Schon vor längerer Zeit bin ich im Web auf die Begriffe Proactive und Procrastination gestoßen. Meist wird Procrastination verdammt und empfohlen, dass man proaktiv handeln sollte.
Was genau verbirgt sich hinter diesen beiden Begriffen und wie kann man durch Proaktivität erfolgreicher und glücklicher werden? Und was ist “reaktiv”?
Diesen Fragen möchte ich heute nachgehen und auch meine eigenen Erfahrungen schildern.
Was ist Proaktiv?
Modeworte gibt es ja immer wieder und ich bin da mittlerweile auch recht skeptisch. Man muss ja nicht jeden Trend mitmachen. Und so war ich anfangs auch erstmal vorsichtig, als ich häufiger die Worte “Proactive” und “Procrastination” in englischsprachigen Blogs gelesen habe.
Nach und nach habe ich mich damit aber mal genauer beschäftigt und durch die Artikel, in denen diese Begriffe verwendet wurden, verstand ich so langsam das Konzept dahinter. Auch das Buch “Die 7 Wege zur Effektivität” nennt “Proaktivität” als einen wichtigen Faktor zur Steigerung der Effektivität.
Doch was genau ist mit Proaktiv bzw. Proaktivität gemeint? Die Wikipedia übersetzt proaktiv mit “voraushandelnd”. Es geht also darum, dass man nicht abwartet und nur auf Dinge reagiert, die einem passieren, sondern dass man vorausschauend handelt und damit die Dinge aktiv so gestaltet, wie man das möchte.
Noch besser wird es auf olev.de definiert. Wer “reaktiv” handelt, wartet auf Einflüsse von außen und handelt erst daraufhin.
“Proaktiv” ist die vorausschauende Planung und die Vorbereitung auf unterschiedliche mögliche Entwicklungen.
Und was ist verdammt nochmal “Procrastination”? Das bedeutet so viel wie Aufschieben. Statt also proaktiv oder zumindest reaktiv zu handeln, werden Dinge einfach ausgesessen und vor sich her geschoben. Frei nach dem Motto “Was du heute kannst besorgen, dass verschiebe lieber auf morgen”. 😉
Leider ist “Procrastination” oft nicht so einfach abzustellen. Es kann auch ein Krankheitsbild sein, wo sich Leute einfach zurückziehen und aktuelle Entwicklungen verdrängen. Im beruflichen ist es jedoch oft einfach so, dass man nicht loslegt. Man liest zum Beispiel lieber noch 2 Fachbücher zu einem Thema, als es endlich umzusetzen.
Oder man schreckt vor zu großen Aufgaben zurück und plant lieber noch eine Weile. Und auch wenn es immer mal wieder Stimmen gibt, die Partei für das “Aufschieben” ergreifen, so ist es meist doch eher ein Problem, welches der erfolgreichen Selbständigkeit im Wege steht.
reaktive Selbständige
Wie macht sich eine “reaktive” Einstellung bei Selbständigen bemerkbar?
Reaktives Verhalten zeigt sich zum Beispiel darin, dass man erst wartet bis die eigenen Umsätze sinken und die Kunden weglaufen, bevor man sich um das Marketing und die Kundegewinnung kümmert. Ich habe das bei anderen Selbständigen schon oft gesehen.
Auch auf Veränderungen im Markt wird erst reagiert, als diese akut werden, statt sich schon vorher Gedanken zu machen und die Entwicklung mitzugestalten.
Auch z.B. bei den eigenen Mitarbeitern reagieren Arbeitgeber oft reaktiv. Da wird erst nach Verstärkung gesucht, wenn ein Mitarbeiter ausfällt, statt sich vorher schon für den Fall der Fälle was zu überlegen.
Natürlich muss man manchmal reaktiv sein. Es gibt Entwicklungen, die wirklich überraschend kommen. Aber meist ist eine proaktive Vorgehensweise möglich.
reaktive Mitarbeiter
Ich will hier nicht gegen Mitarbeiter und Angestellte pauschal herziehen. Ich war selber lange Zeit Angestellter und kenne die verschiedensten Arten von MA.
Trotzdem ist es oft so, dass Mitarbeiter reaktiv sind. Es werden Aufgaben erst dann erledigt, wenn sie den Auftrag dazu bekommen. Veränderungen oder Optimierungen am Arbeitsplatz werden erst nach Aufforderung oder Anregung durchgeführt.
Probleme werden erst bearbeitet und gelöst, wenn sich schon Kunden beschwert haben. Leider macht sich ein Teil der Mitarbeiter nicht die Mühe selber mal voraus zu schauen und mögliche Alternative abzuwägen.
Oft liegt der Grund einfach darin, dass es keine emotionale Verbindung zum Arbeitgeber / zur Firma gibt und der Arbeitsgeber diese Proaktivität auch nicht vorlebt.
Und das kann für viele Probleme in einer Firma sorgen.
Proaktiv handeln
Was kann man also tun, um proaktiv zu handeln?
- Vorausschauend handeln
Es ist oft eine Grundeinstellung / charakterliche Sache, ob ich vorausschauend handle. Es gibt eben Leute, die über mögliche Entwicklungen nachdenken bzw. über Konsequenzen von Handlungen und sich entsprechend vorbereiten. Aber es gibt natürlich auch Menschen, die ohne Nachzudenken irgendwo reinstürzen. Man kann aber natürlich versuchen, die eigene Art zu verändern oder zumindest teilweise anders vorzugehen. - Strategisch planen
Als Selbständiger versinkt man oft im Tagesgeschäft. Dann handelt man meist reaktiv und sieht nur die aktuellen Probleme und Anforderungen. Doch es ist wichtig, dass man auch immer wieder einen Schritt zurück tritt und sich sein Business “von oben” anschaut. Dann kann man längerfristige Ziele und Maßnahmen planen und sich schon mal auf mögliche zukünftige Entwicklungen vorbereiten. - An den eigenen Einfluss glauben
Immer wieder höre ich von anderen Selbständigen das selbe Gejammer. Die Politik, die großen Firmen, die Konkurrenz etc. sind dafür verantwortlich, dass alles den Bach runtergeht. Und wer glaubt, dass er nichts beeinflussen kann, der handelt nur reaktiv, “um den Schaden im Grenzen zu halten”. Deshalb sollte man sich bewusst werden, dass man vieles im Leben selber in der Hand hat. Man muss es nur proaktiv angehen, auch wenn es natürlich keine Garantien gibt. - Kopf frei bekommen
Aussagen wie “In dem Markt kann man nichts neues mehr durchsetzen” oder “Das sind die einzigen Möglichkeiten” hört man immer wieder. Statt dessen sollte man sich nicht von anderen so sehr einschränken lassen und daran glauben, dass es überall noch neue Möglichkeiten gibt. Und auch aus der Verwandtschaft und dem Freundeskreis Das Buch “Blaue Ozeane” beschreibt z.B. sehr schön, wie man proaktiv den eigenen Markt gestaltet. - Routinen verinnerlichen
Sehr hilfreich ist es, wenn man die Proaktivität in regelmäßige Routinen verpackt. So könnte man sich vornehmen, einmal im Monat über zukünftige Entwicklungen nachzudenken und langfristige Möglichkeiten auszuloten. Man kann sich auch regelmäßig mit Kunden und/oder Mitarbeitern zusammensetzen und neben den aktuellen Dingen auch über zukünftige Entwicklungen nachdenken. Diese routinemäßige Proaktivität sollte aber nicht die proaktive Grundeinstellung ersetzen, die man sich als Selbständiger aneignen sollte.
Procrastination überwinden
Procrastination, also das Aufschieben von notwendigen Arbeiten, ist durch einige Tricks oft leicht zu überwinden.
- kleine Teilaufgaben
Oft sich es die großen Aufgaben und die schweren Wege, die uns bevorstehen und die wir immer weiter nach hinten verschieben. Um das aufzubrechen sollte man sich kleine Teilaufgaben überlegen, die viel schneller zu erledigen sind und einem nicht solche Angst machen. - Termine
Wenn man sich keinen Termin setzt, dann besteht oft auch kein Druck. Deshalb hilft es oft, wenn man sich zeitlich etwas unter Druck setzt. Siehe 13 Wochen Projekt. - Outsourcing
Gib es Arbeiten die du immer vor dir herschiebst? Dann solltest du mal überlegen, ob man diese Arbeiten nicht outsourcen kann. - Vorarbeit
Vorzuarbeiten ist teilweise auch eine Möglichkeit. Wir alle sind nicht immer gleich gut drauf. Und deshalb macht es manchmal Sinn, wenn man Arbeiten schon dann erledigt, wenn man gerade gut drauf ist und nicht immer erst dann angeht, wenn sie unbedingt fertig werden müssen. - positive Erinnerungen
Wenn man schwierige und aufwändige Dinge erledigt hat, ist das ein tolles Gefühl. Dieses sollte man sich immer in Erinnerung rufen, wenn man wieder von so einer Aufgabe steht. - Nicht nachdenken
Mir hilft es manchmal, wenn ich einfach anfange. Besonders stupide Arbeiten schiebe ich gern vor mir her. Doch dann hilft es, wenn ich einfach mein Hirn abschalte und loslege. - Belohnungen
Sich selber zu bestechen kann sehr motivierend und aktivierend sein. Wenn man sich heute einen Kinobesuch verspricht, wenn Aufgabe XY erledigt ist, dann legt man oft viel leichter los.
Es gibt viele Möglichkeiten, das Aufschieben zu durchbrechen. Denn wer zu viel vor sich her schiebt, der kann gar nicht proaktiv handeln, da er ständig nur mit “Altlasten” beschäftigt ist.
Es fällt manchmal schwer
Theorie und Praxis sind zwei paar Schuhe. Und auch mir fällt es nicht immer einfach proaktiv zu handeln.
Ich weiß wie befriedigend es sein kann, wenn man das Gefühl hat, man hat alles im Griff und man kann selbstbestimmt arbeiten. Und ich fühle mich dann auch glücklicher, als wenn ich das Gefühl habe, ich bin ein Getriebener der Umstände.
Doch manchmal versinkt man eben in Arbeit und hat einfach keine Nerven vor vorausschauendes Handeln. Oder man ist auch nicht immer gleich gut drauf. Es gibt einfach Tage, an denen ich einfach nur die Aufgaben abarbeiten, aber möglichst nicht viel dabei denken will.
Und das ist in meinen Augen auch Okay. Man muss nicht jeden Tag proaktiv sein. Hin und wieder kann und sollte man auch mal was aufschieben und einfach mal den Kopf frei bekommen.
Wichtig ist in meinen Augen aber, dass dies nicht Überhand nimmt. Sonst wird aus solchen “Hin und Wieder”-Durchhängern ganz schnell ein reaktives Handeln mit viel Procrastination.
Wie steht ihr dazu?
Gerade solche psychologischen Konzepte treffen oft auf die unterschiedlichsten Ansichten, die oft auch sehr emotional und entschlossen diskutiert werden.
Wie seht ihr das? Versucht ihr auch proaktiv zu sein oder reagiert ihr einfach nur auf das, was um euch herum passiert?
Sitzt ihr lieber alles aus, wie ein bekannte Ex-Bundeskanzler oder versucht ihr möglichst wenig aufzuschieben?
Eure Meinungen und Erfahrungen würden mich sehr interessieren.
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Hallo Peer,
hab zugegebenermaßen nicht den ganzen Artikel gelesen 😉
Ich schätze sehr das aktive und zeitige Handeln. Auch wenn ich selbst Dinge manchmal auf- bzw. verschiebe, dann nur unter der Vorraussetzung, dass die Zeit es erlaubt und keine Komplikationen dadurch entstehen.
Ich denke das beste Beispiel für pro-aktive Mitarbeiter findet man bei Google. Soll ja laut div. Ex-Mitarbeitern der schönste Arbeitsplatz der Welt sein 😉
Oft ist es mühsam etwas anzufangen oder proaktiv zu sein. Es ist viel einfacher einfach nur dann zu reagieren und zu handeln, wenn etwas nun wirklich nicht mehr warten kann.
Mir geht es so, wenn ich etwas vor mir herschiebe, dann fühle ich mich die ganze Zeit schlecht. Ich weiss ja genau, dass ich es tun sollte.
Seit ich begriffen habe, wie viel Freude es mir bereitet, Dinge erledigt zu haben, bin ich viel proaktiver und produktiver.
Im Normalfall ist das Erledigen von etwas unangenehmen viel viel weniger mühsam als man dachte. Das Verschieben bringt viel mehr negative Gefühle!
Tja zufälligerweise basiert die gesamte Arbeitsweise des Teams mit dem ich Arbeite auf diesem Prinzip. Nicht umsonst nennen wir usn Active System und unserere Präsentation Pro Active 😉
Das Prinzip ist schwer z ubegreifen aber meiner Ansicht nach gehört es zum kleinen 1×1 der Selbstständigkeit um erfolreich zu sein. Wenn man das einmal begriffen hat wird man gleich viel proaktiver.
Reaktive Angestellte? Ja, ja. So kann man sich als Arbeitgeber auch selbst bemitleiden und bejammern, wenn man versucht Verantwortung nach unten abzudrücken. Je größer das Unternehmen, je unfähiger der Vorgesetze, je mieser das Arbeitsklima, umso weniger wird proaktives Handeln geduldet. Du solltest mal die Frage klären, warum man prinzipiell keine proaktive Angestellte haben will und warum nur Führungskräfte proaktiv sein sollten. Dafür gibt es geradezu existenzielle Gründe.
“Nicht nachdenken
Mir hilft es manchmal, wenn ich einfach anfange. Besonders stupide Arbeiten schiebe ich gern vor mir her. Doch dann hilft es, wenn ich einfach mein Hirn abschalte und loslege.”
Habe das bei mir auch vor einigen Tagen festgestellt =)
Ich handle proaktiv. Das andere Wort will ich nicht aussprechen, zu denglish.
Die im Titel gestellte “Frage” beantworte ich mit einem doppelten JA.
Proaktiver Lebensstil wird mit Erfolg und Glück gesegnet 😀
@ Logan
Ich hatte ja auch schon mal was zum Thema “Eat that frog” geschrieben. Also früh erstmal die unangenehmste Aufgabe erledigen. Dann ist der Rest des Tages kein Problem mehr.
@ Markus
Ich habe gesagt, dass nicht alle so sind, sondern nur ein Teil. Und natürlich gibt es auch genug reaktive Selbständige und Arbeitgeber. Also nicht gleich in die Luft gehen. 🙄
Die meisten Arbeitgeber möchte proaktive Arbeitnehmer. Das ist zumindest meine Erfahrung. Ich kann dann aber nur für KMUs sprechen. Vielleicht ist es in Großunternehmen wieder anders.
@ Waldemar
🙂
In der Sache alles ok – nur die Terminologie ist peinlich. Statt “proaktiv” und “reaktiv” sagten deutsch sprechende Menschen früher einfach “agierend” und “reagierend”. Und brachten damit dasselbe zur Sprache. Es lebe das Marketingdeutsch…:roll:
Es ist einfach wichtig das zu tun was man will und damit ist man dann automatisch Proaktiv, und zwar unabhängig welche Hürden oder auf welche Schwierigkeiten man stossen würde oder könnte.
Dies trifft sowohl im privaten wie auch im geschäftlichen Leben zu. Der Mensch der Proaktiv ist, ist erfolgreich – egal was er tut – das wichtigste ist ja dabei das man “etwas” – bzw. was tut – um zu dem zu kommen was man will.
Proaktiv ist einfach wie vieles andere ein neues Modewort, um das gleiche was es bereits seit tausende Jahre gab anders zu beschreiben und zu formulieren – um vielleicht auch besser (anders, etc..) rüber zu bringen.
Ich denke als Selbstständiger ist es zwingend notwending proaktiv zu handeln, um langfristig erfolgreich zu sein. Es ist schließlich auch das eigene Baby. Schwieriger ist es bei Mitarbeitern. Man muss versuchen sie zu Unternehmern im eigenen Unternehmen zu machen. Dann sind die Chancen auch für proaktives Handeln groß. Allerdings sind dann auch die Chancen größer, dass dieser sich dann selber Selbstständig macht und kündigt.
Daszu empfehle ich das Buch von Sascha Lobo: “Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken selbstdisziplin”
Lese ich grade. Denn ich bin geboren umzu prokrastinieren. Auch wenn ich es hasse. Aber sowas von…
Das typisch reaktive ist, wenn man morgens als erstes die Mails öffnet und bis zum Feierabend nichts anderes macht, als diese zu beantworten.
Also mal vorausgesetzt, das ist nicht die eigentliche Arbeit… 😎
Jemand der pro-aktiv ist derjenige, der sinnvolles in seiner Freizeit macht und nicht die ganze Zeit vorm Computer sitzt.:???: