Online-Shopping mit interaktiven Videos – Interview mit Startup-Gründer

Videos sind fraglos einer der großen Trends im Internet und ein Ende ist nicht abzusehen. Auch im E-Commerce werden Videos immer wichtiger, aber da scheint noch viel Potential vorhanden zu sein.

Den Gründer eines interessanten Startups habe ich heute im Interview. Darin geht es um das Online-Shopping mit interaktiven Videos und wie man damit Geld verdienen kann.

Zudem gibt es interessante Einblicke in die Gründung, den Aufbau des Portals, Fehler, Probleme und einiges mehr.

Viel Spaß damit.

Hallo Jakob. Bitte stell dich meinen Lesern vor.

Hi Peer, ich bin Cofounder von weview aus München, 21 Jahre alt, bin bei uns vor allem für die Business Seite und Finanzen verantwortlich und habe bis letzten Sommer noch nebenher an der Uni St. Gallen in der Schweiz studiert.

Wir haben vor ein paar Wochen unsere Videoplattform gelauncht, auf der jeder Geld mit Video Reviews verdienen oder während des Ansehens direkt aus dem Video heraus kaufen kann.

Welche Erfahrungen hast du im Internet sammeln können? Seit wann bist du im Online-Business aktiv?

Die erste Idee zu weview hatten wir im Sommer 2015. Im März letzten Jahres haben wir dann begonnen zu entwickeln.

Davor haben mein Cofounder und bester Freund Leopold und ich vor allem Geld an der Börse verdient, was uns auch die ersten Schritte mit weview ermöglicht hat.

Welche Rolle spielen Videos heutzutage im Netz, auch und vor allem im Online-Business?

Video ist ein Megatrend unserer Zeit! Allein auf YouTube, Facebook und Snapchat werden am Tag mehr als 23 Milliarden Videos geschaut. Facebook hat kürzlich sogar vorhergesagt, dass sie in 5 Jahren quasi eine Videoplattform sein werden mit nahezu 100% Video Content.

Das ist kein Zufall, denn Video schlägt alle anderen Medien bei den meisten Kennzahlen. Das wissen auch viele Unternehmen und aus vielen Gesprächen können wir bestätigen, dass sich viele in der Branche damit beschäftigen, wie man Videos stärker nutzt.

Wie entstand die Idee für eure Plattform weview.tv und was ist das genau?

Während ich mich damals im Sommer 2015 eigentlich auf die Steuerrecht-Prüfung vorbereiten musste, habe ich für eine andere Idee – es ging um 3D-Scanner für die Fashion-Branche – recherchiert und bin dabei zufällig auf ein interaktives Video gestoßen, aus dem man direkt kaufen konnte.

Ich habe es sofort Leopold geschickt, der gerade durch den Benin getourt ist. Es hat Wochen gedauert bis eine Antwort kam, denn für Videos ist das Internet dort meist zu schlecht. Aber dann war er genauso begeistert und sagte, dass sich sofort eine Traube um ihn in der Botschaft von Cotonou versammelt und jeder sofort verstanden hat, wie diese Art des Shoppings funktioniert, obwohl E-Commerce in Westafrika eher noch ein Fremdwort ist!

Wir haben uns gefragt, wieso Shopping nicht immer so einfach sein kann. Videos schauen und kaufen. Also sind wir einfach ins kalte Wasser gesprungen und haben dann ein paar Monate später noch Chris dazu geholt, der ein genialer CTO ist, und die Produktentwicklung in die Hand genommen hat.

Mit weview wollen wir die aufwändige Recherche, verbunden mit viel Konzentration, Fake Reviews und gephotoshopten Bildern, einfacher und authentischer machen. Man schaut sich einfach Reviews von anderen Nutzern an – Werbung gibt es bei uns nicht – und kann die Produkte von allen Seiten und im Einsatz sehen, hören und den Videomaker beurteilen.

Mit einem Klick auf das Produkt im Video öffnet sich eine Infobox mit Pros, Cons, Ratings, Preis, Details und einen Kaufen-Button, der zu einem unserer Partnershops führt. Wir bzw. unsere Videomaker erhalten dann jedesmal eine Umsatzprovision.

Gibt es Platz neben YouTube? Was ist das Besondere an eurer Website?

Definitiv! Nicht umsonst existieren neben YouTube auch sehr erfolgreich Twitch, Periscope oder auch Netflix, denn die bieten alle Leistungen an, die es auf YouTube auch gibt. Und Snapchat und Facebook haben YouTube bei den Videoviews wohl sogar schon überholt, auch wenn die das natürlich etwas anders messen.

Wir wollen die Nische rund um Produktvideos füllen, denn schon jetzt schauen 12% während des Kaufprozesses ein Video, nur dass diese kaum monetarisiert werden. Wir sind überzeugt, dass wir durch den Fokus auf diesen Videotyp eine deutliche bessere Lösung anbieten können, zum Beispiel in Form einer detaillierten Suche nach Preisen, Marken, Produktbewertung oder Farben und gezielteren Suchergebnissen.

Mit unserem Videoplayer erhält man durch einen Klick auf das Produkt zu jeder Zeit eine Zusammenfassung und kann direkt kaufen, ohne noch zu googlen. Das ermöglicht es uns gleichzeitig die Conversion Rates zu optimieren und pro Klick ein Vielfaches wie YouTube an unsere Videomaker zu zahlen und zwar auch schon ab ein paar hundert Klicks. Ähnlich wie Instagram das mit Bildern macht, wollen wir ein neues, ganz puristisches Shoppingerlebnis kreieren. Einfach nur Videos, nichts drum herum. Videos ansehen. Klick. Zusammenfassung. Klick. Gekauft.

An wen richtet sich eure Website und wie kann man als Nutzer damit Geld verdienen?

Einerseits an alle, die ihre Erfahrung und Meinung mit der Welt teilen, anderen zu besseren Kaufentscheidungen verhelfen und mit ihren Empfehlungen Geld verdienen wollen.

Wir ermöglichen es so, dass man praktisch alles verkaufen kann, sogar ohne es selbst zu besitzen und jedes Mal wird man an den Verkäufen durch die Videos beteiligt. Macht man zum Beispiel ein Video über sein Smartphone und Leute kaufen das Handy dann nachdem sie das Video gesehen haben, erhält man jedes Mal ein paar Euro pro Verkauf von uns ausgezahlt.

Dafür muss man einfach nur einen Account bei uns erstellen, sich mit einem Produkt vor die Kamera stellen mit dem man sich auskennt und zum Video noch ein paar Infos angeben, was etwa fünf Minuten dauert.

Auf der anderen Seite ist weview die Plattform für jeden, der etwas kaufen will, aber noch nicht genau weiß, welches Produkt das Richtige für einen ist und sich dabei lieber auf die Erfahrung von anderen Nutzern verlässt.

Wie lief die Umsetzung von weview.tv? Welche Probleme mussten überwunden werden?

Wir haben natürlich viel falsch gemacht und wahnsinnig viel gelernt. Unser Frontend haben wir am Anfang in die Ukraine outgesourct, was sicherlich keine gute Entscheidung war.

Mittlerweile haben wir auch ein sehr gutes Entwicklerteam hier in München, was angesichts des Fachkräftemangels aber nicht einfach war. Eine der größten Herausforderungen ist natürlich das Henne-Ei Problem, schließlich kommen ohne Videos keine Videoviewer und anders herum gilt das genauso.

Wir haben dafür aber gute Lösungen, zum Beispiel können wir existierende YouTube Videos sehr leicht auf unsere Plattform laden, was vielen YouTubern eine Menge Zeit erspart.

Ihr habt aus dem Studium heraus gegründet? Welche besonderen Herausforderungen bringt das mit sich?

Man muss sich sehr sehr gut organisieren, denn das klassische Studentenleben mit vielen Events, Feiern, Semesterferien, Prokrastinieren … das ist dann vorbei. Unsere Arbeitstage sind dementsprechend sehr lang.

Meine beiden Cofounder Chris und Leopold studieren auch noch und ich bin voller Bewunderung, wie sie das jede Woche hinkriegen. Einen halben Tag an der Uni, am Sonntag lernen und den Rest der Woche sind sie im Büro.

Wie organisiert ihr die Arbeit im Team?

Unser Gründerteam ergänzt sich perfekt und wir übernehmen immer intuitiv Verantwortung für unsere Bereiche. Die Business- und Technikseite läuft bei uns sehr gut parallel und ist auch jeweils etwas anders organisiert.

Die Produktentwicklung läuft agil über SCRUM. Für Sales verwenden wir viele nützliche Tools, zuletzt haben wir zum Beispiel auf das Hubspot CRM umgestellt.

Wie sieht euer Geschäftsmodell aus und was habt ihr noch so vor?

Momentan haben wir ein klassisches Affiliate Modell. Über Meta- und Affiliate-Netzwerke, sowie direkte Partnerschaften, konnten wir weit über 60.000 Partnershops gewinnen, über dessen Produkte man bei uns Videos hochladen kann.

Wir erhalten dann nach CPO Provisionen, wovon wir einen Teil an die Videomaker weitergeben. Da Video, user-generated content und Interaktivität jeweils die Kaufwahrscheinlichkeit vervielfachen, haben wir deutliche höhere Conversion Rates.

Als nächstes wollen wir unbedingt einen Preisvergleich in jedem Video integrieren. Langfristig ist es die Vision, dass wir den gesamten Informations- und Kaufprozess in einem einzigen Video möglich machen. Von dem Moment, wo man keine Ahnung hat, was genau man kaufen soll, bis zum Eingeben der Lieferadresse. Und diese Videos können überall eingebettet werden, neben unserer Plattform auf Facebook, Twitter, Blogs oder Onlineshops.

Welche Fehler werden bei der Videoerstellung am häufigsten gemacht? Worauf kommt es bei Videos wirklich an?

Allgemein gilt: je kürzer, desto besser. Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie schwierig das ist. Das sonst wohl wichtigste ist der Ton. Wenn dort unprofessionell gearbeitet wurde, erkennt man das sofort.

Was nun mal auch dazu gehört, ist, dass man nochmal Zeit in ein ansprechendes Thumbnail, aussagekräftige Überschriften und Tags legt, ansonsten schaut erst gar niemand das Video an. Aber bitte nicht gleich so reißerisch, wie es manche YouTuber mittlerweile auf die Spitze treiben.

Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Tipps für Gründer freuen.

Erstgründer, und wir anfangs auch, haben häufig Angst über ihre Idee zu reden, weil sie jemand kopieren könnte. Das ist völliger Blödsinn!

Erstens ist Feedback und Vertrauen unheimlich wichtig, sonst findet man auch kein Investment, Mitarbeiter oder Unterstützer.

Zweitens lernt man als Gründer, wieviel harte Arbeit hinter einer Idee steckt und wie schwierig die Umsetzung tatsächlich ist. Niemand ist so überzeugt von der Idee wie man selbst und die meisten würden sowieso aufgeben.

Und drittens wird sich die Idee sowieso über die Zeit verändern, denn schlussendlich entscheidet der Markt, wie das Produkt wirklich aussehen soll und wenn man das Produkt nicht an die Kunden anpasst, sieht es sowieso nicht gut um die Zukunft des Unternehmens aus.

Wie man ein Produkt entwickelt, darüber haben wir auch enorm viel gelernt. Auf jeden Fall sollte man seine Designs vorher ausführlich mit potentiellen Kunden testen, an vieles kann man einfach überhaupt nicht denken. Das spart am Ende sehr viel Zeit, denn die Entwicklung und eventuelle Korrekturen sind viel aufwändiger.

Zuletzt vielleicht noch ein empfehlenswerter Punkt, der auch Teil unserer Unternehmenskultur ist: Wir haben lernen müssen uns zu blamieren- mit einem unfertigen Produkt auf Kunden zu zugehen, alles auszuprobieren, immer und überall fragen, auch wenn die Absage fast garantiert ist und hartnäckig bleiben, das kommt oft sogar gut an und manchmal geht es eben richtig schief.

Am Anfang sind drei von vier unserer Demos schiefgegangen, aber man lernt dann auch, es trotzdem zu verkaufen. Ach ja, und ich würde nicht zu viel Zeit in Wettbewerbe und Venture Capital Geber investieren. Die sind zwar immer sehr freundlich, aber erst mit ausreichend Traction lohnenswert.

Danke für das Interview

Peer Wandiger

3 Gedanken zu „Online-Shopping mit interaktiven Videos – Interview mit Startup-Gründer“

  1. Online-Shopping mit Videos ist ein sehr interessantes Thema das in Zukunft noch mehr kommen wird, um das kaufen für die Kunden noch attraktiver zu machen. Sehr guter Artikel!!!

    Antworten
  2. Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen: Sehr interessantes Interview. Der Online Shopping Markt ist riesig, ich drücke weview die Daumen, dass sie sich dort durchsetzen können. Die Idee und die Umsetzung finde ich sehr gut, ich bin gespannt was noch kommt.

    Antworten
  3. Bei der vielen Werbung muss man sich mit Interaktiv abheben, da man sonst von den Kunden kaum noch wahrgenommen wird. Die Idee finde ich gut, mal gucken wie sich das Business entwickelt…

    Antworten

Schreibe einen Kommentar