Englisch zu bloggen ist für viele deutsche Blogger ein Traum. Schließlich ist das Leserpotential deutlich höher und damit auch die Erfolgsmöglichkeiten.
Doch es ist nicht so einfach, einen erfolgreichen englischsprachigen Blog zu führen. Man muss die englischen Sprache recht gut beherrschen, die Gepflogenheiten und Wünsche der Zielgruppe kennen und sich nicht zuletzt auch gegen eine große Konkurrenz behaupten.
Ich sprach mit Michael Preuß. Er ist WordPress-Programmierer und einer der drei Autoren hinter WPengineer.com.
1. Bitte stell dich und deinen Blog “WPengineer.com” meinen Lesern vor.
Mein Name ist Michael Preuß. Ich bin Webdesigner und arbeite ziemlich viel mit WordPress.
Ich blogge unter dynamicinternet.eu und international bei wpengineer.com.
2. Du betreibst den Blog nicht allein. Wer ist noch mit im Team und wie kam es, dass ihr den Blog zusammen gestartet habt?
Zum Team von WPEngineer.com gehören außer mir Frank Bültge und Alexander Frison.
Frank kenne ich schon sehr lange und wir telefonieren jede Woche, tauschen uns aus und brüten über Ideen. Alex kam über Frank mit ins Boot.
3. Wie kamt ihr auf die Idee zu WPengineer.com? Gab es Vorbilder oder war die Idee neu? Was ist das Ziel hinter WPengineer.com?
Ich hatte vor ca. einem Jahr die Idee, ein internationales WordPress Blog zu starten und habe das mit Frank besprochen.
Da wir beide für so ein Projekt nicht gut genug englisch können, war es halt nur eine Idee. Dann kam Alex aus den Staaten zurück nach Deutschland und wir sind durchgestartet. Vorbilder hatten wir keine.
4. Hattet ihr schon Erfahrungen mit englischsprachigen Blogs/Websites? Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen, wenn man als deutsch sprechender Blogger einen englischsprachigen Blog starten will?
Außer Alex hatte keiner von uns Erfahrung. Er hat 4 Jahre in den Staaten gelebt, er hat erfahren, wie die Menschen da leben und ticken. Sowas ist schon sehr wichtig.
Es kommt sicherlich darauf an, über welche Themen man bloggt. Über WordPress zu schreiben ist noch relativ einfach, da man meist nur irgendwelche Funktionen oder Snippets erklärt.
5. Wie verlief der Start von WPengineer.com und wie habt ihr den Blog bekannt gemacht? Welche Vermarktungsmaßnahmen waren besonders effektiv?
Wir haben eigentlich nichts dazu getan, außer ein wenig in unseren Blogs zu puschen. Der Rest kam von selbst.
Offensichtlich ist die Qualität unserer Beiträge gut, dass uns nach kurzer Zeit so viele Leute lesen.
6. Wie wichtig sind Social Websites, wie Digg und Co, für den Erfolg? Welche Erfahrungen habt ihr da gemacht?
Social Websites sind sehr wichtig. Über die Bookmarks bekommt man Besucher. Wir haben es ein paarmal bei stumbleupon auf die Startseite geschafft, da kommen schon mal 500 Besucher in einer Stunde.
Außerdem ist es schön zu sehen, wenn viele einen Beitrag bookmarken, dann scheint der ja nicht ganz schlecht gewesen zu sein.
7. Wie ist es dem Blog seit dem Start ergangen und wo steht er heute? Kannst du uns ein paar Zahlen nennen?
Nach dem ersten Monat, der etwas flau war, ging es eigentlich jeden Monat ein Stück bergauf und ein Ende ist nicht abzusehen.
Wir haben jetzt 100 Beiträge geschrieben, 15000 Besucher im Monat mit 25000 Seitenaufrufen und 1400 Feedleser.
Wir sind im Planet Ozh, Smashing Magazine, Blogherald und Lorelle zitieren uns regelmäßig. Wir werden von den WordPress Core Entwicklern gelesen, die auch ab und zu mal kommentieren.
8. Was ist das Geschäftsmodell von WPengineer.com? Verdient ihr mit diesem Blog Geld?
Geld verdienen wir im Moment keins. Aber das ist auch nicht das Ziel von WPEngineer. Mir war es wichtiger, eine internationale Plattform zu schaffen, mit der man viel mehr Nutzer erreicht als nur in Deutschland.
Diese kann man natürlich super für seine eigenen Projekte nutzen. Alex ist Partner bei Sergej Müllers wpSEO* Plugin und ich entwickle ein kommerzielles WordPress Theme, was weltweit einmalig sein wird. Dafür ist so eine Plattform Gold wert.
Wir haben jetzt ein paar Bannerplätzte in der Sidebar. Wenn es ein paar Dollar bringt, ist es ok. Es ist aber wie gesagt nicht unser Ding, deswegen zu bloggen.
9. Der Blog ist ja recht erfolgreich. Wie geht ihr mit der Konkurrenz um und wie stark ist diese? Gab es schon Ärger mit Content-Klau oder ähnlichem?
Konkurrenz, hm… Keine Ahnung. Es gibt viele große Seiten, die über WordPress berichten wie WPCandy oder WPHacks und Weblog Tools Collection, aber als Konkurrenz sehen wir die nicht. Ich glaube auch, das ist mehr ein deutsches Denken. Jeder macht seinen Job so gut er kann.
Contentklau ist natürlich ein Thema. Ich sehe jeden Tag Trackbacks von Seiten, die unser Feed klauen, nach ein paar Tagen oder Wochen sind die weg und es kommen neue Seiten. Dagegen ist man machtlos.
Wir hatten auch mal Ärger mit einem Typ, der unsere Codebeispiele zu Daily Recieps verarbeitete und nicht mal supporten konnte. Nach ein paar Mails hat er dann Besserung versprochen.
10. Nutzt ihr Twitter? Wenn ja, warum und was sind die Vorteile von Twitter?
Wir nutzen Twitter für viele unserer Leser als zusätzlichen Service, da sie über die neuesten Beiträge über Twitter informiert werden wollen.
Ansonsten eigentlich wenig, dafür fehlt uns aber auch die Zeit. Ist nicht böse gemeint, das Netz besteht aus Geben und Nehmen, aber wir brauchen ja auch noch Zeit zum arbeiten und um Beiträge zu schreiben. ;)
11. Dein ultimativer Tipp für den Start eines englischsprachigen Blogs?
Wenn Du das Zeug dazu hast, tu es einfach.
Danke Michael für deine Antworten.
“Englisch bloggen ist nicht schwer, ein erfolgreicher englischsprachiger Blogger sein dagegen sehr. :-)
Dieses etwas frei übersetze Sprichwort ist sicher auch in diesem Fall gültig. Grundsätzlich kann ich Michaels letzter Antwort nur zustimmen. Da stellt sich aber die Frage, woher weiß ich, ob ich das Zeug dazu habe.
Hier gibt es nur 2 Dinge, die ich raten kann:
- 1) Sich selber ehrlich hinterfragen. Hab ich das Know How, um über dieses Thema zu schreiben? Kann ich englisch in einem ausreichenden Maß? Halte ich es langfristig durch, auf englisch zu bloggen.
- 2) Testen. Theoretische Vorüberlegungen sind wichtig. Ob man es wirklich schafft, wird man erst merken, wenn man schreibt. Die ersten englischen Artikel werden wahrscheinlich noch schwer fallen und man wird viel Zeit brauchen. Aber meist geht es dann schneller und man wird sicherer.
Im Internet-Bereich ist es meist etwas einfacher auf englisch zu bloggen. Das liegt daran, dass sowieso viele Fachbegriffe aus dem Englischen stammen und man da nichts übersetzen muss.
In anderen Themenbereichen kann das schon deutlich anders sein. Und ehe man sich mit Übersetzungen blamiert, die keiner versteht, sollte man sich mit dem Thema auf englisch beschäftigen. Also englische Blogs zu diesem Thema lesen und evtl. das ein oder andere englischsprachige Fachbuch lesen.
Hat man ein Gefühl für die englischen Fachbegriffe und die Tonart der Zielgruppe, dann kann es losgehen.
Gerade im englischsprachigen Raum spielen Social Websites eine große Rolle. Websites wie Digg.com, StumbleUpon.com, Sphinn.com und andere liefern hunderte, teilweise sogar tausende Besucher.
Ich werde in einem kommenden Artikel mal auf die wichtigsten englischsprachigen Social Websites eingehen und wie man diese nutzen kann.
Interessant finde ich auch noch das Thema “Monetarisierung”. Affiliate Marketing macht im englischsprachigen Web sicher Sinn. Vor allem dann, wenn es sich um ein thematisch passendes Programm handelt.
Und auch Bannerwerbung verkauft sich im englischen Bereich oft besser. Da sind solche Werbeformen oft verbreiterter, als unter deutschen Firmen.
Ganz wichtig ist es aber zu erkennen, dass es gerade bei Expertenblogs oft die bessere Wahl ist, Dienstleistungen zu verkaufen. Also nicht den Blog mit Werbung füllen, sondern einen Ruf als Experte für ein Thema aufbauen. Das bringt dann oft lukrative Kontakte und Aufträge.

Oliver meint
Die Entwicklungen der Monetarisierung vor allem im englischsprachigen Raum sind enorm. Ich überlege derzeit meinen Blog so umzugestalten das er in zwei Versionen online geht. Also das ich den deutschen Artikel ins englische Übersetze. Werde das ganze in den kommenden Monaten antesten und darüber berichten.
Gruß
Oliver
Alexander Langer meint
@Oliver:
Die Idee hatte ich auch schonmal zusätzlich auch auf Englisch zu bloggen. Genau genommen habe ich das sogar eine ganze Weile lang gemacht. Zunächst fachspezifisch aus Sicht eines Java-Entwicklers und parallel auch privat / sonstig. Im Grunde ist das aber schon lange tot. Mein letzter Post auf meinem englischen Blog ist vom 7. Oktober 2007 …
Vor ein paar Wochen habe ich dann aus Jux und Dollerei mal einen englischen Post in mein deutsches Blog eingeschoben. Da ich die letzten Wochen und Monate wieder vermehrt und stetig steigend englisch korrespondiere, überlege ich auch vllt. wieder “richtig” loszulegen. Als Web-Entwickler ist man bei den meisten Projekten auf Englisch viel näher am Geschehen und so langsam komme ich auch wieder in den Groove.
Nur wenn ich mit Indern telefoniere, die nen heftigen Akzent habe, dann krieg ich noch so meine Problemchen, weil ich dann seltsamerweise auch anfange etws zu stammeln und zu stottern.. :D
Frage ist nur, wie ich es aufziehen würde. Ich könnte den englischen Blog parallel laufen lassen und inhaltlich unabhängig laufen lassen von meinem deutschen. D.h. ich muss nicht zwingend auf beiden Blogs dieselben Artikel haben. Eine andere Möglichkeit wäre beide zusammenzufassen. Der Import von WordPress nach Drupal ist möglich und in einem Drupal System hätte ich die Möglichkeit multilinguale Inhalte zu haben…
Muss ich mich mal in einer ruhigen Minuten (also in zwei Jahren oder so ;) ) eingehender mit befassen.
Blog Drauf meint
@Oliver, ich betreibe meinen Blog auch auf englisch http://notaniche.com und deutsch. Es ist schon eine Heidenarbeit, besonders weil man den deutschen Beitrag geschrieben hat und denkt man ist fertig und dann muss man aber noch die englische Übersetzung machen. Da ist Ausdauer und Durchhalten gefragt, da muss man manchmal seinen Schweinehund überwinden. ;)
Oliver meint
Vielen dank für die Antworten. Ich kann mir denken das es extrem zeitaufwendig ist. Aber eine Blog Internationalisierung sollte auch bei dem richtigen Themen eine überdurchschnittliche höhere Monetarisierung herbeiführen. Gerade im Adsense Bereich zahlen viele englischsprachige Anbieter mehr als die knauserigen deutschsprachigen Anbieter. Wenn jemand mehr Erfahrungen aus den Bereichen mit englischsprachigem Adsense oder Direktvermarktung hat und einen Artikel darüber schreiben will, ich wär Leser und Feed-Abonnent Nummer 1 :)
Gruß
Oliver
Frank meint
@Mich: hier liest man, warum wir es gestartet haben; wir ticken einfach in vielen Bereichen gleich und der Spaß steht im Vordergrund, nicht das Geld
Niklas meint
Sehr interessantes Interview. Dass in Amerika die Blogosphäre um Welten umfangreicher ist, ist ja bereits bekannt. Immer wieder interessant finde ich die Tatsache, dass Social Websites in den USA so viel Traffic ausmachen. Nächster Anlaufpunkt ist ja dann schon Facebook.
Trotz dessen holt Deutschland von Monat zu Monat auf :)
Micha meint
@Frank, so sollte es eigentlich rüberkommen ;)
Badrat meint
Wir haben es selber schon mit unserem Blog versucht, aber es hatte nicht viel Erfolg da das denken über das Thema Bad einfach in anderen Ländern total anders ist wie in Deutschland, z.B. in England interssiert sich kaum jemand für ein tolles Design im Bad, dort ist immer noch schlichtes und einfaches im rennen. Man muss also ein gutes Thema haben um auch international erfolgreich zu sein.
Blog Drauf meint
@Niklas,
die englische Blogosphäre bezieht sich längst nicht nur auf Amerika. Das ist manchmal auch eine falsche Denkweise manch einer. Wir haben Kommentare aus der ganzen Welt, Asien, Australien, Südamerika, oder Europäer und somit auch viele Deutsche, die unser Blog lesen. Die ganze Welt liest mit. Da kann keine andere Sprache gegen angehen. Aber wie Frank schon sagte, der Spaß an der Sache ist der Hauptgrund, deswegen schreibe ich auch auf meinem privaten auch auf Englisch, mit dem ich keine Müde Mark verdiene.
Aber wer es ausprobieren will, der sollte sich vor den Mühen nicht scheuen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. :)
SantaCruze meint
Habe mittlerweile auch eine Englische Variante meines Blogs angefangen , aber Google weigert sich bislang , diese zu indexieren , trotz einiger Links bereits. Hoffe mal das die nächste Woche endlich die Website im Index landet und dann werd ich ja sehen , ob sich die Englische Version lohnt.
Martin meint
Ich bin mittlerweile im 4. Jahre mit meinem englischen Blog und muss sagen das man auch vieles mit der Zeit lernt. Meine Sprachkenntnisse haben sich sehr verbessert, man lernt häufig auftretende Fehler zu vermeiden und merkt das es meist gar nicht so schlimm ist mal nen Fehler zu machen.
Ich vergleiche English – Deutsch immer mit Neuzeit – Mittelalter. Deutschland holt auf; Vielleicht ist das richtig aber es dauert noch ein paar Jährchen bis der heute Stand im englischen Raum erreicht ist.
Zu Digg und co: Ein Frontpagelink bedeutet in der Regel einen Jumpstart für ein neues Blog. Traffic im Zehntausernderbereich keine Seltenheit. Profis lieben vor allen den Backlinkeffekt der dadurch entsteht. Man glaubt gar nicht wieviele Blogs über Digg ihre Themen abgreifen.
Vergütung sieht auch viel besser aus. Vor allem im cpm Bereich gibt es mehr Auswahl und vor allem auch einige hochkarätige Anbieter.
Mein Tipp: Einfach starten und gucken was draus wird. Hilfreich ist es möglichst schnell ein Netzwerk von Bloggern aufzubauen die sich untereinander helfen. Dort kriegt man oft die besten Tipps und die Möglichkeit Projekte gemeinsam zu betreuen wird wahrscheinlicher.
Die meisten größeren Blogs (so 1 Mio plus im Monat UV) haben mehrere Schreiberlinge die für ihre Arbeit dann bezahlt werden.
Falls noch fragen sind bin ich gerne bereit in bestimmten Bereichen mein Fachwissen zu teilen ;)