Existenzgründung & Startups – 4 Experten-Prognosen für 2016

Existenzgründung & Startups -  Experten-Prognosen und Tipps für 2016Das neue Jahr hat begonnen und das ist wieder die Zeit, ein wenig vorauszuschauen.

Im Folgenden äußern sich 4 Experten über die Chancen für Existenzgründer & Startups im Jahr 2016.

Es wird ebenfalls auf die wichtigsten Entwicklungen des letzten Jahres zurückgeblickt.

Zudem gibt es eine Umfrage.

4 Experten-Prognosen und Tipps für 2016 zu Existenzgründung & Startups.

Meine Interviewpartner sind (alphabetisch):

Bevor es zu den Expertenstimmen geht, noch eine kleine Umfrage.

Woher kam das Geld für deine Existenzgründung?

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Wie war das Jahr 2015 für deutsche Gründer und Startups? Wie hat sich die Situation entwickelt?

“Die Konjunktur in Deutschland und die stabile Beschäftigungslage in Deutschland haben sicher den einen oder anderen Gründer abgehalten, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Allerdings boten günstige Zinsen durch die EU-Währungspolitik auch ideale Gründungs- und Finanzierungsvoraussetzungen.

Für ein bisschen mehr Gründerkultur hat in 2015 auch Die Höhle der Löwen beigetragen. Ich habe mich mit vielen Nicht-Gründern unterhalten, die keine Sendung verpasst haben und fasziniert waren, mit welchen Ideen man Kapitalgeber begeistern kann oder eben nicht. Viele hatten einen Aha-Effekt, dass man eben nicht immer eine Rakete erfinden muss, um erfolgreicher Gründer zu sein.”
Andreas Herzog

“Die gute Nachricht vorweg: 2015 war alles in allem ein erfolgreiches Jahr für deutsche Gründer. Berlin hat erstmals den Sprung in Top 10 der weltweit attraktivsten Startup-Hochburgen geschafft, die Wagniskapital-Zuflüsse aus dem Ausland steigen kontinuierlich und die Deutsche Börse hat mit dem Venture Network die ersten Rahmenbedingungen für einen neuen Startup-Index geschaffen. Und: Der millionenschwere Exit von 6Wunderkinder an Microsoft belegt stellvertretend für den hiesigen Gründerstandort, dass auch deutsche Startups für US-Tech-Konzerne interessant sein können.

Zudem ist das Thema Unternehmensgründung dank der überaus erfolgreichen Startup-Show „Die Höhle der Löwen“ endlich in den Fokus der breiten Öffentlichkeit getragen worden. Die Sendung dürfte zum einen dazu beitragen, dass bislang eher für BWL-Studenten spannende Thema auch für Normalbürger attraktiv zu machen, zum anderen aber auch die fehlende und oft geforderte Scheiterkultur in Deutschland ein Stück weit zu beleben.

Allerdings gab es auch schlechte Nachrichten: Auch wenn der umstrittene Gesetzesentwurf in letzter Sekunde abgewendet werden konnte, so hat das geplante Anti-Angel-Gesetz gezeigt, wie wenig Rücksicht die Bundesregierung nach wie vor auf die Bedürfnisse der deutschen Startup-Szene nimmt. Das bekräftigt die Bedeutung von Organisationen wie dem Bundesverband Deutsche Startups, erfordert gleichzeitig auch noch mehr Dialogbereitschaft seitens der Regional- und Bundespolitik. Exemplarisch in diesem Zusammenhang ist übrigens auch die faktische Abschaffung der Netzneutralität durch die Europäische Union, die jungen Startups gegenüber finanzkräftigen Konzernen in Zukunft wohl deutliche Wettbewerbsnachteile bescheren wird. Dass die Deutsche Telekom – die sich selbst gerne als Förderer der hiesigen Gründerszene inszeniert – sogar über eine Internetmaut in Form einer Umsatzbeteiligung nachdenkt, ist eine Farce.”
Daniel Hüfner

“Ganz allgemein gesprochen sind der deutsche Gründerspirit und die Bedeutsamkeit des Themas in der Gesellschaft 2015 deutlicher zu spüren gewesen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der von Start-ups geprägte Begriff FinTech wird immer bekannter und in den Medien, aber auch bei Konferenzen und in den Banken, heftig diskutiert. Positiv zu beobachten war 2015 auch, dass nach wie vor die Anzahl an Gründerinnen steigt. Aber ganz klar, ein Gründerland ist Deutschland nach wie vor nicht.”
René Klein
“Wir befinden uns weiter in einer Stagnation was die Gründungszahlen angeht. Viele Gründer scheuen weiterhin aufgrund der guten Arbeitsmarktlage den Weg in eine Existenzgründung.”
Felix Thönnessen

Was waren die größten Hürden für kreative Startup-Ideen?

“Ein Dauerthema für Gründer ist das Thema Finanzierung. Hier haben wir in 2015 mit einem Weiterbildungsstudium zum “Zertifizierten Fördermittelberater (FH)” auch unser Wissen vertieft. Das Fazit ist, dass es gute Finanzierungsmöglichkeiten für Gründer gibt, dieses Know how bei Banken, IHKs und Gründungsberatern aber nicht oder nur unzureichend vorhanden ist. Das wichtigste Eigenkapitalhilfeprogramm der KfW hat nicht mal 1.000 Anträge pro Jahr (Aussage KfW) und führt somit ein Nischendasein im Vergleich zum KfW-Startgeld.”
Andreas Herzog
“Die Bürokratie war auch in diesem Jahr einer der größten Bremsen für Unternehmensgründungen. Laut einer Umfrage des Verbandes „Die jungen Unternehmer“ ist für 40 Prozent der Befragten die Bürokratie das größte Hindernis. Jeder Dritte Gründer müsse sich demnach bis zu zehn Stunden pro Woche mit Berichtspflichten und staatlichen Auflagen beschäftigen. ”
Daniel Hüfner
“Nicht nur, aber insbesondere auch für kreative Start-ups: In der Crowdfunding-Szene wurde viel über das Kleinanlegerschutzgesetz diskutiert, das dann im Juli in Kraft trat. Private Investoren dürfen nun nicht mehr als 10.000 Euro in ein Start-up investieren. Fundingsummen von bis zu 2,5 Mio. Euro (im Gespräch war zunächst 1 Mio.) blieben aber von der teuren Prospektpflicht ausgenommen.”
René Klein
“Eine kreative Idee ist toll, aber es muss vor allem Zugang zu Kapital geschaffen werden. Genau hier gibt es häufig Probleme.”
Felix Thönnessen



Lohnt es sich für Gründer ins Ausland zu gehen und wenn ja warum?

“Ich denke immer, dass man es mit einer guten Idee zuerst im Heimatmarkt schaffen muss, bevor man ins Ausland expandiert. Allerdings ist das Ausland eine gute Ideenquelle für Produkte oder Dienstleistungen, die es auf dem Heimatmarkt noch nicht gibt. Die Samwer-Brüder sind mit dieser Methode sehr erfolgreich. 😉

Es gibt natürlich auch Geschäftsmodelle im Internet, die es einem erlauben, an jedem Ort der Welt zu arbeiten, wo ein guter Internetanschluss verfügbar ist. In meiner Wahrnehmung gibt es immer mehr “Digitale Nomaden” mit einem solchen Mindset.”
Andreas Herzog

“Ja, das kann sich lohnen. Die Startup-Szene ist längst zu einer globalen Community geworden, die mit einer Sprache spricht. Investoren, Inkubatoren und Co-Working-Spaces gibt es in fast jeder großen Stadt. Sind Gründer der englischen Sprache mächtig ist und nicht unbedingt auf San Francisco oder New York festgelegt, kann man außerdem von günstigen Lebenshaltungs- und Personalkosten profitieren.

Tipp: Ausprobieren! Wer nicht gleich seine gesamte Existenz ins Ausland verlegen möchte, kann das Szenario zum Glück über spezielle Programme erproben. So bietet die Stadt Berlin seit kurzem ein Austauschprogramm für Gründer mit Tel Aviv an, für ganze Teams steht hingegen der German Accelerator mit einer mehrmonatigem Starthilfe für den US-Markt bereit.”
Daniel Hüfner

“Das hängt sicherlich vom Geschäftsmodell ab. Ganz generell lohnt es sich aber natürlich, andere Start-up Hotspots wie Tel Aviv oder das Silicon Valley in Bezug auf Innovationen und Arbeitsweisen kennenzulernen und zu beobachten. Insgesamt sind die Voraussetzungen für Gründer in Deutschland aber nicht schlecht – vielmehr sogar ein Grund für ausländische Gründer in Deutschland zu gründen.”
René Klein
“Wenn die Vorraussetzungen passen, kann das interessant sein. Aber es gibt auch bei uns genügend Möglichkeiten. Die Sprache ist häufig eine Hürde, aber ansonsten kann auch das Ausland abhängig von der Idee eine Möglichkeit sein.”
Felix Thönnessen



Wie sehen Sie die Rahmenbedingungen für deutsche Gründer und Startups in 2016?

“Ich bin da wie immer positiv. Wer eine tolle Idee hat, hatte es noch nie so leicht wie heute, diese Idee mit professionellen Komponenten, in kürzester Zeit, wie ein bestehendes Unternehmen aussehen und funktionieren zu lassen. Diese Komponenten sind im Internet auffindbar und müssen “nur noch” clever kombiniert werden, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

Ungewiss ist bislang die Entwicklung der Beratungsförderung. Das Gründercoaching Deutschland läuft zum 31.12.2015 aus und wird unter dem Dach der BAFA neu strukturiert. Bislang sind aber nur Eckpunkte bekannt.”
Andreas Herzog

“Mit dem „Eckpunktepapier zur weiteren Entlastung der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie“ hat die Bundesregierung im Dezember 2014 umfassende Pläne zum Bürokratieabbau vorgelegt. Das entsprechende Artikelgesetz wurde im März 2015 verabschiedet, sodass sich deutsche Gründer im neuen Jahr hoffentlich auf deutlich verbesserte Rahmenbedingungen einstellen können. Unter anderem sollen so mehr kleine Unternehmen als bisher von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des Handelsgesetzbuches und der Abgabenordnung befreit werden. Wichtig wird aber auch sein, dass die gestiegenen Wagniskapital-Zuflüsse auch in der breiten Masse bei Startups ankommen und sich nicht wie bisher zum Großteil auf wenige Player konzentrieren.”
Daniel Hüfner
“Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind, wie in gerade beschrieben, in Deutschland nicht ganz so schlecht. Ob aber bspw. die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen in Sachen Wagniskapital im Rahmen einer neuen Gründerzeit 2016 umgesetzt werden, bleibt noch abzuwarten. Insgesamt erwarten wir 2016 vermutlich keinen Gründerboom in Deutschland, aber Impulse in einzelnen Branchen. Dazu zählen in erster Linie alle Bereiche, die sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen.”
René Klein
“Ich denke u.a. durch die Sendung Die Höhle der Löwen ist das Thema zunehmend in der Gesellschaft angekommen. Ich wünsche mir hier eine Veränderung – Existenzgründung als Karriereziel und nicht als Ausweg.”
Felix Thönnessen



Was sind Ihre wichtigsten Tipps für 2016?

“Meine wichtigsten Tipps für jeden Gründer sind die Fokussierung auf Zielgruppe, Alleinstellungsmerkmale und Kundennutzen. Nehmt dafür so viel Unterstützung in Anspruch, wie Ihr bekommen könnt, vor allem von Eurer potentiellen Zielgruppe. Vertrödelt nicht die Zeit mit Nebensächlichkeiten und Produktfeatures eines Produkts, das es noch nicht gibt, sondern fokussiert Euch auf den Kern Eures Geschäftsmodells.”
Andreas Herzog
“Obwohl Journalisten immer wieder darauf hinweisen, tun sich viele Startups offenbar bis heute noch schwer damit, einen richtigen Pressebereich auf ihrer Website einzurichten. Daher wiederhole ich den Tipp für das kommende Jahr gerne noch einmal: Bietet Journalisten, Bloggern und Pressevertretern so viele Infos wie möglich, und zwar noch vor dem ersten Anruf. Stellt hochwertige Gründer- und Teamfotos sowie Screenshots und Abbildungen eures Produkts zum Download bereit. Gut machen sich immer auch Fact Sheets mit Eckdaten zum Unternehmen. Außerdem rate ich dazu, sein Startup gegenüber Journalisten öfter auf Twitter zu pitchen. Ein kurzer Satz zum Produkt und ein Link zur Website, um alles weitere kümmert sich der Journalist – vorausgesetzt, das Thema ist interessant. Das spart Zeit für beide Seiten und ist effektiv.”
Daniel Hüfner
“Der größte Fehler am Gründen ist erst einmal, es nicht zu tun. Wer die Begeisterung und Leidenschaft mitbringt, hat die erste Hürde schon überwunden. Danach gilt allerdings: Für Sicherheiten sorgen. Starten sollte man auf jeden Fall mit einem Businessplan. So kann man die Machbarkeit und das wirtschaftliche Potenzial der Idee prüfen.”
René Klein
“Eine erfolgreiche Existenzgründung beginnt mit einem Feuer und nicht mit einer Finanzkalkulation. Das ist eindeutig mein Lieblingsspruch – auch für das Jahr 2016. Dranbleiben und engagiert für seine Idee brennen.”
Felix Thönnessen



Fazit

Ein Gründerboom ist auf Grund der Gesamtlage zwar nicht zu erwarten, dafür gibt es zu viele freie Stellen, die vielen sicherer erscheinen. Dennoch bietet gerade diese Situation auch Chancen für Gründer und Startups, da viele Branche nicht von Gründern überlaufen werden.

Die Rahmenbedingungen sind in Deutschland nicht ideal, aber es gibt zumindest Ansätze, die Situation für Existenzgründungen zu verbessern.

Ganz wichtig ist aber auch in 2016, dass man Leidenschaft und Engagement mitbringt.

Was erwartet ihr von neuen Jahr?

Peer Wandiger

4 Gedanken zu „Existenzgründung & Startups – 4 Experten-Prognosen für 2016“

  1. Ich denke die enormen Beikosten wie Krankenkasse, Rente, etc. schreckt noch viele von der Selbständigkeit ab, obwohl ihre Firmenidee klasse ist. LG Romy

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  2. Deutschland hat einfach noch keine wirkliche Selbständigen-Kultur. Nach meiner Beobachtung haben die meisten Leute unzutreffende Vorstellungen davon, wie Unternehmertum funktioniert. Die Vorstellung von den nötigen Fähigkeiten ist in Deutschland sehr akademisch geprägt, wenig durch Praxis, weil es eben die zugehörige Kultur nicht gibt.

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  3. Die meisten starten zu blauäugig. Ein paar Euros investieren und einem Experten VOR Gründung einige Fragen stellen, würde schon viele Pleiten verhindern.

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