E-Commerce-Einstieg ohne hohe Kosten – Teil 1

In diesem zweiteiligen Gastartikel geht es um den günstigen Einstieg in den E-Commerce. Deshalb werden hier die Möglichkeiten und Varianten vorgestellt, die man bei der Auswahl eines Shop-Systems hat.

In Teil 1 des Gastartikels geht es um unter anderem um den Auswahlprozess und die Frage, ob man lieber eine Software as a Service oder eine selber gehostete Lösung nutzen sollte.

Wer selbst Unternehmer ist und sich noch an seine Zeit als Existenzgründer erinnern kann, oder gerade mitten in der Existenzgründung steckt, der weiß, dass man in dieser Zeit eine Menge verschiedener Baustellen hat.

Businessplan erstellen, Unternehmensform auswählen, die Gründung an sich, die Produktbeschaffung – das sind alles Teile im Prozess der Existenzgründung die Zeit und vor allem Geld kosten.

Umso schwieriger ist es dann, wenn Sie als Teil Ihrer Verkaufsstrategie einen Online-Shop als zusätzlichen Vertriebskanal oder gar als primären Vertriebskanal nutzen möchten. Denn wenn Sie bereits von ein paar Agenturen Angebote eingeholt haben, werden Sie sicherlich festgestellt haben, dass ein Online-Shop vor allem eines sein kann – teuer und aufwändig.

Da Sie aber gerade in der Gründungsphase ja noch die ganzen anderen Baustellen haben, um die Sie sich zwangsläufig kümmern müssen, möchte ich Ihnen im Folgenden verschiedene Möglichkeiten für den Aufbau eines Online-Shops vorstellen und auch gezielt auf die Faktoren Aufwand und Kosten eingehen.

Denn auch wenn Sie eine Menge “teurer” Angebote erhalten haben, kann ich Sie beruhigen: Ein Online-Shop kann, technisch betrachtet, relativ schnell und einfach aufgebaut werden, sofern man selbst eine gewisse Kompromissbereitschaft an den Tag legt und sich am Anfang nicht auf Details einschießt.

Welche Software ist die richtige?

Ein sehr großer Fehler, der in vielen Fällen begangen wird, ist die Wahl der falschen Online-Shop Software. Als Kunde ist das natürlich ein heikler Punkt, denn woher sollen Sie wissen, welche die richtige Software für Sie ist? Auf der anderen Seite bestimmt die Wahl der Software zwangsläufig die Dauer des Projekts und damit vor allem die Projektkosten. Eine kleine, schlanke E-Commerce Lösung kann eine Agentur nämlich in der Regel wesentlich schneller an Ihre Anforderungen anpassen, als eine mächtige, mit Funktionen gespickte Allround E-Commerce Lösung. Auf der anderen Seite haben Sie dann aber gegebenenfalls Anforderungen, welche die schlanke E-Commerce Lösung gar nicht abbilden kann und teuer nachentwickelt werden muss, die Allround E-Commerce Lösung aber gar von Haus aus mit an Bord hat.

Daher ist es im ersten Schritt wichtig herauszufinden, welche Anforderungen Sie an Ihr System haben. Behalten Sie dabei immer im Hinterkopf, dass in Deutschland gewisse rechtliche Vorschriften gelten, an die Sie sich halten müssen. Dementsprechend ist eine Software, beispielsweise aus den USA, mit Vorsicht zu genießen, da Sie diese in der Regel speziell auf den deutschen Markt abstimmen müssen.

Aber auf welche Anforderungen sollten Sie als E-Commerce Neuling speziell achten? Meiner Meinung nach, sollte man sich auf jeden Fall über die folgenden Punkte im Klaren sein:

  • Sprechen Sie nur Endkunden oder auch Geschäftskunden an. Falls Sie beiden Kundengruppen anvisieren, wie sollte hier die Trennung sein d.h. existieren unterschiedliche Preise, unterschiedliche Rahmenbedingungen etc. Beachten Sie hier auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, da diese zwischen B2B und B2C stark variieren.
  • Gibt es branchenspezifische Anforderungen? Beispielsweise verwalten Sie als Teehändler bei den Artikeln keine Stück sonder kg in dem integrierten Warenwirtschaftssystem. Werden Sie sich also über branchenspezifische Anforderungen im Klaren
  • In welche Länder möchten Sie Ihre Produkte vertreiben? Muss der Shop gar mehrsprachig sein?
  • Stellen Sie viele Inhalte zur Verfügung d.h. welchen Stellenwert hat ein Content-Management-System für Sie, oder benötigen Sie hier eventuell gar keine umfangreiche Lösung.
  • Welche Bezahlarten möchten Sie Ihren Kunden zur Verfügung stellen? Benötigen Sie eine direkte Schnittstelle zu Ihrer Bank? Auch gibt es die Möglichkeit die Bonität eines Kunden im Vorfeld zu prüfen, wenn das für Sie relevant ist wäre das eine zusätzliche Schnittstelle.
  • Welche Versanddienstleister möchten Sie nutzen, benötigen Sie hierfür auch Direktanbindungen an beispielsweise DHL?
  • Gibt es allgemein Drittsysteme wie ein Warenwirtschaftssystem, welche Sie anbinden möchten? Wenn ja um welche Systeme handelt es sich, gibt es bei diesen Systemen eventuell schon fertige Anbindungen an eine bestehende E-Commerce Lösung.
  • Müssen bestimmte Berichte generiert werden, d.h. welchen Stellenwert hat bei Ihnen das Reporting

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass die Auflistung oberhalb natürlich keine vollständige Anforderungsdefinition darstellt. Viel mehr möchte ich damit verdeutlichen, dass es natürlich zum einen technische Anforderungen gibt, beispielsweise Schnittstellen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch branchenspezifische Anforderungen oder allgemein Anforderungen an die Produktpräsentation.

Werden Sie sich diesen Anforderungen im Klaren und schauen Sie im nächsten Schritt, welche Online-Shop Software Ihre Anforderungen am ehesten abdeckt. Sie werden sicherlich keine hundertprozentige Übereinstimmung finden, es geht eher darum zu schauen mit welchem System Sie von Haus aus am meisten abdecken und welches System Sie gut erweitern können.

Es empfiehlt sich daher im Vorfeld immer, zuerst eine vollständige Auflistung zu machen, was Sie haben möchten. Diese Auflistung muss dabei keine technischen Details beinhaltet, es reicht wenn Sie Punkte wie folgt aufschreiben:

  • Zahlungen sollen über die Bank automatisch abgewickelt und geschützt werden
  • Da ich ein ganz spezielles Produkt verkaufe, muss ich die Möglichkeit haben zu jedem Produkt Videos, frei definierbare Informationen sowie eine Bildergalerie zu hinterlegen
  • Ich verschicke meine Pakete mit DHL, Adressaufkleber sollen dabei automatisch im Shop erzeugt und ausgedruckt werden

Wenn Sie anschließend eine umfangreiche Auflistung haben, würden Sie auch jeder Agentur eine Menge Arbeit abnehmen.

Die technischen Details müssen Sie dabei wie gesagt gar nicht wissen, für außenstehende ist es in erster Linie einmal wichtig, “was” Sie erreichen möchten. Das “wie” ist dann Aufgabe der Agentur.

5 interessante E-Commerce Lösungen

Sie kennen nun Ihre Anforderungen, d.h. was Sie machen möchten, verlieren aber im Dschungel der Online-Shop Lösungen etwas den Überblick?

Meiner Meinung nach sollten Sie einen Blick auf die folgenden fünf E-Commerce Lösungen werfen. Es handelt sich dabei um keine vollständige Liste, aber um gute Software-Lösungen die einen Blick Wert sind. Eine der Lösungen wird dabei mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch für Sie interessant bzw. zu gebrauchen sein.

  • Magento
    Eine umfangreiche amerikanische E-Commerce Lösung, die sich auch für “Enterprise-Lösungen” eignet. Magento ist aktuell sozusagen der Shooting-Star der E-Commerce Lösungen. Die flexible Lösung kann dabei für eine Vielzahl von Projekten eingesetzt werden.
  • OXID E-Sales
    Eine auf den deutschsprachigen Markt abgestimmte und umfangreiche Software aus Freiburg, für die auch eine Menge an Erweiterungen verfügbar sind. Die Einsteigerversion ist sogar kostenlos, für die weiteren Versionen fallen Lizenzgebühren an.
  • Prestashop
    Eine kompakte, aber dennoch leistungsfähige E-Commerce Lösung aus Frankreich, die sich auch gut für kleinere Projekte eignet. Durch den kompakten Aufbau lassen sich Erweiterungen auch sehr gut und zeitnah selbst entwickeln.
  • Plentymarkets
    Es handelt sich um eine Software as a Service Lösung, die vor allem durch eine Vielzahl an Schnittstellen und ein einfaches Handling punktet. Plentymarkets nimmt Ihnen den kompletten technischen Overload ab, Sie müssen einfach nur noch Ihre Produkte verkaufen.
  • Magento Go
    Ebenfalls eine SaaS Lösung, die versucht die Vorzüge von Magento mit einer Software as A Service Dienstleistung zu kombinieren. Leider spielt die Software in Deutschland noch keine all zu große Rolle, ist aber definitiv im Kommen.

Software as a Service vs. selbst gehostet

Neben der eigentlichen Wahl der Software, müssen Sie sich anfangs auch schon für ein Vertriebsmodell der Software entscheiden. Dabei gibt es im Prinzip zwei Varianten. Entweder setzen Sie auf das so genannte Software as a Service (SaaS) Distributionsmodell, oder auf das “klassische” d.h. Sie betreiben die Software selbst.

SaaS bedeutet, dass der Anbieter die Software für Sie hostet (betreibt), sich um (Sicherheits)Updates, sowie die Wartung kümmert. Das bedeutet aber auch für Sie, dass Sie großteils nur eingeschränkten Zugriff auf die Software haben, d.h. Sie selbst können keine abenteuerlichen Modifikationen und Erweiterungen vornehmen.

Der große, aus finanzieller Sicht, betrachtet Vorteil liegt aber darin, dass Sie den Shop meistens für eine monatliche Pauschale erhalten, in welcher der Betrieb, also Hosting, wie aber auch die Kosten für die Software an sich eingerechnet sind. Auch gibt es in der Regel keine hohen Setup Kosten.

Bei SaaS Lösungen halten Sie also in der Regel den Liquiditätsabfluss gering und haben dafür eine gewisse monatliche Belastung. SaaS-Lösungen bieten oftmals auch “out of the box” ein gutes Leistungsspektrum, wodurch eigene Modifikationen und Erweiterungen oftmals gar nicht nötig sind.

Bei der “klassischen” Distribution erhalten Sie, nehmen wir als Beispiel einmal Magento, den kompletten Quellcode der Software und können damit faktisch auch machen, was Sie möchten. D.h. für Modifikationen und Erweiterungen liegen Ihnen bzw. Ihrer Agentur keine Steine im Weg.

Letztendlich sind Sie dann aber auch für den Betrieb der Software, Hosting, Sicherheitupdates etc. selbst verantwortlich und müssen die Software auch an Ihre Anforderungen anpassen. Gerade wenn Sie weiter unten den Vergleich lesen, werden Sie verstehen, was damit gemeint ist.

Gerade Magento hat meiner Meinung nach eher Ähnlichkeiten mit einem Baukasten, mit dessen Hilfe Sie eine gute Lösung zaubern können. Die reine Installation reicht in der Regel nicht aus, um im E-Commerce erfolgreich zu sein.

So geht es weiter

Im zweiten Teil werden 2 konkrete Beispiele vorgestellt und die Vor- und Nachteile verglichen.

Autor

Der Autor des Gastartikels ist Alexander Steireif. Vor knapp 5 Jahren hat er die Magento Agentur ITABS gegründet und ist dort, neben der Entwicklung auf Basis von PHP / MySQL, auch sehr stark im beratenden Bereich eingespannt, d.h. an welchen Stellschrauben muss man drehen, um die Conversionrate zu erhöhen, welche Werbeformen gibt es und machen speziell bei dem Projekt XYZ Sinn, was muss man bei der Usability beachten etc.

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Peer Wandiger

10 Gedanken zu „E-Commerce-Einstieg ohne hohe Kosten – Teil 1“

  1. Meiner Meinung nach, sind die ganzen Shop-Systeme viel zu sehr auf Shops mit vielen Artikeln ausgelegt. Deswegen habe ich mir selber etwas programmiert, da habe ich viel mehr Freiheit in der Gestaltung und dem Interaction-Design.

    Allerdings habe ich auch nur zwei Produkte und es werden aller Voraussicht niemals mehr als 10 werden.

    Siehe unser Shop: http://rockiger.com/de/shop/product/satchbook13

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  2. Viele neue OnlineShopbetreiber machen den Fehler das sie sämtliche Artikel welche sie von den Herstellern als Liste bekommen in den Shop eingepflegt haben wollen. Das macht wenig Sinn. Hier sollte man sich m.E. nach eher auf verschiedene Artikel spezialisieren.

    Bei der Auflistung würde noch der Shop mit WaWi von JTL sich nicht schlecht machen finde ich.

    Was aber viele auch vergessen ist das im eCommerce mit harten Bandagen gekämpft wird. Und so mancher musste schon bitter erfahren das es auch Abmahnungen gibt die durchaus gerechtfertigt sind.

    @Rockinger
    Mutig Mutig, mehr sage ich dazu aber auch nicht 🙂

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  3. Hat jemand Erfahrung damit, die Haftung “auszulagern”? Also dass man sich z.B. den Shop von einem Anwalt rechtssicher machen lässt, der gegen eine gewisse monatliche Pauschale dann auch die Haftung übernimmt?…ich muss Geglash Recht geben. In Sachen e-Commerce sind schnell mal Fehler gemacht, die auch schnell teuer werden können…wenn’s um Geld geht, geht’s halt auch manchmal hart zur Sache…

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  4. Und ein Fehler ist oft die fehlende Absicherung, damit meine ich Backups, es gibt doch tatsächlich Onlineshops, die darauf (aus Unwissenheit) verzichten.

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  5. @Martin
    Es wird einem niemals gelingen einen Shop 100% abmahnsicher zu machen. Woher will man wissen das nicht gerade heute an irgeneinem LG oder OLG just in diesem Moment, ein Urteil gesprochen wird das fatale Folgen für den jeweiligen Shopbetreiber haben kann.

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  6. Sehr schöner Artikel. Ich bin immer davon ausgegangen das XT-Commerce auch wenn explizit nicht gelistet mit unter den Top 5 mitspielt. Zur möglichen Riskominimierung bezüglich Abmahnungen haben wir bei unseren Shops auf den Händlerbund gesetzt und bis dato gute Erfahrungen gesammelt.

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  7. Ich hoffe, das wird keine Anleitung mal schnell einen Shop “von der Stange” online zu stellen. Ich glaube es ist längst bekannt, dass es so nicht klappt. Sicher kann man mit viel Eigeninitiative viel schaffen aber viele verlassen sich dann zu sehr auf sich selbst und zahlen mit der Zeit viel Lehrgeld. Der Erfolg bleibt dann meist aus, weil einfach nichts voran geht. Zumal die erfolgreichen Anbieter nun mal nicht einfach so in Blaue gestartet sind, sondern mit viel Investition, Denken und Zeit. Diese “Online-Millionär”-Geschichten verleiten manch einen vielleicht zu falschem Denken. Ein gewisser finanzieller Aufwand ist einfach nötig. Ich habe da auch ein Beitrag verfasst: http://www.bake-the-web.de/2011/12/22/was-kostet-eine-webseite/ sicher auch passend zum Thema. Ich bin gespannt auf Artikel 2 🙂

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