Über die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung habe ich in der Vergangenheit schon einiges geschrieben.
Ich habe diese Versicherung 2006 in Anspruch genommen, um ein wenig ruhiger in meine Selbstständigkeit zu gehen und im Fall des Scheiterns zumindest eine Absicherung zu haben.
Und auch wenn ich nicht gescheitert bin hat es sich dennoch gelohnt, da ich doch beruhigter war und mir weniger Sorgen um eine Absicherung machen musste. Positiv kam hinzu, dass es auch relativ günstig war, mit am Ende rund 15 Euro im Monat.
Doch das hat sich mit einer Gesetzesänderung für 2011 nun geändert.
Bis Ende März hat man nun noch Zeit das Sonderkündigungsrecht zu nutzen und aus der Arbeitslosenversicherung auszutreten.
Änderungen Arbeitslosenversicherung 2011
Das erste mal, dass ich von den geplanten Änderungen der freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige gehört hatte war Mitte 2010. Damals habe ich den Artikel “Arbeitslosenversicherung für Selbständige noch sinnvoll?” veröffentlicht und die Änderungen vorgestellt.
Folgende Änderungen sind am 1.1.2011 in Kraft getreten:
- Zum einen wird die Versicherung deutlich teurer. Waren es bisher 25% der festgelegten Bezugsgröße so steigt dieser Betrag in 2011 auf 50% und ab 2012 sind es dann 100%. Das heißt, dass man bisher 16 (neue Bundesländer) bzw. 19 Euro (alte Bundesländer) pro Monat zahlen musste und im Jahre 2012 werden es 64 bzw. 76 Euro sein. Und diese Vervierfachung der Beiträge tut vielen Selbstständigen schon weh.
- Zum anderen täuscht die Bezeichnung “freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung”. Man kann zwar frei entscheiden ob man diese nutzt, aber wenn man es tut, wird sie zu einer 5-jährigen Pflichtversicherung. Und einfach wie bisher die Beiträge nicht mehr zahlen, um aus der Versicherung raus zu kommen, soll dann wohl nicht mehr akzeptiert werden.
Man sollte sich also genau überlegen, ob man unter diesen neuen Umständen die Arbeitslosenversicherung weiterführen möchte. Wer neu gründet sollte sich das natürlich auch überlegen. Aber gerade für schon länger Selbstständige wie mich würde es sich wohl oft nicht lohnen.
Nach rund 3 Jahren sollte man wissen, ob die eigene Selbstständigkeit funktioniert oder nicht. Und das ärgerliche an dieser Regelung ist, dass die 5 Jahre Pflichtmitgliedschaft auch für jene gelten, die schon länger in der freiwilligen Arbeitslosenversicherung sind.
Die bisherigen Jahre werden also nicht angerechnet und für die meisten Selbstständigen sollte die Selbstständigkeit sich soweit entwickelt haben, dass man diese Notfallabsicherung wohl nicht mehr braucht.
Und für all jene, die sich nicht sicher sind, ob ihre Selbstständigkeit langfristig funktioniert (weil es finanziell z.B. sehr schwankt), werden die gestiegenen Beiträge wohl ein Problem darstellen.
Wie ich schon früher gesagt habe, finde ich diese Versicherung an sich toll und für Existenzgründer kann das eine trotzdem immer noch bezahlbare Absicherung sein, die es sonst in der Welt wohl kaum ein zweites mal gibt. Aber gerade die 5 Jahre Pflichtversicherung auch für bereits Versicherte sehe ich kritisch und man sollte auf jeden Fall mal darüber nachdenken.
Sonderkündigungsrecht
Im Zuge der Gesetzesänderung gibt es aber auch ein Sonderkündigungsrecht, welches allerdings nur noch bis Ende März 2011 gilt.
Das ist der eigentliche Grund für diesen Artikel. Ich möchte euch einfach nochmal daran erinnern, dass ihr nur noch wenige Tage Zeit habt, um ggf. eine schriftliche Kündigung an euer zuständiges Amt für Arbeit zu schicken.
Meine erste Kündigung Mitte letzten Jahres wurde noch abgewiesen, was im Nachhinein auch nachvollziehbar war. Mein zweites Kündigungsschreiben Anfang Januar blieb zwar erstmal ohne Antwort, aber es kam seitens der Agentur auch keine Beschwerden, als ich die Zahlungen meinerseits Ende 2010 eingestellt habe.
Nach telefonischer Nachfrage wurde mir bestätigt, dass meine Kündigung akzeptiert wurde und nochmal ein Schreiben raus geht. Ihr sollte also am besten telefonisch 2 Tage nach eurem Kündigungsbrief nachhaken.
Muster
Hier der Text, den ich in meinem Schreiben Anfang Januar 2011 an die Agentur für Arbeit verwendet habe:
Kundennummer: _______________
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit nehme ich mein Sonderkündigungsrecht gemäß des Beschäftigungschancengesetzes (§ 434u) in Anspruch. Wegen der geänderten Konditionen kündige ich die Mitgliedschaft in der freiwilligen Arbeitslosenversicherung (rückwirkend) zum 31.12.2010. Bitte überweisen Sie gegebenenfalls zu viel bezahlte Beiträge zurück auf mein Konto.
Bitte bestätigen Sie den Eingang meiner Kündigung.
Hinzu kommen natürlich noch die Anschrift deiner zuständigen Agentur und deine Absenderadresse. Und natürlich deine Unterschrift.
Umfrage
An meiner Umfrage Mitte 2010 hatten über 500 Leser teilgenommen. Rund ein Drittel hatten damals angegeben, dass sie wohl austreten werden.
Immerhin 13% wussten noch nicht, wie sie damit umgehen werden.
Seid ihr in der Arbeitslosenversicherung für Selbständige?
- Ja, aber ich werde nun austreten. (32%, 166 Stimmen)
- Ja und ich bleibe dabei. (21%, 110 Stimmen)
- Nein und das werde ich auch nie sein. (20%, 103 Stimmen)
- Ich bin mir noch nicht sicher. (13%, 66 Stimmen)
- Nein, aber in plane einzutreten. (10%, 54 Stimmen)
- Ich bin nicht selbständig. (4%, 20 Stimmen)
Teilnehmerzahl: 519 (max. 1 Stimmen)
Wie sieht es nun aus?
In einer neuen Umfrage würde ich gern von euch wissen, ob ihr ausgetreten oder ob ihr dabei geblieben seid.
Fazit
Noch 7 Tage hat man die Möglichkeit das Sonderkündigungsrecht zu nutzen. Dann ist das Thema erstmal vom Tisch und jeder der sich bis dahin nicht entschieden hat auszusteigen, ist für 5 Jahre an die Arbeitslosenversicherung gebunden. Außer natürlich nächstes Jahr werden wieder irgendwelchen Änderungen eingeführt. 🙂
Würde ich heute nochmal gründen, dann würde ich aber wahrscheinlich selber wieder die freiwillige Arbeitslosenversicherung nutzen, da es doch ein gute und auch immer noch bezahlbare Absicherung ist, die es vorher so nicht gab.
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Hallo Peer,
danke für den Hinweis, dass auch schon länger frewillig Versicherte mit der neuen Regelung seit 2011 nun auch wieder von vorne anfangen und fünf Jahre pflichtversichert sind. Das wusste ich gar nicht.
Diese Entscheidung ist wirklich zweifelhaft, aber das werden wahrscheinlich alle finden, die in der ALV als Selbständige versichert sind. Da ich weiterhin in der ALV bleiben will, kann ich nur hoffen, dass im nächsten Jahr vielleicht eine positive Änderung hinsichtlich der fünfjährigen Pflichtversicherung kommt :smile:.
Ansonsten muss ich den monatlichen Beitrag von gut 76 Euro ab 2012 wohl als meinen persönlichen Beitrag zur Solidargemeinschaft ansehen, und das vier Jahre lang.
Grüße
Susanne
Habe heute mit der Agentur für Arbeit gesprochen, da ich a) wissen wollte, warum man nicht schriftlich über die Änderungen informiert hat und b) wie das nun genau aussieht. Punkt a) war einfach dumm gelaufen. Da is wohl was schief gelaufen. Punkt b) war da schon interessanter.
Folgendes ist vielleicht interessant:
1. Der zuständige Berater musste bei dem ganzen Thema schmunzeln, sie machen halt, was gesetzlich beschlossen wird.
2. Die Steigerung ab 2011 und die nochmalige Verdopplung für 2012 sind fix – weitere Erhöhungen in dem Ausmaß sind nicht geplant
3. Sollte eine weitere Erhöhung kommen, hat man wieder Sonderkündigungsrecht, da man nicht gezwungen werden kann, eine vorher nicht festgelegte Erhöhung mitzumachen.
4. Auch generell musste der Berater der Agentur über die 5 Jahre schmunzeln. Es sagte wenn man 3 Monate nicht bezahlt, hat sich die Sache erledigt. So oder so.
Soviel also nach meinem Telefonat.
Ich persönlich werde es mal weiterlaufen lassen, denn sollte doch mal was sein und muss meine Selbstständigkeit an den Nagel hängen (wovon ich aktuell nicht ausgehe), dann hab ich eine Absicherung und die Beiträge sind dann trotzdem noch Peanuts. Zudem kann man diese soweit ich weiß als Ausgaben geltend machen, was den Gewinn schmälert.
@ Bohn
Natürlich ist die Frage, wie sie die 5 Jahre durchsetzen wollen. Allerdings war die Aussage, die ich gelesen habe, dass sie da in Zukunft strenger sein wollen.
Das hängt sicher auch von den jeweiligen Ämtern ab und wie diese vorgehen.
Ansonsten hast du grundsätzlich natürlich recht. Das ist immer noch ein Angebot, welches seines gleichen sucht und sehr beruhigend sein kann.
Ich bin ein sicherheitsliebender Mensch und wäre gerne drin geblieben. auch nach 6 Jahren Selbstständigkeit. Doch als ich von anderthalb Jahren mit meinem Partner zusammengezogen bin (Kind war unterwegs), haben die mich aus der Versicherung rausgeschmissen, und ich komm nicht wieder rein. Grund: Er bezieht ALG2, wir sind Bedarfsgemeinschaft, ich konnte uns drei nicht allein durchbringen. Man fliegt raus als ALG2-Bezieher, egal ob man weiter selbstständig arbeitet oder nicht. DAS sagt einem vorher niemand …
Hey Peer,
ich wollte mich nur schnell bei dir bedanken. Deine Website hilft mir oft in Entscheidungsfragen weiter. Danke für´s Recherchieren und Berichten.
Weiter so und dir alles Gute!