Dezentrales Marketing und Crowdsourcing – Buchreview

Dezentrales Marketing und CrowdsourcingDie Anforderungen an das Marketing haben sich in den letzten 20 Jahren stark verändert.

Die Weltwirtschaft ist global geworden, die Kunden selbstbewusst, die Kommunikationskanäle vielfältiger und die Konkurrenz härter.

Dem muss auch das Marketing Rechnung tragen und sich verändern. Welche Nachteile alte, zentrale Marketing-Strukturen haben und wie das Marketing der Zukunft aussehen kann, erläutert Hans-Jürgen Borchardt in seinem Buch “Dezentrales Marketing und Crowdsourcing”.

Ich habe das Buch gelesen und möchte in diesem Review klären, ob es für Selbständige und kleine Unternehmen lesenswert ist.

Das Buch wurde vom Verlag für eine Rezension kostenlos zur Verfügung gestellt.

Dezentrales Marketing und Crowdsourcing

In seinem Buch stellt der Autor die klassischen Marketingstrukturen auf den Prüfstand. Während ein zentrales Marketing bei einigen Marken noch immer sehr gut funktioniert, z.B. Apple mit seinen Produkten und Marketingkampagnen, die weltweit einheitlich sind, so hat diese Vorgehensweise für die meisten Unternehmen mittlerweile einige Nachteile.

Stattdessen schlägt der Autor ein näher am Kunden und den Bedürfnissen des Marktes ausgerichtetes Marketing vor. Statt zentral etwas langfristig zu planen, sollen Mitarbeiter lieber vor Ort “direkt am Kunden” Entscheidungen fällen können.

Wenn man dies dann noch mit einer stärkeren Beteiligung von externen Dienstleistern und der Zielgruppe verbindet, hat man laut dem Autor das Marketing für die Zukunft fit gemacht.

Inhalt

Kommen wir aber erstmal zum Inhalt des Buches. 3 Teile enthält das Buch:

  1. Warum sich Marketing neu erfinden muss
    Der erste Teil ist gleichzeitig der umfangreichste. Rund zwei Drittel des gesamten Buches (ca.120 Seiten von insgesamt rund 190 Seiten) umfasst die Analyse der bisherigen zentralen Marketing-Strukturen. Der Autor listet die Nachteile eines zentralen Marketings auf.

    Danach zeigt er vor allem anhand von Praxis-Beispielen die Vorteile des dezentralen Marketings auf und wie man Kunden und externe Dienstleister einbinden kann.

    Die Beispiele sind meist recht einleuchtend und nachvollziehbar. Es gibt übrigens deutlich mehr Beispiele für Crowdsourcing und Kundenbeteiligung, als für die dezentrale Ausrichtung.

  2. Die neuen Aufgaben des Marketings
    Auf rund 45 Seiten geht der Autor danach auf die Anforderungen an das Marketing der Zukunft ein. Welche Aufgaben muss es in Zukunft erfüllen und wie muss es dafür strukturiert sein.

    Grundsätzlich nicht uninteressant, aber eher für große Unternehmen gedacht.

  3. Anmerkungen
    Zum Abschluss gibt es noch ein paar Worte zur Rolle der Handwerkskammern und der IHK. Diese sind laut Autor nicht wirklich innovativ und in ihren Strukturen selber veraltet und nicht wirklich auf die neuen Anforderungen der Märkte vorbereitet.

    Zudem gibt es noch eine Auflistung von interessanten Internetadressen rund um Marketing, Crowdsourcing und Co.

Zielgruppe

Wie schon erwähnt, ist das Buch konzeptionell vor allem auf größere Unternehmen ausgelegt.

Nicht, dass modernes Marketing und Crowdsourcing nicht auf für kleine Unternehmen und Selbständige interessant wären, denn das sind sie natürlich, aber die Organisation ist doch eine ganz andere. Bei kleine Unternehmen und Selbständigen liegt Marketing und Vertrieb meist in einer Hand und zudem kann von bestimmten Nachteilen zentraler Strukturen gar nicht die Rede sein.

Man hat als kleines Unternehmen oder Selbständiger schon eine große Nähe zum Kunden und kann auch in Marketingangelegenheiten spontan und flexibel reagieren.

Die Infos und Beispiele zu Crowdsourcing sind auch für Selbständige interessant, oft fehlt es da aber wiederum am Kapazitäten solche Crowdsourcing-Möglichkeiten zu nutzen. Der Aufwand der Einbindung von Kunden in die Produkt- und Marketingplanung sollte nicht unterschätzt werden.

Das Buch macht also meiner Meinung nach nur für größere und Großunternehmen wirklich Sinn.

Fazit

Im Grunde sind die Argumente für ein dezentrales Marketing und Crowdsourcing gut nachzuvollziehen, auch wenn es oft nicht ganz so trivial ist, wie der Autor es darstellt. Zum einen gibt es Beispiele von Unternehmen, die gut mit zentralem Marketing fahren und es werden zumindest teilweise bestimmte Planungsrealitäten im Marketing vernachlässigt.

So ist spontanes Marketing-Handeln im Internet z.B. deutlich einfacher machbar (und auch notwendig), als z.B. in klassischen Medien wie Print oder TV. Dort braucht es gewisse Vorlaufzeiten, die sich gar nicht vermeiden lassen. Nichts desto trotz sind viele der Nachteile und Fehler wirklich nicht mehr zeitgemäß und leider in manchen Großunternehmen noch an der Tagesordnung.

Das Buch legt eine interessante theoretische Grundlage vor, wie Marketing in großen Unternehmen in Zukunft flexibler und kundennah organisiert werden kann. Die Praxisbeispiele verdeutlichen die Argumente sehr gut. Allerdings sind dies leider auch die einzigen wirklich Praxis-Tipps. Die Ausführungen des Autors selber bleiben recht allgemein und theoretisch.

Wer sich hier also ein Marketing-Praxishandbuch mit konkreten Tipps, Vorlagen und Schritt für Schritt Anleitungen erwartet, wird enttäuscht werden. Stattdessen ist es eher ein Organisiations-Handbuch für größere Unternehmen, die ihr Marketing grundsätzlich umstrukturieren wollen.

Deshalb halte ich das Buch für eher ungeeignet für Selbständige. Diese sind bereits vor Ort nah am Kunden dran und gestalten ihr Marketing meist recht flexibel. Ein paar der Praxisbeispiele sind sicher auch für diese Einzelkämpfer ganz interessant, aber insgesamt richtet sich das Buch eher an große Unternehmen.

Selbständige sollte sich lieber das Buch Marketing für Klein- und Familienbetriebe vom selben Autor anschauen. Dort gibt es wirklich Praxis-Tipps und konkrete Handlungsvorschläge.

Peer Wandiger

2 Gedanken zu „Dezentrales Marketing und Crowdsourcing – Buchreview“

  1. Das sehe ich genau wie Peter. Wenns nichts taugt, dann taugts auch nichts. Bücher sind in der IT Branche (zumindest bei uns im Office) auch immer seltener geworden.

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