Tipps zur Krankenversicherung für Gründer und Selbstständige – Interview

Im heutigen Interview spreche ich mit einer Expertin im Bereich der Krankenversicherung.

Diese gibt interessante Einblicke und Tipps für Gründer und Selbstständige rund um PKV, GKV und was sich für wen lohnt.

Aber auch darüber hinaus erfahrt ihr nützliche Informationen.

Guten Tag Frau Tribe. Bitte stellen Sie sich meinen Lesern kurz vor.

Guten Tag, mein Name ist Kirsten Tribe.

Ich bin 44 Jahre alt und arbeite sowohl als Online-Redakteurin als auch als Ansprechpartnerin für die Presse bei der Krankenkassenzentrale.

Wie ist krankenkassenzentrale.de entstanden?

Die Krankenkassenzentrale ist mit dem Ziel entstanden, Verbrauchern zu ermöglichen, ihre Wunschkrankenkasse unter den mehr als 100 Anbietern zu finden und reibungslos, unkompliziert und schnell in eine andere Kasse zu wechseln. Erfahrungsgemäß kommt es nicht selten zu Verzögerungen im Wechselprozess, wenn Versicherte dabei auf sich allein gestellt sind.

Und nicht zu vergessen: die mögliche Ersparnis durch den Wechsel sollte für den Verbraucher direkt sichtbar sein. Seit 2015 ist die Krankenkassenzentrale nun online.

Es gibt in dem Bereich viel Konkurrenz und der Versicherungsmarkt generell ist eine schwierige Branche? Warum gerade dieser Bereich?

Das stimmt, Konkurrenz gibt es natürlich. Die Branche ist häufig noch gekennzeichnet durch alte Strukturen. Nicht alle Krankenkassen sehen sich als Dienstleister und manchmal scheint es, als ob noch nicht alle gesetzlichen Versicherer im Online-Zeitalter angekommen sind. Vieles wird über herkömmliche Kommunikations-Kanäle abgewickelt: Unterlagen müssen per Post oder Fax geschickt werden, statt den Kunden zum Beispiel upload-Funktionen zur Verfügung zu stellen.

Wir als junges Unternehmen dagegen sind verbraucherorientiert und vorwiegend online aktiv. Da ist noch viel Potential zu neuen Entwicklungen gegeben, das wir gerne mitgestalten wollen und es ist einfach unheimlich spannend, dafür Ideen zu kreieren.

Was macht die Krankenkassenzentrale genau und was ist daran so besonders?

Wir sehen uns als zentrale Anlaufstelle für Verbraucher rund um das Thema Krankenkassen und informieren und unterstützen bei dem Krankenkassenwechsel.

Ein Teil unserer Arbeit besteht regelrecht in Aufklärungsarbeit. Vielen ist nach wie vor nicht bewusst, dass sie regelmäßig zu ihrem eigentlichen Krankenkassenbeitrag noch einen Zusatzbeitrag an ihre Krankenkasse zahlen. Dessen Höhe ist abhängig von der finanziellen Lage der Kassen und kann derzeit bis 1,7 Prozent (Stand 12/2016) des Bruttoeinkommens betragen. Da können im Jahr mehrere hundert Euro zusammenkommen, die sich über einen Wechsel der Krankenkasse einsparen lassen. Der aktuelle Durchschnittsbeitrag übrigens, an dem sich viele Kassen orientieren, liegt 2017 bei 1,1 Prozent.

Als benutzerorientiertes Portal stellen wir einen transparenten Vergleichsrechner zur Verfügung, zusätzlich bieten wir Informationen für diverse Lebenslagen rund um das Thema Krankenversicherung. Wir erklären die notwendigen Prozesse im Zusammenhang mit einer Kündigung oder einem Wechsel der Krankenversicherung und übernehmen einen Großteil der Formalitäten. Gibt es Probleme, hilft unser Kundenservice weiter. Und – jeder kann bei uns bereits im Vorfeld über unseren Rechner schauen, wieviel er unter Umständen bei einem Wechsel seiner Krankenkasse sparen kann.

Welche Versicherungen sind für Gründer zwingend notwendig?

Da muss unterschieden werden zwischen den persönlichen und unternehmensbezogenen Versicherungen. Die Krankenversicherung muss jeder haben, um im Krankheitsfall nicht in eine finanzielle Schieflage zu geraten. Genauso sollten Gründer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, da ein Arbeitsausfall existenzgefährdend sein kann.

Je nach Branche ist der Abschluss einer Betriebshaftpflicht und/ oder Berufshaftpflicht empfehlenswert, letztere besonders für Dienstleister oder auch Firmen in der IT-Branche. Und wer es kann, sollte sich eine Rechtsschutzversicherung leisten.

Wo liegen für Gründer und Selbstständige die größten Fallstricke bei Versicherungen?

Wenn wenig Geld da ist, besonders zu Beginn einer Unternehmensgründung, müssen die Ausgaben genau kalkuliert werden. Viele meinen daher, an Versicherungen sparen zu können.

Aber das ist ein Trugschluss, denn Fehler können schnell passieren und im schlimmsten Fall gravierende Konsequenzen haben, die nicht nur einen persönlich, sondern auch das Unternehmen erheblich gefährden können.

Sollte man als Gründer lieber in die GKV oder die PKV gehen? Was sind wichtige Entscheidungskriterien?

Beides hat Vor- und Nachteile, leider gibt es keine einfache Regel, mit der man die Frage beantworten kann. Wichtig ist sich darüber im Klaren zu sein, welche Leistungen man benötigt oder wünscht und wie die persönlichen Lebensumstände sind. Wer als Gründer jung und gesund ist, kann in die Private Krankenversicherung (PKV) eintreten. Die Beiträge sind recht günstig, die Einnahmen spielen keine Rolle.

Für ältere Gründer oder Selbständige hingegen, die bereits Vorerkrankungen mitbringen, kann die private Krankenversicherung einen Risikozuschlag erheben und damit den Beitrag enorm verteuern. Im schlimmsten Fall kann die Aufnahme sogar ganz verweigert werden. Auch sollte man wissen, dass viele private Versicherungen Extras zahlen, die von den gesetzlichen Krankenkassen eventuell nicht gedeckt werden.

Wenn aber Kinder ins Spiel kommen, wendet sich das Blatt unter Umständen zugunsten der GKV: Während in der PKV für sie ein eigener Beitrag anfällt, sind sie in der GKV kostenlos mitversichert. Die Beiträge werden nach den Bruttoeinnahmen berechnet, die Krankenkasse verlangt von Gründern 14% ihres Einkommens als Mitgliedsbeitrag. Für Gutverdienende heißt das höhere Beiträge. Selbst für Gründer und Selbständige mit eher geringen Einnahmen kann es zu einer finanziellen Herausforderung werden.

Kann das Einkommen gegenüber der Krankenkasse noch nicht nachgewiesen werden, zum Beispiel weil noch kein Steuerbescheid vorliegt, wird nach festen Bemessungsgrenzen berechnet. Im Krankheitsfall ist man mit dem reduzierten Beitrag nicht abgesichert, sondern nur wenn der volle Satz von 14,6% gezahlt wird ab dem 43.Tag der Erkrankung. Die gesetzlichen Kassen bieten daher auch sogenannte Wahltarife an, die eine Krankengeldzahlung ab dem 22. Tag abdecken. Alternativ ließe sich eine private Krankentagegeld-Versicherung abschließen, die für den Erwerbsverlust, auch schon ab einem früheren Zeitpunkt im Krankheitsfall, aufkommt.

Was kann man tun, wenn es eine starke Beitragssteigerung gibt?

Erstmal hinsetzen. Spaß beiseite, es gibt mehrere Möglichkeiten, die zum Teil abhängig von der Dauer der bisherigen Mitgliedschaft und der Beitragshöhe sind. Zum Beispiel kann man generell seinen Vertrag um bestimmte Leistungen kürzen oder den Selbstbehalt erhöhen. Aber das sind nur kurzfristig gedachte Lösungen, die in der Zukunft gravierende Auswirkungen haben können. Wer erst seit wenigen Jahren bei seinem Anbieter ist, kann einen Wechsel in eine andere private Krankenversicherung prüfen. Junge und Gesunde können hier tatsächlich sparen. Je höher aber das Eintrittsalter und je schlechter der Gesundheitszustand, desto höher kalkulieren die Versicherer natürlich die Beiträge.

Zu beachten ist noch, dass bei einem Anbieterwechsel eine erneute Gesundheitsprüfung erfolgt. Außerdem könnten die bisherigen Altersrückstellungen bis auf die Höhe des Basistarifs verloren gehen. Und generell sollte man nicht vergessen, dass auch künftig weitere Beitragsanpassungen nicht ausgeschlossen sind. Für langjährig Versicherte ist die Option, in einen anderen Tarif ihrer PKV zu wechseln, geeignet. Da heißt es manchmal, gegenüber seinem Versicherer hartnäckig zu bleiben, denn nicht selten läßt die Transparenz in diesem Punkt zu wünschen übrig.

Wie sieht es im Alter aus? Welche Möglichkeit gibt es, die Beiträge in der PKV zu senken?

Zunächst empfehlen wir, den eigenen Vertrag genau zu prüfen. Hat der Versicherer zu einem früheren Zeitpunkt einen Risikozuschlag erhoben? Der muss nicht dauerhaft bestehen bleiben, besonders dann nicht, wenn die ursprünglich dazu geführte Erkrankung auskuriert ist und nicht mehr besteht. Laut §41 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) kann der Versicherte dann eine angemessene Herabsetzung der Prämie verlangen.

Der nächste Schritt wäre, einen Tarifwechsel bei seinem Anbieter vorzunehmen. Das Recht dazu hat nach § 204 VVG grundsätzlich jeder. Das Ziel ist ja, bei möglichst gleichwertigen Leistungen die Prämie gering zu halten, es ist aber schwer, das allein zu bewerkstelligen, da der Versicherungsmarkt in dieser Hinsicht recht intransparent ist. Nicht selten schlagen Versicherungsanbieter eine Beitragskorrektur nach unten vor, in dem Leistungen gekürzt oder ein Selbstbehalt eingeführt oder erhöht wird. Ein nicht vorhersehbarer Krankheitsfall kann dann zu finanziellen Problemen führen. Im Einzelfall gibt es noch weitere Optionen, daher ist es ratsam, einen Experten hinzuzuziehen.

Welche wichtigen Neuerungen bei Versicherungen für Selbständige gibt es im Jahr 2017?

Für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung kommt es im Prinzip zu indirekten Beitragssteigerungen. Zum einen, weil die Beitragsbemessungsgrenzen, auch die Mindestbemessungsgrundlage, angehoben wurden. Zum anderen erheben einzelne Kassen höhere Zusatzbeiträge, die ausschließlich von den Versicherten gezahlt werden.

Ab 2017 steigen außerdem die Beiträge für die Pflegeversicherung bei gesetzlich Versicherten, von bisher 2,35 auf 2,55 Prozent und für Kinderlose von 2,6 %auf 2,8% an. Viele privat Versicherte müssen mit höheren Beiträgen in der Krankenversicherung rechnen, das gilt für Bestandskunden genauso wie für Neuabschlüsse.

Zum Schluss würde ich mich über ihre wichtigsten Tipps für Gründer freuen.

Immer kreativ bleiben. Wer Visionen hat, soll sich erstmal nicht von seinen Ideen abbringen lassen. Hilfreich ist ein Blick in die Realität schon, aber eher um zu prüfen, ob man noch richtig liegt oder ob eine Kurskorrektur nötig ist. Man sollte sich mit Leuten umgeben, die an einen glauben. Nichts ist schlimmer als Miesmacher.

Mit Hilfe eines Businessplans ist eine grobe Fahrtrichtung erkennbar, die sollte auch nach ein paar Jahren noch gelten. Und ansonsten schauen, was die Konkurrenz macht und das als Ansporn nehmen, es noch besser zu machen.

Danke für das Interview

Peer Wandiger

7 Gedanken zu „Tipps zur Krankenversicherung für Gründer und Selbstständige – Interview“

  1. Gerne wird bei der PKV vergessen, dass man da als Selbständiger nicht ohne Geschäftsaufgabe (durch eine Vollzeit-Festanstellung) wieder raus kommt.

    Das macht sich insbesondere später bemerkbar, wenn es um die Rente geht. Man muss mind 4/5 seiner Erwerbszeit in der GKV gewesen sein, damit man im Ruhestand in die GKV kommt.

    Ansonsten bezahlt man sehr schnell 1000 Euro pro Monat im Ruhestand für die PKV.

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  2. Hallo Peer, du schaffst es immer wieder relevante Themen leicht und verständlich zu präsentieren, Daumen hoch!

    Was die Wahl der Krankenversicherung angeht habe ich folgende Meinung:
    Beide Systeme sind nachweislich gleich teuer, dazu gibt es mittlerweile genug Statistiken und Zahlen lügen nicht, Menschen schon…!

    Die Frage lautet: Wofür möchte ich mein Geld ausgeben, private oder gesetzliche Leistungen?

    Jeder, der über hohe Beiträge stöhnt, hat etwas falsch gemacht, egal wie er versichert ist.

    Hinzu kommt, dass im Rentenalter sogar wenig bis gar nichts mehr für die Krankenversicherung bezahlt werden muss, unabhängig davon ob privat oder gesetzlich, wenn man den die richtigen Maßnahmen im Berufsleben ergreift und weitsichtig plant!

    Als Selbstständiger habe ich so viele Möglichkeiten bei der steuerlichen Abschreibung, besonders was den Vorsorgebereich angeht, dass es mich persönlich schon sehr stark wundert, weshalb kaum einer davon Gebrauch macht. Schlechter Steuerberater oder einfach nur Beratungsresistenz vermute ich jetzt einfach mal…

    Wie auch immer, danke für deine hilfreichen Tipps & Tricks – man liest sich!

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  3. Ein nicht ganz einfaches Thema. Und was man auch nicht vergessen darf: Die Familienplanung! In der Regel müssen Privatversicherte nämlich auch ihre Kinder privat versichern. Anders als in der kostenfreien Familienversicherung der gesetzlichen Krankenkassen kostet der Nachwuchs dann ebenfalls eigenen Beitrag. Hier gibt es zu den Kosten für Kinder eine Übersicht:
    kinder-privat-versichern.de/vollversicherung/hoehe-des-beitrags/

    Zwischen 100 und 200 Euro im Monat sind das für gewöhnlich. Sollte man also beachten, wenn man bereits Kinder hat oder vor hat, eine Familie zu gründen.

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  4. Ich bin zur Zeit im Nebenerwerb Selbständig. Nun komme ich auf den ersten Monat zu wo ich mehr als die 435 € Grenze verdienen werde. Muss ich mich bei der Krankenkasse melden und mich freiwillig versichern? Ich denke ja? War bis jetzt über meine Frau Familien versichert.

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  5. Also wir sehen in Österreich immer wieder den Trend, dass gerade das Thema der Selbstversicherung für Gründer und Selbstständige immer wichtiger wird. In Österreich gibt es für Selbsständige immer wieder Selbstbehalte und diese kann man sehr elegant mit einem Wahlarzttarif vergsichern.

    Nachdem in 2020 das Thema Startups immer wichtiger wird, also ein ganz wichtiges Thema. Danke für euren Beitrag.

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