Startup-Erfahrungen im Silicon Valley und Tipps für Gründer – Interview mit ‘Dress and Friends’

In meinem heutigen Interview spreche ich mit dem Gründer eines recht erfolgreichen Startups.

Dabei geht es unter anderem um die Idee und die Umsetzung, aber auch über seine Erfahrungen im Silicon Valley und die Investorensuche.

Neben interessanten Einblicken gibt es viele gute Tipps, die auch für deutsche Gründer nützlich sind.

Guten Tag Herr Römer. Bitte stellen Sie sich meinen Lesern vor.

Ich heiße Markus Römer, bin 28 Jahre jung und Gründer aus Leidenschaft. Als Co- Gründer und Geschäftsführer der Dressandfriends GmbH stelle ich mich aktuell der spannenden Aufgabe die führende Plattform im Bereich Fashion und Lifestyle aufzubauen.

Dress and Friends – The Fashion Network ist ein virtueller Kleiderschrank, eine soziales Netzwerk und gleichzeitig ein Marktplatz für neue und Secondhand Kleidung.

Welche Erfahrungen konnten Sie bisher im Online-Business sammeln?

Angefangen habe ich bereits während meines Studiums, wobei damals fokussiert auf den Bereich Online-Marketing. So habe ich als Dienstleister diversen Unternehmen geholfen die Kanäle und Möglichkeiten des Internets zu nutzen, um Reichweite aufzubauen und natürlich Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen.

Als Co- Gründer von locay.de trat ich dann die Stelle als ‘Leitung Marketing’ an, sodass ich die Schwierigkeiten und Herausforderungen eines Online-Startups direkt miterleben und lösen durfte. Zudem konnte ich sehr viel zum Thema Unternehmensaufbau und Skalierung lernen.

Wie kamen Sie auf die Idee zu dressandfriends.com?

Unsere Co-Gründerin Regina Spät hatte das Problem morgens vor der Arbeit zu viel Zeit vor dem eigenen Kleiderschrank zu verbringen, bis letztendlich das passende Outfit gefunden wurde. Und da dieses Problem wahrscheinlich in fast jedem Haushalt vorherrscht, kam mir die Idee es zu lösen.

Parallel konnte ich beobachten, dass sehr viele Menschen Kommunikationsplattformen wie Facebook, Whatsapp, Instagram, etc. nutzen um sich inspirieren zu lassen, aber auch um sich direkt auszutauschen. Jetzt noch ein „gutes“ Geschäftsmodell finden und los geht´s!

Wie verlief die Umsetzung von dressandfriends.com? Gab es Herausforderungen und wie wurden diese bewältigt?

Nachdem wir mit Regina Spät beschlossen hatten das Projekt zu starten, haben wir zunächst die notwendigen Schlüsselrollen identifiziert und ein Team aufgebaut. So konnten wir mit Daniel Kloss einen erfahrenen Sales-Experten, mit Sebastian Loth einen erstklassigen ITler und mit Narjeet Soni eine Fachkraft im Bereich Apps und Lean-Ansatz überzeugen und loslegen.

Die erste Herausforderung dabei war die notwendige Finanzierung aufzustellen, um das Unternehmen zu gründen. Es wurden Autos, Gitarren, Fernseher verkauft und teilwiese die drei „F“s (Family, Fools, Friends) in Anspruch genommen, jedoch musste zeitgleich mit der Ansprache von potentiellen Investoren begonnen werden.

Die zweite Herausforderung lag darin, das Produkt zielführend und kostengünstig zu gestalten und anschließend in der Zielgruppe zu platzieren. Hier verfolgen wir nach wie vor den „Lean- Ansatz“, sodass wir beispielsweise stets unsere User und deren Meinung bzw. Wünsche berücksichtigen.

Wenn man dann mal eine erste Version veröffentlicht, gilt es als Startup die Ressourcen für Marketing gezielt und effektiv zu nutzen. Dementsprechend haben wir versucht die für uns besten Kanäle zu finden und effektiv zu nutzen. Beispielsweise ist es immer sinnvoll PR zu generieren, um ein Grundrauschen zu erhalten.

Na ja und wie das nun mal ist, stellen wir uns täglich neuen Herausforderungen und Aufgaben. Prozesse werden geschaffen und optimiert, neue Leute ergänzen das Team, das Büro wird größer, weitere Investitionsrunden werden geplant oder die Community wächst. Das gute ist, dass es mit der steigenden Erfahrungskurve immer weniger Zeit benötigt, um Probleme zu lösen und voran zu schreiten.

Wie wurde der Service bzw. die App bekannt gemacht?

Wir konnten in einer sehr frühen Phase vielversprechende PR generieren. So haben beispielsweise RTL Explosiv Weekend oder die ComputerBild über uns berichtet. Vor allem der TV- Beitrag hat einen ziemlichen Schub ausgelöst. Wir haben zeitweise bis zu 10.000 Server Request pro Sekunde verzeichnet.

Dann nutzen unsere App vor allem Menschen, die sich austauschen wollen, d.h. wir erkennen bereits heute eine virale Wachstumsrate. Leute empfehlen unser App und laden über integrierte Funktionen Freunde ein.

Die registrierten Labels und Retailer teilen Ihren Kunden mit, dass Sie auch auf Dress and Friends aktiv sind, sodass auch hier immer neue User generiert werden.

Auch nutzen Fashion Blogger die Plattform, um Ihren Kleiderschrank und Outfits zu teilen.

Welche Rolle spielt PR und wie haben Sie für Aufmerksamkeit gesorgt?

PR ist wahrscheinlich, sofern das eigene Produkt „PR-fähig“ ist, das wichtigste Instrument für ein Startup. Die Kosten sind überschaubar und der Erfolg zahlt sich definitiv aus.

Zum einen ist es immer gut, wenn man über ein Medium, bzw. einen Multiplikator empfohlen wird, zum anderen hat man in der Regel in einer so frühen Phase kaum oder kein Marketingbudget.

PR ist eigentlich immer wichtig. Auch heute bemühen wir uns präsent zu sein und die richtigen Medien zu nutzen, um unsere Zielgruppen zu erreichen. Nicht zuletzt da eine Empfehlung immer anders wahrgenommen wird, wie eine „klassische“ Marketingmaßnahme.

Sie konnten kürzlich Erfahrungen im Silicon Valley sammeln. Was sind die wichtigsten Unterschiede zum Gründen in Deutschland?

Erstmal gibt es keine Unterschiede was das „Gründen“ angeht. Das heißt der Weg ist eigentlich der gleiche und dementsprechend müssen Gründer die gleichen Qualitäten mitbringen wie hier.

Gleichzeitig herrschen dort natürlich andere Umstände und eine grundsätzlich andere Startup Mentalität. Und dieser Erkenntnis muss man sich stellen. Investoren investieren pauschal viel früher und mehr Kapital, Startups entstehen täglich und zwar ziemlich viele, Ideen werden früher und viel schneller umgesetzt und der US Markt ist riesig.

Um m.E. am US Markt als „Internet Unternehmen“ erfolgreich zu sein, muss man sich vor allem darüber bewusst sein, dass es sich um einen viel länger bestehenden Markt handelt. Der Eintritt ist schwierig und man braucht eine klare Strategie, sowie bestenfalls ausreichend Ressourcen und „Türöffner“. Wenn man dann aber mal einen Einstieg erlebt hat, dann geht´s erst richtig los.

Eine wichtige Erfahrung war zu lernen, dass es sehr stark auf das richtige Timing ankommt. Wir waren beispielsweise bereits über den „Ideen Status“ hinaus und damit für dortige „Early Stage“ Investoren uninteressant. In Deutschland aber waren wir gleichzeitig nicht weit genug für den einen oder anderen Investor.

Auch muss man selbstbewusst und zielstrebig auftreten können, das heißt nicht nur die Idee, sondern vor allem die Menschen dahinter müssen überzeugen. Das ist wahrscheinlich zunächst wichtiger, als Zahlen und Fakten.

Sie waren auf der Suche nach Investoren. Warum und wie stellt man das im Silicon Valley am besten an?

„You should talk!“ – ist das klassische und beste Intro was man erhalten kann. Eine persönliche Empfehlung ist zumindest bei den namhaften Investoren Pflicht. Diese kann natürlich auch über den Markt oder die Presse erfolgen, das heißt, wenn man quasi nicht mehr an einem vorbeikommt, jedoch ist man bereits so weit, dann wird die Investorensuche wahrscheinlich nicht so schwierig ausfallen.

Als neues Startup gilt es sich im Silicon Valley in die Szene zu integrieren und zu Netzwerken. Es finden täglich Veranstaltungen, Kongresse und Meetups statt. Und ja es gibt sogar die Chance den ein oder anderen Investor an der Ecke im Café zu treffen.

Man sollte seinen „Pitch“ beherrschen und am besten pausenlos pitchen. Man sollte sein Netzwerk durchforsten und jeden mit dem man spricht fragen, ob er nicht noch jemanden kennt, der jemanden kennt, etc. Es gilt sich und sein Produkt zu präsentieren!

Geht es überhaupt ohne Fremdkapital? Worauf sollte man dabei achten?

Es gibt sehr viele Startups, die ohne Fremdkapital auskommen. Ich denke es hängt immer von dem Geschäftsmodell ab. In unserem Fall ist das oberste Ziel schnell bekannt zu werden und Wachstum zu generieren. Hier ist beispielsweise Fremdkapital sinnvoll, aber wenn Fremdkapital, dann am besten strategische Investoren.

Es ist wichtig Investoren zu finden, die einem strategisch weiterhelfen können und natürlich zur jeweiligen Unternehmensphase passen.

Welche wichtigen Erfahrungen nehmen Sie aus dem Silicon Valley wieder mit nach Deutschland?

Kenne deinen Wert und den deines Unternehmens, wobei die Nachfrage den Wert bestimmt. Wir haben gelernt uns ein- und wertzuschätzen. Nicht der Investor bestimmt meinen Preis, sondern der Erfolg meines Projekts, die Personen dahinter sowie die Nachfrage.

Glücklicherweise konnten wir in diversen Gesprächen überzeugen und das ein oder andere Angebot von US Investoren erhalten, sodass wir letztendlich mit einem anderen Bewusstsein zurück nach Deutschland gekommen sind. Wir haben uns zwar am Ende aus strategischen Gründen gegen ein US Investment (und glauben Sie mir, nicht weil das Angebot zu „schlecht“ war) entschieden, aber wer weiß was die Zukunft bringt.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Erstmal gilt es das Unternehmen und die bestehenden Prozesse, aber auch das Produkt weiterzuentwickeln, sowie in Europa zu expandieren. Unsere App wird bereits in über 10 Ländern genutzt, jedoch besteht natürlich sehr viel Wachstumspotential.

Auch schielen wir bereits nach „Übersee“ und Asien. Mit den anstehenden Veröffentlichungen wird das Produkt sehr viel attraktiver und damit hoffentlich „virales“ Wachstum auf internationalen Ebene entstehen.

Des Weiteren starten wir demnächst mit der Akquise von Labels und Retailern, die unsere Plattform als weiteren Absatz- bzw. Reichweiten Channel nutzen.

Wir stehen übrigens grundsätzlich Investorengesprächen offen gegenüber, das heißt sollte dieses Interview zufällig einem „Interessenten“ in die Hände fallen. 🙂

Zum Schluss würde ich mich über ihre wichtigsten Tipps für deutsche Startups freuen.

  • Gründe im Team und versuche alle Schlüsselrollen frühzeitig zu besetzen. Hier kann auch ein Advisory Board helfen.
  • Netzwerke mit Startups, Investoren, Medienvertretern, Universitäten, Institutionen, Bloggern, Kunden und auch mit deinen „Feinden“. 🙂
  • Wenn du willst, dass man positiv über dich oder dein Produkt spricht, dann sorge dafür, dass andere über dich sprechen und spreche nicht selbst über dich – PR!

Danke Herr Römer für das interessante Interview

Peer Wandiger

3 Gedanken zu „Startup-Erfahrungen im Silicon Valley und Tipps für Gründer – Interview mit ‘Dress and Friends’“

  1. Wir waren vor paar Monaten in silicon Valley und konnten sehr viele Neugründer kennenlernen. Dort bekommst du als Neugründer mehr Aufmerksamkeit als in Deutschland. Investoren sind auch etwas lockerer als hier. 🙂

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