YouTube-Tipps, Ranking-Kriterien, Technik, Einnahmen und mehr – Interview

Im heutigen Interview spreche ich mit einem erfolgreichen YouTuber, der seit 2007 dabei ist und gutes Geld damit verdient.

Statt aber ein bekannter Lets Player zu sein, hat er eine Nische für sich entdeckt, die ihm wirklich Spaß macht und für mittlerweile mehr als 28 Millionen Videoaufrufe gesorgt hat.

Im Interview gibt er Einblicke in die Entstehung seiner Kanäle, die Einnahmen und er gibt Tipps für Einsteiger.

Hallo Wolf. Bitte stell dich meinen Lesern vor.

Vielen Dank Peer, für die Einladung.

Mein Name ist Wolf Weidner, ich bin 24 Jahre alt. Momentan studiere und lebe ich in Heidelberg.

Selbständing im Netz bin ich eher durch Zufall geworden.

Dein Hobby ist Origami. Wie bist du dazu gekommen und was ist das genau?

Origami ist die Kunst des Papierfaltens. Als Kind habe ich im Kindergarten Papierflieger und Papierschiffe gebaut.

Richtig angefangen hat es als ich in der vierten Klasse im Kunstunterricht gelernt habe einen hüpfenden Frosch zu falten. Als einer der wenigen in der Klasse habe ich es hinbekommen den Origami-diagrammen zu folgen. Das hat mich so begeistert, dass ich dabei geblieben bin.

Vor allem die Tatsache, dass man außer einem Blatt Papier kein weiteres Material braucht hat da geholfen. Bei den Bastelsendungen im Fernsehen benötigte man z.B. obskuren weißen Bastelkleber den wir nie zu Hause hatten.

Auf YouTube hast du 2 Kanäle, einen deutschen und einen englischen. Wieso?

Um mehr Besucher zu erreichen biete ich die Inhalte zweisprachig (deutsch und englisch) an. Für eine bessere Übersicht habe ich dafür einen zweiten Kanal eröffnet

Ich nehme die gesprochenen Erklärungen erst nachträglich mit einem Headset auf. Die alternative Tonspur nimmt nur wenige Minuten in Anspruch.

Da meine Zuschauer hauptsächlich aus den USA kommen, habe ich einen zweiten Kanal eröffnet nachdem sich einige darüber beklagt haben in ihrer Abo-Übersicht auf einmal Videos zu haben, die sie nicht verstehen.

Bei mir ist die größte Arbeit das erstellen der Diagramme und die Recherche nach neuen Modellen.

Gibt es Unterschiede und lohnt es sich für einen deutschen YouTuber auch einen englischsprachigen Kanal zu starten?

Die Videos auf Englisch sind ganz klar in der Mehrzahl, es gibt auch mehr Publikum für englische Inhalte. Aber die internationale YouTube-Community ist schon wesentlich professioneller als die Deutsche. Das kann auch heißen: härtere Konkurrenz.

Bei Origami war ich einer der ersten überhaupt, inzwischen gibt es ein gutes Dutzend von Kanälen mit denen ich um die enge Nische konkurriere. Bei deutschen Origami-Videos bin ich immer noch quasi alleiniger Platzhirsch. Dennoch erreiche ich mit meinem englischen Kanal fünf mal mehr Aufrufe.

Daher empfehle ich auf jeden Fall mal zu testen wie die Videos in verschiedenen Sprachen ankommen, ich habe auch Videos die auf Deutsch wesentlich erfolgreicher sind als auf Englisch.

Welche Fähigkeiten muss man mitbringen, um englische Videos zu veröffentlichen?

Für das meiste reicht meiner Meinung mittleres Schul-Englisch. Viel wichtiger ist, dass man den Zuschauern einen Mehrwert bietet, ob das jetzt Wissen oder Unterhaltung ist, spielt dabei keine Rolle.

Ich habe vieles einfach beim Machen gelernt. Bei YouTube ist experimentieren sehr günstig, das sollte man nutzen.

Wie haben sich deine Kanäle bisher entwickelt?

Ich bin seit 2006 auf YouTube aktiv. Mein erstes origamivideo habe ich Anfang 2007 hochgeladen. Damals gehörte YouTube noch nicht zu Google, Videos waren 4:3 und in SD-Auflösung, es gab auch ein 10 Minuten-limit. Es gab ja noch nicht einmal eine deutsche Startseite!

Ich war also ein wirklicher Early Adopter. Als ein solcher hatte ich dann auch das Glück mehrmals auf der Startseite von YouTube gefeatured zu werden, warum genau weiß ich bis heute nicht.

Aber scheinbar gefiel YouTube was ich tat und so wurde ich als einer der ersten Deutschen überhaupt in das YouTube-Partnerprogramm 2008 eingeladen. Das war immer noch alles Hobby, mehr als alle zwei Monate eine Pizza zu bezahlen war von den Einnahmen aus dem Partnerprogramm nicht zu bestreiten.

Meine Aufrufe wuchsen stetig wie die gesamte Plattform YouTube. Als 2009 pre-roll-ads eingeführt wurden, explodierten meine Einnahmen. Ich konnte es zuerst garnicht fassen und glaubte an einen Fehler. Aber das Geld kam Monat für Monat. Ich meldete ein Gewerbe an und freute mich wie ein Schneekönig. Obwohl ich nur noch selten Videos hoch-lud hatte ich zwei Jahre lang ca. eine halbe Millionen Aufrufe im Monat und konzentrierte mich auf mein Studium.

Seit Anfang 2013 habe ich damit zu kämpfen, dass die Kriterien nach denen Videos ranken und vor allem empfohlen werden sich verändert haben. Zum einen ist da die Watchtime zu nennen, also wie lang ein Video angeschaut wird. Dann sind meine Videos teilweise so alt, dass es sie noch nicht in HD verfügbar sind, was auch abgestraft wird.

Ich hatte außerdem ja im Gegensatz zur Konkurrenz aufgehört regelmäßig Inhalte zu produzieren. So habe ich viel Evergreencontent, also Inhalte die regelmäßig viele Aufrufe einheimsten, verloren.

Infolge dessen haben sich dann meine Aufrufzahlen halbiert. Den Negativtrend konnte ich mit neuen und qualitativ hochwertigen Inhalten stoppen. Der deutsche Kanal, den ich seit 2010 betreibe entwickelt sich langsam aber stetig positiv und konnte mir neben anderen Einnahmequellen den Verlust von Aufrufen abfedern. Inzwischen erholen sich auch die Aufrufe auf meinem Hauptkanal, auch weil ich jetzt mehrmals im Monat ein Video produziere.

Welche Technik verwendest du für deine Videos?

Angefangen habe ich damals mit einer billigen 20€ Webcam und dem kostenlosen Schnittprogramm Windows-Moviemaker von WindowsXP.

Inzwischen verwende ich einen Panasonic HDC-SD909 Camcoder den ich für 700€ gekauft habe zusammen mit einem günstigen Dreibeinstativ von Manfrotto für 40€ und als Beleuchtung Leuchtstoffröhren mit Softbox, die ich für insgesamt 160€ günstig auf Ebay gekauft habe.

Für den Videoschnitt habe ich meinen Rechner für ca. 600€ aufgerüstet und setze SonyVegas ein welches neu ab 300€ zu haben ist.

Die Videos nehme ich dann einfach in meiner Wohnung auf dem Tisch auf, mit einem Stück Fotokarton als Untergrund.

Du hast schon eine gute Reichweite (Abonnentenzahl). Wie hast du diese erreicht? Gab es besondere Vermarktungsmaßnahmen?

So langweilig es klingt: Guter Content und das regelmäßig. Die Leute wollen meinen Inhalt sehen, es gibt Interesse an Origami. Das ist das allerwichtigste.

Als aktive Vermarktung bin ich in entsprechenden Foren, Mailinglisten und auf Flickr aktiv. Am Anfang ist es in der Nische am nützlichsten sinnvolle Kommentare auf verwandten Videos zu hinterlassen. Am besten auch bei Videos die eher wenig Kommentare haben.

Vor kurzem habe ich mit Pinterest angefangen welches in der DIY Szene viel Gewicht hat. Mein Rat ist es in den Netzwerken, in denen ihr eure Zuschauerschaft vermutet, aktiv zu sein und dort positiv aufzufallen und sich auch einzubringen. Dabei habe ich den Eindruck, dass man lieber weniger Orte gewissenhaft bespielen sollte, als überall halbherzig vertreten zu sein.

Was ist deiner Meinung nach wichtig, um heute noch einen erfolgreichen YouTube-Kanal aufzubauen?

Ich glaube, dass YouTube alles daran setzt um guten Inhalten zu helfen bekannt zu werden. Deshalb ist das wichtigste regelmäßig guten Content anzubieten. Dabei ist der lange Atem wichtiger als von Anfang an Studio-Qualität zu liefern – man darf sich ruhig entwickeln.

Alles weitere hat YouTube in ihrem Playbook gut dargestellt.

Verdienst du Geld auf YouTube? Wenn ja, wie?

Ja, wie bereits erwähnt, verdiene ich über das YouTube Partnerprogramm im Rahmen von Werbeeinnahmen.

Kommentare auf YouTube können oft sehr unter die Gürtellinie gehen. Welche Erfahrungen hast du da bisher gemacht?

Homophobe Äußerungen und Beleidigungen gehörten lange zum Alltag bei YouTube. Auch unter meinen Videos.

Inzwischen bietet YouTube an eine blocklist von Worten einzustellen. Seit dem ist bei mir weitestgehend Ruhe.

Fiese Kommentare habe ich immer gelöscht, denn davon fühlen sich die Leute nur eingeladen noch mehr unerwünschtes zu posten. Ich empfehle es jedem genauso zu handhaben.

Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Tipps für angehende YouTuber freuen.

Ich mache Videos, die ich auch selbst gerne anschaue, so ist es egal ob ein Video viele Aufrufe hat oder ob ich viel daran verdiene, es ist etwas auf das ich stolz sein kann.

Macht Inhalte, die ihr auch gerne seht, denn es wird Monate wenn nicht sogar bis zu zwei Jahre dauern bis euer Kanal groß genug ist um die Rechnungen davon zu bezahlen.

Aber wenn ihr mit Spaß an der Sache dabei seid und es zunächst als Hobby seht, ist das kein Problem. Wer das schnelle Geld sucht ist auf YouTube fehl am Platz.

Danke Wolf

für das Interview.

Peer Wandiger

4 Gedanken zu „YouTube-Tipps, Ranking-Kriterien, Technik, Einnahmen und mehr – Interview“

  1. Grüß dich Peer und grüß dich Wolf,

    erstmal herzlichste Glückwünsche zu diesem Erfolg! Man kan daraus gut ableiten, dass es sich sicher ähnlich bei Nischenseiten verhalten würde. Den englischen Sprachraum zu erschließen ist wohl eine ziemlich gute Möglichkeit seinen Bekanntheitsgrad drastisch zu erhöhen.

    Ich finde es verrückt immer wieder zu sehen, welche Nischen möglich sind!

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  2. Youtube-Ranking wird ein wichtiges Thema. Habe auch schon mehrere Studien dazu gelesen. Eigene Tests haben außerdem gezeigt, dass sich das Ranking dort bereits gut manipulieren lässt. Unter anderem mit gekauften Views und Likes. Es kommt da auf viele Kleinigkeiten an, was hier aber nicht hingehört und den Rahmen sprengen würde. Bin gespannt ob sich da bald eine SEO-ähnliche Szene aufbaut bzw. bin ich mir fast sicher. Selbst große Kanäle schaffen es schließlich nicht mehr, schnell eine Folgschaft mit vielen Views usw. aufzubauen… es braucht Ranking und Platzierungen auf der Startseite, damit ein Kanal heute noch wirklich erfolgreich wird. Wie mit den Websites und Google eben.

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  3. Schöne Tipps, thx, sicher ist es nicht für jeden geignet auf Youtube Videos anzubieten und auch die Masse wird nicht reich damit, aber wenn man Spaß, Zeit und Lust hat, dann dazu noch hübsch aussieht und eine sympathische Stimme hat, so wie nicht auf dem Kopf gefallen ist, dann hat man eigentlich alle Chance der Welt 😉

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  4. Videos sind eine tolle Sache, um viele komplizierte Inhalte einfach, anschaulich und ansprechend zu erläutern. Ich selbst bin beispielsweise auch schon lange Fan der Serie Video2Brain. Wenn es um das bloße Geld verdienen mit Youtube geht, sollte man sich aber schon klar machen, dass ein vernünfitges Video eine Menge Arbeit verursacht. Lediglich ein paar animierte Powerwpoints ins Netz zu stellen, wird kaum tausende Besucher anlocken.

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