Die Fördermittel-Landschaft in Deutschland – Interview

Im Interview mit Dirk Schmidt, Niederlassungsleiter der EurA-Innovation GmbH, geht es heute um das Thema Förderungen.

Auch wenn es hin und wieder mal Kürzungen gibt, so werden in Deutschland doch verhältnismäßig stark kleine und mittelständische Unternehmen gefördert.

Das dies aber durchaus mit hohen Anforderungen und einem hohem Aufwand verbunden ist, erläutert Herr Schmidt im heutigen Interview.

(zum Fördercheck für Gründer und Selbständige)

1. Guten Tag Herr Schmidt. Bitte stellen Sie sich und Ihre Firma vor.

Hallo Herr Wandiger, mein Name ist Dirk Schmidt, 45 Jahre, verheiratet, 3 Kinder.

Ursprünglich habe ich Maschinenbau studiert und beschäftige mich seit einigen Jahren mit der Fördermittelberatung.

Seit 2010 arbeite ich als Niederlassungsleiter für die EurA Innovation GmbH am Standort Zella-Mehlis (Thüringen).

Bis dahin war ich in einem großen deutschen Familienunternehmen für Entwicklung von Antriebssystemen verantwortlich. Ich kenne die Prozesse in einem kleinen 5 Mann Unternehmen bis zur Konzernstruktur.

Die EurA Innovation GmbH ist eines der wenigen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie autorisierten Technologie- und Innovationsberatungsunternehmen in Deutschland. Seit 1999 ist die EurA bundesweit tätig und hat ca. 500 Kunden betreut.

2. Sie beschäftigen sich mit dem Thema Förderungen. An wen richtet sich ihr Angebot?

In der aktuellen Förderlandschaft erhalten KMU (kleine und mittlere Unternehmen) deutlich bessere Förderkonditionen als große Unternehmen. Deshalb besteht unser Kundenportfolio zu über 90% aus KMU.

Innerhalb der KMU arbeiten wir mit allen Unternehmen, angefangen vom kleinen 3-Mann-Startup bis hin zu etablierten 250-Mann-Unternehmen, zusammen. Genauso verschieden wie die Firmengrößen unserer Kunden sind auch die zu entwickelnden Produkte: vom kleinen Elektronikteil bis hin zu ganzen Solarkraftwerken ist alles dabei.

3. Was sind nach ihrer Erfahrungen die größten Probleme von Unternehmen bei der Suche nach Fördermitteln?

Fast alle unsere Kunden haben die selben 3 Probleme:

  1. Meistens wissen unsere Kunden gar nicht, dass sie Teile ihrer Arbeit und Ausrüstung fördern lassen können und sind geschockt, wenn ihnen klar wird, wie viel Geld sie in den letzten Jahren hätten bekommen können.
  2. Sobald den Unternehmen klar wird, dass Fördermittel ein mächtiges Werkzeug auf dem Weg zum langfristigen Unternehmenserfolg sind, kommt fast immer die Frage nach dem geeignetsten Förderprogrammen. Da es sehr viele Förderträger mit sich ständig wechselnden Programmen und Konditionen gibt, besteht eine unserer Kompetenzen im Ermitteln des optimalen Förderprogramms für unseren Kunden.
  3. Sobald das perfekte Programm gefunden ist, stellen die Unternehmen in der Regel schnell fest, dass sowohl die Beantragung als auch die anschließende Abrechnung (Zwischenberichte, Verwendungsnachweise, Stundenzettel) sehr viel Zeit und Erfahrung kostet. Weil Fehler in der Abrechnung schnell ernsthafte Konsequenzen haben können, wird dieser Bereich meistens durch uns übernommen. Wir kennen die meisten Projektträger persönlich und haben über die Zeit viel gelernt, um ein Projekt erfolgreich zu beantragen. Unsere Erfolgsquote liegt bei 85%.

4. Wie findet man heraus, welche Förderungen es eigentlich alles gibt?

Sie fragen uns! – nein, Spaß bei Seite: Die meisten Förderprogramme sind mit etwas Rechercheaufwand frei im Internet zu finden. Ob man dabei allerdings wirklich alle Relevanten ermittelt ist fraglich.

Vor allem bei der Suche nach Spezialförderträgern, die nur Projekte in einer ganz bestimmten Branche Fördern, hilft meist nur der Besuch beim Spezialisten.

Ein guter Ansatzpunkt für eigene Recherchen sind die Webseiten des Bundes und des eigenen Landes inklusiver die der entsprechenden Landesbank.

5. Gibt es überhaupt noch viele Fördermittel für kleine Unternehmen? Gibt es da regionale Unterschiede?

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen sind Fördermittel interessant, weil für diese die Förderquoten, d.h. das Verhältnis zwischen Fördersumme und eigener Investition besonders günstig ist.

Die Fördermittel unterscheiden sich je nach Branche und Region teilweise sehr deutlich. Aktuell gibt es beispielsweise sehr große Fördertöpfe im Bereich der erneuerbaren Energien. Der lokale Unterschied betrifft zum einen die Landesbanken der einzelnen Bundesländer als auch die Fördermittel der einzelnen Kommunen.

6. Woran scheitert es bei der Beantragung von Fördermitteln am häufigsten? Wo liegen die größten Barrieren?

Das Hauptproblem bei Förderanträgen liegt vor allem im Umfang. Ein normaler Antrag hat einen Umfang 50 bis 150 Seiten, die formal korrekt ausgefüllt sein müssen. Die Abrechnung ist in etwa nochmal so lang. Alles in allem bedarf es also eines enormen bürokratischen Aufwands und damit einem wirtschaftlichen Risiko, wenn der Antrag abgelehnt wird.

Genau hier liegt unsere Geschäftsidee: Unsere Bezahlung erfolgt erfolgsbasiert, d.h. erst wenn unsere Kunden ihr Geld bekommen haben werden wir auch bezahlt. Nachdem die Unternehmen den formellen Zuwendungsbescheid haben, müssen sie aber auch das Geld entsprechend dem Projektfortschritt abrufen. Auch hier gibt es viele kleine Stolpersteine, die die Auszahlungen verzögern oder reduzieren können.

7. Welche Rolle spielen Förderungen nach Ihrer Erfahrung für den Erfolg in der Startphase eines Unternehmens?

Die Förderung kann in der Startphase das finanzielle Risiko deutlich minimieren. Den meisten sind die Hilfen des Arbeitsamts bekannt.

Allerdings sind die Fördermittel für Gründer lange nicht mehr so attraktiv wie früher: viele Förderungen sind Rückzahlungspflichtig oder im Umfang sehr begrenzt.

Fördermittel für Gründer sind umso interessanter je größer die eigene Investition ist, d.h. ein Antrag auf Fördermittel lohnt sich besonders, wenn die Gründung beispielsweise die Entwicklung einer Maschine oder irgendeine sonstiger Investitionen erfordert. Auch das einzustellende Personal kann ggf. gefördert werden.

Fördermittel, egal in welcher Form sind immer Steuermittel, die hauptsächlich durch die Besteuerung der Unternehmen in die Staatskasse wandern. Der Bund und die Länder geben über diesen Weg Gelder an die Unternehmen zurück. Jeder Unternehmer hat so prinzipiell die Möglichkeit seine Steuerlast so zu reduzieren und zum gegebenen Zeitpunkt Kapital für Produkt- und Prozessinnovationen zu haben.

Also sind die Förderungen nicht nur für Neugründungen da. Gerade Unternehmen mit hohem Innovationspotential können ihre Entwicklungskosten um gut 50% reduzieren. Innovation ist gewollt und wird bezahlt. Was eine Förderfähige Innovation ist, stellen unsere Spezialisten relativ schnell fest. Die Schwellen dafür sind auch von Programm zu Programm sehr unterschiedlich.

8. Welche wichtigen Veränderungen im Bereich der Fördermittel wird es in nächster Zeit geben? Worauf müssen Unternehmer besonders achten?

Im Unterschied zu den vergangenen 10 Jahren werden die Fördermittel auf deutlich weniger Förderschwerpunkte konzentriert. Diese Schwerpunkte werden auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene festgelegt. Entsprechend empfehlen wir eine langfristige Entwicklungsstrategie die mit Fördermittelberatung abgestimmt sein sollte. So ist es auch möglich große Themen auf EU und Bundesebene zu platzieren.

Gerade KMUs empfehlen wir die Roadmaps der Ministerien zur Technologieförderung in Ihren Entwicklungsroadmaps zu berücksichtigen. Anhand eines Beispiels möchte ich das veranschaulichen: Wenn Cloud-Computing durch verschiedene Ministerien, basierend auf aufwendigen Studien, als eine Möglichkeit zur Effizienzsteigerung in der IT angesehen wird, wird sich dort mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein sehr guter Markt mit guten Fördermöglichkeiten entwickeln.

Weiterhin werden im Rahmen der EU mehr und mehr Mittel von den europäischen Ländern in EU Töpfe verschoben. Auch hier werden KMU bevorzugt gefördert. Auf Grund der komplizierten Regularien ist hier die Unterstützung durch spezialisierte Firmen wie EurA noch wichtiger, weil dadurch die Erfolgswahrscheinlichkeit für das Förderprojekt deutlich steigt.

9. Was sind nach Ihrer Erfahrung die wichtigsten Tipps für den erfolgreichen Unternehmensstart, neben den Fördermitteln?

Viele Unternehmensgründungen vernachlässigen das Gespräch mit den Endkunden für ihre Geschäftsidee. Mein Tip hier. Sprechen sie mit möglichst vielen Zielkunden. Die meisten antworten relativ offen und bringen Ihre Anforderungen auf den Punkt.

Mein zweiter Tip: Jeder Businessplan sollte von Anfang an erst mal theoretisch funktionieren. Nichts schön rechnen, sich nicht selber bis zum letzten ausbeuten und lieber den schlechtesten Fall annehmen. In der Regel entstehen immer noch Probleme, mit denen man vorab nicht gerechnet hat. Mit Hilfe der Zuschüsse können diese Risiken dann deutlich abgefedert werden.

Danke Herr Schmidt

für die Einblicke in die Förderlandschaft.

Peer Wandiger

3 Gedanken zu „Die Fördermittel-Landschaft in Deutschland – Interview“

  1. Das Thema Fördermittel habe ich immer mal wieder auf dem Schirm. Aber irgendwie immer nur im Zusammenhang mit dem Frauenhofer Institut. Habe schon mal ein EU geförderteres Projekt mit denen gemacht und daher bringe ich die wohl immer damit in Zusammenhang. Evtl. lohnt es sich wirklich mal zu checken, was es im IT Umfeld für Fördermaßnahmen gibt…

    Antworten

Schreibe einen Kommentar