Viele Gründer und Selbständige bringen nicht nur Hoffnung, Motivation und Optimismus mit, sondern plagen sich ebenfalls mit Existenzangst herum.
Ob man als Selbständiger überhaupt Existenzangst haben muss, war das Thema beim Webmaster Friday Ende März.
In diesem Artikel gehe ich auf meine Erfahrungen mit Existenzangst und auf die Frage ein, ob diese vielleicht sogar hilfreich ist.
Natürlich freue ich mich auch auf euer Feedback.
Ist die Existenzangst bei Gründer und Selbständigen real?
Wer sich selbständig macht, geht ein gewisses Risiko ein. Den Chancen der Selbständigkeit stehen Risiken gegenüber.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass zumindest ein Teil der Selbständigen Sorgen hat, ob es finanziell klappen wird. Evtl. ist sogar Existenzangst vorhanden, falls man mit der Selbständigkeit scheitern sollte.
Doch die Frage ist, ob Existenzangst in Deutschland überhaupt angemessen ist. Schließlich bedeutet diese Formulierung wortwörtlich genommen, dass die eigene Existenz auf dem Spiel steht.
Nimmt man es so genau, dass muss man als Gründer und Selbständiger in Deutschland nicht wirklich Existenzangst haben. Schließlich werden Fachkräfte gesucht und eine soziale Grundsicherung ist im Notfall ebenfalls vorhanden, was schon mehr ist als in vielen anderen Ländern.
Allerdings ist es in der Praxis dann doch nicht so einfach. Zum einen definieren die meisten das Wort “Existenz” etwas anders. Es geht dabei mehr um den aktuellen Status quo, den man Angst hat einzubüßen. Wer mit seiner Selbständigkeit scheitert und dabei evtl. sogar größere Schulden (z.B. Investitionen in eine Geschäftsidee) anhäuft, kann das vorherige Leben meist nicht einfach so fortführen.
Insofern ist eine gewisse Existenzangst nachvollziehbar. Gerade ältere Selbständige und Gründer, die vielleicht schon ein Haus haben und sich auch sonst bereits etwas aufgebaut haben, werden von der Aussicht nicht auf der Straße schlafen zu müssen und zumindest eine Grundsicherung zu erhalten, nicht unbedingt beruhigt.
Hinzu kommt, dass es in Deutschland unter anderem durch Abmahnungen durchaus dazu kommen kann, dass man mit hohen finanziellen Forderungen konfrontiert ist. Auch das kann Folgen für das Privatleben haben.
Es hängt also recht stark von der eigenen Situation ab und welche Risiken man eingeht, gerade auch finanzieller Art.
Meine Erfahrungen
Ein gewisse Existenzangst habe ich in den ersten Zeit meiner Selbständigkeit auch verspürt. Im Nachhinein ist das vielleicht etwas übertrieben gewesen, da ich weder irgendwelche Investitionen getätigt habe, noch gab es andere besondere Risiken. Zudem konnte auf eine Familie bauen, die mich unterstützt hätte, wenn meine Selbständigkeit gescheitert wäre.
Aber dennoch verspürte ich eine gewisse Existenzangst, die vor allem meinen bisherigen Lebensstil betroffen hat. Wenn man Kinder hat, verstärkt dass natürlich auch etwas den Druck. Wenn man allein ist, trifft einen ein Scheitern eben auch nur allein.
Mit der Zeit hat diese Angst aber abgenommen und heute verspüre ich keine Existenzangst mehr.
Hilft Existenzangst?
Für mich persönlich war es aber eine nicht so schlechte Sache, dass ich eine gewisse Existenzangst verspürt habe. Diese war nie so groß, dass sie mich gelähmt oder deprimiert hätte.
Stattdessen hat mich diese noch mehr angetrieben mir etwas aufzubauen, Überstunden zu schieben und dran zu bleiben. Ist die Existenzangst also nicht zu groß, kann diese durchaus als Motivation dienen.
Ich habe selbst festgestellt, dass mich eine Kombination aus positiven Anreizen und einem gewissen Druck am meisten motiviert. Dieser Zuckerbrot und Peitsche Ansatz mag nicht für jeden funktionieren, aber bei mir war das eine gute Mischung.
Problematisch wird es dagegen, wenn die Existenzangst überhandnimmt und die eigene Gesundheit negativ beeinflusst. Burnout und Depressionen können durch eine zu große Existenzangst ausgelöst werden.
Um das zu verhindern, sollte man einen Schritt zurücktreten und die komplette Situation analysieren:
- Was kann im schlimmsten Fall passieren, wenn ich scheitere?
- Was kann ich statt der Selbständigkeit tun?
- Welche finanziellen Reserven habe ich?
- Wie kann ich die größten Risiken besser absichern?
- Wie sieht der familiäre Rückhalt aus?
Wenn man sich diese und andere Fragen stellt und ehrlich beantwortet, dann kommt man meist zu einem nicht so dramatischen Bild. Der Worst Case ist meist nicht so schlimm, wie es einem die Existenzangst manchmal vorgaukelt.
Und wenn man dennoch größere Risiken bei der Analyse entdeckt, gilt es diese einzudämmen und abzusichern.
Eure Meinung
Ich würde mich sehr über eure Erfahrungen und Meinungen zum Thema ‘Existenzangst in der Selbständigkeit’ freuen.
Gern könnt ihr auch an der folgenden Abstimmung teilnehmen.
- Danke für 16 tolle Jahre - 13. Juli 2023
- So erstellst du deine erste Newsletter-Mail in 10 Schritten mit CleverReach - 13. Juli 2023
- Die 5 besten Features des Amazon Affiliate WordPress Plugin – AAWP - 12. Juli 2023
Hi Peer,
mir ging es auch so. Zu Beginn war die Angst da, jetzt kann ich drüber lachen. Denn schließlich ist keine Festanstellung mehr sicher. Aber Angst kann definitiv ein guter Motivator sein. Bei mir hat’s geholfen, leider sehe ich auch Leute, die vor Angst in die Schreckstarre gehen und dann schnell wieder nach einem vermeintlich sicheren Job suchen.
Gruß
Sandra
Hi Sandra,
das hast Du schön gesagt. 🙂 Ich denke auch, dass das “Schreckstarre”-Problem ein Problem der deutschen ist. Um erfolgreich zu sein gehört auch das scheitern und danach natürlich das aufstehen. Und dann aus den gelernten Fehlern was besseres zu machen!
Beste Grüße
Andreas
Hallo Peer,
als ich mich selbständig machte (zusammen mit einem Kumpel) war ich noch Schüler und in der 11. Klasse. Damals hatten wir keine Existenzangst, denn es gab ja nichts zu verlieren.
Wir wohnten noch bei den Eltern und wollten einfach unseer Hobby zum Beruf machen.
Heute, 25! Jahre später bereue ich nichts. Es war damals der richtige Schritt und ich habe es geschafft, mein Hobby zum Beruf zu machen! Wenn ich mir jeden Monat unsere aktuellen Zahlen ansehe, bin ich natürlich schon froh, wenn der Monat mal wieder positiv war. Wenn das nicht der Fall ist, werde ich schon “nervös” – ich bin ja nicht nur für mich verantwortlich, sondern auch für unsere Angestellte, aber EXISTENZANGST habe ich nicht und hatte ich auch (fast) nie.
Den wichtigsten Punkt hast Du gut herausgearbeitet: Es ist nicht die Angst als Fakt an sich, sondern die verhaltensmäßigen Folgen bzw. der Umgang mit diesem Zustand, welche wichtig sind.
Lähmen existentielle Befürchtungen, dann kommen alle negativen Folgen auf einmal zum Tragen und man leistet nicht das, was eigentlich möglich ist. Treiben Bedenken an, dann geht man konzentriert und effektiv zu Werke.
Wobei vermutlich jeder das Ziel hat, diese negativen Gefühle mittel- oder langfristig loszuwerden.
Ganz wichtig finde ich zu dem Thema auch, sich an das anti-zyklische Handeln zu gewöhnen. Kennt man ja: wenn es läuft und man hat gut zu tun, vernachlässigt man gern mal ein wenig die Akquise und das fällt einem dann bald auf die Füße. Also auch bei brummenden Geschäften dran denken, dass das so bleibt 🙂
Sehr gute Punkte, die wohl fast jeder Selbständige kennt.
Wichtig ist aus meiner Sicht und aus der Erfahrung von inzwischen mehr als 10 Jahren Selbstständigkeit, sich auch in schwierigen Phasen nicht zu schnell entmutigen zu lassen – manchmal kommen viele negative Punkte auf einmal zusammen, damit muss man als Gründer/Selbständiger umgehen können (oder dies mit der Zeit lernen).
Das Gute daran: Umgekehrt ist es oft genauso und es folgen dann Phasen, in denen manches wie von selbst läuft 😉
Mh ich kenne diese Gedanken auch. Und gerade wenn man die Verantwortung für mehrere hat ist es echt schwer manchmal. Bei mir ist es füt nicht nur der druck sondern auch die Familie die mich zur Verzweiflung treibt. Beruf und Familie ist leider nicht oft gut unter einen Hut zu bringen. Aber ich denke wenn man es erst einmal geschafft hat ist man einfach nur Glücklich und die Familie auch.
Hi,
Ich bin Illustrator. Und wenn ich Existenzangst habe, orientiere ich mich an dem was mir noch Spaß macht. An Hobbies zum Beispiel. Und ich suche nach Impulsen, die mich aus alten Denkmustern rausholen, um wieder inspiriert an die Arbeit zu gehen.