Verschlüsselte Daten in der Cloud – Interview mit Boxcryptor über Sicherheit und Startups

Verschlüsselte Daten in der Cloud - Interview mit BoxcryptorDie Nutzung von Cloud-Anbietern wie Dropbox ist heute für viele normal.

Doch wie sicher sind die eigenen sensiblen Daten dort? Sollten die Daten nicht besser verschlüsselt sein? Aber das ist doch so kompliziert, oder?

In meinem heutigen Interview mit einer Gründerin von Boxcryptor geht es um das Thema Sicherheit, um eine einfache Verschlüsselung für die Cloud, aber auch um die Gründung des Unternehmens.

Hallo Andrea. Bitte stell dich meinen Lesern vor.

Ich bin Andrea, 29 Jahre alt und habe vor knapp 6 Jahren gemeinsam mit meinem Mitgründer Robert Freudenreich die Verschlüsslungslösung Boxcryptor auf den Markt gebracht.

Ich bin aus Augsburg und lebe dort mit meinem Mann und meiner 4 Wochen alten Tochter.

Wie bist du zum Online-Business gekommen?

Ich habe mich schon immer für IT-Themen interessiert. Studiert habe ich allerdings Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Im Rahmen meines Studiums habe ich dann – an einem Wochenendseminar zum Thema Unternehmensgründung – meinen späteren Mitgründer Robert Freudenreich kennengelernt.

Nach Abschluss meines Studiums war mir relativ schnell klar, dass die klassische Karriere als Angestellte nicht meinen Vorstellungen entspricht.

Und wie so oft im Leben ist Timing alles: Robert und ich trafen uns zufällig wieder in einem Restaurant und er erzählte mir, dass er im IT-Bereich gründen möchte und noch jemanden „mit Ahnung von BWL“ sucht. Und da war die Sache für mich klar

Welche Vorteile bieten Cloud-Services? Aber auch welche Nachteile bringen diese mit sich?

Clouddienste bringen zahlreiche Vorteile mit sich. Zum einen kann man einen Dienst nutzen, ohne sich um das „Backend“ oder irgendwelche Verfügbarkeiten, Updates etc. kümmern zu müssen. Ich weiß, dass sich der Anbieter um das Rechenzentrum kümmert und kann den entsprechenden Dienst nutzen ohne tiefere Kenntnisse der Technik dahinter besitzen zu müssen.

Auch kann ich die Kapazitäten sehr schnell skalieren. Früher musste man sich noch eine neue Festplatte kaufen, diese eventuell formatieren etc. Heutzutage kann ich z.B. bei Dropbox meinen Onlinespeicher binnen Sekunden verdoppeln oder verzehnfachen, ganz wie ich möchte.

Zudem ermöglichen Clouddienste natürlich den jederzeitigen Zugriff auf meine Dateien. Egal ob zuhause, im Büro oder unterwegs: wenn ich eine Datei brauche, ist diese sofort verfügbar. Ich kann mich noch gut an meine Studienzeit erinnern, als ich die ganze Zeit auf der Suche nach meinem USB Stick mit meiner Seminararbeit war….Schade, dass ich damals noch nicht Dropbox genutzt habe.

Allerdings muss man solchen Anbietern natürlich auch das nötige Vertrauen entgegenbringen. Die Dateien liegen nämlich eben nicht mehr auf dem USB Stick in meiner Hosentasche, sondern in einem fernen Rechenzentrum – eventuell auch im Ausland – und ich kann natürlich nicht kontrollieren, wer dort Zugriff auf meine Dateien hat.

Auch besteht immer das Risiko, dass Dienste abgeschaltet werden und ich so auch den Zugriff auf meine Dateien verlieren – wenn ich diese nicht noch zusätzlich z.B. lokal auf meinem PC abgespeichert habe.

Sollte man US-Clouddienste als deutscher Selbstständiger überhaupt noch nutzen?

Grundsätzlich sollte man als Anwender den Dienst nutzen, der am Besten zu einem passt. Das kann der günstigste, der mit den meisten Funktionen oder natürlich auch der deutsche oder europäische Anbieter sein. Wir kennen mittlerweile seit knapp 6 Jahren so gut wie alle Cloudspeicherdienste aus eigener Nutzung und natürlich aus dem Feedback unserer Kunden.

Um wirklich effizient und produktiv arbeiten zu können, ist es wichtig, dass z.B. die Synchronisation zuverlässig funktioniert und alle Funktionen angeboten werden, die man auch braucht. Für uns selbst bedeutet das, dass wir uns intern für einen US-Anbieter entschieden haben, da uns dieser am meisten überzeugt hat. Natürlich verschlüsseln wir aber all unsere Daten, bevor diese in die Cloud wandern und so kann es uns letztendlich egal sein, wo diese Daten landen – im In- oder Ausland.

Das würden wir auch allen Nutzern empfehlen, zumindest für die sensiblen Dateien. Was genau „sensibel“ bedeutet, ist aber für jeden Nutzer unterschiedlich. Wir haben Kunden, für die sind die Fotos ihrer Kinder sensibel, andere Kunden verschlüsseln nur ihre Steuererklärung oder den Business Plan. Das muss jeder selbst entscheiden.

Wie bist du auf die Idee für boxcryptor.com gekommen und was ist das genau?

Boxcryptor ist eine Verschlüsselungssoftware die speziell für die Speicherung von Daten in der Cloud optimiert ist. Wenn man also seine Dateien z.B. bei Anbietern wie Dropbox, Google Drive, iCloud etc. speichern möchte und zusätzliche Sicherheit benötigt, dann kommen wir ins Spiel.

Boxcryptor verschlüsselt die Dateien direkt auf dem Gerät (z.B. auf dem PC, dem Smartphone, dem Tablet) bevor die Dateien das Gerät verlassen und an den Anbieter der Wahl geschickt werden. Der Anbieter selbst erhält somit nur verschlüsselte Dateien und der Nutzer kann sicher sein, dass nur er selbst die Dateien entschlüsseln kann.

Die Idee für Boxcryptor entstand Ende 2010 aus einem eigenen Bedarf heraus: Mein Mitgründer Robert und ich wollten für eine andere Idee Dateien bei Dropbox speichern. Als Informatiker und Wirtschaftsjuristin war uns aber klar, dass das nur verschlüsselt erfolgen sollte.

Wir haben dann nach einer passenden Lösung auf dem Markt gesucht, aber leider gab es eine solche nicht. Wir wollten Verschlüsselung nutzen aber ohne auf die Vorteile der Cloud zu verzichten: Wir wollten Dateien nach wie vor mit anderen teilen, auf allen Geräten abrufen etc.

Nachdem es keine Lösung für unser Problem gab, hat Robert die erste Version von Boxcryptor zunächst für uns selbst entwickelt. Schnell wurde uns aber klar, dass mehr Nutzer Bedarf an einer solchen Lösung haben und wir haben Anfang 2011 einen ersten Prototypen von Boxcryptor online gestellt. Dieser wurde innerhalb von wenigen Tagen über 1.000 Mal heruntergeladen.

Was ist das Besondere an eurem Service und wie sorgt ihr für die Sicherheit meiner Daten?

Das Besondere an Boxcryptor ist, dass wir zum einen mit fast allen Anbietern kompatibel sind: Egal ob große Anbieter wie Dropbox, Google Drive oder OneDrive oder regionale wie die Telekom Magenta Cloud: Boxcryptor unterstützt über 20 verschiedene Anbieter.

Zudem ist Boxcryptor für alle Geräte verfügbar. Egal ob Windows, macOS, Android, iOS, Windows Phone oder Linux. So kann der Nutzer frei entscheiden welchen Anbieter und welches Gerät er nutzen möchte – wir sorgen immer für die nötige Sicherheit.

Des Weiteren haben wir bei der Entwicklung von Boxcryptor darauf geachtet, dass wir ein Produkt für jedermann auf den Markt bringen. Wir möchten nicht, dass Verschlüsselungstechnologie so kompliziert ist, dass sie nur von Profis genutzt werden kann. Daher haben wir versucht Verschlüsselung so einfach zu machen, dass es jeder schnell nutzen kann.

Für wen ist der Service interessant?

Boxcryptor wird sowohl von Privatpersonen, als auch Unternehmenskunden weltweit genutzt. Unsere Kunden kommen aus über 190 Ländern und aus allen Bereichen und Branchen.

Vom Studenten, der seine Masterarbeit verschlüsseln möchte, dem Familienvater der die Bilder seiner Kinder schützen möchte oder dem großen Unternehmen, das seine Forschungsabteilung mit Boxcryptor ausstattet ist alles dabei.

Im Prinzip ist Boxcryptor für jeden interessant, der seine Dateien bei Cloudspeicheranbietern ablegen möchte.

Wie verlässlich ist euer Service langfristig? Kann ich z.B. irgendwann nicht mehr auf meine Daten zugreifen, weil eure Software nicht mehr läuft?

Boxcryptor läuft lokal auf dem Gerät des Nutzer. Zum Ver- und Entschlüsseln ist keine Internetverbindung zu uns notwendig.

Zudem kann der Nutzer jederzeit seine Schlüssel exportieren und bei sich ablegen. So wäre es auch kein Problem, wenn unser Service nicht mehr verfügbar wäre.

Wie lief die Umsetzung eurer Business-Idee? Welche Herausforderungen musstet ihr überwinden?

Bei der Umsetzung unserer Idee hat uns neben dem allgemeinen steigenden Sicherheitsbedürfnis vieler Internetnutzer natürlich auch der NSA Skandal 2013 geholfen. Während wir 2011 noch erklären mussten, warum man einen Clouddienst verschlüsseln sollte, ist das heute kein Problem mehr.

Eine Herausforderung die sich allerdings durch alle Jahre seit der Gründung hindurchzieht ist aber, dass viele Nutzer zwar das Problem kennen, aber sich nicht zu einer Lösung durchringen können.

Der Grund ist ganz einfach: Wenn mir z.B. mein Auto gestohlen wird, dann merke ich das sofort, da mein Auto weg ist und ich es nicht mehr nutzen kann. Wenn mir aber Daten gestohlen werden, dann merke ich das im Regelfall überhaupt nicht und habe in dem Moment auch keine Nachteile.

Die Probleme können dann erst Jahre später entstehen. Dadurch ist der Leidensdruck nicht sehr groß. Wenn dann etwas passiert, ist es in der Regel auch schon zu spät.

Ihr habt einen Gründerpreis gewonnen? Was hat euch das gebracht?

Der Gründerpreis hat uns sehr viel mediale Aufmerksamkeit gebracht. Das hat sich zwar nicht in Verkaufs- oder Nutzerzahlen niedergeschlagen, aber das war trotzdem hervorragend für unser Branding.

Wir haben danach z.B. einige Bewerbungen von potentiellen Mitarbeitern bekommen, die durch den Gründerpreis auf uns aufmerksam wurden. In einem Arbeitnehmermarkt wie der IT-Branche ist so etwas natürlich Gold wert.

Wie sieht euer Geschäftsmodell aus und was plant ihr für die Zukunft?

Boxcryptor selbst ist in einer kostenlosen Grundversion für Privatpersonen verfügbar. Die Grundversion ist unter anderem auf einen Cloudspeicheranbieter und zwei Geräte beschränkt.

Wer alle Funktionen nutzen möchte zahlt 3 Euro pro Monat (36 Euro pro Jahr). Für Geschäftskunden bieten wir Pakete ab 5 Nutzern an.

Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Tipps für Startups freuen.

Als Gründer steht man vor vielen Herausforderungen. Daher sollte man sich frühzeitig über die Idee und die Umsetzung austauschen. Geheimniskrämerei über die Idee sind hier völlig fehl am Platz.

Ich erlebe oft, dass Gründer nicht über eine Idee sprechen möchten, aus Angst, jemand könnte diese Idee kopieren. Diese Angst halte ich für überzogen. Von einem frühzeitigen Austausch mit potentiellen Nutzern profitiert man extrem stark und sollte das auch nutzen.

Egal was ihr braucht: Geld, Mitarbeiter oder Sonstiges. Sucht es dann, wenn es noch nicht dringend ist. Also eine Stelle nicht erst dann ausschreiben, wenn man jemanden braucht sondern idealerweise schon Monate vorher. So hat man genug Zeit sich am Markt zu orientieren und die ideale Besetzung zu finden. Das gleiche gilt für Investments. Am besten dann suchen, wenn man nichts braucht.

Danke für das Interview

Peer Wandiger

2 Gedanken zu „Verschlüsselte Daten in der Cloud – Interview mit Boxcryptor über Sicherheit und Startups“

  1. Peer, ich finde du hast hier echt ein Thema aufgegriffen, welches mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Vielen herzlichen Dank für dieses informative Interview.

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