Vom sicheren Job in die Selbstständigkeit – Interview mit dem Gründer von OpenZ

Viele Menschen sind froh, wenn sie einen sicheren Job haben. Doch nicht alle sind damit zufrieden.

Mein heutiger Interviewpartner hat seine Festanstellung gekündigt und ein Startup gegründet. Wie es dazu kam, wie die Umsetzung lief und wie es sich entwickelt hat, erfahrt ihr im Folgenden.

Zudem gibt es weitere interessante Einblicke und praktische Tipps.

Hallo Herr Zimmermann. Bitte stellen Sie sich meinen Lesern kurz vor.

Mein Name ist Stefan Zimmermann, ich komme aus Worpswede und wohne da auf einem alten Hof mit Familie, Freunden und Pferden.

Privat macht es mir großen Spaß, mit Freunden etwas zu unternehmen, Ausritte zu machen oder einfach mal die Seele baumeln zu lassen.

Beruflich habe ich hier auch das Büro, die Firma OpenZ besteht jetzt schon aus 7 Personen

Wie sind Sie zum Online-Business gekommen?

Ich war seit meinem Studienabschluss als IT-Berater und Software Architekt für diverse Unternehmen, meist große Konzerne tätig. Dabei muss man viel reisen und so einiges an politischem Geschick mitbringen und stellt trotzdem fest: Wirklich umsetzen lassen sich Visionen in diesem Umfeld nur sehr begrenzt.

Schon damals hatte ich die Idee, die IT-Landschaft bzw. das ERP-System der Unternehmen wesentlich flexibler zu gestalten. Im Jahre 2010 beschloss ich dann, die sichere Beraterwelt zu verlassen und mich mit meinen Ideen selbständig zu machen.

Wozu brauchen Selbständige eine ERP Software? Was bringt das?

Sobald arbeitsteilige Prozesse entstehen, mit anderen Worten, das Unternehmen aus mehr als einer Person besteht, sollte man sich Gedanken über 2 Dinge machen:

  1. Wie sieht ein optimaler Arbeitsprozess für mein Unternehmen aus?
  2. Welche IT-Unterstützung kann mir das Leben erleichtern, wo kann ich manuelle Arbeitsschritte einsparen?

Beide Fragen sind eng verknüpft. Ein einfaches Beispiel:

  • Ein Dienstleister macht dem Kunden ein Angebot.
  • Dieser nimmt an, es wird ein Auftrag.
  • Die Arbeiten werden ausgeführt und berechnet.
  • Der Geldeingang wird vermerkt.
  • Das ganze muss dem Finanzamt erklärt werden.

Manuell würde man bei jedem Vorgang ein Papier erzeugen, Textverarbeitung und Tabellenkalkulation sind die üblichen Werkzeuge. Jede Menge doppelte Dateneingaben und Fehlerquellen können entstehen.

Auch nur einfache Auskünfte (Wie hoch war mein Umsatz mit Kunde X, welche offenen Posten habe ich? usw.) erfordern Recherche-Arbeit.

Mit einem ERP-System werden Daten immer nur einmal gepflegt und dann einfach weiterverarbeitet. Ein Angebot wird auf Knopfdruck zum Auftrag, die Rechnung wird auch auf Knopfdruck erstellt und ebenso wird die Buchhaltung automatisiert.

Das spart jede Menge Arbeit und die Daten für Statistik, Steuer und Auskunftsfähigkeit fallen auch gleich automatisch mit an.

Wie ist ihre Software OpenZ entstanden?

Als ich mit der Berater-Tätigkeit aufhörte, machte ich mir nach einer Auszeit Gedanken, welche Art von Unternehmenssoftware wohl gefragt sein dürfte.

Die gängigen ERP-Systeme haben 3 Nachteile: Die sind unflexibel, intransparent und teuer.

Dass es eine Open Source Software sein würde, war mir sehr schnell klar. Nur diese ist transparent, legt Ihren Source Code also offen und sie kostet erst mal nichts. Nachdem ich verschiedene Systeme ausprobiert hatte, fiel meine Wahl auf Openbravo. Dieses System verfügt schon über moderne WEB-Technologie und einer Enterprise-tauglichen Systemarchitektur auf JAVA Basis.

Nachdem ich die nötige Flexibilität und diverse Anpassungen für den deutschen Markt in Openbravo eingebaut hatte, gab es leider nicht die Möglichkeit, meine Entwicklungen wieder in Openbravo zurückfließen zu lassen. Insofern musste ich die so veränderte Software unter einem anderen Namen im Netz veröffentlichen, et voila: OpenZ.

Was genau kann man damit machen und für wen ist sie gedacht?

OpenZ ist eine Standard ERP Software. Diese ist grundsätzlich für Unternehmen jeder Größe gedacht. ERP steht für Enterprise Ressource Planning (Planung von Ressourcen wie Mensch, Material, Kapital eines Unternehmens).

Aufgrund unserer eigenen Unternehmensgröße können wir sehr große Projekte natürlich noch nicht betreuen. Nach unten ist ein Einsatz von OpenZ genau dann sinnvoll, wenn es arbeitsteilige Prozesse gibt, also Informationen geteilt werden müssen oder Arbeit durch Automatisierung gespart werden kann.

OpenZ ist jetzt neben den diversen kleinen Unternehmen schon in einer ganzen Reihe von Branchen zuhause:

  • Online-Handel
  • Dienstleister, die Projekte machen
  • Anlagenbauer
  • Produzierende Unternehmen
  • Verleih
  • Reiseunternehmen
  • High Tec

Welche Besonderheiten gibt es bei OpenZ gegenüber den vielen Konkurrenz-Produkten?

Als USP’s gehen ja heute nur noch Kombinationen von….

Aber im Ernst:
Wir haben eine Unternehmenssoftware, die

  • Überall, weltweit auf (fast) jedem Gerät verfügbar ist, da sie im Browser läuft.
  • Kostenlos zu beschaffen und völlig offen, eben Open Source Software ist.
  • Sich absolut flexibel und kostengünstig an jedes Unternehmen anpassen lässt.
  • Mit dem riesigen Funktionsumfang aufwarten kann, den auch andere ERP-Systeme bieten.

Finden sich noch andere Produkte, die das so können?

Wie hat sich ihre Firma entwickelt?

Nun, im Jahre 2010 hab ich mich erst mal alleine an die Entwicklung gemacht. Es war natürlich in den ersten Projekten viel mehr als erwartet.

Dann kam der steinige Aufbau eines Startups ohne Kapitalgeber. Team aufbauen, Vertrieb versuchen, Erfolge haben, Projekte abschließen, dann in ein Loch fallen, Teile des Teams wieder entlassen.

Wir gewöhnten uns daran, mit vielen Problemen zu kämpfen und 2014 hatten wir dann einen Meilenstein erreicht, OpenZ ist ERP-System des Jahres geworden, die Situation hat sich seitdem stark gefestigt.

Wir haben jetzt eine stabil wachsende Userbase so um die 500 sind es Ende 2016, es gibt ein wachsendes Partner-Netzwerk.

Wo liegen die Vorteile einer Weblösung gegenüber Desktop-Software?

Eine Weblösung brauchen Sie nicht installieren, ein Browser reicht um diese zu bedienen. Und geht der Rechner, oder das Tablet kaputt, das Sie nutzen, egal. Gehen Sie einfach an einen anderen Rechner, loggen Sie sich ein und machen Sie mit Ihrer Arbeit da weiter, wo Sie aufgehört haben, ohne Datenverlust.

Außerdem lassen sich Weblösungen viel besser miteinander kombinieren bis hinunter zu den kleinsten Geräten. Nur Weblösungen sind von daher ausgelegt für Industrie 4.0 oder Internet of Things.

Wie sieht ihr Geschäftsmodel bei einer Open Source Software aus?

Die Software kostet nichts, wie ja schon erwähnt. Bei der Installation braucht man natürlich schon Fachkenntnisse aus der IT. Bei der Konfiguration/Grundeinrichtung des Systems sind dann Fachkenntnisse über OpenZ nötig.

Man kann sich jetzt mühsam durch die Doku wühlen oder „try and error“ ausprobieren und viel Zeit darauf verwenden. Oder man kann weiter sein Kerngeschäft ausüben und uns das überlassen. Unser Geschäftsmodell sind alle Dienstleistungen rund um OpenZ: Installation, Schulung, Customizing, Entwicklung.

Dazu kommt die Softwarewartung, sogenannte Updates – oder unser Rundum-Sorglos-Paket, der Cloud Service. Bei dem stellen wir Ihnen ein lauffähiges, immer aktuelles OpenZ im Web zur eigenen Nutzung bereit.

Warum sollte man überhaupt zur kostenpflichtigen Version greifen?

Jedes ERP-System braucht früher oder später Updates. Sei es, dass der Gesetzgeber sich neue Regeln ausdenkt, neue Standards sich etablieren (z.B. SEPA vor 2 Jahren) oder Sie einfach in den Genuss neuer Funktionalitäten in Ihrem System kommen wollen.

Beim Update müssen alle Ihre vorhandenen Daten migriert und in der neuen Version eingefügt werden. Genau dieser Mechanismus ist in der kostenpflichtigen Version enthalten.

Deshalb braucht man für die kostenlose Open Source Software trotzdem eine kostenpflichtige Software-Wartung, wenn man die Software professionell einsetzt.

Wo liegen die häufigsten Probleme von Selbständigen bei der Buchhaltung und der Kundenverwaltung?

Sie haben keine zentrale Datenhaltung über alle Systeme. Wenn Sie modern sind, haben sie eventuell die Kundenverwaltung bzw. CRM schon im Netz, aber welche Aufträge hatte der Kunde, wurden seine Rechnung bezahlt?

Wie ist die Marge bei den Projekten des Kunden? – Das kann man ohne ERP schlecht beantworten.

Dazu kommt dann meistens, dass die Buchhaltung komplett abgegeben wird – zum Steuerberater. Das heißt, nur dieser hat in seinem System die Kosten.(Lieferanten-Belege etc.) Das führt neben der ganzen Mehrarbeit dazu, dass der Steuerberater nur zeitversetzt sagen kann, wie es im Unternehmen aussah (GuV-Auswertungen usw.)

In seiner Software besteht keine Möglichkeit, ein vernünftiges Controlling aufzusetzen oder Finanzplanung in die Zukunft zu betreiben.

Welche Tipps haben Sie für Selbständige, damit diese nicht den Überblick über ihre Finanzen verlieren?

Schauen Sie sich nicht nur die Kontoauszüge alleine an, das kann täuschen. Wichtig ist es, die Kosten, die auf einen zukommen, zu kennen und einzuplanen. Man sollte seine offen Posten und deren Fälligkeiten kennen.

Ebenso ist es wichtig den Auftrags- und den Angebotsbestand zu kennen. Wann werden voraussichtlich Rechnungen in welcher Höhe geschrieben?

Mit diesen Zahlen kann man immer 2-3 Monate recht sicher in die Zukunft planen – Genug Zeit um zu agieren, wenn es notwendig ist.

Danke für das Interview

Peer Wandiger

5 Gedanken zu „Vom sicheren Job in die Selbstständigkeit – Interview mit dem Gründer von OpenZ“

  1. Vielen Dank für das Interview.
    Eine Frage an Herrn Zimmermann, Sie schreiben oben:
    “Nachdem ich die nötige Flexibilität und diverse Anpassungen für den deutschen Markt in Openbravo eingebaut hatte, gab es leider nicht die Möglichkeit, meine Entwicklungen wieder in Openbravo zurückfließen zu lassen.”.

    Aus welchem Grund konnten Sie Ihre Anpassungen nicht zurück in den Code-Teil von Openbravo fließen lassen?
    Openbravo steht derzeit unter der “Openbravo Public License”, welche wiederum auf der “Mozilla Public License” basiert.
    Lagen die Probleme in den Lizenzen begründet?

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  2. Bisher waren mir nur Pro Alpha und SAP bekannt. Den Ansatz einer Open Source-Lösung finde ich sehr gut. Offen ist die Usability, schließlich kämpfen Nutzer o.g. ERP-Systeme mit der häufig komplexen und nicht unbedingt einfachen Anwendung.

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  3. Danke für das Interview. Ich möchte in den nächsten Jahren auch den Schritt in die Selbständigkeit wagen. Eine Open Source Software muss ich mir in Zukunft wohl auch zulegen!

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