Wie schreibt man eigentlich eine Pressemitteilung?

Im heutigen Gastartikel geht Ulf-Hendrik Schrader, Geschäftsführer einer PR-Agentur, die Erstellung einer Pressemitteilung Schritt für Schritt durch.

Basis strategischer PR-Arbeit ist auch im Zeitalter von Facebook und Co. noch immer die gute alte Pressemitteilung.

Aktuell sollte sie sein und informativ.

Doch was taugt eigentlich als Inhalt für eine Mitteilung, die an einen mehr oder weniger großen Verteiler an Medienkontakten versendet werden soll?

Was sollten PR-Verantwortliche beachten, wenn Sie Pressemitteilungen schreiben und welchen Stil sollte man einhalten?

Ein Praxisbeispiel

In Kürze wird Firma “Mustergarten Müller” in ihrem Onlineshop eine vom Inhaber erfundene neuartige Möbelgattung anbieten, die selbstreinigend ist und sich aufs Kleinste zusammengefaltet leicht in den Urlaub mitnehmen lässt.

Deshalb möchte das Unternehmen seine Innovation nun per Pressemitteilung kommunizieren. Zugegeben, das ist Science Fiction, aber einen gute Newswert brauchen Sie schon für eine Pressemitteilung.

Wie beginnt man beim Schreiben der Pressemitteilung?

Zunächst einmal etwas Hintergrundwissen: Unter Pressemitteilungen versteht man Texte, die in journalistischer Schreibweise als Informationsangebot verfasst und Journalisten zugänglich gemacht werden. Heute geschieht die Übermittlung meist per E-Mail oder via Newsdienst, nur noch sehr selten per Fax oder gar Post. Das Material wird den Journalisten oder anderen Multiplikatoren (teilweise erhalten auch Blogger Pressematerial, über einen RSS-Feed zum Beispiel) unverbindlich zur Veröffentlichung oder als Ausgangsbasis für eigene Recherchen überlassen.

Es gibt in der PR-Arbeit grundsätzlich keine Veröffentlichungsgarantie. Wenn eine Pressemitteilung aufgenommen wird und ein Journalist die Information für seine Berichterstattung verwenden will, so steht es ihm frei, die Pressemitteilung im Ganzen, in Teilen oder nur im weitesten Sinne in Fragmenten oder inhaltlich zitiert oder Bezug nehmend zu verwenden.

Der erste Merksatz lautet: Sachlich bleiben.
Vermeiden Sie werbliche Ausdrücke und Superlative. Übertreibungen, Substantivierungen, passive Formulierungen und Verschachtelungen sind ebenfalls ungeeignet. Im Idealfall formulieren Sie kurz, aktiv und leicht verständlich. Das bedeutet nicht, dass Sie nicht dennoch gezielt Ihre (unwerblichen) Botschaften unterbringen dürfen. Aber behalten Sie immer im Hinterkopf, dass Journalisten wenig Zeit haben. Schreiben Sie Ihre Pressemitteilung daher so, dass sie (theoretisch) ohne Änderungen veröffentlicht werden könnte. Denn es macht einfach zu viel Aufwand, aus einem Pressetext sämtliche Adjektive und Verschnörkelungen herauszulösen und den dreiseitigen Text auf die Kernbotschaft von drei Zeilen zu reduzieren.
Kommen wir zurück auf die Firma “Mustergarten Müller” und ihre geplante Pressemitteilung.

Wie lässt sich die Überschrift gestalten?

Merksatz Nummer zwei: Die wichtigste Information steht ganz oben! Das bedeutet, das Allerwichtigste gehört in die Überschrift. Machen Sie beim Erstellen der Pressemitteilung schon in der Überschrift klar, worum es geht. Macht die Information Interesse aufs Lesen und ist zudem relevant für die Zielgruppe des jeweiligen Mediums? Prima, dann wird Ihre Pressemitteilung auch die gewünschte Wirkung erzielen.

Zu lang sollte Ihre Überschrift nicht werden, aber sie braucht genügend Raum, um Lust auf mehr zu machen. So verhindern Sie das blinde Löschen Ihrer Pressemitteilung im Posteingang der Journalisten.

Wir könnten also schreiben:

Weltneuheit auf der IGM: Selbst reinigende Gartenmöbel für den Wanderrucksack

Was gehört in die Lead?

Die Überschrift haben wir gefunden, jetzt kommt die Lead, der erste wichtige Abschnitt jeder Pressemitteilung, der gern auch fett hervorgehoben ist. Als erstes nennen Sie darin den Ort der Nachricht bzw. den Standort des Unternehmens, dann das Datum. Darauf folgt der erste Abschnitt.

Beantworten Sie darin die sechs W-Fragen – also wer, was, wo, wann, wie und warum. Manchmal fehlt natürlich das ein oder andere „w“ – das ist nicht schlimm, aber setzen Sie sich die „sechs Ws“ immer als Ziel. Dass jede Pressemitteilung, die Sie versenden, einen (Mindest-)Nachrichtenwert haben sollte, versteht sich hoffentlich von selbst.

Versuchen wir es mal:

Neugartenheim, 1. April 2011. Unterwegs mit dem eigenen Gartenstuhl: Marquardt Müller, Geschäftsführer des schwäbischen Gartenshops Mustergarten Müller hatte eine Vision und realisierte sie nun mit Erfolg. Nach zwölfmonatiger Forschung stellt der Erfinder am 7. April das in Zusammenarbeit mit dem Leichtfuß-Institut entwickelte Flex-und-sauber-System für Outdoormöbel auf der Internationalen Gartenmesse (IGM) in Musterheim vor. Ab 15. April können Interessierte die neuen Gartenmöbel im Onlineshop unter www.mustergarten-mueller.de bestellen.

In der Lead können Sie die relevanten Fakten in kurzen, möglichst klaren Sätzen vermitteln. Wenn Sie dabei eine Geschichte erzählen können, ist das ideal. Denn langweilige Texte möchte keiner gerne lesen und Journalisten suchen immer nach der Story zur News. Und zur Erinnerung noch mal: Werbetexte sind immer tabu!

Bei Mitteilungen über Internetangeboten oder über Aktionen, zu denen es beispielsweise eine Kampagnen- oder Microsite mit weiterführenden Informationen gibt, setzen wir bewusst schon einen Link in die Lead, damit dieser „above the fold“, also im direkt sichtbaren Bereich der Meldung bspw. im E-Mail-Client des Journalisten, erscheint und zu einem Klick animiert.

Geht es in Ihrer Pressemitteilung wie bei Mustergarten Müller um konkrete Produkte oder Dienstleistungen, dann können Sie auch eine Preisinformation einbringen. Aber Vorsicht: openpr.de, das wichtigste kostenfreie Presseportal Deutschlands, lehnt Meldungen mit Preisinformationen grundsätzlich ab.

Haben Sie es geschafft, einen Leseanreiz zu schaffen, sind Sie einen großen Schritt weiter und vielen Ihrer Mitbewerber auch einen voraus. Ob ein Journalist oder Blogger nun tatsächlich etwas aus Ihrer Mitteilung verwendet oder sich eventuell sogar bei Ihnen wegen eines größeren Berichtes meldet, hängt von vielen unterschiedlichen und in der Regel auch nicht beeinflussbaren Faktoren ab.

Optimale Gestaltung des Mitteilungskörpers

Auf die Lead folgen im ersten Absatz des Mitteilungskörpers (Body) weitergehende, konkretisierende Informationen zum Mitteilungsgegenstand. Beispielsweise zu den Beweggründen einer Aktion oder Neuerung, zu Produktdetails oder eventuell auch Preisen. Mehr Lebendigkeit erhält die Pressemitteilung, wenn diese Informationen in Zitate oder Stellungnahmen eingebettet werden. Denn darin können nicht nur Fakten ergänzt, sondern dem Unternehmen eine Persönlichkeit verliehen werden.

Verarbeiten Sie im weiteren Text die Informationen nach absteigender Wichtigkeit. Dadurch wird der Text von hinten kürzbar – ein im Zweifel entscheidendes Kriterium für die journalistische Verwertung einer Pressemitteilung unter Zeitdruck.

Tipp: Verwenden Sie Fachbegriffe sparsam. Kennt sich ein Journalist nur am Rande mit Ihrem Thema aus, schrecken ihn viele Fachbegriffe ab. Die Pressemitteilung wird dadurch zu schwerer Kost, in angemessener Zeit unverdaulich. Einige Fachausdrücke sollten, ja müssen Sie sogar verwenden, aber im Großen und Ganzen geht es auch auf gut deutsch. Vermeiden Sie daher auch Anglizismen, wenn es sich dabei nicht um feststehende Begriffe handelt. Social Media sind im Zweifelsfall auch mal soziale Medien.

Als Service und Anregung für Journalisten, eventuell mehr aus unserer Meldung zu machen, reichern wir Pressemitteilungen unserer Kunden gerne noch mit Links auf ergänzende Quellen wie etwa einen Backgrounder, Bildmaterial, Studien zum Thema, einen Youtube-Channel oder ähnliches an. Diese Quellen listen wir untereinander mit Spiegelstrichen auf und überschreiben das Ganze beispielsweise mit “Weiterführende Informationen und Materialien”.

Die Pressemitteilung schließt mit der sogenannten Boilerplate, einer Art Abspann über den Mitteilungsgeber (“Über Mustergarten Müller”). Hier stellen Sie in ein paar Sätzen Hintergrundinformation – beispielsweise über das Gründungsjahr, das Unternehmensangebot, die Tätigkeitsfelder und Kernleistungen, Referenzkunden oder auch die Mitarbeiterzahl – zur Verfügung. Journalisten überfliegen Pressemitteilungen häufig in dieser Reihenfolge: Überschrift, Lead, Boilerplate, Body. Dabei dient die Boilerplate zur Einschätzung der Unternehmens- und somit häufig auch der Mitteilungsrelevanz.

Unter jede Pressemitteilung gehört ein ordentlicher Pressekontakt. Journalisten wünschen sich feste Ansprechpartner, falls weitergehende Fragen auftauchen oder sie einen Termin z.B. für ein Interview koordinieren möchten. Der in der Pressemitteilung angegebene Pressekontakt muss (fast) zu jeder Zeit für Journalisten zu sprechen sein. Sollte in einem Unternehmen für diese Position keine Zeit oder Kapazitäten vorhanden sein, kann eine PR-Agentur diese Aufgaben übernehmen. Auch auf potentielle Kunden macht es übrigens einen professionellen Eindruck, wenn Unternehmen eine PR-Agentur haben.

Wie sieht ein Pressekontakt aus? Na, zum Beispiel so:

Pressekontakt:

Manfred Mustermann, Marketingleiter
Mustergarten Müller GmbH
Meierstraße 11
71011 Neugartenheim (Sie erinnern sich? Das stand ja als Ort auch am Anfang der Lead)
Tel: 071313 – 555 234 56
E-Mail: [email protected]
Web: http://www.mustergarten-mueller.de

Noch ein Hinweis zur Länge: Eine Pressemitteilung sollte – je nach Nachrichtenwert – nicht länger sein als eine DIN A4 Seite. Das entspricht in der Regel etwa 300 bis 400 Wörtern. Journalisten wollen knapp und bündig informiert werden. Alles was darüber hinaus geht, stellen Sie nicht in die Pressemitteilung, sondern als zusätzliche, vertiefende Information im Online-Pressebereich zur Verfügung. Und gliedern Sie den Mitteilungskörper durch ein bis drei Zwischenüberschriften sinnvoll.

Steter Tropfen höhlt den Stein

PR erzielen Image-Effekte, die nachhaltig und langfristig sind. Auch die Medienarbeit ist kein Kurzstreckenlauf.

Das bedeutet: wenn Sie regelmäßig Pressemitteilungen schreiben und verbreiten, haben Sie die Chance, sich mit der Zeit immer besser und nachhaltiger in den Köpfen der Journalisten und Blogger zu verankern.

Auch wenn auf Ihre Pressemitteilung nicht gleich (innerhalb der ersten sechs Monate) eine Veröffentlichung erfolgt: Die meisten Redaktionen nehmen Ihre Information dennoch zur Kenntnis und gehen eventuell bei der nächsten passenden Gelegenheit darauf ein. Oder Sie wenden sich an Sie, wenn sie auf der Suche nach einem geeigneten Interviewpartner zu einem bestimmten Thema sind.

Wenn Sie diese Tipps beachten, sollten Sie mit gut getexteten und newshaltigen Pressemitteilungen Multiplikatoren wie Journalisten oder Blogger und andere Leser der Texte für sich und Ihre Themen begeistern können. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg!


Der Autor

Ulf-Hendrik Schrader ist Geschäftsführer der Aufgesang Public Relations GmbH, die mit 14 Mitarbeitern national und international marktführende Unternehmen der digitalen Wirtschaft sowie branchenübergreifend eine Vielzahl erfolgreicher kleiner und mittelständischer Unternehmen berät.

Schrader war Lehrbeauftragter im Studiengang Public Relations an der FH Hannover und hält für verschiedene Bildungsträger Seminare zu Online-PR. Er ist Autor zahlreicher Fachartikel sowie Studien, Herausgeber des Online-PR-Newsletters mit rund 5.000 Abonnenten und Mitveranstalter des ConventionCamp, der größten Internet-(Un)Konferenz Deutschlands. Darüber hinaus engagiert er sich in diversen Wirtschafts- und Branchenverbänden für eine zeitgemäße Öffentlichkeitsarbeit und die Stärkung des Mittelstands – unter anderem als Leiter des Kompetenzteams Marketingkommunikation im Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) der Metropolregion Hannover.

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Peer Wandiger

7 Gedanken zu „Wie schreibt man eigentlich eine Pressemitteilung?“

  1. Super Artikel!

    @Peer: genau so etwas zum Thema “Wie führe ich ein Interview” wäre ebenfalls herzlichst willkommen 🙂

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  2. Na ja, die Struktur und die allgemeinen Anleitungen sind gut. Aber: Eine Überschrift mit nicht erklärter Abkürzung? Zusätzlich erschwerend: Für Headlines gibt es oft eigene Redaktionen. Und wenn man im Beispiel die Überschrift entfernt, macht die ganze Mitteilung keinen Sinn mehr.
    Sprich: ohne die Headline ist der Lead kein Lead, weil das Thema gar nicht drin steht. Oder wüsste jemand auf Anhieb, was ein “Flex-und-sauber-System für Gartenmöbel” sein soll?
    Tipp: den ersten Satz im Lead wegschmeißen und noch mal schreiben, ist ohnehin zu blumig…

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  3. Leider hat der Autor das Wichtigste vergessen: die Story. Und wie sie oft aus Nichts entstehen muss. Ich fürchte nämlich: Wer nicht die Fantasie eines PR-Menschen hat, wird vielleicht den oben seeeehr ausführlich beschriebenen sachlichen Text schreiben können, aber jeden damit zum Enschlafen bringen. Was ist denn eigentlich eine Story, die nicht einschläfert? 🙂

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