LinkedIn: “Open to Work” eine rote Flagge für Personaler und Auftraggeber?

Mit dem “Open to Work” Rahmen über ihrem Profilbild können LinkedIn-Mitglieder signalisieren, dass sie auf der Suche nach einer neuen Herausforderung sind. Neben Wechselwilligen und Arbeitssuchenden machen davon unter anderem auch Freelancer und Agenturinhaber Gebrauch. Dabei wird die Nutzung von einigen Personalexperten höchst kritisch gesehen.

Der Open to Work Rahmen sei für Personaler “die größte rote Flagge”, zitiert CNBC den ehemaligen Google-Recruiter Nolan Church. Im Personalwesen gelte die Regel, dass die besten Mitarbeiter nicht auf Jobsuche sind und entsprechend auch nicht ihre Verfügbarkeit signalisierten.

Die ehemalige Amazon-Personalerin und heutige Karriereberaterin Lindsay Mustain ergänzt, für Personaler sei es wenig attraktiv, aktiv Jobsuchende zu adressieren. Sie wollen lieber das Gefühl haben, einen Kandidaten für sich zu gewinnen, als diesen vorgesetzt zu bekommen.

Erst im Juni 2020 führte LinkedIn die Möglichkeit ein, mit einem grünen Profilrahmen öffentlich die eigene Verfügbarkeit zu signalisieren. Schon vorher war es den Mitgliedern des Karrierenetzwerkes möglich, “versteckt” und nur für Recruiter sichtbar anzuzeigen, dass sie auf der Suche sind.

Doppelt so viele Anfragen mit “Open to Work” Rahmen bei Linkedin

33 Millionen LinkedIn Nutzer haben den Open to Work Rahmen aktuell im Profil. Mitglieder mit grünem Rahmen werden doppelt so häufig von Personalern angeschrieben wie Mitglieder ohne Rahmen, erklärte LinkedIn auf Anfrage von CNBC. Zumindest quantitativ ist die Warnung vor einer öffentlichen Zurschaustellung der Verfügbarkeit also nicht haltbar.

Auch im CNBC-Artikel bleibt die These nicht unwidersprochen. So weist eine Personalberaterin darauf hin, vor allem für kleinere Firmen ohne Budget für einen LinkedIn-Recruiter-Account mache der “Open to Work” Rahmen die Personalsuche im Karrierenetzwerk bedeutend einfacher. Ob der Banner abschreckend wirke, hänge vornehmlich von der Unternehmenskultur und den Präferenzen der Personalverantwortlichen ab.

Unabhängig vom Rahmen sei es bei LinkedIn vor allem wichtig, ein gepflegtes Profil vorweisen zu können. Mit einer Übersicht der geleisteten Jobs und Arbeiten und aktiver Teilnahme an Diskussionen ständen die Chancen auf Jobangebote ungleich besser als mit nur einer “Rumpfseite”.

Bei Freelancern und Agenturen ebenso zweischneidig

Was für Angestellte auf der Suche nach Veränderung und für Arbeitssuchende zutrifft, gilt im gleichen Maße für Freelancer und Agenturen. Einige signalisieren auf ihren persönlichen Profilen mit eine Tag Line ihre Verfügbarkeit (“ich helfe dir bei”, “Dein Partner für”, …), andere setzen alternativ oder zusätzlich den “Open to Work” Rahmen ein.  Und auch hier ist die mögliche Kehrseite einer allzu großen Zuschaustellung der Verfügbarkeit offensichtlich.

Als Auftraggeber habe ich lieber einen Dienstleister, der sich dank seiner Qualität vor Aufträgen kaum retten kann ich mich großzügigerweise dazwischen schiebt, als jemanden, der händeringend auf Auftragssuche ist (warum?). Ein psychologischer Umstand, den sich Dienstleister natürlich marketingseitig zunutze machen – man denke an “nur für kurze Zeit”, “nur noch wenige Plätze” und gleichartige Phrasen. Hier dürfte der Mittelweg optimal sein: Die eigenen Skills und Offenheit für Neugeschäft zur Schau stellen, ohne bedürftig rüberzukommen.

Johannes Haupt

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