3. Wie du gute Geschichten erzählst

Erinnern wir uns einmal gemeinsam zurück an deine Schulzeit.

Welcher Lerntyp warst du? Konntest du dir die Zahlen, Daten und Fakten immer einfach so merken? Oder fiel es dir, wie mir, wesentlich leichter, das Ganze in einen Kontext zu bringen? In eine Story zu verpacken?

Zum Beispiel so: Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten.

Wer kennt ihn nicht? Diesen Satz. Jeder Anfangsbuchstabe darin dient als Eselsbrücke für einen Namen unserer neun Planeten. Ich weiß. Mittlerweile sind es nur noch Acht und der Satz müsste anders lauten. An dieser Stelle allerdings unwichtig.

Siehst du, wie ich es geschafft habe, dich in meinen Blog-Artikel hineinzuführen?
Mit einer Geschichte.

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Der Grund, warum wir Geschichten lieben

Du liebst Geschichten. Ich liebe Geschichten. Wir alle lieben Geschichten.

Neudeutsch: Storytelling.

Das Storytelling gehört zu den wenigen Dingen, die die Menschen auf der ganzen Welt gleichermaßen und seit jeher begeistern. Laut Wikipedia ist das Storytelling (deutsch: „Geschichten erzählen“) „eine Erzählmethode, mit der explizites, aber vor allem implizites Wissen in Form einer Metapher weitergegeben und durch Zuhören aufgenommen wird. Die Zuhörer werden in die erzählte Geschichte eingebunden, damit sie den Gehalt der Geschichte leichter verstehen und eigenständig mitdenken. Das soll bewirken, dass das zu vermittelnde Wissen besser verstanden und angenommen wird.“

Kurz gesagt: Storytelling bedeutet, hirngerechte Marketing-Geschichten zu erzählen.

Wagen wir einen Blick in die Neurowissenschaften um herauszufinden, was Geschichten in unseren Köpfen auslösen.

Neurowissenschaftler haben bewiesen: Unser Gehirn verarbeitet, speichert und gibt Informationen in Form von Geschichten weiter. Geschichten aktivieren viel mehr Regionen in unserem Gehirn als eine einfache Information. Dadurch bleiben sie länger und einfacher im Gedächtnis. Aha!

Und Geschichten sind immer mit Emotionen verbunden. Sie binden den Leser ein. Unterhalten. Lassen ihn mitdenken und mitfühlen und stellen eine persönliche Verbindung her. Produkte, Dienstleistungen, Marken oder deine Beiträge gewinnen also an Bedeutung durch die Geschichten, die sie erzählen.

Man nehme ein Schlafzimmer im Silicon Valley, einen Chef mit herausragendem Image und einen Apfel, in den man an einer Seite kräftig hinein beißt. Schon ist der Mythos Apple geboren. Ein Markensymbol und Sinnbild für den amerikanischen Traum. Und vielmehr noch: ein Statussymbol: Wenn heute ein neues Apple-Produkt in die Läden kommt, stehen die Kunden Schlange. Da spielen auch überhöhte Preise, technische Probleme, Inkompatibilität des Zubehörs für Altgeräte und Plagiatsvorwürfe keine Rolle. Die Marke Apple hat einen Lifestyle-Faktor.

Ein klarer Beweis dafür, dass der Homo oeconomicus, ein uneingeschränkt rational denkender Mensch, nicht existiert. Auch diese Erkenntnis stammt aus der Hirnforschung. Unsere Entscheidungen sind emotional gesteuert. Und Emotionen bestimmen unser sachliches Verhalten.

Was uns emotional nicht erreicht, lässt uns kalt.

Was du kaufst und verkaufst, sind Geschichten und Vorstellungen. Die Überschrift meines Artikels „Wie du gute Geschichten erzählst“ hat in dir womöglich eine bestimmte Erwartungshaltung ausgelöst. Die Vorstellung, ich könnte bahnbrechende Neuigkeiten präsentieren oder eine simple „How-to-Liste“ zu Tage fördern, hat in deinem Gehirn Dopamin ausgeschüttet. Im Volksmund bekannt als „Glückshormon“. Damit hätte ich also gleich zu Beginn biochemische Reaktionen in deinem Gehirn ausgelöst. Sehr gut.

Deine inneren Vorstellungen und Bilder haben folglich dazu geführt, dass du in eben diesem Moment meinen Beitrag liest.

Informationen und Produkte, die du unbedingt haben möchtest, können dich auch in Geschichten verwickeln. In deinem Kopf spielen sich, völlig unbewusst, Heldengeschichten, Dramen, Liebesgeschichten, Komödien, Krimis, etc. ab. Mit dem Lesen meines Artikels verbindest du vielleicht die Vorstellung, deinen Blog-Artikeln endlich den entscheidenden Feinschliff zu verpassen und so mehr Leser zu erreichen. Auch der Käufer eines iPhones oder einer Harley Davidson kauft nicht nur das Produkt, sondern eine Lebenseinstellung. Die Käuferin einer Gucci-Tasche ebenso.

Die traurige Wahrheit

Ein Produkt oder eine Information in eine Geschichte zu verpacken, ist wesentlich nachhaltiger als eine Fakten-basierte Argumentation. Menschen verbinden sich nicht mit Informationen. Menschen verbinden sich mit Geschichten. Natürlich werden dir die meisten deiner Leser dankbar sein für all die Informationen.

Aber ohne Geschichten und ohne deine persönliche Note in deinen Texten wirst du keine Verbindung zu deinem Leser aufbauen. Ergo deine Texte wirken kalt.

Stell dir vor, du hast gute, reale Fakten zu bieten. Aber: Du erzählst sie auf eine langweilige Art und Weise. Und dann gibt es da noch einen anderen, der dieselben realen Fakten auf seiner Webseite in eine Story verpackt, die nicht einmal stimmt. Was glaubst du, wer dann wohl gewinnt? Meistens die Story. Denn die traurige Wahrheit ist: Eine falsche, gute Story ist immer stärker als reale, langweilige, nackte Fakten.

Wer besser erzählt, gewinnt. So traurig ist das nun einmal.

Was eine gute Geschichte ausmacht

Ich zeige dir jetzt, wie du es schaffst, deinen Leser mit einer Geschichte in deinen Bann zu ziehen:

Show, don’t tell.

Soll heißen: Platze nicht einfach mit einer simplen Information heraus, sondern zeige, beweise und veranschauliche, was du sagen möchtest. Dazu ein einfaches Beispiel:

Ich bin nervös. (=Tell)

Immer das gleiche bei einem Vorstellungsgespräch. Ich schwitze. Laufe wieder und wieder den Flur auf und ab. Die Informationen, die ich in den Schaufenstern über das Unternehmen lese, behalte ich nicht wirklich in meinem Gedächtnis. In meinem Kopf versuche ich zu sortieren, was ich gleich sagen möchte. Ich werde hinein gebeten. Meine Stimme versagt. (=Show)

Der Unterschied besteht darin, dass ich in der ersten Variante einfach nur behaupte, nervös zu sein. In der zweiten zeige ich es. Mit Beweisen. Es wirkt lebendiger und glaubhafter.

Binde deinen Leser in die Geschichte ein

Ehrlich. Ohne geht es nicht. Nur so kannst du gewährleisten, dass dein Leser den Inhalt deiner Erzählung leichter versteht und eigenständig mitdenkt. Im Vergleich zu Artikeln mit abstrakten Informationen haben Geschichten den Vorteil, dass sich dein Leser nicht erst durch deine Fachsprache quälen muss, um den Kern der Aussage zu verstehen.

Zugleich erreichst du einen wertvollen psychologischen Effekt: Deine Geschichte bleibt leichter im Gedächtnis deines Leser hängen. Sofern sie von deinem Leser mit bereits vergangenen Ideen, Erfahrungen und Geschichten verknüpft werden kann.

Behandle Geschichten wie einen edlen Tropfen und nicht wie Fusel

Weniger ist mehr. (1 Euro ins Phrasenschwein)

Verwende Geschichten. Aber mit Bedacht. Es bringt leider nichts, zwanghaft eine oder mehrere Geschichten in der Einleitung, im Hauptteil und noch am Schluss einzubauen. Das macht deinen Text unnötig lang. Deine Geschichte muss deinen Leser zum Nachdenken und Mitdenken anregen, motivieren und inspirieren. Da, wo es passt.

Ich persönlich bevorzuge, wie auch in diesem Artikel, eine Geschichte in der Einleitung. So fällt es mir leichter, meinen Leser besser in die Thematik meines Artikels hineinzuführen.

Wichtig im Storytelling ist, dass deine Geschichte möglichst viel mit deinem Leser gemein hat und dass du auch über dich selbst erzählst. Am einfachsten ist es, eine Geschichte aus deinem eigenen Leben oder aus dem Leben eines Freundes oder Verwandten herzunehmen.

Don’t believe the message if you don’t believe the messenger. Dein Leser wird dem, was du ihm vermitteln möchtest, keinen Glauben schenken, wenn du selbst für ihn unglaubwürdig bist.

Wann du auf eine Geschichte verzichten solltest

Und da sind sie wieder: die Ausnahmen. Keine Regel ohne Ausnahme.

Meiner Meinung nach solltest du keine Geschichten in deinen Text einbauen, wenn du …

  • … schnell kurze und knackige Infos vermitteln möchtest.
  • … deine Überschrift oder Zwischenüberschriften formulierst.
  • … schnell in die Thematik einführen möchtest.
  • … kein Verständnis für deine Situation erzeugen möchtest (bzw. kein Verständnis dafür, warum du über ein bestimmtes Thema schreibst).
  • … keine Emotionen und Gefühle wecken möchtest.
  • … ein Fazit schreibst.
  • … nichts verkaufen willst.

Vor allem aber kannst du auf eine Geschichte verzichten, wenn du keine emotionale Verbindung zu deinem Leser aufbauen möchtest. Eine emotionale Verbindung zu deinem Leser macht dich glaubwürdiger. Glaubt er dir, vertraut er auch den Produkten oder Dienstleistungen, die du verkaufst.

Bevor du nun anfängst, die Rechercheergebnisse für deinen nächsten Artikel in eine hübsche Geschichte zu verpacken, bevor du eine Pressemitteilung verfasst, einen Newsletter vorbereitest, einen Slogan textest, etwas twitterst oder bei Facebook postest, überlege dir:

Was möchte ich vermitteln? Welchen Mehrwert biete ich meinem Leser mit der Geschichte? Hilft sie meinem Leser, die Thematik besser zu verstehen? Und was soll mein Leser denken, fühlen oder tun, nachdem er meine Geschichte gelesen hat? Beantworte diese Fragen und du wirst sehen, ob eine Geschichte in deinem konkreten Anwendungsfall Sinn macht oder nicht.

Fazit

Es liegt in der Natur des Menschen, dass wir auf Geschichten stehen. Unser Gehirn kann Informationen in Form von Geschichten einfach am leichtesten verarbeiten. Deshalb wirkt Storytelling. Soweit die Theorie.

Nutze diese Erkenntnis für dich, um Inhalte zu transportieren, die besser gemerkt und erinnert werden sollen. Erwecke deine Webseite zum Leben, indem du dein Produkt, deine Dienstleistung, deine Informationen gezielt in eine Geschichte einbaust. Das steigert evolutionsbasiert das Interesse deines Lesers und bleibt leichter und länger im Gedächtnis verankert.

Es gibt aber auch Situationen, in denen man getrost auf Geschichten verzichten kann. Ausreichend Beispiele habe ich dir anhand der Aufzählung gezeigt. Bietet sich jedoch die Gelegenheit, deinen Leser mit einer Geschichte emotional zu erreichen, ihn in die erzählte Geschichte einzubinden, dann verzichte lieber auf nackte Zahlen, Daten, Fakten. Denn dann bist du so spannend wie die Bedienungsanleitung deiner Waschmaschine.

Dr. Werner T. Fuchs, Marketing- und Werbeexperte, behauptete einmal:

Man kann so gut wie alles verkaufen, wenn man die passende Geschichte dazu hat.

Und passend meint in diesem Zusammenhang nicht nur „passend“ zu deinem Produkt oder deiner Dienstleistung oder der Information, die du vermitteln möchtest. Nein. Vielmehr als das meine ich mit „passend“ auch passend zu deiner Zielgruppe.

Und jetzt: Packe es an.

14 Gedanken zu „3. Wie du gute Geschichten erzählst“

  1. Hallo Susann,

    ich muss gestehen, ich war in letzter Zeit nicht regelmäßig hier:(
    Daher versteh ich die Zahlen vor den Artikeln nicht. Habe mitbekommen, dass es um eine Artikelserie geht…Aber von der Startseite sind nur 3. und 12. sichtbar..Spielt da die Reihenfolge keine Rolle?

    Sorry, falls ich da jetzt schon die gefühlt 1000. Person bin, die fragt..

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  2. Ich möchte darauf hinweisen, dass nicht alle Hirne gleich funktionieren. Es gibt neurotypische Menschen, es gibt neurountypische. Ich selbst bin Asperger-Autistin und habe meine Schwierigkeiten mit Texten, die zuviel “Drumherum” enthalten. Ich weiß auch, dass es viele neurotypische Menschen gibt, die sachliche Texte lieber mögen, als emotionserzeugende Geschichten (die bei manch einem vielleicht nicht so wirken, wie sie sollen), vor Allem im wissenschaftlichen Umfeld – auch im wirtschaftswissenschaftlichen und da befinden wir uns beim Thema “Marketing” zum Teil.
    Ich glaube nicht, dass es allgemeingültige Regeln dafür gibt, welche Texte bei wem besonders gut ankommen. Es hängt doch noch sehr stark vom Individuum und auch von der Zielgruppe ab, für die man schreibt. Ich würde mir etwas mehr Differenzierung wünschen.

    Grüße

    Franzi

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  3. Danke für den Bitrag. Ja das hört sich alles vernüftig an. Die Umsetzung scheitert aber oft da es zumindest mir schwer fällt alles in die richtige Worte zu fassen. Zu salopp ist nicht gut, wie ein Gesetzestext ist auch nicht gut und die Gradwanderung zwischen beiden ist das Schwerigste überhaupt. Unterhalt mit Mehrwert ist wohl die Formel. Einfach gesagt aber unwahrscheinlich schwer umzusetzen.

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  4. Super erkannt,
    gerade das Story Telling ist eines der wichtigsten Eigenschaften im Marketing.
    Wie verkauft man was ……

    Letztendlich gibt es eine Hohe Conversion wenn man weis wer hinter dem “Produkt” steckt.
    Eine nette Geschichte dazu und dann kann man eig. nicht viel falsch machen.

    Ich vermisse noch die Geschichte von Peer.

    LG

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  5. Ich finde deine Tipps super und sehr motivierend. Als Bloggerin ist es manchmal gar nicht so leicht den “passenden Ton” anzuschlagen – ein hin und her zwischen Seriösität und Emotinalität. Wie du schon richtig erwähnt hast, eine Geschichte sollte dem Leser immer einen gewissen Mehrwert bieten, gerade im Marketing ist das das A und O.

    Viele Grüße
    Isa

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  6. Ein sehr gelungener Artikel. Es ist aber oft nicht so einfach eine passende Geschichte zu einem Thema zu finden. Meistens ist es aber auch die Angst etwas falsch zu machen.

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  7. Hey Peer,
    ich hab auf deinem Blog schon öfters einen Kommentar hinterlassen und muss es auch jetzt wieder tun 🙂
    Ich habe heute Morgen im Internet nach Techniken gesucht, wie man seine Leser mit spannenden Geschichten fesselt. Und siehe da, mal wieder war Selbstständig im Netz in den Top-Suchergebnissen bei Google 🙂
    Danke für die Tipps und liebe Grüße

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  8. Hallo Peer,
    klasse Beitrag, mir fällt es oft noch schwer meine Worte in eine gute Geschichte zu verpacken.
    Aber ich arbeite an mir selbst, getreu dem Motto “Übung macht den Meister”. 🙂

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