Alle reden bei der Selbstständigkeit immer über die Möglichkeiten Geld zu verdienen, aber kaum jemand spricht über die Kosten.
Dabei ist es gerade die Kosten-Falle, die immer wieder dafür sorgt, dass Selbstständige in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Deshalb widme ich mich in meinem heutigen Basics-Artikel den Kosten der Selbstständigkeit, schildere Erfahrungen und gebe Tipps, wie ihr das Thema am besten angeht.
Die Kosten der Selbstständigkeit
Natürlich ist es schöner, sich mit den Einnahmen zu beschäftigen. Wer freut sich nicht lieber über Geld, dass in das eigenen Portemonnaie wandet, als über Geld, welches man ausgibt? Dennoch sollte man sich als Gründer, aber auch später während der Selbstständigkeit, regelmäßig mit den eigenen Kosten beschäftigen.
Der Grund dafür ist einfach. Man kann große Probleme bekommen, wenn einem die Kosten über den Kopf wachsen. Das passiert schneller, als man denkt. Viele Gründer waren vorher Angestellte und hatten einfach keine (oder nur geringe) berufliche Kosten. Das ausgezahlte Gehalt oder der Lohn war bereits Netto. Man konnte das Geld (fast) zu 100% für private Dinge verwenden.
Selbstständige bekommen ebenfalls Geld auf ihr Konto, aber das ist Brutto. Alle möglichen beruflichen Ausgaben und Abgaben müssen davon bestritten werden. Deshalb müssen Gründer diesbezüglich erstmal ihre Denkweise ändern und das fällt vielen schwer. Man muss sich klar machen, dass einem am Ende vielleicht nur 50 oder 60 Prozent des Geldes auf dem Firmenkonto gehört. Das ist natürlich je nach Tätigkeit und Branche unterschiedlich. Selbstständige mit hohem Materialeinsatz können oft noch viel weniger Geld behalten.
Kosten-Falle vermeiden
Wenn die Denkweise nicht stimmt, dann tappt man in die Kosten-Falle. Denn schließlich basieren viele Entscheidungen darauf, wie gut man die eigenen Kosten im Blick hat.
So kommt es gerade bei Gründern oft vor, dass ein viel zu niedriger Stundensatz angesetzt wird. Das mag helfen neue Kunden zu gewinnen, aber wenn man dann davon nicht leben kann, also nicht mal die Kosten reinbekommt, dann ist das dennoch keine gute Idee.
Zudem bilden viele Selbstständige zumindest in den ersten Jahren keine oder zu geringe Rücklagen. Wenn es etwas besser läuft und mehr Geld auf das eigene Konto kommt, dann gönnt man sich was und macht mal wieder einen richtig schönen Urlaub. Das ist alles verständlich, aber wenn die eigenen Ausgaben zu hoch sind, dann fehlt später das Geld, um die anstehenden Kosten zu begleichen.
Da muss gar nicht mal heißen, dass man dauerhaft über die eigenen Verhältnisse lebt, aber die Kosten fallen in der Selbstständigkeit nicht regelmäßig und gleichmäßig an, sondern schwanken oft sehr stark. Und da reicht es dann, wenn man kurzfristig zu wenig Geld auf dem Konto hat. Schon ist die Liquidität gefährdet und das sorgt immer wieder für Insolvenzen oder zumindest große Probleme.
Wer sich der eigenen Kosten nicht bewusst ist, hat auch langfristig Probleme profitabel zu arbeiten und wird immer gerade so über die Runden kommen, wenn überhaupt.
Was sind die wichtigsten Kosten und Abgaben?
Im Folgenden möchte ich euch eine kleine Zusammenfassung der wichtigsten Kosten für Selbstständige geben. Ausführlicher findet ihr diese in meiner Artikelserie Schritt für Schritt in die Selbständigkeit im Netz.
- SteuernEin großes Problem sind oft Steuernachzahlungen und auch Vorauszahlungen. Das Finanzamt ist bei den Steuern unerbittlich und man sollte vom ersten Tag der Selbstständigkeit diese kommenden Kosten im Auge behalten.
- MieteJe nachdem, wo man arbeitet, können Mietkosten anfallen. Überlegt euch also, ob ihr unbedingt ein externes Büro benötigt oder ob erstmal doch das Homeoffice reicht.
- MitarbeiterIch habe es mal mit einer Mitarbeiterin versucht und auch wenn es einige Vorteile mit sich bringt, so sollte man die laufenden Kosten nicht unterschätzen. Rechnet gut durch, ob euch das wirklich was bringt, sowohl kurz-, als auch längerfristig.
- MarketingJe nach Branche und Tätigkeit können hohe Kosten für Marketing-Maßnahmen anfallen. Online- oder Offline-Werbung, Werbe-Mailings, Messeauftritte und einiges mehr sollte man im Auge behalten, gut planen und Geld dafür zurücklegen.
- Büro-TechnikDie meisten Selbstständigen im Netz brauchen einen Computer und dabei sollte es sich nicht unbedingt um ein 10 Jahre altes Gerät handeln. Zudem können Kosten für den Drucker und andere Geräte anfallen, aber auch Büromöbel sind teilweise notwendig oder müssen ersetzt werden.
- VersicherungenOhne Krankenversicherung geht es heute nicht mehr und auch die Altersvorsorge sollte man von Anfang an ernst nehmen. Diese Kosten können nicht nur recht hoch sein, sondern man sollte auch dringend vermeiden diese nicht zahlen zu können.
- AutoÄhnlich wie beim Büro sollte man gut überlegen, ob man überhaupt ein Firmenauto benötigt oder ob es nicht hin und wieder auch der Privat-Pkw tut. Die Kosten bei der Anschaffung, aber auch die laufenden Kosten, können recht hoch sein.
- private KostenNeben all diesen beruflichen Kosten sollte man zudem die privaten Kosten nicht unterschätzen. Auch da kommt oft eine Menge zusammen, gerade wenn man Kinder hat.
Meine Erfahrungen
Ich selber bin nun seit fast 12 Jahren Selbstständig und natürlich ist das Thema Kosten von Anfang an wichtig gewesen. Ich habe das Glück eine Steuerfachwirtin zur Frau zu haben, was mir sehr geholfen hat von Beginn an langfristig zu denken. So ist es nach meiner Erfahrung z.B. sehr wichtig die Termine des Finanzamts immer im Blick zu haben und Geld zurückzulegen. So gab es die eine oder andere heikle Situation, als es nach 2-3 Jahren besser lief und das Finanzamt gleichzeitig Nachzahlungen und höhere Vorauszahlungen wollte. Auf so etwas sollte man vorbereitet sein, sonst kann es ganz eng werden.
Aber auch sonst gibt es natürlich gute und weniger gute Zeiten bei den Einnahmen. Deshalb ist es wichtig in besseren Zeiten Rücklagen zu bilden und nicht immer alles auszugeben.
Eine gute Balance muss man zudem bei den Investitionen finden. Gerade am Anfang habe ich versucht diese möglichst niedrig halten, was sicher nachvollziehbar ist. Jeden Euro, den ich nicht ausgebe, muss ich auch nicht verdienen. Es kann dadurch aber auch passieren, dass man sein Business kaputt spart. Es gibt einfach Ausgaben, die Sinn machen und die das eigene Business voranbringen. So habe ich recht schnell gemerkt, dass es keine gute Idee ist beim Hosting geizig zu sein. Stattdessen sollte man Geld für schnelles und zuverlässiges Hosting ausgeben, da die eigenen Websites davon sehr stark profitieren.
Und wie oben schon erwähnt war auch meine Mitarbeiterin eine sehr interessante Erfahrung. Die Mitarbeiter-Kosten waren schon recht hoch und bei meinem Business zahlen sich z.B. neue Artikel oder neue Websites erst nach vielen Monaten (oder Jahren) aus. Deshalb wurden die Zusatzkosten nicht sofort durch Mehreinnahmen gerechtfertigt. Mittlerweile arbeite ich mit Freiberuflern, was einfach besser planbar ist und keine finanzielle Dauerbelastung darstellt.
Mehr Tipps zu den Basics der Selbstständigkeit
In dieser Artikelserie stelle ich jeweils einen Faktor vor, um erfolgreich selbstständig zu sein. Dabei schildere ich natürlich vor allem meine eigenen Erfahrungen aus mehr als 10 Jahren Selbstständigkeit im Netz, gehe aber auch auf grundlegende Tipps und Basics ein.
Ich freue mich natürlich über eure Erfahrungen und Tipps zu den behandelten Themen.
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Ich finde in Deutschland ist es noch extremer als in der Schweiz, gerade bezüglich den Steuern. Gestern noch habe ich ein Video von Jens Rabe gesehen, da geht er auf die Frage ein wie viel Geld jemand braucht um vom Optionshandel zu leben. Und glaube die Zahl war 2’000€ Netto, da kam er dann am Ende auf gut 5’000€ Brutto…. (Nur um Mal ein paar Zahlen um mich zu werfen, kommt natürlich von Fall zu Fall drauf an)
Hallo Peer,
du sprichst am Anfang das Thema Altersvorsorge an, wie hast du das aktuell umgesetzt/angegangen? Müsste in diesem Bereich auch mehr machen, aber mir fehlt es aktuell an Ideen/Erfahrungen.
Viele Grüße
Christian
Bei mir ist es eine Kombination aus privater Renterversicherung, Lebensversicherung, eigene Immobilien und noch ein paar anderen Dingen.
Hi Peer,
ich habe gesehen, dass du als Einzelunternehmen firmierst. Warum hast du keine UG/GmbH gegründet?. Sowas lohnt sich in der Regel ja schon ab einem Einkommen von 40.000 EUR, einfach weil du viele Gestaltungsmöglichkeiten hast. Man kann sogar günstig eine Holdingstruktur aufbauen – deine Frau weiß ja sicher, was ich meine. Worin siehst du den Vorteil für dich ein Einzelunternehmen zu haben? Ich denke, die größte Stellschraube für die Kosten sind die Steuern. Am Marketing oder an der Infrastruktur kann man sch wirklich kaputt sparen und das sollte der letzte Anhaltspunkt sein. Viele Grüße
GmbH und Co. bringen nicht nur Vorteile mit sich. Die Bilanz ist aufwändig und als Geschäftsführer ist man entgegen der allgemeinen Meinung nicht raus aus der Haftung. Unter dem Strich war für mich der Einzelunternehmer besser.
Klar, Durchgriffshaftung hast du immer. Aber gut, wenn du so eine Lösung hast, die zu dir passt.
Hallo Peer,
heißt das, dass Du aktuell keine Mitarbeiterin mehr hast.
Was waren die Gründe, lieber wieder allein weiterzumachen? Nur die Kosten oder auch andere Gründe?
Nein. Sie hatte ein Jobangebot in einer großen Firma bekommen und da gibt es natürlich andere Aufstiegsmöglichkeiten als bei mir. 🙂
Aber auch für mich war es eine gute Erfahrungen, aber am Ende arbeite ich doch lieber allein bzw. mit Freiberuflern zusammen.
Ich finde was hier nicht genug abgesprochen wird ist die Einkommensteuer. Oder hab ich was überlesen? Am besten ein weiteres “Steuerkonto” eröffnen, auf dem man monatlich die Einkommensteuer, Umsatzsteuervorauszahlung, … einzahlt.
Das habe ich unter Steuern zusammengefasst, wo ich auch einen ausführlichen Artikel verlinkt habe. Aber du hast natürlich recht. Die Einkommensteuer ist einer der größten Kosten-Faktoren, auch wenn man das natürlich nicht wirklich als Kosten, sondern eher als Abgaben bezeichnen muss.
Hi. Ich finde es gut, dass du die etwas unerfahreneren Menschen schon einmal darauf hinweist, welche enormen Kosten bei Selbstständigkeit auf einen zukommen können. Wer sich für die Selbstständigkeit entscheidet muss wissen, dass besonders der Anfang schwierig sein kann. Ich kenne einige Bekannte, die trotz 60 Stunden/Woche nicht mehr als 1000 Euro im Monat netto aus ihrem eigenen Unternehmen kriegen. Es ist fast wie bei Sportwetten, man kann sagen, dass die Hälfte der Anfänger es schafft (gewinnt) und die andere Hälfte gibt wieder auf (verliert). Ein hartes Business eben.
Ineressanter Artikel.
Ich habe gerade die Schwierigkeiten dass ich leider eine Durststrecke durchmache, in der die Einnahmen nicht so sprudeln und rechnerisch daher Verluste entstehen. Da kommt dann auch das Finanzamt auf die Idee, diese Verluste nicht mehr zu akzeptieren.
Muss jetzt auf die Kostenbremse treten ohne das von Dir genannte Kaputtsparen.
Kostenvermeidung ist allerdings ein wichtiges Thema, man sollte sich nicht verführen lassen, alles mögliche anzuschaffen, nur weil man jetzt plötzlich “Unternehmer” ist und eventuelle Steuervorteile in Anspruch nehmen kann.
Hi Peer,
ein sehr guter, ausführlicher und informativer Artikel.
IMHO ist es unerlässlich, dass ein künftiger Unternehmer bereits als Angestellter und Privatperson mit seinen Finanzen umgehen kann. Diejenigen, die ein Haushaltsbuch führen und ihre Finanzen 100 Prozent unter Kontrolle haben, sind auch die, die als Angestellte Vermögensaufbau betreiben und als Unternehmer erfolgreich investieren und wirtschaften.
Natürlich ist das Unternehmertum nochmal eine andere Liga, aber die Grundprinzipien des Sparens und des ökonomischen Haushaltens bleiben die selben.
Viele Grüße
Sladjan