Mythen der Selbständigkeit – 7.Absicherung

Mythen der Selbständigkeit - AbsicherungHeute geht es im letzten Teil meiner Artikelserie über Mythen der Selbständigkeit um die Absicherung.

Das ist ein wichtiges, aber auch umstrittenes Thema, bei dem es viele verschiedene Ansichten gibt.

Ich werde ein paar typische Einstellungen diesbezüglich behandeln und meine Meinung dazu geben.

Absicherungs-Mythen

Wenn man jung und ungebunden ist, dann hat man als Gründer und Selbständiger das Gefühl, man könnte alles erreichen.

Man kann sich nicht vorstellen, dass man mal krank wird oder aus Altersgründen nicht mehr arbeiten kann oder nicht mehr so viel arbeiten möchte. Aber auch aus Kostengründen werden solche Gedanken gern weggeschoben.

Ich persönlich halte es dagegen für sehr wichtig sich mit der eigenen Absicherung zu beschäftigen, denn im Gegensatz zu Angestellten steht und fällt das eigene Business eines Selbständigen mit der eigenen Arbeitskraft. Arbeitet man nicht, kommt kein oder doch zumindest weniger Geld rein.

Natürlich weiß ich, dass es sehr unterschiedliche Meinungen dazu gibt und das werde ich im Folgenden auch beachten und ansprechen.

  • Selbständige dürfen nicht krank werden
    Als Selbständiger kann man sich gar nicht leisten krank zu werden und deshalb wird man es auch nicht.

    Es gibt natürlich Unterschiede beim Geschäftsmodell und nicht jeder Selbständige ist zu 100% von seiner täglichen Arbeit abhängig um Geld zu verdienen.

    Wer Projekte für Kunden umsetzt, für den gilt das sicher. Wer aber z.B. eigene Websites erstellt und durch Werbung und Co. Geld einnimmt, kann sicher auch mal eine Weile ohne aktive Arbeit weiter Geld verdienen.

    Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich allerdings definitiv sagen, dass man als Selbständiger weniger zum Arzt geht. Bei leichten Erkältungen oder ähnlichen Dingen hat man sich früher gern mal krank schreiben lassen. Das macht man nicht mehr, besonders als Privatpatient.

    Dennoch sollte man bedenken, dass einen eine schwere Krankheit oder z.B. ein Unfall immer treffen kann. Das sollte man in seinen Businessplanungen bedenken und kein Geschäftsmodell auf lange Zeit verfolgen, welches zu 100% von der eigenen Arbeitskraft abhängig ist.

    Denn spätestens wenn man älter wird, wird man auch mehr gesundheitliche Problemchen haben und die Gefahr steigt länger auszufallen. Für Gründer Mitte Zwanzig mag das schwer vorstellbar sein, aber dies sollte man in seinen Planungen bedenken.

    Und wenn man wirklich mal krank ist, dann sollte man sich die Zeit nehmen und dies richtig auskurieren. Verschleppte Erkrankungen können sich später mal ganz schlimm rächen.

    Entsprechend sollte man auch gewisse Absicherungen, wie z.B. eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, die zudem günstiger ist, je jünger man einsteigt.

    Man ist nicht immer jung und 100% fit. Wer sein Geschäftsmodell darauf aufbaut und nicht für kritischen Zeiten gewappnet ist, wird irgendwann große Probleme bekommen.

  • Man muss privat versichert sein
    Für Selbständige gehört es einfach dazu, dass man privat versichert ist. Man spart da gerade zu Beginn viel Geld.

    Manch einer hat die Vorstellung, dass zur Selbständigkeit neben einem großen Auto und einem luxuriösen Büro auch eine private Krankenversicherung gehört.

    Das ist natürlich nicht zwangsläufig so. Richtig ist, dass man also junger Gründer bei der privaten Krankenversicherung Geld gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung sparen kann. In den ersten Jahren kann das einiges ausmachen und gerade zu Beginn muss man jeden Cent zweimal umdrehen.

    Dennoch sollte man bei dieser Entscheidung ebenfalls die langfristigen Folgen bedenken. Mit der Zeit steigen die Beiträge zur privaten Krankenversicherung an. In manchen Tarifen, die extra für junge Menschen gestartet werden und dann nach einer Weile geschlossen werden und es zur Überalterung kommt, sind die Beitragssteigerungen sehr stark.

    Andere Anbieter bieten dagegen seriösere Tarife an, die zu Beginn zwar höhere Beiträge haben, die aber langfristig durch immer neue Mitglieder eine gesunde Struktur behalten. Bei der privaten Krankenversicherung ist es aber definitiv so, dass die Beiträge mit der Zeit steigen, da sie nicht vom Einkommen abhängig sind, wie das bei der gesetzlichen Krankenversicherung der Fall ist.

    Das wirkt sich gerade im Alter deutlich aus. Durch neue gesetzliche Regelungen, die eine Ansparung für das Alter vorsehen, ist der Anstieg der Kosten zwar nicht mehr so stark wie früher, aber man muss dennoch einiges für die private Krankenversicherung im Rentenalter zurücklegen.

    Bei der Wahl der Krankenversicherung sollte man nicht nur an kurzfristige Einsparungen denken, sondern die Entscheidung langfristig betrachten. Das gilt auch für das, was man in der eigenen Selbständigkeit verdienen will und muss.

  • Wozu überhaupt eine Krankenversicherung?
    Das mit der Zwangskrankenversicherung ist doch Abzocke. Ich will dafür kein Geld ausgeben.

    Leider höre ich immer wieder Stimmen von Gründern, die sich am liebsten gar nicht krankenversichern möchten. Die Pflicht zur Krankenversicherung hat diese Diskussion zwar mittlerweile überflüssig gemacht, dennoch möchte ich auf diese Einstellung hier kurz eingehen.

    Auch hier kommt oft die jugendliche Naivität und eine gewisse Ignoranz gegenüber den Realitäten zum Vorschein.

    Natürlich tun ein paar hundert Euro pro Monat für die Krankenversicherung weh, wenn man gerade gegründet hat und noch nicht so viel verdient. Aber wie oben schon gesagt, man bleibt nicht immer gesund und früher oder später kann es schneller zu einer Krankheit oder Verletzung kommen, als das denkt.

    Ich bin mir sicher, dass all die, die sich über die Krankenversicherung heute aufregen, ihre Meinung sehr schnell ändern, wenn sie von der Feuerwehr aus ihrem verunfallten Auto geschnitten werden, auf einmal dunkle Flecken auf ihrer Haut feststellen oder vor Zahnschmerzen nicht mehr wissen wohin mit sich.

    Eine Krankenversicherung ist keine Investition mit fester Rendite, sondern eine Absicherung für den Ernstfall. Und vor diesem Ernstfall ist keiner sicher.

    Hätten diese Leute dann im Notfall auf medizinische Hilfe verzichtet, wäre es vielleicht wirklich nicht notwendig gewesen eine Versicherungspflicht einzuführen. Aber ganz ehrlich, keiner ohne Krankenversicherung hätte im Notfall gesagt “Bitte bringt mich nicht ins Krankenhaus”.

    Die Pflicht zur Krankenversicherung war in meinen Augen ein richtiger Schritt, der viele Gründer zu ihrem Glück gezwungen hat.

  • Ich brauche keine Altersvorsorge
    Was ist eine finanzielle Absicherung fürs Alter heute schon noch Wert. In 30 oder 40 Jahren bekomme ich doch eh nichts mehr raus und zudem arbeite ich eh bis ich umfalle.

    Das Thema Altersvorsorge ich tatsächlich kein einfaches Thema. Während man früher noch relativ sicher sein konnte, dass man genügend Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bekommt, sieht das heute schon etwas anders aus.

    Und auch bei der privaten Altersvorsorge haben viele Selbständige angesichts der Finanzkrise große Bedenken. Wer garantiert einem, dass man das heute eingezahlte Geld überhaupt irgendwann nochmal als Rente bekommen wird?

    Eine 100% Garantie gibt es natürlich nicht, aber sollte man deshalb das Thema Altersvorsorge völlig ignorieren? Ich bin der Meinung, dass man das nicht sollte.

    Wenn man jung und voller Energie ist, dann kann man sich gar nicht vorstellen, dass es mal anders sein soll. Aber glaubt mir, bei den meisten wird sich diese Einstellung zur Arbeit mit fortschreitendem Alter ändern.

    Und während man es heute noch liebt 14 Stunden vor dem PC zu sitzen und auch an den Wochenenden zu arbeiten, sieht das mit 60 Jahren sehr wahrscheinlich anders aus.

    Ich will an dieser Stelle gar nicht für eine bestimmte Altersvorsorge werben. Lebensversicherungen sind heute nicht mehr wirklich gut für die Altersvorsorge geeignet und die anderen Möglichkeiten sollte man sich genau anschauen und sich von unabhängigen Experten beraten lassen.

    Definitiv klar ist aber, dass man viel Geld spart, je eher man mit der Altersvorsorge anfängt. Im Bekanntenkreis hat sich jemand nach der Wende selbständig gemacht und nie etwas in die Rente investiert. Nun wollte er das vor einer Weile nachholen, mit ca. 50 Jahren. Er hätte ungefähr doppelt so viel pro Monat einzahlen müssen, als er dann als Rente bekommen hätte. Das tut weh.

    Als Selbständiger hat man natürlich die Möglichkeit, durch den Aufbau eines langfristigen und profitablen Business ebenfalls ein Art Altersvorsorge zu betreiben. Auch das sollte man bei der Businessplanung bedenken, aber auch mit dem Worst Case rechnen, dass das eigene Business nicht bis zur Rente funktioniert.

    Man sollte auch und gerade als junger Mensch das Thema Altersvorsorge nicht gänzlich ignorieren. Je später man damit beginnt, um so teurer wird es.

Fazit

Versicherungen und Altersvorsorge werden von vielen Gründern und jungen Selbständigen erstmal nur als ärgerlicher Kostenfaktor betrachtet. Das ist in der schwierigen Gründungsphase auch verständlich.

Dennoch sollte man als junger Mensch langfristig denken und nicht alles vor sich herschieben, bis es zu spät ist. Zumindest sollte man sich die möglichen Konsequenzen klarmachen. Trifft man dann nach gründlicher Überlegung eine Entscheidung (egal welcher Art), dann ist das auf jeden Fall besser, als es zu ignorieren.

Peer Wandiger

8 Gedanken zu „Mythen der Selbständigkeit – 7.Absicherung“

  1. Zur Krankenversicherung: Man muss sich nur mal überlegen, dass ein Tag auf der Intensivstation mehrere 1000 Euro kostet. Eine Geburt kostet auch Geld. Allein mit diesen beiden Punkten kann man sich schon ordentlich an die finanziellen Grenzen bringen.

    Die Krankenversicherung ist ein Segen für unsere Gesellschaft und ich bedauere all jene, die das nicht verstehen.

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  2. Ein sehr gut geschriebener Artikel! Ich sehe das eigentlich genauso, man sollte wirklich langfristig denken, auch wenn es oft schwer fällt in jungen Jahren.Doch wenn man später sieht, was man gespart hat, wird man sicher erleichtert sein.

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  3. Hallo Peer,

    ich denke das du mit deinem Artikel genau die Gedanken von jungen Gründern reflektierst. Ich finde es gut, dass du die Risiken einer fehlenden Altersvorsorge so thematisierst und probierst angehenden Selbstständigen die Augen zu öffnen.

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  4. Sehr interessante Artikelserie. Du hast Recht, Altersvorsorge und Versicherungen werden eher als “zwingende Pflicht” gesehen, due unnötig Geld kostet. Vielleicht, weil wir diese selten benötigen, doch im Falle eines Falles ist die richtige Versicherung Gold wert 🙂

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  5. Gute und wichtige Gedanken zu Absicherung.

    Jeder Selbständige sollte sich bewusst sein, das er/sie pro Monat mindestens 800 Euro alleine benötigt um die notwendige Absicherung sicher zu stellen (Krankenversicherung, Berufsunfähigkeit sowie eine Unfallversicherung)

    Wer zu PKV geht sollte nicht die Lockangebote nehmen die vor allen jüngere Kunden zum wahren Dumpingpreise anlocken. Diese werden dann sobald man 40 ist verdammt teuer.

    Zwar lässt sich hier keine allgemein gültige Zahl nennen, aber eine auf Dauer gute Tarif bei die PKV erhält man auch als 23 jährige nicht für gerade einmal 120 Euro im Monat.

    Zudem muss jeden bewusst sein das in die PKV für jede Familienmitglied ein extra Betrag entrichtet werden muss. (z.B Kinder)

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  6. Zur Krankenversicherung kann ich nur schreiben, dass ich persönlich es besser fände, wenn alle in der gesetzlichen Krankenversicherung wären. Wer Zusatzleistung will, kann sich zusätzlich privat absichern. Es führt dazu, dass die jungen Menschen, die gut verdienen oder Selbständig sind, in die private Einzahlen und damit Geld der Solidargemeinschaft entzogen wird. Wenn die Leute älter werden und die private Kraankenvericherung plötzlich teurer wird, werkeln die daran rum, um in die gesetzliche zurück wechseln zu können, da diese für sie finanziell günstiger ist… Sofern sie es schaffen, liegen sie der Solidargemeinschaft auf der Tasche, haben aber für sich das optimale raus geholt …

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  7. Dein Artikel ist wirklich gut geschrieben und trifft den Nagel auf den Kopf! Ich muss dir voll zustimmen, weg vom mittelfristigen Denken und eher zukunftsorientiert denken, auch wenn man in Jungen Jahren andere Dinge im Kopf hat.

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  8. Das Problem ist, dass die Branche sehr intransparent ist. Ich bekomme Verträge mit den gleichen Leistungen zu unterschiedlichen Preisen. Ein Teil wird als Vorsorge angelegt usw.

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