Der Weg zum eigenen Produkt – Idee, Tests, Umsetzung, Marketing, Online-Shop…

Über den Weg zum eigenen physikalischen Produkt spreche ich in diesem Interview mit Matthias.

Er hat im Ausland eine interessante Produktidee entdeckt und mit einem Partner nicht nur einen Online-Shop in Deutschland aufgebaut, sondern auch selbst die Produkte herstellen lassen.

Über sein Vorgehen, seine Erfahrungen und vieles mehr geht es im Folgenden.

Hallo Matthias. Bitte stell dich meinen Lesern kurz vor.

Hi, ich bin Matthias, 24 Jahre alt, arbeite gerade im Silicon Valley bei einem Startup Akzelerator und bin Mitgründer von Space Wallet, einem dünnen Geldbeutel der gerade die Geldbeutelindustrie revolutioniert.

Zudem fange ich jetzt auch ernsthafter mit dem Bloggen an und werde unter Last-Business-Blog.de zusammen mit dem anderen Space Wallet Mitgründer René regelmäßig über unsere Erfahrungen im Bereich Entrepreneurship, Online Marketing und Silicon Valley schreiben.

Mir war eigentlich schon länger klar, dass mich für Entrepreneurship begeistere und wenig Lust darauf habe bei einem Großkonzern zu arbeiten. Daher habe ich mit 18 meine erste Firma gegründet und mich seitdem auch etwas mit dem Thema Online Marketing beschäftigt. Im Laufe der Jahre habe ich mir noch einige Nischeinseiten aufgebaut und bin immer mit offenen Augen durch die Welt gelaufen.

So kamen wir letztendlich auch zur Idee für Space Wallet.

Wie genau bist du zum Online-Business gekommen?

Im Januar 2014 habe ich schon mal in einem Beitrag auf SiN darüber geschrieben, wie man an eine Geschäftsidee kommt. Daher hier nur eine etwas verkürzte Fassung:

Ich habe in Amerika ein Semester lang Entrepreneurship studiert, was sehr faszinierend war. Zudem habe ich dort gesehen, dass es unglaublich viele verschiedene innovative Varianten von Geldbeuteln gibt. So wie viele andere auch, fand ich meinen alten klobigen Ledergeldbeutel recht blöd und war gerne bereit einen dieser neuen Geldbeutel auszuprobieren.

Nach kurzer Eingewöhnung war ich überzeugt, dass sich solche Geldbeutel auch in Deutschland durchsetzen würden. Da Versand und Zoll für den Import von amerikanischen Geldbeuteln recht teuer waren, blieb uns nichts anderes übrig als unser Produkt selbst herzustellen.

Das war schwieriger als gedacht, nach einigen Monaten hatten wir aber endlich die Produzenten beisammen und konnten die ersten 200 Stück von unserem Geldbeutel produzieren. Wichtig war dabei, dass unser Geldbeutel komplett “Made in Germany” ist und wir mit unseren Produzenten ein langfristiges Vertrauensverhältnis aufbauen.

Zudem war unser Startkapital mit 4.000 Euro sehr begrenzt, daher durften auch kleinere Abnahmemengen anfangs kein Problem sein.

Warum hast du einen neuen Online-Shop gestartet?

Da ich schon einige Erfahrungen im Online Marketing hatte, war eigentlich von Anfang an klar, dass wir mit einem Online Shop starten.

So konnten wir relativ einfach einen Vertriebskanal für unseren Geldbeutel aufbauen.

Hast du den Markt und die Konkurrenz vorher analysiert? Wie sah die Planung aus?

Bevor wir überhaupt nach möglichen Produzenten geschaut haben, haben wir den Markt ausführlich analysiert. Es gab in Deutschland damals echt wenige kleine Geldbeutel. Die meisten von denen waren zudem qualitativ und preislich auf Ramschniveau und nicht wirklich schön.

Um den Markt zu testen, haben wir einfach mal aus Amerika 25 verschiedene dünne Geldbeutel geordert und versucht die in unserem Bekanntenkreis zu verkaufen. So konnten wir für wenig Geld und ohne Risiko testen, ob es in Deutschland wirklich einen Markt gibt und Leute bereit sind dafür zu bezahlen.

Nachdem dieser Test erfolgreich war, haben wir eigentlich sofort mit der Planung der Produktion gestartet. Dies dauerte leider einige Monate und im Nachhinein könnte man da einiges anders machen, aber letztendlich führte es zum Erfolg. Nach etwa 6 Monaten hatten wir eine serienreife Version.

Wie lief die Umsetzung deines Shops? Welche Software wurde genutzt?

Wir sind ganz einfach mit Jimdo gestartet. Sicherlich nicht der hübscheste Shop, aber sehr einfach zu bedienen und einzurichten.

Und letztendlich musste der Shop nur funktionieren. Es ist mehr als sinnlos tausende Euro für einen tollen Onlineshop auszugeben, nur um festzustellen dass sich keiner für das Produkt interessiert. Dann hat man ordentlich Geld sinnlos rausgehauen. Leider machen gerade in Deutschland recht viele Gründer diesen Fehler. Alles muss perfekt sein, bevor man startet.

Stattdessen muss man einfach mal starten und dann nach und nach alles schöner und besser machen.

Letztendlich blieben wir so ein halbes Jahr bei Jimdo, haben dann aber etwas Geld in die Hand genommen und uns einen Onlineshop designen lassen.

Der Onlineshop wurde mit WordPress und WooCommerce umgesetzt. Diese Basis nutzen wir immer noch, jedoch sind im Laufe der Zeit einige Pugins dazu gekommen und wir sind auf unseren eigenen Server umgezogen.

Das Design hat sich im letzten Jahr auch etwas weiterentwickelt.

Welche Probleme traten bei der Umsetzung aus? Welche Fehler wurden gemacht?

Bei der Umsetzung unseres Projektes sind sehr viele Probleme aufgetreten und es wurden viele Fehler gemacht. Aber ich denke, dass ist völlig normal und gehört dazu. Man sollte sich nur nicht zu lange davon aufhalten lassen und immer Lösungsorientiert denken.

Einige Probleme hatten wir bei der Produzentensuche. Da waren wir lange Zeit viel zu bequem. Letztendlich hat es recht lange gedauert, bis wir einfach die Scheu abgelegt haben und sämtliche Nähereien und Webereien konsequent angerufen und konstant über mehrere Wochen genervt haben. Wir hatten sicher mehr als 100 Telefongespräche pro Woche mit potentiellen Produzenten aber letztlich hatten wir dann wirklich nach einigen Wochen zwei Lieferanten die auch bereit waren kleinere Mengen anfertigen zu lassen.

Klar war es nervig, die potentiellen Produzenten dauernd anzurufen und nachzufassen. Aber man muss die Komfortzone verlassen, wenn man irgendwas erreichen will.

Ein weiteres Problem ist jetzt gerade die Produktion der erhöhten Nachfrage anzupassen. Vor allem in Urlaubsmonaten ist das leider einfacher gesagt als getan.

Wie lief bzw. läuft die Kundengewinnung? Wie sieht es mit Werbung, SEO, Social Media etc. aus?

Am Anfang lief die Kundengewinnung vor allem im direkten Bekanntenkreis ab. So konnten wir innerhalb weniger Wochen nach Start trotz nahezu komplett verpasstem Weihnachtsgeschäft etwa 150 Geldbeutel verkaufen.

Im Anschluss probierten wir recht viel aus. PR, SEO, SEA, Facebook Ads etc.. Letztendlich blieben wir einfach dran, waren immer aktiv und konnten nach und nach mehr und mehr Geldbeutel verkaufen.

Am Anfang waren wohl Amazon Ads am zuverlässigsten und profitabelsten. Mittlerweile funktionieren Facebook Ads nach langem Testen sehr gut.

Wie hat sich der Shop entwickelt und wie lange hat es gedauert, bis er profitabel war. Ist er das überhaupt bereits?

Uns war von Anfang an sehr wichtig, dass wir hier etwas profitables aufbauen. Als einfache Studenten waren die 4.000 Euro Startkapital unser wirkliches Maximum. Durch den soliden Start im ersten Monat konnten wir gleich 3.000 Euro umsetzen und das Geld gleich wieder reinvestieren.

So halten wir es eigentlich seitdem und investieren unser Geld gleich wieder in das Unternehmen. Uns ist es wichtiger zu wachsen, anstatt ein paar hundert Euro mehr auf dem Konto zu haben.

Letztendlich sind wir mit der Entwicklung aber sehr zufrieden. 4.000 Geldbeutel konnten im ersten Jahr verkauft werden.

Momentan verkaufen wir konstant monatlich Geldbeutel im vierstelligen Bereich und auch das Kundenfeedback, was uns wichtiger als die Verkaufszahl an sich ist, ist weiterhin sehr gut.

Gerade Online-Shops müssen sich an viele rechtliche Vorschriften halten. Wie bist du da vorgegangen?

Jimdo und das WooCommerce Plugin German Market unterstützen einen da schon sehr gut.

Letztendlich haben wir aber auch hier versucht, uns in das Thema einzuarbeiten und uns auch beraten lassen.

Was planst du für die Zukunft?

Ich persönlich werde noch bis August 2016 im Silicon Valley bleiben und dann im Anschluss eine Weltreise für zwei Jahre antreten. Zudem wird das Thema Bloggen auf unserem Last-Business-Blog konsequent umgesetzt.

Für Space Wallet wird die Internationalisierung konsequent vorangetrieben. Nach Österreich werden wir bald das englischsprachige Ausland angehen. Die Homepage wird dahingehend gerade schon überarbeitet.

Wir wachsen gerade sehr gut und ich bin für die Zukunft sehr zuversichtlich.

Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Tipps für angehende Online-Shop-Betreiber freuen.

Macht es einfach. Lest nicht monatelang Blogs über das Thema sondern fang einfach an. So lernt ihr in kurzer Zeit viel mehr.

Testet eure Idee so schnell, billig und einfach wie möglich. Sprecht mit so vielen Leuten wie möglich über eure Idee um möglichst schnell möglichst viel Feedback zu bekommen.

Selbst wenn ihr total versagt, habt ihr Erfahrungen gemacht die sehr viel wert sind.

Wenn ihr wollt schreibt mir einfach eine E-Mail und ich versuche euch bei eurer Idee zu unterstützen.

Danke Matthias für das Interview

Übrigens hat Matthias ist einem sehr interessanten Gastartikel über die Conversion-Optimierung in seinem Shop berichtet.

Peer Wandiger

14 Gedanken zu „Der Weg zum eigenen Produkt – Idee, Tests, Umsetzung, Marketing, Online-Shop…“

  1. Das Schlusswort hat mir besonders gut gefallen. Viele Menschen mit Ideen recherchieren, grübeln und hinterfragen zu viel. Sie testen nie.
    Tolles Interview! Bitte mehr davon.

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  2. Hallo Matthias,
    das ist ein wirklich tolles Interview, mich interessiert noch ob ihr die Materialien selber einkauft oder ob der Hersteller das für euch macht. Habt ihr den Vertrieb auch outgesourct oder verschickt ihr die Geldbeutel selbst?
    Grüße Erkan

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    • Hi Erkan,

      freut mich, dass dir das Interview gefällt!
      Wir lassen die Materialen für uns herstellen (sind Sonderanfertigungen) und liefern dann alle Einzelteile an unsere Nähereien.

      Wir stemmen den Versand momentan noch komplett selber und auch der Vertrieb liegt momentan noch komplett bei uns.
      Beste Grüße,
      Matthias

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      • Hi Matthias,

        Ich hätte auch eine tolle Idee aber weiß nicht recht wie ich sie umsetzen soll. Zb. Wo finde ich die Stoffe, den Näher usw also wo kann ich dann produzieren usw hast du da Tipps, wie man es am besten finden kann oder was genau die ersten Schritte sind. Und ich hab zwar die Idee im Kopf aber bin kein guter Zeichner bzw wer könnte es mir zu Ende designen.

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  3. “Wir hatten sicher mehr als 100 Telefongespräche pro Woche mit potentiellen Produzenten […]”

    Tja und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Welcher Vollerwerbstätige kann das stämmen…

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    • Sehr gute Antwort von Johannes!

      Clemens, der von dir zitierte Satz zeigt, dass du aktiv nach Problemen / Ausreden suchst anstatt über Lösungen nachzudenken.

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  4. Sehr interessantes Interview und super Gedankenanstöße: Fertig ist besser als Perfekt und Handeln besser als tausend andere Erfolgsgeschichten zu lesen.

    Da ich selbst eine Produktidee habe, würde mich vor allem interessieren, wie du es geschafft hast, dass die Hersteller deine Idee nicht selbst umgesetzt haben? Thema Verschwiegenheitsvertrag. Kenne einige Firmen, welche mir bei der Umsetzung meines Produktes helfen könnten, habe aber tatsächlich Respekt davor ein ausgearbeitetes Konzept vorzulegen, welches dann von der Firma selbst umgesetzt wird. Gerade wenn man hunderte Hersteller/Firmen anschreibt, ist das Risiko ja schon enorm, dass ein schwarzes Schaf dabei ist. Und vor jedem Gespräch sich eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben zu lassen finde ich für den Erstkontakt schon sehr negativ bzw. abweisend.

    Hast du da zufällig einen Tipp?

    Danke!
    Christian

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    • Keine Sau wird sich für deine Idee interessieren. Also mach es einfach und lass den Vertrag weg 🙂

      Meiner Meinung nach ist deine Angst komplett unbegründet und hier im Valley würdest du dafür ausgelacht werden. (Soll jetzt nicht abwertig klingen, sondern nur zeigen, dass diese Angst das jemand einem was weg nimmt typisch deutsch ist.)

      Hersteller verdienen ihr Geld damit Sachen herzustellen und diese an große Abnehmer zu verkaufen. Die haben keine Lust aus b2c.

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  5. Die Geldbeutelindustrie wird gerade revolutioniert? Ach so! Hab ich noch gar nichts von mitbekommen. Mutig so eine Branche, geht doch der Trend zum Bargeld- und Kartenlosen bezahlen. Geht per NFC sogar schon bei Aldi.

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    • Gibt ja auch schon einige Kreditkarten mit denen man per NFC bezahlen kann.
      Wir begrüßen den Schritt und können es kaum erwarten, dass Geld oder zumindest Münzen komplett verschwinden.

      Die Branche hat auf jeden Fall genug Potential für eine Revolution, aber ich gebe dir Recht, dass die Branche langfristig eher schrumpfen wird. Da der Markt aber groß genug ist und man unsere Produktpalette ja ausweiten kann, ist das kein Problem für uns.

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  6. Solche Interviews geben einem direkt wieder neue Hoffnung.
    Immer weiter machen.
    Gab es mal Momente der Verzweiflung oder dachte man gar nicht daran?

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  7. Sehr schöner Einblick in das Business. Sowas ist nie einfach, schon garnicht mit einem so kleinen Budget. Wenn es dann klappt, umso schöner. Man kann richtig stolz auf sich und seine Idee sein.

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