somit war es für mich keine große Schwierigkeit dieses Produkt planungsund fertigungstechnisch umzusetzen.

Wie gehe ich in einem neuen Projekt vor? Als erstes beginnt bei mir alles mit einer Skizze auf einem Blatt Papier. Dort lege ich das grobe Aussehen von meinem zukünftigen Produkt fest. Wenn ich mit dem Design zufrieden bin, übertrage ich die Skizze in mein CAD-Programm. Dort gibt es wiederholt kleine Anpassungen im Design. Schließlich muss das Design auch mit dem Fertigungsprozess und das Wichtigste, vor allem mit den Kosten in Einklang gebracht werden. Dabei ist die größter Herausforderung ein Kompromiss dieser Aspekte zu finden.

Sollten meine Entwürfe dann schließlich den kompletten Weg auf meine Festplatte gefunden habe, werde ich bei den verschiedensten Zulieferern anfragen. Gerade hier in Süddeutschland besteht eine hohe Dichte an Zuliefer-Firmen in den Bereichen Zerspanung und anderen Metallbearbeitungsbetrieben. Sollte der Preis für mich vertretbar erscheinen, so gebe ich eine Bestellung auf. Sollten dann die einzelne Komponenten eintreffen, werden sie in einer Behinderten-Werksatt (WEK Werkstätten Esslingen/Kirchheim) zusammengebaut. Sollten die Produkte dann zusammengebaut und verpackt sein, werden die von mir abgeholt und bei mir eingelagert.

Wie lief die Umsetzung und die Produktion? Wo gab es Schwierigkeiten

Die Umsetzung lief anfangs relativ problemlos. Ganz am Anfang der Produktion startete ich mit einer kleinen Musterserie, mit der ich nicht wirklich etwas verdient habe, die aber dennoch sehr wichtig war. Aus dieser MOKEY-Musterserie konnte ich noch kleine Änderungen im Design und an einzelnen Komponenten vornehmen, bis sie später in größerer Stückzahl produziert werden konnten.

Der Mokey Key-Organizer besteht aus mehreren Bauteilen: Oberschale, Unterschale, Lasche, Unterlegscheiben, Schrauben und Muttern. An erster Stelle steht die Erstellung der CAD-Zeichnung, die das Laserzentrum bekommt. Dort wird die Form ausgelasert und anschließend trowalisiert.

Beim Trowalisieren werden die Aluminiumteile zusammen mit Schleifkörpern (Chips) und einem Zusatzmittel (Compound) in einen Behälter gegeben. Der Behälter rotiert, dabei bewegen sich die Aluminiumteile und die Schleifkörper. Dieser Vorgang erzielt einen Materialabtrag am Aluminiumteil. In der Natur findet man diesen Ablauf zum Beispiel im Meer: Grobe Gesteinsbrocken werden durch Sand und Wasser zu glatten Steinen geformt.

Im nächsten Schritt erhalten die Oberund Unterschalen mittels Eloxieren ihre Farben – den Mokey gibt es in zehn verschiedenen Farbtönen. Das Eloxieren und die dafür nötige Vorbehandlung übernimmt eine spezialisierte Firma. Für eine gleichmäßige Oberfläche werden die Ober- und Unterschalen entfettet und gebeizt. Erst basisch mit einer auf Natronlauge basierenden Lauge und anschließend sauer, mit Salpetersäure oder Flusssäure.

Nach dieser Vorbehandlung erfolgt das tatsächliche Eloxieren. Die poröse Schicht wird mit Farbstoffen gefärbt. Das Eloxal-Verfahren erfolgt durch die Elektrolyse. Die negative Elektrode (Kathode) zerlegt das in der Säure enthaltene Oxonium (H3O+) in Wasserstoff und Wasser. Der Wasserstoff wird frei. An der positiven Elektrode (Anode) findet die Oxidation von Aluminium zu Aluminium(III)-Ionen statt und anschließend die Weiterreaktion zu Aluminium(III)-oxid. Die Säure ist an der Reaktion nicht beteiligt, sie dient nur zur Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit.

Beim anschließenden Verdichten liegen die Aluminiumteile in kochendem Wasser, damit sich die Poren verschließen. Das Emblem erhält der Mokey in einer Laserbeschriftungsfirma. Durch die kontrollierte Oxidation wird die Farbe auf der Oberschale durch einen Laser wieder freigelegt und der Mokey somit beschriftet. Parallel zu diesem Prozess entstehen die Drehteile wie Edelstahl-Muttern, Schrauben und M3-Verlängerungsstifte in einer Dreherei. Die Kunststoff-Unterlegscheiben M4 sind die einzigen Normteile an diesem Produkt. Auf der Edelstahl-Mutter ist eine Rendelung angebracht, die dafür sorgt, dass sich die Mutter beim Einpressen festbeißt, somit ist ein Mitdrehen beim späteren Zusammenschrauben ausgeschlossen.

Waren finanzielle Investitionen notwendig? Wie hast du diese gestemmt?

Die Finanzierung trage ich aus eigener Tasche. Da ich bereits mit Kunden wie der SIEMENS AG, Weinwelt und Mack und Schühle AG zusammen arbeite, habe ich mir für die Verwirklichung dieses Projekts ein Polster aufbauen können.

Ich hatte schon lange den Plan, irgendwann ein B2C-Produkt auf den Markt bringen.

Welche Fehler hast du gemacht?

Ich habe Bereiche meines Startups abgegeben, die man in solch einer frühen Phase einfach nicht abgeben hätte dürfen. So blieb anfangs der Kundenkontakt komplett auf der Strecke. Jedoch ist genau dieser Kontakt der wichtigste in solch frühen Anfängen. Man möchte doch schließlich wissen, wie die Kunden über dein Produkt sich äußern und denken.

Darum sollte man als Gründer einmal jeden Bereich in seinem Unternehmen selbst ausgeübt haben. Nur so kann man eine Arbeit, die man von sich gibt, nachvollziehen. Natürlich ist dadurch auch eine bessere Einschätzung bezüglich des Preises und der Leistung nachvollziehbar.

Warum ein eigener Online-Shop und worauf hast du dabei geachtet?

Ich will meinen Endkunden die Möglichkeit geben, mein Produkt schnell und problemlos zu erwerben. Auch da ist es sehr wichtig einen guten Support der Kundschaft anzubieten. Der direkte Kontakt zu den Kunden ist für das Produkt sehr wichtig. Kleine Anmerkungen von Kunden können einem Anregungen geben, sein Produkt zu erweitern oder noch zu optimieren.

Bevor man sich einen Online-Shop zulegt, sollte man wissen,wie man den die Leute auf den Shop bringen möchte.

Man muss sich ein Online-Shop als eine Art Süßigkeitenladen im tiefen Wald vorstellen. Jetzt solle die Frage sein: Wie bekomme ich all die Leute dazu meinen Laden im Wald zu besuchen. Genau, dazu muss mein Shop unter den Leuten bekannt gemacht werden.

Das ist genau das gleiche im Internet. All die Leute müssen auf deinen Shop aufmerksam gemacht werden. Und dafür muss man schauen welche Marketing-Strategie einem am besten liegt und auch am besten funktioniert.

Was waren beim Online-Shop die größten Herausforderungen?

Ich muss sagen, es gab keine wirklich großen Herausforderungen beim Erstellen des Shops. Aber ich musste feststellen, dass die Qualität der Bilder das A und O in einem Online-Shop ist. Viel zu viele Seiten im Netz sind unterwegs mit viel zu schlechten Produktbildern.

Dann lieber etwas mehr in die Bilder am Anfang investieren.

Welche Marketing-Maßnahmen hast du ergriffen und was funktionierte wie gut?

Der Kontakt zur Presse ist gerade bei meinem Startup ein wichtiger Bestandteil. Genauso der Kontakt zu Bloggern, denn die sind die Schnittstelle zwischen einem neuen Produkt und den Endkunden. Sie tragen maßgeblich zur Bekanntheit meiner Marke und meinem Produkt bei.

Wie sieht die Entwicklung deines Business bisher aus und was planst du für die Zukunft?

Mein Ziel ist es, das Produkt MOKEY weiterhin mit neuen Gimmicks und Features auszustatten. Zwei Beispiele sind ein integrierter Flaschenöffner oder eine Nagelfeile. Das Produkt soll sich weiterentwickeln und auf diese Weise interessant bleiben.

Unser Ziel ist es, dass jeder seinen personalisierten, auf sich, seine Wünsche und Bedürfnisse zugeschnittenen MOKEY in der Tasche hat. Auf keinen Fall will ich das Produkt ‘verhungern’ lassen.

Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Tipps für Startups freuen.

Kämpft für eure Sache, immer. Lasst euch von Rückschlägen nicht entmutigen.

Ein wertvoller Tipp ist, ein vitales und breites Netzwerk in der Startup-Szene und darüber hinaus aufzubauen. Schaut euch um nach Kollegen, die sich gerade in der selben Phase befinden, tauscht Erfahrungen aus. Das motiviert und inspiriert am Ende sogar noch.

Danke Moritz für das Interview

Peer Wandiger

9 Gedanken zu „Ein eigenes physisches Produkt entwickeln und vermarkten – Interview“

  1. Hallo,
    ein Tipp: auch wenn es hier vorrangig um die Produktentwicklung geht, am Ende des Interviews habe ich als Leser immer noch keine Ahnung, worum es geht. Welches Produkt wurde denn überhaupt entwickelt?
    Ich lese hier nur das Problem (Schlüsselaufbewahrung in Hosentasche), aber nicht, wie das Problem gelöst wurde. Ich lese hier jede Menge fachliche Schritte, aber das große Ganze fehlt (mir). Das Mini-Bild oben gibt einen vagen Hinweis, aber ich habe keinen wirklichen Drang, die Webseite zu besuchen 😉

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  2. Hallo, sehr interessant. Hinter jedem Projekt steckt sehr viel Arbeit. Wichtig ist es, mit Herzblut daran zu arbeiten. Weiter so und viel Erfolg.

    Gruß Michael

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  3. Meine Schwester hat auch so einen “Schlüsselorganizer”. Sah echt praktisch aus.

    Der Shop sieht wirklich klasse auch. Was ich aber nie verstehen werde, warum die meisten Shops nicht Amazon Payments nutzen? Vor allem wenn das Produkt eh schon auf Amazon verkauft wird. Gerade bei “kleineren” Shops haben viele User keine Lust sich extra anzumelden. Da ist Amazon Payment echt ne klasse Sache! Und oftmals ist es so, dass die Leute dann auf Amazon suchen und es dort kaufen. Und zack sind 15 % durch die Provision flöten gegangen.
    Mich würde auch interessieren, warum zum Beispiel auf Amazon ein anderer Verkäufer den Artikel verkauft und du das nicht selber machst?

    Was auch Schade ist, dass die Qualität bezüglich Design nicht auch auf eBay übertragen wurde.

    Wünsche dir weiterhin viel Erfolg.

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  4. Ich habe bisher noch nicht herausfinden können, was ein MOKEY ist und wozu man ihn/es nutzt. Auch auf der Webseite ist es mir nicht klar geworden.

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  5. Ein tolles Produkt,tolle Webseite und ein schönes Inverview – sehr interessant. Bitte mehr davon!
    Ich hätte auch 100e Ideen für smarte und nützliche Gadgets, aber leider nicht die Möglichkeiten wie Moritz.

    Weiter so, Moritz, da kommen sicher noch viele tolle Produkte! Schade nur das ich so viele unförmige Schlüssel habe, die da sicher nicht passen (runde, lange oder das Loch länglich)

    lg Marcus

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  6. @Jan: eigentlich ist das Tool selbsterklärend. Deine Schlüssel als eine Art Taschenmesser. Der Schlüsselbund – wo man Schlüssel suchen muss, gehört damit der Vergangenheit an.
    Ich finde das Tool supi – aber leider nicht für den großteil meiner Schlüssel geeignet.

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  7. Die Idee find ich grundsätzlich gut, denn mir scheuern auch immer die Hosentaschen durch von den Schlüsseln. Allerdings find ich 30 Euro für so’n Teil schon äußerst happig. Bei allem Respekt vor dem Herzblut, mit dem hier das Produkt entwickelt wurde, würde ich mir ein günstigeres Einsteigermodell wünschen.

    Was mir auf der Website / Shop nicht ganz klar wurde, ist, wie man einen einzelnen Schlüssel unter vielleicht zwölf rauskriegt. Muss ich da mit dem Fingernagel fummeln, so wie bei einem Schweizermesser?

    An der Startseite der Website hat mich eins total genervt: Dass die Bilder oben auf der Seite nicht stillhalten, sondern reinzoomen. Das ergibt eine Art Wackel-Effekt, total ätzend, man will hinkucken und kriegt das Bild nicht zu fassen. Und dann wechselt es schon wieder zum nächsten Bild. Auch dass “Wie funktioniert’s” nur ein Video anbietet und keinen Text mit Bildern, gefiel mir nicht (ich mag keine Erklärvideos, dauert zu lange).

    Bei “WISO Kampf der Startups” war übrigens auch mal jemand, der einen neuen Schlüsselbund kreiert hatte, aus Metall. Nannte sich KeyBone. Keine Ahnung, ob die Sache weitergeführt wurde. Hier ein Artikel darüber:
    http://www.gruenderszene.de/allgemein/kampf-der-startups-folge-1?ref=gs111

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  8. Mega cooler Artikel!

    Finde den MoKey mega cool und auch die Website sieht sehr schön. Genau so etwas möchte ich mit meinem eigenen Produkt in der Zukunft auch auf die Beine stellen!
    Bin dort grad in der Planung des Produktes und mich würde sehr interessieren, welche Unterlagen der Metallbaubetrieb braucht, um mein Produkt genau wie ich es möchte anzufertigen. ich habe dort noch keine Erfahrung um frage mich dauernd, wie ich dem Hersteller zeigen kann wie genau er mein Produkt fertigen soll!

    Liebe Grüße!

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