Opfer für die Selbständigkeit – Meine Erfahrungen und was ich heute anders mache

Eine erfolgreiche Selbständigkeit aufzubauen ist harte Arbeit. Gerade in den ersten Jahren muss man auf vieles verzichten, um das Business zum Laufen zu bekommen.

In diesem Artikel geht es um Opfer, die ich für meine Selbständigkeit bringen musste und wie ich heute darüber denke.

Ich freue mich natürlich auch über eure Erfahrungen in den Kommentaren.

Dieser Artikel ist mein Beitrag zur Blogparade Welche Opfer bringen sie für ihren Unternehmenserfolg? von sage.de.

Opfer für die Selbständigkeit

Nicht jede Selbständigkeit verläuft gleich und natürlich gibt es auch Unterschiede bei den Opfern, die man bringen muss, damit die Selbständigkeit ein Erfolg wird.

Dennoch können wohl die meisten Existenzgründer und Selbständigen davon ein Lied singen und haben viele Kompromisse und Einschränkungen hinnehmen müssen.

Bei mir war das gerade in den ersten Jahren meiner Selbständigkeit nicht anders.

Meine Erfahrungen

Ich habe mein Business bei 0 gestartet, hatte also keinen vorhandenen Kundenstamm und auch kein bestehendes Business als Nachfolger übernommen. Das bedeutete, dass ich sehr stark Gas geben musste, um die ersten Einnahmen zu erzielen und mein Business in Gang zu bekommen.

Das führte dazu, dass ich gerade in den ersten Jahren einige Opfer bringen musste.

Überstunden
So habe ich in den ersten 3 Jahren sehr viele Überstunden gemacht. Jeden Abend habe ich mich nochmal vor den Arbeits-PC gesetzt und bis nach Mitternacht gearbeitet. Auch an vielen Wochenenden habe ich vor dem PC gesessen und etwas für meine Selbständigkeit gemacht.

Das ging natürlich auf Kosten meines Privatlebens, so dass ich meine Familie hin und wieder doch etwas vernachlässigt habe. Aber es ging auch auf Kosten meiner Gesundheit, die auf Dauer unter solch einer Belastung natürlich ebenfalls leidet, selbst wenn man das als junger Mensch erstmal gar nicht wahrnimmt (und wahrhaben will).

Das führte dazu, dass ich nach ca. 3 Jahren erste Anzeigen eines schleichenden Burnouts bei mir entdeckt habe, zumindest habe ich es so wahrgenommen. Das war der Punkt, wo ich einiges ändern musste, um nicht wirklich richtige Probleme zu bekommen.

Urlaub & freie Tage
Ich bin seit Anfang 2006 und damit seit fast 10 Jahren selbständig. Ich habe aber erst 2015 das erste mal 2 Wochen Urlaub am Stück gemacht. Vorher waren es maximal mal 9 Tage, meist nur eine Woche. Selbst an Feiertagen habe ich in der Anfangszeit oft noch etwas für die Arbeit erledigt.

Insgesamt hatte ich zudem noch nie 25 oder gar 30 freie Arbeitstage in einem Jahr, wie es bei vielen Angestellten der Normalfall ist. Mal abgesehen vom Urlaub, den ich mit meiner Familie zweimal im Jahr mache (insgesamt maximal 3 Wochen), habe ich mir so gut wie nie frei genommen.

Sicher ist das auch eine Frage der Selbstorganisation, aber wenn man alleine selbständig ist, dann gibt es immer was zu tun und gerade bei eigenen Websites und Blogs kann man diese nicht einfach mal ein paar Tage oder gar Wochen ignorieren.

Die Situation hat sich in den letzten Jahren etwas verbessert, aber auf 30 Tage Urlaub werde ich wohl auch in den nächsten Jahren eher nicht kommen.

Gesundheit
Die Anzahl der Tage, die ich in den letzten 9 Jahren krank gemacht habe, kann ich an zwei Händen abzählen. Sicher, ich habe einen Bürojob und mittlerweile auch so gut wie keinen Kundenkontakt mehr, aber wer selbst Kinder hat weiß, wie schnell und gern diese eine Erkältung mit nach Hause bringen.

Dennoch finde ich es mittlerweile sehr erstaunlich, wegen welchen kleinen Wehwehchen viele Angestellte zu Hause bleiben. Als Selbständiger muss da schon wirklich was schwerwiegendes vorliegen, damit man nicht auf Arbeit geht.

Allerdings ist auch hiermit ein gewisses Rikiso verbunden, da aus kleinen Dingen durchaus auch mal größere Erkrankungen werden können, die das eigene Business gefährden können. Deshalb achte ich mittlerweile mehr auf meinen Körper, treibe Sport und versuche z.B. ausreichend Schlaf zu bekommen, was mir insgesamt sehr gut tut.

Hobbies & Privatleben
Ich habe viele Hobbies, aber gerade in den ersten Jahren meiner Selbständigkeit sind viele davon auf der Strecke geblieben. Wenn man bis Nachmittag arbeitet, sich dann um die Familie kümmert und Abends wieder arbeitet bis es ins Bett geht, bleibt nicht viel Zeit für Hobbies. Dass ich mein Büro in meinem eigenen Haus hatte, hat dabei nicht geholfen.

Das war etwas, was mir auch nicht so gefallen hat, aber in der ersten Zeit ging es nicht anders. Wenn das Geld knapp ist und die nächsten monatlichen Ausgaben bezahlt werden müssen, sind Hobbies leider erstmal zweitrangig.

Mit den Jahren habe ich aber wieder mehr Freizeit gemacht und die Überstunden zurückgefahren. Das bedeutete, dass ich mehr Zeit für Freunde, Familie und Hobbies hatte. Mein Umzug in ein externes Büro hat zudem sehr dabei geholfen Arbeit und Privatleben stärker zu trennen.

An dieser Stelle muss ich auch sagen, dass meine Frau sehr viel Verständnis aufgebracht und mir den Rücken freigehalten hat, da sie selbst aus einer Unternehmer-Familie kommt und das kennt. Nun ist sie seit einigen Jahren ebenfalls selbständig und ich kann ihr dabei den Rücken freihalten.

Persönliches Risiko
Als Einzelunternehmer geht man ein persönliches Risiko ein, da man im Zweifelsfall mit seinem Privatvermögen haftet. Das ist zum Glück noch nicht nötig gewesen, aber ein Opfer das man bringen muss ich auch das Risiko, mit dem man leben lernen muss.

Man sollte sich darüber zwar nicht unnötig viele Sorgen machen, aber ganz ausblenden kann man es meist nicht. Und so ist der Druck etwas, mit dem man leben lernen muss.

Wie sehe ich das heute?

Wie schon gesagt, hatte ich nach 3 Jahren Selbständigkeit den Punkt erreicht, wo ich aus gesundheitlichen Gründen etwas ändern musste. Ich habe generell nicht mehr am Wochenende gearbeitet und unter der Woche versucht nicht mehr als 2 Abende was für mein Business zu tun.

Mit den Jahren sind die Einnahmen gestiegen und ich ernte nun die Früchte der Arbeit von damals. Das hat dafür gesorgt, dass ich heute kaum noch Überstunden mache und wieder ein relativ normales Privatleben führe.

Ich versuche zudem regelmäßig an meinem Business zu arbeiten, statt nur darin. Dadurch möchte ich unrentable Aufgaben eliminieren und mich auf das konzentrieren, was mir Spaß macht und sich lohnt. Große Opfer möchte ich nicht mehr bringen, da ich eigentlich immer nach dem Kredo gelebt habe: “Ich lebe nicht um zu arbeiten, sondern ich arbeite um zu leben”.

Zwischenzeitlich war das mal anders, aber dauerhaft ist das nichts für mich.

Welche Opfer habt ihr gebracht?

Ich würde mich über eure Erfahrungen diesbezüglich freuen.

Entweder ihr nehmt an der Blogparade teil oder hinterlasst einen Kommentar.

Peer Wandiger

15 Gedanken zu „Opfer für die Selbständigkeit – Meine Erfahrungen und was ich heute anders mache“

  1. Lieber Peer. Ich bin es mal wieder 🙂 Hättest du den Beitrag nicht etwas früher schrieben können? Vielleicht hätte meine Entscheidung anders ausgesehen 😉 Wirklich schöner Artikel, welcher zeigt, dass man dranbleiben muss. Hatte vor 2 Tagen einen Artikel über meine ersten Wochen als Selbstständiger geschrieben: http://www.gruenderbook.de/ueberwinde-ich-meine-angst-als-selbststaendiger-familypreneur/
    Wie gehtst du mit deinen Ängsten um?
    Beste Grüsse aus Berlin,
    Dominic

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  2. Super Einblick ins Blog Business. Das ist echt wenig Urlaub. Ich denke, jetzt mit einer Angestellten geht vielleicht in Zukunft etwas mehr Urlaub bei dir. Ich finde das total wichtig, sonst endet das noch böse!

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  3. Ich bin ja nur nebenbei selbständig und arbeite daher von Montag bis Dienstag nach der Arbeit nochmal rund 4 bis 5 Stunden. Meist setze ich mich auch noch am Wochenende ran, wenn dringende Mail bantwortet werden wollen. Langfristig gesehen, muss ich meine Stundenzahl aber reduzieren. Ich merke einfach immer öfter, dass ich mich ausgebrannt fühle.

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  4. Hallo Peer, danke für den Anstoß. Ich habe selbst einen Artikel für die Blogparade geschrieben. Ich verlinke hier nicht dorthin, weil ich meinerseits auf diesen Artikel verlinkt habe.

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  5. Ich bin jetzt seit einem guten Jahr selbstständig. Neben umfangreichen finanziellen Entbehrungen war es bisher – wie von dir beschrieben – insbesondere auch zeitlich eine enorme Belastung. Gerade am Anfang möchte man natürlich für jeden einzelnen Kunden da sein und vermeiden, dass einem Umsatz oder Kunden “durch die Lappen” gehen. Nach einem guten Jahr habe ich aber das Gefühl, dass sich alles etwas verfestigt und nachdem sich auch ein gewisser finanzieller Erfolg einstellt und entsprechende Rücklagen gebildet werden konnten, schläft es sich nachts auch schon wesentlich entspannter 😉
    Viele liebe Grüße und ich bin gespannt auf eure Erfahrungen – Alex

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  6. Gerade am Anfang scheint es mir genauso, dass man sehr viel Zeit benötigt für den Aufbau und Aktualisierung der eigenen Seiten.

    Später automatisiert man die Prozesse, die gerade am Anfang mehr Zeit in Anspruch nehmen. Aber es ist auch gut die Zeit zu investieren, was man am Anfang falsch macht, wird man später bereuen.

    Ich merke es speziell an meiner Seite vrbrillen-test.com wo ich zahlreiche englische Artikel durchlese, damit ich die wichtigsten Informationen auf deutsch zur Verfügung stellen kann. Das benötigt viel Zeit, die es sich aber meiner Meinung nach lohnt zu investieren.

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  7. Am Anfang meiner Selbständigkeit arbeitete ich nicht online.
    Ich besuchte Kunden und leistete dort PC Hilfe vor Ort, hatte einen Laden
    und verkaufte auch Hardware.
    Somit weiss ich auch ganz genau was es heisst, ein Business von 0 auf zu starten.
    Ich denke Online ist das genau gleich, wobei sich natürlich einige Komponenten
    unterscheiden. Mir gefällt es eigenständig Operieren zu können, habe und nehme immer noch einiges auf mich um dies auch weiterhin so handeln zu können.
    Und wie ich oben bei einigen Kommentaren gelesen habe stimme ich zu,
    dass man dabei vor lauter Leidenschaft seine Gesundheit nicht vergessen sollte.
    Vielmehr meine ich den Ausgleich für Körper Geist und Seele.
    Auf jeden Fall braucht man um ein langfristiges Geschäft führen zu können Leidenschaft und Begeisterung, Ehrgeiz Mut und Entschlossenheit, Nüchternheit und einen gesunden Optimismus.

    Ein interessanter Blog hier, by the way 😉

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  8. Warum schreibt ihr hier von Opfer ?

    Ich würde es eher eigene Anstrengungen nennen. Jeder der eine Selbständigkeit nach geht weis dass, dies mit Arbeit verbunden ist. Das gerade in die ersten Jahren viel gearbeitet werden muss und der Ertrag sagen wir mal eher mickerig ist weis auch jeder.

    Es zwingt ja auch keiner eine Selbständigkeit zu beginnen. Wer als Gründer nur daran denkt wie viele Opfer er/sie bringen muss sollte es lieber sein lassen.

    Ich war über 20 Jahre hauptberuflich Selbständig. Ich kenne alle Höhen und Tiefen sah aber meine Arbeit nie als Opfer an, sondern als meine Chance mir was zu schaffen.

    Ich habe dann vor rund 3 Jahren die hauptberufliche Selbständigkeit beendet um mir ein angestellten Job in Teilzeit zu suchen. Durch diese Freiraum kann ich weiterhin nebenberuflich Selbständig sein, was zu meine jetzige Lebenssituation besser passt.

    Jetzt muss ich zwar schauen beides auf die Reihe zu bekommen, aber diese Aufgabe macht mir Freude.

    @Peer. Sorry das ich dir kein Jubel Kommentar abgebe, aber es ist nun einmal meine ehrliche Meinung dazu.

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  9. Ich hab mir deinen Text sehr genau durch gelesen. Und wenn ich mir so überlege was du alles durchgemacht hast, bin ich doch froh mit meinem Leben als Angestellter. Dazu möchte ich aber auch sagen das ich nicht wegen jedem wehwehchen zuhause bleibe.
    Wie war das bei dir mit den Kindern? Haben die es verstanden das du zuhause arbeitest oder wollten die immer mit papa spielen?

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    • Zu Beginn musst ich sowohl der Familie, als auch Freunden und Verwandten erstmal klar machen, dass ich zu Hause auf Arbeit bin und nicht einfach zu Hause. Aber nach einer Weile haben das alle verstanden.

      Problematisch war es nur später in den Ferien, als die Kinder dann nicht mehr in den Hort wollten und ich teilweise nicht so die Ruhe zu Hause hatte. Aber insgesamt ging es.

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      • Das hört sich insgesamt besser an als ich es mir bei meinen Vorstellen könnte. Allerdings ist so eine Routine bei den Kindern auch meist schnell im Kopf drin.
        Danke für die Antwort.

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  10. Respekt dass Du das so durchgezogen hast Peer. Ich merke hier und da ebenfalls Überforderung. Dann aber wieder Lichtblicke und ein wenig Zeit auch für privates. Immer positiv bleiben.LG aus Bochum

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  11. Hi Peer,

    ich bringe immer noch die Opfer, allerdings versuche ich gerade was zu ändern. Ich bin jetzt auch im magischen 3. Jahr und meine Gesundheit ist im Keller. Meinen Freundeskreis muss ich auch jetzt wieder langsam aufbauen und ich versuche jeden Tag um 16:30 artig Feierabend zu machen. Die ersten Abende wusste ich gar nichts mit mir anzufangen und bin fast durchgedreht vor Langeweile.

    Jetzt gehe ich in 3 Woche auf Reha und hoffe dass ich etwas gestärkter zurück komme. Die Grundsteine dafür lege ich jetzt schon seit einigen Monaten, indem ich viele Sachen einfach zurück schraube, aber auch konsequent anfange vernünftige Preise zu kommunizieren, von denen ich auch leben kann. Nach 3 Jahren sollte man ja dann doch endlich mal anfangen Rücklagen zu bilden und wieder in die Rente einzahlen 😉

    Danke für deinen wertvollen Beitrag,

    LG 🙂

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