Kundenverwaltungs-Software und gescheiterte Projekte – Interview

Heute geht es gleich um 2 wichtige Themen für Gründer und Selbständige.

Im Interview mit einem CRM-Anbieter geht es zum einen um die Kundenverwaltung und auf was man dabei achten sollte.

Zum anderen wird ein gescheitertes Projekt thematisiert und über die Ursachen gesprochen.

Viel Spaß dabei.

Guten Tag. Bitte stellen Sie sich meinen Lesern vor.

Hi, mein Name ist Sven Sester und ich arbeite bei 42he, der Firma hinter CentralStationCRM.

Mein Tätigkeitsbereich lässt sich bei einem kleineren Anbieter, wie wir es sind, nicht ganz trennscharf benennen. Ich würde sagen, ich mache alles, wozu es keine großen Programmierkenntnisse benötigt, sprich PR und Marketing. Darüber hinaus helfe ich bei der Konzeption der Software und unterstütze im Support.

Wie hat sich der CRM-Markt in Deutschland entwickelt.

Die CRM-Anbieter stellen fest, wie wichtig Weblösungen und mobile Verfügbarkeit werden. Zudem stehen alle vor der Herausforderung mit riesigen Datenmengen umgehen zu müssen. Sowohl die, die bei der CRM-Nutzung anfallen, als auch die Daten, welche die Kunden z.B. in sozialen Medien im Netz hinterlassen.

Allerdings sind das alles eher Reaktionen auf Entwicklungen im Netz, keine wirklich neuen Ansätze oder Konzepte. Die allermeisten großen CRM-Anbieter bauen ihre Systeme noch immer für die Management-Ebene, mit dem Ziel diesen ein Analyse- und Kontroll-Tool an die Hand zu geben.

Die Erkenntnis, dass normale Mitarbeiter mit dem System auch gut arbeiten können sollten, und dazu Vertrauen, Transparenz und Kollaboration gehören, setzt sich nur sehr zögerlich durch. Für uns liegt darin der Kern eines guten CRM-Systems.

Welche Vorteile bietet ein CRM-Tool für Selbständige? Warum sollte man es nutzen?

Sinn und Zweck eines CRMs ist es, dass Beziehungen zu Kunden und anderen Kontakten nicht mehr zufällig verlaufen sondern strukturiert und systematisch. Das macht den eigenen Vertrieb nicht nur effizienter, sondern auch weniger anfällig für Fehler.

Der Klassiker ist ja eine ganz eigene “Ordnung” aus E-Mails, Adressdaten, Excel-Listen, Notizen, usw. Da ist es nur normal, dass man Dinge übersieht oder vergisst. Zudem ist das Risiko groß, dass Daten aus Versehen gelöscht werden, verloren gehen oder man sie im entscheidenden Moment nicht zur Verfügung hat.

In einem CRM-System hat man alle Informationen zu einer Person oder einer Firma zentral an einer Stelle, nämlich auf der Profil-Seite des Kontaktes. Adress- und Kontaktdaten, Email-Konversationen, aber auch Notizen über Gespräche, Wiedervorlagen oder gemeinsame Projekte.

Die Chancen steigen enorm, dass man damit auch nach Monaten doch dran denkt, einen Kunden zu einem bestimmten Thema anzurufen. Gleichzeitig hat man alle relevanten Infos auf einen Blick zur Verfügung.  

Welche Besonderheiten bietet Ihr Service ‘CentralStationCRM’? Gibt es neue Features?

CentralStationCRM richtet sich speziell an kleine Unternehmen und Selbstständige. Dieser Fokus zieht sich durch das gesamte System. Es handelt sich also nicht um die “abgespeckte” Version eines Standard-CRM, sondern um ein Konzept, das bewusst auf Firmen mit weniger als 30 Mitarbeitern ausgerichtet ist.

Es geht also nicht darum, dem Abteilungsleiter am Ende der Woche eine Übersicht zu geben, woraus er sieht: “Ah, die Frau Schmitz hat wieder zu wenig Anrufe gemacht!”. Uns geht es darum, Frau Schmitz in die Lage zu versetzen, ihren Job überhaupt anständig machen zu können.

Das zeigt sich in einer Konzentration auf die wesentlichen Funktionen und in einem möglichst einfachen und intuitiven Design. Die wesentlichen Funktionen liegen aus unserer Sicht vor allem in der Pflege der Kundenbeziehung, also in der Historie, nicht in diversen Kennzahlen oder Reports.

Zu Ihrer Frage nach neuen Features: Bevor wir überhaupt ein Feature ergänzen, versuchen wir lieber die Funktion oder den extra Button durch ein intelligentes Design unnötig zu machen. Das hält das System schlank, frei von Ballast und damit auch schnell, was bei einer Websoftware extrem wichtig ist.

Besonders ist auch unser Preismodell. Da wir CentralStationCRM als Software as a Service (SaaS) anbieten, ist es auch für Startups oder Freelancer interessant. Gerade letztere kommen selbst bei großem Kontaktvolumen auf maximal 29 Euro monatlich und haben damit das Thema Datensicherheit schon abgehakt.

Sie bieten auch einen kostenlosen Tarif an. Kann man diesen überhaupt sinnvoll nutzen und für wen eignet er sich?

Ja, das stimmt. Das kostenlose Starter-Paket mit einem Umfang von bis zu 200 Kontakten ist für zwei Arten von Nutzern interessant. Da es bis zu drei Nutzer umfasst, können beispielsweise Startups mit noch wenigen Kontakten gleich von Anfang an ihre Daten sinnvoll pflegen.

Zum anderen passt es bei Nutzern, die immer wieder für die gleichen Großkunden arbeiten. Die haben vielleicht einen engeren Kreis von 50 Kunden. Mit Projekten, die nebenher laufen, kommen die auf 150 oder 200 Kontakte. Das sind dann aber auch Personen, mit denen sie eine wirkliche Geschäftsbeziehung pflegen und nicht nur gesammelte Adressen.

Für diese Firmen ist das Starter-Paket eine gute Sache.

Sie haben in der Vergangenheit ein Projektmanagement-Tool gestartet. Was ist daraus geworden?

Ja, es gab CentralSphere. Wir haben uns im letzten Jahr entschlossen, das Produkt nicht weiter zu entwickeln.

Wir nehmen keine neuen Anmeldungen an, betreiben es aber noch weiter für eine kleine Zahl an Kunden, die damit arbeiten.

Was waren die Gründe für die Einstellung?

Es gibt inzwischen so viele Kostenlos-Produkte, die Privatnutzern und selbst kleinen Firmen völlig ausreichen. Das machte es schwer, unseren Service zu monetarisieren.

Eine Möglichkeit wäre gewesen, immer mehr Komplexität abbilden zu können und noch mehr Features zu haben als andere, aber genau das wollten wir ja gerade nicht. Uns ging es ja immer darum, möglichst einfache Software zu entwickeln.

Durch den Entwicklungsstop haben wir mehr Zeit, um uns auf unser CRM zu konzentrieren.

Welche wichtigen Erkenntnisse haben Sie dadurch gewonnen?

Dass es nicht reicht ein gutes Produkt zu haben, für das es einen potentiellen Markt gibt. Man muss auch in der Lage sein, das Produkt für einen wettbewerbsfähigen Preis anbieten zu können. Wettbewerbsfähig hätte in unserem Fall bedeutet – gratis. Das ist kein guter Start, wenn man davon leben können möchte.

Außerdem haben wir gelernt, wie wichtig es ist, seine Ressourcen sinnvoll einzuteilen und sich zu fokussieren. Es bleibt ja nicht bei der Entwicklung einer Software. Hinzu kommen ein spezielles Marketing, PR, die Abrechnung – man fährt einfach alles parallel.

Noch komplizierter wird es, will man auf mehr als einem Markt aktiv sein. Eine Software zu übersetzen ist kein Thema, aber wer leistet den Support?

Können wir in der Region die Presse erreichen oder Content auf unserem Blog liefern? Sonst wird sich niemand für uns interessieren.

Auch die Abrechnung in den jeweiligen Vorlieben eines Landes ist nicht so trivial, wie wir dachten – ich denke zum Beispiel an die Lastschrift in Deutschland, die Kreditkarte in den USA oder die französische Vorliebe für Schecks.

Solche zunächst einfach scheinenden Schritte ziehen immer einen Rattenschwanz an Folgen nach sich. Geht man diese Schritte aber nicht, kann man es auch gleich bleiben lassen.

Welche Tipps können Sie Online-Startups geben, damit ihnen nicht das gleiche widerfährt?

Ganz vermeiden lassen werden sich solche Geschichten des Scheiterns wie mit CentralSphere wahrscheinlich nie. Aber man kann versuchen, das Risiko zu minimieren.

Neben einer gründlichen Recherche zu Beginn ist es bei vielen Produkten sicherlich sinnvoll, möglichst früh auf den Markt zu kommen und sich ein Feedback von echten Kunden abzuholen. Es war ganz klar zu unserem Vorteil, dass wir nicht erst nach Jahren der Entwicklung und diverser Investitionen festgestellt haben: Daraus wird nichts.

Von Anfang an ein tragfähiges Monetarisierungskonzept zu haben, schadet sicher auch nicht. Auch wenn aktuell viele aufgeblasene Tech-Startups das Gegenteil vormachen, die Folgen davon liest man ja täglich auf den einschlägigen Blogs. Wenn auch in kleineren Artikeln als jene über Finanzierungsrunden.

Zuletzt vielleicht noch der Tipp, sehr gewissenhaft mit den eigenen Ressourcen umzugehen. Lieber ein gutes Produkt, an dem man mit Hingabe arbeitet, als drei halbgare Projekte.

Was planen Sie für die Zukunft und wie sehen sie diese insgesamt für das Cloud-Computing?

Wir planen unser CRM immer weiter zu verbessern und langsam aber sicher mehr Marktdurchdringung zu erreichen. Ich weiß, das klingt nicht wahnsinnig spektakulär, aber steter Tropfen höhlt den Stein.

Kleinunternehmen mögen als harte Bretter gelten, aber uns sind sie unendlich viel lieber als die Welt der Konzerne. Die Innovationen der Zukunft entstehen in kleinen und gut organisierten und vernetzten Teams.

Für Cloud-Computing sehe ich grundsätzlich eine positive Zukunft. Es wird immer selbstverständlicher, schneller und komfortabler werden. Zumal viele Anbieter von Cloud-Software mehr für die Sicherheit der Daten tun, als Privatanwender es je könnten.

Trotzdem: die Welt des Webs ist nach Snowden nicht mehr die gleiche wie vorher, damit müssen wir umgehen.  

Danke Herr Sester

für das Interview.

Peer Wandiger

2 Gedanken zu „Kundenverwaltungs-Software und gescheiterte Projekte – Interview“

  1. Schön zu lesen, dass es auch bei uns interessante CRM Lösungen gibt. Allerding würde unser Verein gleich in den Business Tarif fallen. Gut zu wissen, dass man da mit einer kleinen Gemeinschaft erstmal die Feature testen kann.

    Antworten
  2. Gerade für Gründer und kleine Unternehmen ist CentralStationCRM eine gute Sache. Weil keine Fixkosten anfallen, die man anfangs am besten einspart. Wir sind jedenfalls zufrieden:-)

    Antworten

Schreibe einen Kommentar