Die eigene Presse-Seite – professionelle Öffentlichkeitsarbeit im Netz Teil 1

Presse-Seite - professionelle Öffentlichkeitsarbeit im NetzIm heutigen Gastartikel von Jessica Schmidt geht es um die Erstellung einer eigenen Presse-Seite.

Für kleine und mittelständische Unternehmen bietet sich damit eine gute Möglichkeit, interessierten Presse-Vertretern nützliche Informationen bereit zu stellen. Jessica gibt in dieser kleinen Artikel-Serie (2 Teile) Tipps und viele Beispiele für die Umsetzung einer eigenen Presse-Seite.

Jessica Schmidt (30) arbeitet als PR-Beraterin bei GlobalCom PR-Network in München. Sie verdingte sich während ihres Studiums der Soziologie zunächst einige Jahre als freie Journalistin, bevor sie auf “die andere Seite” der Öffentlichkeitsarbeit wechselte.

Das Internet hat in vielen Bereichen unseres Lebens eine Öffnung – ich finde in einigen Bereichen sogar eine Demokratisierung – bewirkt: Informationen sind relativ einfach und für jeden zugänglich geworden. Ebenso einfach ist die Verbreitung von Informationen.

Die Nachricht an sich hat an Exklusivität verloren. Wurde eine News früher an einen relativ kleinen Kreis von Journalisten kommuniziert, die diese wiederum als so genannte „Gatekeeper“ an die breite Öffentlichkeit kommunizierten (oder auch nicht), stehen Informationen im Internet für jeden zugänglich zur Verfügung. Eine breite Streuung lässt sich durch Vernetzung relativ leicht erreichen.

Das hat, wie alles, positive und negative Seiten. Einerseits lassen sich Informationen heute viel schwieriger kontrollieren – früher einer der Hauptmechanismen von Öffentlichkeitsarbeit.

Aber die Demokratisierung des Webs hat auch eine ganze Menge Vorteile, vor allem für Unternehmen, die ihr Geld im Internet verdienen und daher mit den Werkzeugen des Webs bestens vertraut sind.

Die eigene Presse-Seite

Während sich „in der alten Welt“ meist nur größere Unternehmen oder Unternehmen mit dem nötigen Kleingeld Öffentlichkeitsarbeit leisten konnten – meist über einen Dienstleister, der sich die Kontakte zu den Journalisten in der Regel gut bezahlen lässt – ist die Verbreitung und die Steuerung von Informationen und News über das eigene Unternehmen heutzutage prinzipiell für jeden möglich geworden. Ein wenig schreiberisches Talent, Übung und zugegeben: Zeit vorausgesetzt, kann jeder Informationen zu seinem Produkt, seiner Dienstleistung und seinem Unternehmen ins Netz stellen.

Melanie Tamblé hat in der vorangegangenen Artikelserie über Online-PR ja bereits sehr schön illustriert, welche Vorteile die Nutzung von Presseportalen, Artikelverzeichnissen u. ä. für die Verbreitung eigener Nachrichten haben. Durch die alleinige Nutzung dieser externen Verbreitungsplattformen wäre aber gerade für Selbständige im Netz jede Menge Potenzial verschenkt.

Der Ausgangspunkt für die Verbreitung von Informationen über das eigene Unternehmen sollte idealerweise eine eigene Presseseite sein. Oder sollen wir lieber News-Seite sagen? Denn die Presse im klassischen Sinne ist heute längst nicht mehr die einzige Zielgruppe, die mit Öffentlichkeitsarbeit erreicht wird. Ihr solltet im Hinterkopf haben, dass auch Blogger, Marketing-Verantwortliche (Partner!) und potenzielle Kunden zu den Konsumenten dieser Seite gehören (können).

Als Selbständige im Netz gehe ich davon aus, dass ihr in annähernd hundert Prozent der Fälle sowieso eine eigene Webseite betreibt. Die Integration einer weiteren Site für die Presseseite ist damit sicher in wenigen Mausklicks erledigt. Stellt sich die Frage, wie eine News-Seite aussehen soll und was auf ihr zu finden sein sollte.

Nun, Patentrezepte gibt es auch hier keine mehr. Aber ich möchte euch ein paar Grundregeln und gute Beispiele mit auf den Weg geben.

Das Auge isst mit

Man kann es gar nicht oft genug sagen: Bilder sagen mehr als tausend Worte. Das gilt auch für die Öffentlichkeitsarbeit. Selbst Unternehmen, die schon lange PR machen, sage ich das immer wieder. Ihr solltet daher ein (überschaubares!) Kontingent an Fotos, Grafiken und Videos zum Download zur Verfügung stellen, die zeigen, wie eure Dienstleistung oder euer Produkt funktioniert.

So kann eine Grafik verdeutlichen, wie ein Webdesign-Projekt abläuft oder wie eine Webseite aus eurer Sicht idealerweise aufgebaut sein sollte. In einem Video könnt ihr darstellen, wie ihr ein Template für einen neuen Blog entwerft. Das lässt sich mit Bildschrim-Mitschneide-Tools wie etwa Camtasia recht leicht realisieren. Am besten, ihr stellt euch dabei immer die Frage: Was will ein Journalist, Blogger, Partner oder potenzieller Kunde über mich und mein Produkt wissen? Was ist erklärungsbedürftig?

Achtet darauf, dass die Bilder in einem üblichen Format (z. B. jpg oder tif) und in einer druckbaren Auflösung vorliegen (mindestens 300 dpi auf 10×12 cm). Zudem solltet ihr im Vorhinein klären, ob ihr die Verwertungsrechte an den Bildern, Grafiken und Videos habt. Wenn ihr die Dateien nicht sowieso selbst erstellt habt, ist es ratsam, sich die Verwertungsrechte vom Fotografen und/oder Designer schriftlich bestätigen zu lassen. Und achtet bei Videos auf die Länge: in der Kürze liegt die Würze. Die Filme sollen nicht von der Kernaussage ablenken.

Hier einige Beispiele:

Video: Maria Ogneva von Attensity erklärt am Beispiel amerikanischer Fluggesellschaften und ihrer Nennung im Social Web, wie das Software-Tool von Attensity – eine Monitoring-Software für Social Media – funktioniert (http://blog.attensity.com/2010/07/30/social-media-tips-and-tricks/).

Bilder und Grafiken: Hier erlaube ich mir, ein Beispiel aus meiner eigenen Arbeit zu verwenden: für BSI Business Systems Integration AG, ein Hersteller von CRM-Software, haben wir Studenten technischer Fächer nach ihren Karrierewünschen befragt. Grafiken, die die Ergebnisse illustrieren stehen ebenso zum Download bereit, wie druckfähige Bilder der beiden Zitatgeber aus dem Text.

Transparenz vermittelt Glaubwürdigkeit

Als ich noch als Journalistin gearbeitet habe, fand ich es absolut nervig, wenn ich nicht sofort die Presse- oder News-Seite des Unternehmens gefunden habe. Während der Recherche zu diesem Artikel war ich erstaunt, dass dies bei ganz vielen Webseiten immer noch der Fall ist.

Kurz und gut: eine News-Seite sollte sofort auf der Startseite ersichtlich sein. Den Kompromiss, den Link im Menü unter den Punkt “Unternehmen” oder “Über uns” zu schieben, lasse ich mir ja noch eingehen. Aber idealerweise ist der Link zur Presseseite Teil des Hauptmenüs.

Außerdem sollte die Presseseite offen zugänglich sein. Von zugangsgeschützten Presseseiten sind Journalisten eigentlich nur eins: genervt. Denn wenn ich auf eine News-Seite gehe, suche ich in der Regel konkret nach etwas und will mich nicht erst registrieren und möglicherweise ein, zwei Tage auf den Login warten.

Wenn ihr bei einem Inhalt zweifelt, ob ihr ihn lieber nicht öffentlich bereitstellen wollt, lasst es lieber. Dann hat diese Information auch nichts in der Presse oder auf Blogs zu suchen. Übrigens habe ich kürzlich bei Klaus Eck einen interessanten Gast-Artikel über zugangsbeschränkte Presseseiten gelesen, wobei es hier auch um die Automobilbranche geht, die ja bekanntlich sehr konservativ und verschwiegen ist.

Auf der Presseseite selbst solltet ihr Kontaktinformationen veröffentlichen, mit Telefonnummer und direkter E-Mail-Adresse (bloß keine info@s!), eventuell auch mit Chat-Daten des Ansprechpartners. Ein Journalist wird sich in den seltensten Fällen die Mühe machen, den passenden Ansprechpartner im Impressum zu suchen oder gar zu versuchen, diesen per Telefon herauszufinden. Im schlechtesten Fall habt ihr so einen Interessenten verloren.

Wo wir gerade beim Kontakt sind: an dieser Stelle ein kleiner Exkurs: jeder freut sich, wenn er auf seine Anfrage schnell eine Antwort bekommt. Also beantwortet Anfragen schnell – und seid ehrlich, auch wenn ihr vielleicht etwas gerade nicht wisst. Journalisten riechen Flunkereien zehn Meter gegen den Wind und bohren dann erst recht nach.

Auch wichtig in punkto Transparenz: Veröffentlicht ein verständliches, nicht allzu langes Profil über euer Unternehmen. Hier sollten die wichtigsten Meilensteine, Zahlen, die Produkte und die wichtigen Personen erwähnt sein. Journalisten verwenden Unternehmensprofile häufig und gerne, um sich ein erstes Bild von einem Unternehmen zu machen. Wie ihr das Unternehmensprofil anbietet – als PDF oder als Unterseite – ist Geschmackssache. Ich persönlich finde es immer schöner, wenn es so wenig Medienbrüche in einer Website gibt wie möglich. PDF hat den Vorteil, dass das Profil leicht heruntergeladen werden kann. Also warum nicht eine Kombination aus Fließtext auf einer Unterseite mit PDF als Download.

Alles in allem vermittelt ihr durch die Veröffentlichung eines direkten Ansprechpartners und von Informationen über das Unternehmen Glaubwürdigkeit. Ihr sagt: ich habe nichts zu verbergen und ich bin für euch da. Damit drückt ihr auch eine gewisse Wertschätzung gegenüber eurem Publikum aus. Ihr werdet ja gar nicht glauben, wie viele Unternehmen hier scheitern! Manchmal hat man das Gefühl, Unternehmen wollen gar nicht so genau sagen, wie sie strukturiert sind. Und Presseabteilungen wähnen sich lieber im unnahbaren Elfenbeinturm, um bloß nicht mit unangenehmen oder schwierigen Fragen in Berührung zu kommen.

Aus Taktgründen führe ich hier lieber keine Negativ-Beispiele auf, dafür aber einige positive:

Presse-Seite - professionelle Öffentlichkeitsarbeit im NetzSo listet die Fraunhofer-Gesellschaft alle ihre Ansprechpartner sogar mit Bild auf.

Ein Beispiel für ein Unternehmensprofil (PDF) findet ihr hier.

Eine Presseseite, auf der alle oben genannten Kriterien erfüllt sind, findet Ihr beispielsweise bei der PR-Agentur vibrio, wobei vibrio als PR-Agentur für Unternehmen operiert. Es handelt sich also nicht um eine News-Seite auf der Website eines Unternehmens. Auch gibt es hier einen Medienbruch, was aber, wie gesagt, Geschmackssache ist.

Guter, regelmäßiger Content macht Appetit auf mehr

Was den Wert regelmäßigen Contents angeht, erzähle ich euch nichts neues. Regelmäßige neue Inhalte machen eine Webseite für Suchmaschinen attraktiver – aber auch für potenzielle menschliche Interessenten. Wenn ich auf eine News-Seite gehe und die letzte Mitteilung ist von vor drei Monaten, frage ich mich, ob es das Unternehmen überhaupt noch gibt.

Überlegt euch also, was es über euer Unternehmen zu berichten gibt und was das Interesse bei eurer Zielgruppe wecken könnte. Das muss nicht zwangsläufig immer eine echte Neuigkeit sein. Auch ein Kommentar zum aktuellen Branchengeschehen kann ein interessanter Inhalt für Journalisten, Blogger oder Kunden sein.

Hier einige Ideen:

  • Produkt-News: klassischer Aufhänger
  • Neue Mitarbeiter / Mitarbeitersuche (zeigt, dass ihr wachst)
  • Kunden-Gewinn (Achtung: hier den Kunden um seine Zustimmung fragen!)
  • wichtiger Projektmeilenstein (hier gilt gleiches wie beim Kunden-Gewinn)
  • Auszeichnung / Nominierung
  • Unternehmen an einer Veranstaltung
  • Vorträge und Veröffentlichungen (siehe auch nächster Absatz zum Mehrwert)
  • Umfrageergebnisse: entweder ihr nehmt eine fremde Studie und schreibt einen Kommentar dazu oder ihr generiert über eine eigene kleine Umfrage selbst Zahlenmaterial
  • Kommentar zum Branchengeschehen

Beim Schreiben der eigentlichen Presseinformation gibt es einige formale Kriterien, die aus meiner Sicht aber genug Stoff für einen eigenen Beitrag hergeben. Wichtig ist mir an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass ihr auf jeden Fall suchmaschinenfreundlich schreibt, also für euer Unternehmen und Produkt die passenden Keywords in den Text einstreut.

Außerdem ist Fließtext besser als Stichpunkte, auch wenn Bullit-Points manchmal übersichtlicher sind. Damit stellt ihr zu einem Teil sicher, dass eure Information von den passenden Leuten gefunden wird.

In Teil 2 der Serie gibt Jessica Tipps, wie ihr eure Presse-Seite mit Mehrwert noch optimieren könnt und welche Formen von Presse-Seiten es gibt.

Du hast Interesse einen Gastartikel hier auf “Selbständig im Netz” zu veröffentlichen? Dann einfach eine eMail mit kurzer Vorstellung und Artikelideen an autor@selbstaendig-im-netz.de senden.

Peer Wandiger

6 Gedanken zu „Die eigene Presse-Seite – professionelle Öffentlichkeitsarbeit im Netz Teil 1“

  1. Den Titel finde ich etwas verwirrend. Eine eigene Presse Seite? Warum sollte ich extra eine Presseseite veröffentlichen? Ich arbeite selbst für ein mittelständiges Unternehmen und bin dort zu großen Teilen auch für den Webauftritt verantwortlich. Für eine weitere Presse Seite ist da absolut keine Zeit. Dementsprechend kritisch stand ich dem Artikel auch gegenüber, doch aus dem Inhalt geht ja schon eher hervor, dass man seine (Firmen-)Seite so gestalten muss, dass auch Platz für Pressearbeit ist.

    Da stimme ich Jessica absolut zu. Aus persönlicher Erfahrung bin ich auch sehr positiv auf eine Conversion eingestellt, wenn ich mir vorher ein Bild vom Unternehmen machen kann (d.h. auf Presseseite können auch sehr gut Teambuildings ausgewertet werden). Die Transparenz wird sowieso durch jeden Inhalt auf der Seite erweitert.

    Fazit: Statische Seiten sind out. Und mMn total mies für eine gute Konversationsrate.

    Patrick

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  2. Da sind die Grenzen sicher fließend und im Gegensatz zu früher, kombiniert man heute viele Dinge.

    Da gibt es dann im 2. Teil auch noch lesenswerte Tipps.

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  3. @Patrick:

    Wenn ich dazu mal was loswerden darf: Sie schreiben, dass statische Seiten out sind. Hier kann ich absolut NICHT zustimmen. Während man sich uns sein Unternehmen mit Blogs etc. (nicht statisch) super auf sich aufmerksam machen kann, sind statische Websites (Landingpages etc.) unumgänglich um damit Kontakte und Leads zu “generieren”, die später noch extrem wichtig fürs Geschäft sind. Mit nicht-statischen Websites kann man nur sehr schwer Leads generieren, egal in welcher Branche.

    Und Öffentlichkeitsarbeit kann man ganz unabhängig davon machen, die gehört einfach nicht auf eine Landingpage. Das wollte ich nur etwas klarstellen.

    Ansonsten wieder ein treffender Artikel, auch ich halte Interessenten stets auf dem Laufenden über diverse Presse-Seiten etc.

    Liebe Grüße
    Alexander Boos

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  4. Hallo zusammen,

    freut mich, dass euch der Artikel soweit gefällt.

    @Vincent: Social Media und SMR kommen im zweiten Teil 😉

    @Patrick: Keine Zeit für Öffentlichkeitsarbeit ist angesichts des Echtzeit-Internets kein Argument mehr.
    Zu den statischen Seiten: insgesamt muss die Presseseite natürlich ins Look-and-Feel der bestehenden Seite passen. Aber auf einer Presseseite sollte aus meiner Sicht die Information im Vordergrund stehen – form follows function quasi.

    Was vermisst ihr noch?

    Danke und liebe Grüße
    Jessica

    Antworten
  5. Danke für die Denkerweiterung.

    Alexander, an die Landingpages habe ich natürlich nicht gedacht. Ich stimme dir zu, die müssen sein. Ich meinte das ganze eher etwas “größer”: Gesamte Website statisch oder diverse (sinnvolle) Bereiche.

    Viele Grüße
    Patrick

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