Arbeitslosenversicherung für Selbständige jetzt kündigen?!

Ich hatte im letzten Sommer bereits über die Beitragserhöhung zur Arbeitslosenversicherung für Selbständige berichtet.

Nun sind die Änderungen am 1.1.2011 in Kraft getreten und ich werfe nochmal einen kurzen Blick darauf und kläre auch, wie man da ggf. rauskommt.

Die freiwillige Arbeitslosenversicherung

Diese Freiwillige Arbeitslosenversicherung ist eigentlich eine tolle Sache. Ich glaube nicht, dass es viele Länder gibt, in denen sich Selbständige/Existenzgründer gegen die Arbeitslosigkeit versichern können.

Bei aller Diskussion über die aktuellen Änderungen sollte man das nicht aus den Augen verlieren.

Es gibt allerdings auch durchaus unterschiedliche Meinungen zu dieser Versicherung. Und das betrifft nicht die Kosten, sondern die grundsätzliche psychologische Wirkung. Manche sind der Meinung, dass man als Existenzgründer zu 100% in die Selbständigkeit springen sollte und jegliche Hintertürchen schlecht für die Motivation und den unbedingten Willen, es zu schaffen, sind.

Ich habe damals 2006 eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abgeschlossen. Und ich war sehr dankbar für dieses Sicherheitsnetz, welches einfach dafür gesorgt hat, dass man nachts etwas ruhiger geschlafen hat.

Mir hat die Arbeitslosenversicherung auch nicht die Motivation für meine Selbständigkeit genommen, sondern im Gegenteil meinen Kopf etwas freier gemacht.

Am Ende muss es aber jeder für sich selbst entscheiden.

Die Beitragserhöhung

Es gibt zwar noch ein paar weitere Änderungen bei der Arbeitslosenversicherung für Selbständige (5 jährige Pflichtversicherung, Antrag nun 3 statt 1 Monat nach Existenzgründung möglich u.a.) gibt es vor allem einen Punkt, über den sich viele aufregen.

Bisher mussten Selbständige 25% der Bezuggröße in die freiwillige Arbeitslosenversicherung einzahlen. Das war erstaunlich wenig. Im letzten Jahr waren es weniger als 20 Euro im Monat. Ich habe schon länger gedacht, dass das eigentlich zu wenig ist, wenn man ehrlich ist. Aber gut, man meckert ja nicht über zu geringe Beträge. 🙂

Nun wird der Beitrag aber erhöht. 2011 fallen 50% der Bezuggröße an und ab 2012 zahlt man 100%. Das macht für 2011 einen Beitrag von rund 38 Euro (alte Bundesländer) und ca. 32 Euro (neue Bundesländer). Ab 2012 werden dann rund 76 Euro bzw. 64 Euro fällig.

Und da gerade Existenzgründer natürlich jeden Euro zweimal herumdrehen müssen, kann ich die Aufregung schon ein wenig verstehen. Wer vorher rund 200 Euro im Jahr für seine Arbeitslosenversicherung bezahlt hat und 2012 dann rund 750-900 Euro bezahlen soll, der sollte darüber auf jeden Fall noch mal in Ruhe nachdenken und das eigene Risiko einer Arbeitslosigkeit genau beurteilen.

Kündigung?!

Im Zuge der ganzen Änderungen (die man hier auf dieser Seite nochmal findet) hat man bestehenden Versicherten ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt.

Bis zum 31.3.2011 hat man nun Zeit, die freiwillige Arbeitslosenversicherung zu kündigen. Dafür richtet man ein formloses Schreiben an die Arbeitsagentur. Eine gute Vorlage findet sich auf gruendungszuschuss.de

Die Kündigung ist dann rückwirkend zum 1.1.2011 und evtl. bereits bezahlte Beiträge bekommt man erstattet.

Lässt man diese Frist verstreichen oder tritt erst nach dem 1.1.2011 der freiwilligen Arbeitslosenversicherung bei, dann gilt eine 5 jährige Pflichtmitgliedschaft. Diese kann man dann erst regulär nach Ablauf der 5 Jahre kündigen. Einfach nicht die Beiträge zahlen soll dann keine Möglichkeit mehr sein.

Allerdings muss man auch nichts mehr zahlen, wenn man weniger als 15 Stunden pro Woche selbständig tätig ist. Aber welcher richtige Selbständige ist das schon?

Ich werde kündigen

Ich mache das Kündigungsschreiben heute noch fertig. Das liegt aber weniger an den Beiträgen, die zwar höher, aber nun eigentlich angemessen sind. Vorher waren sie ehrlicherweise einfach zu niedrig.

Als ich damals die Arbeitslosenversicherung abgeschlossen hatte, war diese bis 2010 begrenzt. Und damals war mir schon klar, dass sich bis spätestens 2010 eigentlich entschieden haben sollte, ob ich weiterhin selbständig sein werde (und dann stabil und gut damit verdiene), oder ob ich wieder einen Job annehmen werden.

Und den ersten Punkt habe ich schon vor längerer Zeit erreicht. Deshalb ist die Kündigung bei mir auch keine Reaktion auf die Beitragserhöhung, sondern längst überfällig.

Was macht ihr?

Wie reagierst du auf die Änderungen der Arbeitslosenversicherung?

  • Ich werde das Sonderkündigungsrecht nutzen. (42%, 33 Stimmen)
  • Ich werde die Versicherung nicht nutzen. (33%, 26 Stimmen)
  • Ich bleibe in der Arbeitslosenversicherung für Selbständige. (13%, 10 Stimmen)
  • Ich bin mir noch nicht sicher. (10%, 8 Stimmen)
  • Ich melde mich trotzdem da an, da ich gerade gegründet habe. (3%, 2 Stimmen)

Teilnehmerzahl: 79 (max. 1 Stimmen)

Peer Wandiger

6 Gedanken zu „Arbeitslosenversicherung für Selbständige jetzt kündigen?!“

  1. Die Änderung ist für viele ein Meilenstein, aber ob sie wirklich so sinnvoll ist, mag ich bezweifeln. Wer kann zum Beispiel sicher sagen, dass er immer nur 15 Stunden in der Woche selbstständig aktiv ist?

  2. Ich fand es eher überraschend, dass die Höhe des Arbeitslosengeldes nicht vom Einkommen, sondern vom Bildungsgrad abhängig ist. Die Erhöhung ist angemessen, weil sonst zuviel Unfug damit getrieben wurde.

  3. Hallo,
    ich hab zu der freiwillen Arbeitslosenversicherung noch ein paar Fragen:
    -Was ist, wenn man die Einzahlung zum Jahresende stoppt und man hat z.B.
    7 Monate eingezahlt? Müsste man dann wieder mind. 5 Monate in einer Festanstellung
    sein, um ALG zu bekommen? Oder anders gesagt, wenn man 7 Monate eingezahlt hat und
    Arbeitslos wird rutscht man wohl oder übel direkt in Hartz 4?
    -Was bedeutet Regelung 4:
    “4. Für Existenzgründerinnen und -gründer ist prinzipiell immer folgende Sonderregelung vorgesehen:
    Innerhalb des ersten Jahres nach Aufnahme der Tätigkeit zahlen sie einen hälftigen Beitrag von
    cirka 38 Euro bzw. cirka 32 Euro.”
    Heisst das, dass man die ersten 12 Monate auf jeden Fall nur die Hälfte von
    38 bzw. 32 euro zahlt? Ich hab meine Selbstständigkeit im Juni 2010 begonnen, ich müsste also
    nur 38 euro einzahlen?

    -Regelung 5:
    “5. Wer ab 2011 zweimal als Selbständiger Arbeitslosengeld bezieht, wird in der Regel nicht mehr als
    Selbständiger in die Arbeitslosenversicherung aufgenommen.”

    Soll also heissen, das man 5 Jahre einzahlen soll, aber die ganze Zeit nur einmal Arbeitslosengeld
    beziehen kann???

    Danke im Vorraus.
    gruss

  4. Versicherungen werden in der Tat oft mißbraucht und deswegen ist eine Erhöhung nur die Schlussfolgerung von etwaigen Mißbräuchen. Schade, dass dann die ehrlichen Versicherungsnehmer mitbezahlen müssen.

    Trotzdem ist eine private Arbeitslosenversicherung besonders für Existenzgründer eine sehr feine Sache, zumal man die erhöhten Beiträge immer noch irgendwie tragen kann.

    Nach der Zeit sollte man sich allerdings zusätlich einen Finanzpolster aufbauen, falls die Einnahmen einbrechen sollten. Leider habe ich keine Erfahrung damit, wie eine Prüfung einer Arbeitslosigkeit seitens der privaten Arbeitslosenversicherung aussieht. Vielleicht kann ja jemand mehr dazu sagen bzw. schreiben?

  5. Es hängt natürlich von der Risikobereitschaft eines jeden Einzelnen ab. Jedoch senken die 38 Euro (alte Bundesländer) oder 32 Euro (neue Bundesländer) bei vielen Gründern einen gewissen Druck, um sich dann auch auf das eigentliche Geschäft zu konzentrieren können.

  6. Ich finde die freiwillige AV ist gerade für Gründer ein hervorragendes Angebot. Die Beitragserhöhung ist in % ausgedrückt natürlich sehr moderat ausgefallen. Ich denke aber gerade in den ersten Monaten ist dieser Betrag von ca. 70€ doch gut investiert…

Schreibe einen Kommentar