Auftrags-Flaute – Wie Du relaxed damit umgehst und neue Kunden findest

Ob saisonal bedingt oder einfach, weil die letzten Projekte abgewickelt sind, sobald die gefürchtete Auftrags-Flaute in Sicht ist, verfallen viele Selbständige in blinden Aktionismus.

Wie kontraproduktiv diese Handlungsweise ist und wie Du tatsächlich entspannt mit Auftrags-Flauten umgehen kannst, darüber schreibe ich im Folgenden.

Wo fängt für Dich die Auftrags-Flaute an?

Für den einen reicht es, wenn er alle Fixkosten erwirtschaftet hat, der andere wiederum sieht die Flaute bereits in zu viel ungenützter Zeit. Doch ist Zeit und Geld wirklich der Maßstab, an dem sich ein Auftrags-Tief festmachen lässt?

Gerade bei hochpreisigen Angeboten ist das ganz sicher nicht der Fall. Schnell ist ein „Notgroschen“ erwirtschaftet, der Dich locker über die nächsten Wochen bringt.

Doch besonders für Jungunternehmer und Existenzgründer stellt die erste Auftrags-Flaute ein echtes Horror-Szenario dar: Es fehlt möglicherweise das Geld auf der hohen Kante und auch die eigene Bekanntheit ist noch nicht so ausgereift, dass darauf die Kundenakquise aufgebaut werden kann.

Welche ungeahnten Chancen die Auftrags-Flaute birgt

Bei dem Blick auf fehlende Projekte und Kunden übersehen viele Unternehmer einen entscheidenden Punkt: Wie so ziemlich überall im Leben wechseln sich auch im Job die Phasen wellenartig ab. Nach einer stressig-arbeitsreichen Hochphase sollte die nächste Phase mit weniger Arbeit eine willkommene Zeit sein, um unter anderem Liegengebliebenes aufzuarbeiten.

Aber das ist nicht alles. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt für Dich, einen Rückblick zu wagen. Analysiere die vergangenen Wochen und Monate:

  • Was ist besonders erfolgreich gelaufen – und vor allem warum?
  • Was waren die entscheidenden Aspekte, die diese Projekte erfolgreich machten?

Aber auch genau umgekehrt:

  • Welche Gründe stecken dahinter, dass andere Projekte nicht zum Abschluss kamen?
  • Fehlt es Dir möglicherweise in manchen Bereichen an unternehmerischem Geschick, Verhandlungstalent, Selbst- oder Zeitmanagement?

Welche Zeit wäre dann perfekter geeignet als die jetzige Auftrags-Flaute, um genau an diesen Skills zu arbeiten und Deinen Umgang mit Klienten und Projekten auf die nächste Stufe zu heben?

Gut vorgearbeitet verringert Durststrecken

Gerade Jungunternehmer übersehen bei den Projekten einen wichtigen Punkt: Bis es tatsächlich in die Umsetzungsphase kommt, sind oft viele Klärungen nötig, die sich teilweise über Wochen, manchmal auch Monate hinziehen.

Wenn Du erst startest, wenn die Auftrags-Flaute bereits in Sicht ist, ist eine Durststrecke regelrecht schon vorprogrammiert. Teil Dir Deine Zeit auch in den Hoch-Phasen so ein, dass immer auch Zeit für Neuakquise eingeplant ist. Ob in dieser Zeit Akquisegespräche laufen oder mit frisch gewonnenen Neukunden die Details besprochen werden, liegt in der Entwicklung dieser Gespräche (und natürlich dem Potential des neuen Projekts). So kannst Du jedoch sicherstellen, schnellstmöglich in die Umsetzungphase zu kommen.

Einen weiteren, entscheidenden Vorteil hat diese Vorgehensweise: Wenn Du direkt in den Startlöchern für ein neues Projekt stehst, spricht dies in den Augen Deiner Klienten nicht gerade für Erfolg. Einen Klienten jedoch wenige Tage zu vertrösten, um den bisherigen Auftrag abzuwickeln, spricht dafür, dass Du gut ausgelastet bist. (Was sich sicher nicht auf jede Branche übertragen lässt, aber auf viele).

Durststrecken finanziell einplanen

Auch das gehört zu erfolgreichem Unternehmertum dazu: Kalkuliere Deine Preise derart, dass Du für Zeiten der Auftrags-Flaute genügend Reserven hast. Dazu mag gehören, sich selbst weniger über den Preis als über Service und Produkt/Dienstleistungspalette in den Verhandlungen zu profilieren.

Es ist ein Mythos, dass nur noch die „Geiz ist geil“-Mentalität zählt. Der Hauptaspekt in den Verkaufsentscheidungen bestimmt Sympathie – und diese lässt sich hervorragend erreichen, wenn Du weißt, wie Du auf die Nöte Deiner Kunden lösungsorientiert, zuverlässig und zügig eingehst. Was nützt ein ultra-günstiger Handwerker, der nicht zuverlässig Termine einhält oder dessen Arbeit ständig nachgebessert werden muss? Punkte mit Qualität, Service und Du verkaufst unabhängig vom Preis.

Auch Unternehmer brauchen Aus-Zeiten

So sehr Du auch für Deine Visionen und Deine Projekte brennst, gerade Unternehmer und Selbständige sind nicht gefeit gegen Burnout. Im Gegenteil: Die Verantwortung, die auf Dir liegt, die nicht geregelten Arbeitszeiten, der Erfolgs- und Leistungsdruck ist ungleich höher als bei jedem Angestellten.

Solltest Du also gerade eine stressige Hoch-Phase hinter Dir haben, schalte ganz bewusst mal ein paar Gänge runter. Genieß Zeit mit Freunden und Familie, geh Deinem Lieblingshobby nach, das während der Hochphase sträflich vernachlässigt wurde und tanke neue Kraft. Du wirst sie sicher in der nächsten Aufstiegs-Phase wieder benötigen – und die eigene Kreativität wird auch wieder gestärkt.

Folgeaufträge zufriedener Kunden

Nicht immer kommen sie von alleine: Ein Klient ist zwar von Deinem Produkt, Deiner Dienstleistung oder Deinem Konzept begeistert, doch nach abgeschlossenem Auftrag herrscht zufriedene Funkstille.

Das muss nicht sein! Du hast den Kunden und seine Nöte kennengelernt. Mach Dir Gedanken darum, inwiefern die bisherige Allianz ausgebaut werden kann.

Für Web-Designer könnte das heißen, nach der Homepage auf gezielte Kampagnen mit Landing-Pages hinzuarbeiten. Warum nicht einen Co-Worker aus dem Texter-Bereich mit ins Boot holen und auf diese Weise Deinem Kunden ein All-in-One-Konzept anbieten?

Aber auch im Handwerk gibt es Möglichkeiten eine Auftrags-Flaute schon lange vorher zu füllen: Mit sogenannten Abo-Leistungen. So kann die Heizungsfirma die jährlich fällige Thermen-Prüfung als monatliche Voraus-Zahlung anbieten. So verteilt sich für den Kunden auf erträgliche Weise der Kostenfaktor, und der Handwerker kann jeden Monat auf ein fixes Einkommen blicken, auch ohne vor Ort tätig gewesen sein zu müssen.

Entwickel neue Angebote

Wenn Du Deinen Klienten aufmerksam zugehört hast, solltest Du erkannt haben, inwiefern sich Dein Angebot tatsächlich mit deren Problemen deckt – und hast einen perfekten Ansatzpunkt, neue Angebote in Dein Programm aufzunehmen.

Möglicherweise sind auch hier Kooperationen nötig. Umso besser: Diese Synergie-Effekte helfen beiden Seiten und bringen den Kunden einen gewaltigen Strauß an Vorteilen.

Schau über den Tellerrand

Da ist er, der Leerlauf und für viele fühlt es sich komisch an. Doch wenn Du jetzt mal die Zuschauerrolle einnimmst, kannst Du wertvolle Erkenntnisse für Dein zukünftiges Vorgehen erhalten: Schau Dir Deine Mitbewerber, deren Produkte/Dienstleistungen, Neuerungen, aber auch deren Auftritte an. Was hat sich verändert und wie erfolgreich sind diese Vorgehensweisen?

Schau aber auch über den regionalen Tellerrand hinaus: Analysiere, welche Trends in anderen Ländern entstehen, die Dein Metier betreffen? Wenn Du es geschickt anstellst, kannst Du auf diese Weise frühzeitig auf einen Zug aufspringen, den Deine Mitbewerber vor lauter Aufträgen noch längst nicht sehen.

Chancen und Konsequenzen

Besonders bei Jungunternehmern sollte eine Auftrags-Flaute genutzt werden, um die eigenen Möglichkeiten neu zu überdenken.

  • Ist die bisherige Herangehensweise so Erfolg bringend gewesen wie geplant?
  • Wenn nicht, warum? Was könnte anders gemacht werden?

Aber auch ganz realistisch:

  • Ist es das richtige Projekt?
  • Ist die Nische richtig gewählt?
  • Wie steht es um die Zielgruppe? Wäre es einen Versuch wert, das Projekt auf eine komplett andere Zielgruppe auszurichten?

Für manche kann es auch durchaus bedeuten, sich übergangsweise einen Mini-Job zuzulegen. Das ist alles kein Beinbruch. Schlimmer ist es, mit der gefühlten eigenen Bedürftigkeit Verhandlungen zu führen. Das spürt Ihr Gegenüber und weiß es als guter Geschäftsmann auch auszunutzen.

Nichts spricht dagegen, einen schlecht bezahlten Auftrag anzunehmen, um den Fuß in die Tür zu bekommen.

Ich persönlich habe zu Beginn meiner Selbständigkeit über Freelancer-Portale Aufträge eingeholt. Natürlich sind diese überschwemmt von Freiberuflern aller Art, was extreme Dumping-Honorare bedeutet. Meine persönliche Erfahrung ist jedoch: meist schon nach den ersten Gesprächen hat sich ein ganz anderer Arbeits-Umfang ergeben, der komplett neu verhandelt werden konnte. So wurden aus ein paar Artikeln für eine Marketing-Firma zum Dumping-Preis von 3 Ct./Wort ein regelmäßiger Job als Online-Redakteur und Texter für ein Online-Magazin mit 1.150 EUR monatlich, sowie verschiedene andere Einzel-Aufträge. Dazu noch reichlich Zeit für weitere Projekte.

Nun fällt das Online-Magazin weg, doch die Auftraggeber wollen mit mir weiter arbeiten. Es wird vielen so gehen wie mir, dass man sich über die Monate näher kennengelernt hat und auch den Umfang dessen, was Du als Selbständiger beherrschst, ganz anders erkannt hat. So geht es mir ebenso und ich bin mit Newsletter-Marketing, Landingpages und Social Media Kampagnen weiter im Boot.

Fazit

Sollte das Sommerloch oder auch andere Arten von Auftrags-Flaute bei Dir zuschlagen, hast Du zwei Möglichkeiten: Du kannst bangend und verzweifelt in blinden Aktionismus verfallen, oder Du kannst die Chancen erkennen, die diese Phase in sich birgt. Wetten, dass mit der zweiten Einstellung nicht nur die Flaute schnell überwunden ist, sondern auch Dein Unternehmen anschließend deutlich erfolgreicher am Markt erscheinen wird?

Was ist mit Dir? Wozu nutzt Du persönlich Leerlauf-Zeiten? Wie gehst Du mit Sommerloch und leeren Auftragsbüchern um?

Autorin

Sabine C. Dreßler ist Marketing-Coach wie auch Texterin von Flow’n Grow Marketing. Die 45-jährige hat als Quereinsteigerin über mehr als 10 Jahre hinweg alle Möglichkeiten des Internets genutzt, ein solides Fachwissen in Punkto SEO, Social Media Marketing, Content Marketing und mehr aufzubauen und arbeitet erfolgreich für Klienten aus dem In- und Ausland.

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Peer Wandiger

6 Gedanken zu „Auftrags-Flaute – Wie Du relaxed damit umgehst und neue Kunden findest“

  1. Naja, darauf sollte man nicht spekulieren.
    Ich kann nur jeden davon abrraten Dumping-Aufträge anzunehmen, in der Hoffnung irgendwann etwas mehr vom Kuchen abzubekommen.
    Leute verkauft euch nicht unter Wert!

    Antworten
  2. Ich sehe das etwas anders als Simon, es kann durchaus sinnvoll sein, einem Interessenten mit dem Preis entgegen zu kommen. Es sollte dann aber eine WIN-WIN-Situation ergeben. Uns haben schon oft Kunden geholfen, an neue Kunden zu kommen.

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  3. Das “unter Wert verkaufen” ist aus meiner Sicht ein großes Problem. Natürlich kann man dem Kunden entgegenkommen. Dann muss es aber klar kommuniziert sein, dass es sich um ein Invest des Dienstleisters handelt. Denn was sonst passiert, ist das Schaffen einer Erwartungshaltung seitens des Kunden in bezug auf das Verhältnis von Aufwand und Kosten.

    So was ist schwer aus den Köpfen der Leute raus zu bekommen. Im schlimmsten Fall tritt man erneut in die Diskussion, um “zu hohe” Preise, und kommt dem Kunden erneut entgegen. Das sich damit der Effekt multipliziert, sollte klar sein.

    Wenn der Kunde weiß, dass es auch um ein “Sonderangebot” handelt, sieht es meist schon anders aus.

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  4. Ja, das Problem in Deutschland ist einfach gerade, dass es viele Leute gibt, die ihre Dienstleistungen unter Wert verkaufen, aber die Kunden merken spästens nach dem Auftrag, dass es doch besser gewesen wäre, das etwas teurere Angebot anzunehmen und am Ende Zeit und Geld zu sparen.

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  5. Hi,
    ich kann zum Glück sagen, dass ich – wenn ich will – 80 Std. in der Woche als Entwickler arbeiten könnte. Mache ich aber nicht – zum einen weil ich parallel studiere und ohne nur 20 Std/Woche (:P) arbeiten darf, aber auch weil ich parallel einige eigene Projekte habe und das langfristige Ziel ist:
    – Teil der Einnahmen durch Entwicklung für Kunden
    – Teil der Einnahmen durch eigene Projekte

    Mir ist aber jeden Monat wichtig:
    1. meine Fixkosten decken
    2. etwas ansparen

    Das klappt auch ganz gut, meine Kunde sind soweit alle mittlerweile Dauerkunden und relativ bekannte Unternehmer. PHP kommt gefühlt nie aus der Mode – und wer wirklich in dem Bereich was kann, weiß wie man Code performant gestaltet, sich mit Pattern auskennt, SQL-Queries optimiert, die gängigsten Frameworks beherrscht und nicht nur Codezeilen in WordPress hin und herschubsen kann, hat man da (bzw. sollte es nicht) keine Probleme mit Aufträgen.
    Was vielleicht noch wichtig zu erwähnen ist: man darf nicht stehen bleiben. Pattern, Qualität in Code kommt nicht von Tutorials im Internet lesen und damit auf Kunden losgehen. Wer das macht und sich am Ende wundert, dass Kunden unzufrieden sind, der ist selbst schuld.
    Ich studiere beispielsweise grade das Buch “PHP Design Pattern” und “Softwarequalität in PHP Projekten”. Das sehe ich als Fortbildung bzw. Investition in das, was ich schon gut kann. Man kann sich am Ende immer verbessern. Das wissen muss man nur anwenden!

    Ich habe immer wieder Kundenanfragen, die mich nicht wollen, weil der Stundenlohn zu hoch ist. Das ist okay, verstehe ich auch. Das schöne ist aber auch, dass ich immer mehr Kundenanfragen habe, die in Richtung Recoding/Refactoring/Optimierung gehen, wo die Kunden ganz klar sagen: indische Programmierer waren zwar schnell und billig, aber Code ist nicht wartbar, Legacy-Style, langsam und im schlimmsten Fall mit (absichtlichen) Sicherheitslücken.

    Für jeden angehenden Programmierer hab ich daher immer den Tipp:
    – Werd besser, lies viel!
    – Qualität überzeugt in der Regel
    – ein PHP Programmierer, der nur Stack Overflow Foren durchsuchen kann und darauf basierend WordPress Themes bastelt, ist kein Programmierer… leider gibt es davon extrem viele 😉
    – ein bisschen Eigenwerbung schadet nie!

    Wer diese Regeln befolgt, wird wenig Probleme mit längeren Durststrecken haben!

    Grüße

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  6. Hi,

    also ich kenne das Problem auch, kurz nachdem ich meine Firma gegründet habe ging es steil Bergauf. Nachdem alle Aufträge abgearbeitet waren kam die Frage und nun?

    Naja mein ersten Tipp den ich bekommen habe war: “melde dich doch bei MyHammer an”
    Naaja, was soll ich dazu sagen. Rückblickend ist dort der Mark voll! Und die andere Seite ist Preisdumping und das nicht zu wenig.

    Klar sagt man sich lieber mal einen kleinen Auftrag (Lowbudget) als garkeinen. Die Gefahr dabei ist dann die Mundpropaganda. Warum hat der Kunde bei die diesen Preis bezahlt und ich bekommen diesen Preis? Und schon sitzt man in der Falle.

    Ich kann nur sagen das es Ratsam ist, auch wenn gerade viele Aufträge vorhanden sind, sich einen Tag in der Woche frei zu halten um sich um sein Marketing zu kümmern.
    So kann man, im besten Fall, vermeiden das ein Auftragsloch entsteht.
    Klar klappt das nicht immer. Jedoch ist es ersten eine kleine Abwechslung um vielleicht von einen größeren Auftrag etwas Abstand zu gewinnen und zweitens ist es ein etwas beruhigendes Gefühl das man während der Auftrage etwas für die Zukunft getan hat.

    Ich drehe zum Beispiel nebenbei noch Musik,-Produkt- oder Firmenvideos
    ( https://www.youtube.com/watch?v=kwe9YXjQsY8 )

    Das lenkt einen etwas ab und ist gut für eine Ko-Op Strategie.

    Liebe Grüße

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