Warum User-Generated-Content so beliebt ist und wie man ihn für sein Business nutzt

Besonders junge Menschen werden es heute kaum noch glauben können, aber in den Anfangsjahren war das World Wide Web ein vorwiegend passives Medium, in dem man lediglich vorhandene Inhalte konsumieren konnte.

Mit dem Web 2.0 hat sich das grundlegend geändert. Seit Erfindung des “Mitmachnetzes” hat User-Generated-Content (UGC) eine starke Verbreitung erfahren.

Heute sind von Nutzern selbst generierte Inhalte fester Bestandteil des Internets, nicht zuletzt dank der Popularität sozialer Netzwerke.

Warum User-Generated-Content so beliebt ist und wie man ihn für sein Business nutzt

Facebook, Instagram, Twitter, YouTube, Wikipedia und Co. würden ohne ihre Nutzer, die die Portale ständig mit eigenem Content füttern, gar nicht existieren. Hier wird vom Anbieter nicht mehr als die Infrastruktur bereitgestellt. Für Aktualität und Aktivität müssen die Nutzer selbst sorgen. Ähnlich sieht es bei den diversen Bewertungsportalen aus, die nach wie vor wie Pilze aus dem Boden schießen.

Doch Nutzerinhalte sind nicht nur im Internet gefragt. User-Generated-Content ist ein Phänomen in der gesamten Medienbranche. Der Leserbrief in Zeitungen ist ein frühes Beispiel. Sowohl Zeitungen als auch Fernsehsendungen veröffentlichen beispielsweise gern Fotos von Lesern bzw. Zuschauern. So manche Nachrichtensendung auf regionalen Kanäle macht daraus ganze Beiträge. Was früher noch Straßenumfragen waren, ist heute das Vorlesen von Zuschauermeinungen, die über die eigenen Social-Media-Kanäle gesammelt werden.

User-Generated-Content spart Kosten und Zeit

Für Medienmacher ist die Partizipation von Lesern, Nutzern, Zuhörern oder Zuschauern nicht nur eine Möglichkeit, ihr Interesse am Kunden zum Ausdruck zu bringen. Vor allem ist es auch wirtschaftlich hochinteressant. Denn eigenen Content zu produzieren ist teuer und zeitaufwendig. Wer diese Aufgabe an seine Nutzer weitergibt, kann richtig Geld sparen. Schließlich werden diese nur selten für ihre Leistung entlohnt. Somit ist User-Generated-Content im Prinzip kostenlos.

Beispiel “Chefkoch.de”: In der Datenbank von Europas größtem Kochportal stehen aktuell über 283.000 Rezepte. Kein einziges stammt vom Betreiber selbst. Alle wurden freiwillig und kostenfrei von angemeldeten Nutzern verfasst. Fast immer mit einem Foto des Endergebnisses. Gar nicht auszudenken, wie viele Redakteure und Fotografen wie lange daran arbeiten müssten, eine vergleichbare Fülle an bebilderten Rezepten zu produzieren.

Im besten Fall ist so ein Portal, das fast ausschließlich auf User-Generated-Content setzt, eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Nicht selten freuen sich die Nutzer nämlich mitwirken dürfen. Mit symbolischen Belohnungen lassen sich viele von ihnen einfach und kostenlos bei Laune halten. So kann man sich bei “Chefkoch.de” als Community-Mitglied vom Tellerwäscher zum Sternekoch hocharbeiten. Der aktuelle Status wird mittels eines kleinen Symbols neben dem Mitgliedsnamen angezeigt.

Aktivitätspunkte gibt es auch für Beiträge im Forum. Hier diskutieren die Mitglieder von “Chefkoch.de” jedes Thema, das auch nur ansatzweise mit Essen oder Trinken zu tun hat. Auch hier hat sich mittlerweile ein gigantischer Content-Berg angehäuft, der dafür sorgt, dass das Portal nicht nur bei der Suche nach diversen Gerichten, sondern auch bei fast allen Fragestellungen aus der Küche ganz oben in den Suchergebnissen rankt. Wieder ohne selbst jemals Content geschrieben zu haben.

“Chefkoch.de” verwertet Nutzerinhalte gleich mehrfach

Wenngleich das zu Gruner + Jahr, eigentlich einem klassischen Content-Produzenten, gehörende Kochportal mittlerweile auch Videoanleitungen selbst produziert, hat es vor allem die Vermarktung der nutzergenerierten Inhalte perfektioniert. So erscheint seit Neustem ein gleichnamiges Printmagazin, in dem die Rezepte der Mitglieder zweitverwertet werden. Für die nötige Professionalität schießt der Verlag lediglich ein hübsches Foto der Getränke und Speisen. Das Magazin verkauft sich hervorragend, bei minimalen Produktionskosten. Für die, die das monatlich erscheinende Heft füllen, bleiben nur Ruhm und Ehre.

Das Beispiel “Chefkoch.de” zeigt, dass User-Generated-Content mehr sein kann als Leserkommentare in einem Blog. Wenn man erst einmal ein System gefunden hat, die Aktivität der Nutzer für die eigenen Zwecke zu nutzen, dann ist der Content-Nachschub fast zum Nulltarif möglich. Und so ist der Wirtschaftsvorteil leider oft der Hauptgrund, warum Medien ihre Konsumenten überhaupt zu Wort kommen lassen.

Oder mal ehrlich: Wen interessiert im Nachmittagsmagazin “daheim + unterwegs” auf WDR schon, was Karl-Heinz vom ausgefallenen Karnevalsumzug denkt und wie der Weihnachtsbaum von Erna aussieht. Trotzdem werden in dieser und ähnlichen Fernsehsendungen nach jedem Beitrag Zuschauerkommentare vorgelesen. Hinzu kommen regelmäßig Zuschauerfotos, zu deren Einsendung aufgerufen wird. Der Anteil an der Sendezeit, in der die Moderatoren vom iPad ablesen, ist mittlerweile so groß, dass sich in der knapp zweistündigen Sendung locker ein bis zwei selbstproduzierte Beiträge pro Sendetag einsparen lassen. Umgerechnet heißt das mindestens zwei Mitarbeiter weniger, die auf der Gehaltsliste stehen.

Jeder kann User-Generated-Content einfließen lassen

Es gibt kaum ein Medien-Business, das sich nicht durch nutzergenerierte Inhalte anreichern ließe. Blogger müssen sich nicht nur mit Kommentaren zufriedengeben, sie können beispielsweise zu Blogparaden und Gastbeiträgen aufrufen. Online-Shops sollten mindestens auf Produktbewertungen setzen. Diese Art von Content gefällt nicht nur Google, sondern überzeugt auch die potentiellen Käufer. Wer ein erfolgreiches Themenportal betreibt, der kann es um ein Forum ergänzen, in dem sich Gleichgesinnte austauschen können. Der Austausch von Lesern untereinander fördert die Partizipation enorm.

Insbesondere Medien gewinnen häufig mehr als nur kostenlosen Content. Oft rühren partizipierende Nutzer nämlich auch noch kräftig die Werbetrommel. Dann nämlich, wenn ihr Content so präsentiert wird, als sei er etwas besonders. In der Fotocommunity “View” des “Stern” kann zwar prinzipiell jeder Fotograf seine Bilder hochladen, doch die Redaktion ehrt besonders gute Fotos, indem sie sie auf die Startseite hebt oder sogar auf “Stern.de” zeigt. Unter Mitgliedern kommt dies einem Ritterschlag gleich, auch weil “View” es genau als solchen verkauft. Entsprechend stolz verbreiten die Geadelten die frohe Kunde unter Gleichgesinnten, zum Beispiel über soziale Netzwerke. Das steigert den Traffic der Fotocommunity, wieder ohne selbst etwas dafür tun zu müssen.

Auch das Beispiel “View” zeigt, wie man die Vermarktung fremder Schöpfung perfektioniert. Wie bei “Chefkoch.de” gibt es ein kostenpflichtiges Printmagazin, das die besten Fotos abdruckt. Interessanter aber noch: Das Portal bietet einen kostenpflichtigen Premium-Account an, der unter anderem mehr wöchentliche Uploads und die Nominierung für Bildergalerien zulässt. “View” hat sich unter Hobbyfotografen also eine solche Stellung erarbeitet, dass einige sogar dazu bereit sind, für die Füllung des kommerziellen Portals durch ihre kostenlos bereitgestellten Bilder auch noch Geld zu bezahlen. Auch “View” gehört übrigens zu Gruner + Jahr, einem Verlag, der es offensichtlich versteht mit fremden Inhalten Einnahmen zu generieren.

User-Generated-Content ist im Marketing angekommen

Mittlerweile nimmt User-Generated-Content auch im Marketing eine wichtige Position ein und ermöglicht so ganz neue Werbeformen. Immer wieder werden Kunden dazu aufgerufen, sich aktiv einzubringen. McDonald’s bittet seine Kundschaft mittlerweile einmal im Jahr darum ihren Lieblingsburger zu kreieren. Der Kunde fühlt sich eingebunden und ernstgenommen. Der Fast-Food-Kette scheint seine Meinung wichtig zu sein.

Doch richtig interessant wird es erst in der zweiten Runde. Dann nämlich wird über die besten Burgerkreationen abgestimmt. Klar, dass jeder seinen Burger bald in den Filialen sehen möchte, beworben mit dem eigenen Konterfei. Also rühren die neuen Produktentwickler auch noch kräftig die Werbetrommel für ihre Erfindung und damit natürlich auch für McDonald’s. Der Burgerbrater spart sich nicht nur Markforschung und Produktentwicklung, sondern auch einen großen Teil des Marketings.

Auch im Online-Marketing muss man kein großer Konzern sein um von Kundeninhalten zu profitieren. Eigene Blogs und Social-Media-Präsenzen sind nur dann sinnvoll, wenn sie regelmäßig mit Inhalt bestückt werden. Das ist mitunter aber gar nicht so einfach, wie man leider vielfach beobachten kann. Dabei könnte ein Fitnessstudio seine Kunden beispielsweise dazu aufrufen, Rezepte für gesunden Drinks und Snacks einzureichen. Eine Bank kann seine Anhänger nach den besten Spartipps im Alltag fragen und die Krankenkasse ihre Versicherten nach altbewährten Hausmitteln. Ein Hotel könnte zum Fotowettbewerb aufrufen und potentiellen Interessenten so zeigen, wie sehr sich doch ein Aufenthalt lohnen würde. Der Anreiz zur Teilnahme steigt enorm, wenn unter den Teilnehmern eine Kleinigkeit verlost wird.

Viele Chancen, wenige Risiken

Die Einbindung der eigenen Nutzer bei der Produktion von Inhalten hat viele handfeste Vorteile, nicht zuletzt finanzieller Art. Wer die Partizipation fair gestaltet, der muss sich nicht führten dem Vorwurf der Ausbeutung ausgeliefert zu sein. Stattdessen kann sogar eine höhere Identifikation der Nutzer erreicht werden. Dennoch bedeutet auch die Einbindung nutzergenierter Inhalte Arbeit. Schließlich muss auch hier ein Mindestmaß an Qualität gewährleistet sein, die sich nur durch Moderation der UGC-Schnittstellen gewährleisten lässt. Wer seine Türen hingegen unkontrolliert für fremde Inhalte öffnet, der muss mit einer kaum steuerbaren Eigendynamik rechnen, die auch zu Ungunsten der eigenen Marke ausfallen kann.

Während sich kleinere Aktionen zur Gewinnung von User-Generated-Content unkompliziert organisieren lassen, beispielsweise durch ein klares Regelwerk, muss jeder, der voll und ganz auf Nutzerinhalte setzt und diese systematisch nutzen möchte, auch die rechtliche Seite im Auge behalten. Hierzu empfehle ich die Lektüre des Artikels von Rechtsanwalt Dr. Carsten Ulbricht.

4 Gedanken zu „Warum User-Generated-Content so beliebt ist und wie man ihn für sein Business nutzt“

  1. Guter Artikel! Klar, dass Unternehmen User-Generated-Content auf ihre Portale einbinden sollten, aber wie mache ich das als kleiner Blogbetreiber?

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    • Smethurst,

      am Anfang eines Blogs bleiben dir erst mal die Kommentare. Durch einen geeigneten Artikelabschluss kannst du deine User recht gut animieren, dass kommentiert wird.

      Wenn dein Blog ein wenig gewachsen ist, kannst du beginnen Gastartikel zu vergeben. Die Anfragen dazu kommen meistens von alleine.

      Grüße
      Sven

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  2. Beeindruckende Zahlen die Chefkoch da abliefert. Sicher liegt es auch an der Zielgruppe… Ein kleines Forum kann trotz gutem User generated Contest scheitern. Denn die ganzen spamigen und beleidigenden Beiträge zu löschen kostet auch Unmengen an Zeit …

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