Schreibtipps für Blogger, Texter und Selbständige im Netz – Interview

Neue und lesenswerte Texte sind die beste Möglichkeit für langfristig gute Besucherzahlen zu sorgen.

Doch vielen fällt es nicht einfach regelmäßig interessante Artikel zu schreiben.

Im heutigen Interview spreche ich mit Walter von schreibsuchti.de. Er schildert seine Erfahrungen und gibt Schreibtipps für Blogger, Texter und Selbständige im Netz.

Hallo Walter. Bitte stell dich meinen Lesern vor.

Hi, ich bin Walter. Ich bin verheiratet, habe zwei wundervolle Kinder und arbeite als selbstständiger Autor, Blogger und Berater.

Das klingt nach viel, das ist es auch. Ich fahre mehrere Einkommensschienen, weil es schwierig ist von einer Schiene allein eine Familie zu ernähren.

Wie bist du zum Bloggen und zum Schreiben gekommen?

Angefangen hat das schon zu Studienzeiten, so ungefähr im Jahr 2006. Mir zeigte mein Bruder, dass man kostenlos einen Blog im Internet erstellen kann bei blogspot.com. Das war der erste Schuss. Seitdem ließ mich das Bloggen nicht mehr los. Ich startete wahrscheinlich 5 oder 7 Blogs, ich habe aufgehört zu zählen.

Während des Studiums fand ich dann eine Stelle (ab 2011) beim Handelsblatt als studentische Aushilfe. Bis heute bin ich dann beim Handelsblatt als freier Mitarbeiter geblieben und die Freude am Schreiben nahm immer mehr zu.

2013 machte ich mein erstes Staatsexamen und meine Lust an der Juristerei ging stark gegen Null. Der Journalismus und das Bloggen hatten mich bereits fest im Griff.

Ich glaubte, dass das Referendariat (also die Praxis) den Juristenjob wahrscheinlich besser machen würde – doch es wurde nur noch schlimmer.

Eins war klar: Ich war nicht für diesen Job geschaffen.

Also machte ich mich 2014 als Autor, Blogger und Berater selbstständig.

Das konnte ich aber nur, weil ich seit 2012 einen Blog über das Schreiben betrieb, der ab 2013 sehr erfolgreich lief.

Motiviert durch andere Blogger, vor allem aus den USA, traute ich dann den Sprung.

Was gefällt dir am Schreiben so gut?

Natürlich verdiene ich einen Großteil meines Geldes dadurch, dass ich für andere schreibe bzw. andere beim Schreiben und Bloggen unterstütze.

Doch der große Spaß liegt im Schreiben eigener Texte unter denen dein Name steht. Ghostwriting ist deshalb auf lange Sicht nichts für mich.

Es ist das Gefühl etwas erschaffen zu haben, das bleibt. Etwas, das Bedeutung hat. Etwas, das Menschen verändert.

Mein großer Antrieb ist immer die Veränderung des Lesers zum Guten. Beim Bloggen bekommt man auch sofort eine Antwort – durch einen Kommentar eines Leser – und das macht das Ganze dann zu einem Suchtfaktor 😉 Ich glaube ich liebe diese Belohnungsfunktion des Schreibens.

Was macht für dich einen erfolgreichen Text aus?

Ein erfolgreicher Text verändert das Leben des Lesers. Das klingt pathetisch, aber es fängt klein an.

Wenn ich ein Mittel gegen Wespen suche und ein Text erklärt es mir sehr gut, dann hat dieser Text mein Leben verändert.

Spannender wird es natürlich, je größer die Fragen sind: Was ist der Sinn des Lebens? Was ist meine Berufung? Was ist mein Traumjob?

Ein Text muss verändern, berühren, inspirieren, motivieren. Das geht mit reiner Information. Das geht auch mit Emotion. Am besten ist natürlich beides zusammen.

Welche vermeidbaren Fehler siehst du online in Texten immer wieder?

Floskeln wie „Meiner Meinung nach, Ich glaube, Ich finde,“ machen einen Text schwach und bringen den Autor in eine defensive Situation. Ein solcher Autor geht auf Nummer sicher und will kein Risiko eingehen.
Lösung: Einfach weglassen. Alles, was du schreibst, ist deine Meinung. Solche Weichmacher sind deshalb unnötig.

Abgedroschene Bilder: Als Leser bekommt man immer wieder die gleichen „Bilder“ vorgelegt. Der Elefant im Porzellanladen, der Apfel, der nicht weit vom Stamm fällt, usw. Solche Bilder sind so ausgelutscht, dass sie nicht die geringste Regung in uns erzeugen. Wir sind immun gegen diese Formeln.
Lösung: Eigene Bilder erfinden oder alte verzerren.

Absätze. Die Enter-Taste sollte öfter verwendet werden. Fließtext sieht man immer noch viel zu oft. Ich steige bei Fließtext am Bildschirm sofort aus. Viele Blogger verlieren viele Leser, nur weil sie keine schönen Absätze machen und der Text rein optisch hässlich ist.
Wer glaubt, dass er allein mit seinen Texten überzeugen kann und die Optik und das Layout missachten darf, der muss schon Shakespeare oder Einstein heißen.

Wie motivierst du dich zum Schreiben, auch wenn du mal nicht so große Lust dazu hast?

Meine größte Motivation begrüßt mich jeden Abend, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme. Meine Kinder und meine Frau motivieren mich ungemein. Ich weiß, dass ich schreiben muss, um sie glücklich zu machen. Ich habe keine Wahl.

Außerdem versuche ich langfristig zu denken. Kurzfristige Niederlagen können mich ganz schön aus der Bahn werfen und dann starre ich gelähmt an die Decke.
Doch das Bloggen ist eine langfristige Sache und ich gebe den Glauben an den Erfolg nicht auf.

Weiterhin schaue ich auf mein Vorbild: Jon Morrow. Seine Texte motivieren mich und auch seine persönliche Geschichte.

Und mein letzter Trick: Ich bin ein Fan von Motivationsvideos wie die von Eric Thomas.

Hattest du schon mit einer Schreibblockade zu kämpfen? Was machst du dagegen?

Oh ja. Es gaben Wochen, da habe ich kein einziges Wort für meinen Blog geschrieben. Nicht weil mir nichts einfiel, sondern weil ich innerlich gelähmt war. Es war die Angst vor dem Scheitern. Die Bequemlichkeit, sich auf Erfolgen auszuruhen. Oder die Angst vor einem großen Projekt, die mich lähmte.

Heute gehe ich an jede Schreibblockade so heran: Ich schreibe nur 2 Minuten. Mehr nicht. Ich sage mir selbst, dass ich nur kurz etwas schreiben werde. Aus den zwei Minuten werden dann 5 und aus den 5 Minuten wird dann eine Stunde.

Der Trick ist, dass man seine innere Angst überlistet, indem man die Aufgabe am Anfang so klein wie möglich macht. Dann fällt das Anfangen nicht mehr schwer. Und ist man erst mal drin, kann mich nichts mehr stoppen.

Wie schaffen es Anfänger gute und lesenswerte Artikel zu verfassen?

Persönlichkeit: Jeder „Anfänger“ hat eine spannende Persönlichkeit. Wenn man diese mit in die Texte fließen lässt, dann wird der Text sofort frischer und interessanter. Denn Menschen wollen keinen leblosen Robotertext – sie wollen Menschen.

Drama: Viele Autoren sind so sachlich und nüchtern, dass sie sich beim Bundesgerichtshof als Protokollanten bewerben könnten. So etwas lernt man in der Regel in der Uni. Wenn sich Autoren ein bisschen mehr trauen, mehr Drama und Emotionen in die Texte einfließen lassen, dann wird der Text erstaunlich besser. Das gilt übrigens für jede Nische: Auch „How-to-Blogger“ können ihre Tutorials mit mehr Drama versehen.

Kürze: Ich bin ein Fan von Kürze – auch wenn man das in diesem Interview nicht merkt.
Kurze Wörter, kurze Sätze, kurze Gedankengänge. Das macht einen Text schnell, kurzweilig und super lesbar.

Meine Faustregel: 10 Prozent lassen sich immer kürzen. Immer.

Wie findest du interessante Themen, z.B. für deinen Blog?

Ich habe ein Swipe File, also eine Sammlung mit zahlreichen Überschriften und Artikelideen (mittlerweile mehr als hundert). Ich gehe dieses Swipe File regelmäßig durch und schaue, bei welche Überschrift mein Aufmerksamkeit stehen bleibt.

Meine Frage ist: Welches Thema ist bei mir reif? Worüber kann ich aus eigener Erfahrung schreiben? Was liegt mir auf dem Herzen? Ich mag es nämlich nicht, Texte zu schreiben, die auf reiner Recherche beruhen. Der Text muss von mir kommen, aus meinem Inneren.

Welche Tools nutzt du beim Schreibprozess?

Evernote zum Sammeln von Überschriften, Artikelideen und allgemeine Blog-Ideen. Evernote ist also mein Swipe-File.

Ich schreibe den Text dann ganz Banal in Pages (bzw Word). Dabei benutze ich die Vollbildfunktion, damit mich nichts ablenkt (wie lustige Bilder auf meinem Desktop).

Mit Freedom sperre ich meinen Internetzugang an meinem Macbook, während ich schreibe. So stören mich keine Updates, keine Mails und ich kann mich auch nicht ablenken. Da bin ich ganz hart zu mir. Denn oft will man nur eine Kleinigkeit recherchieren und schwups ist man plötzlich bei der Huffington Post und liest einen Beitrag über „5 Tipps zum richtigen Duschen“.

Du hast ein kostenloses eBook veröffentlicht. Warum, wie ist es entstanden und was hat es gebracht?

Das kostenlose eBook ist eine Sammlung meiner besten und wichtigsten Schreibtipps. Viele dieser Schreibtipps sind aus Blogartikeln entstanden, aber einige habe ich auch exklusiv für das Buch geschrieben.

Ich habe das eBook „Einfach besser schreiben“ dann über meinen Blog verkauft. Zunächst kostete es 5 Euro, danach 10 Euro. Ich verkaufte damals so um die 20 Stück pro Monat. Dann entschied ich mich aber das eBook kostenlos herauszugeben, im Tausch gegen die E-Mail des Lesers.

Der Gedanke: Langfristig ein großes Publikum aufbauen ist wertvoller als kurzfristig ein paar Euro verdienen. Seitdem ging meine E-Mail-Liste auch deutlich besser ab. Verbunden mit meiner Guestblogging-Strategie bekomme ich heute mehr als 300 E-Mail-Abonnenten jeden Monat.

Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Tipps für angehende Autoren freuen.

Zeit finden. Das größte Problem meiner Leser ist immer das Gleiche: Zeit finden. Wer deshalb Autor sein möchte, der muss bereit sein, Zeit freizuräumen. In der Regel haben wir alle wenig Zeit, deshalb muss man bereit sein, etwas zu opfern: Fußball, Kegeln, Kinogänge. Wer nebenbei schreibt – und das tun die Meisten – muss Opfer bringen. Mit einer Stunde pro Woche wird das nämlich nichts.

Dran bleiben. Viele Blogs geben nach etwas 2 Jahren auf – leider. Michael Hyatt hat jahrelang überhaupt keine Erfolge gesehen. Mein erstes Jahr war überhaupt eine Wüste. Deshalb sollte man, wenn man es als Autor ernst mein, niemals aufgeben. Man weiß nie, wie weit der Durchbruch entfernt ist – vielleicht nur noch einen Text, vielleicht auch 100.

Schreiben. Das Internet hat so viele tolle Dinge, dass Blogger sich gerne verlieren in den unzähligen Tipps, Tricks, Social Media, Tools und Co. Doch das Wichtigste ist und bleibt das Schreiben. Deshalb halte ich mich an diese Regel, genannt die 3 Cs: Create, Connect, Consume. Zuerst schreiben, dann netzwerken, dann konsumieren. Und zwar genau in dieser Reihenfolge.

Danke Walter für das Interview

Peer Wandiger

15 Gedanken zu „Schreibtipps für Blogger, Texter und Selbständige im Netz – Interview“

  1. Hallo Peer und Walter,

    ein tolles Interview!

    Am besten gefällt mir dir 3-C-Regel!
    Natürlich breche ich sie in diesem Moment (zumindest auf die Reihenfolge bezogen, und das ist ja der Kernpunkt!), versuche sie aber in Zukunft zu verwenden 🙂

    Vielen Dank dafür!
    Ein Gruß aus Schweden,
    rike

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    • Hi Rike,
      Die drei Cs habe ich von Scott Dinsmore. Seitdem halte ich mich immer an diese Reihenfolge. Rettet mir das Leben und hilft mir, mich auf das wesentliche zu konzentrieren.

      LG, Walter

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  2. Hallo,

    wirklich mal wieder ein Interview mit Mehrwert! Klasse! Obwohl ich selber nicht gerne schreibe, werde ich mir diesen Artikel mal irgendwo abspeichern. Man weiß ja nie :).

    Grüße

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    • Hi Florian,
      Danke für deinen Kommentar. Ich kann dir nur ans Herz legen, es mit dem schreiben zu versuchen. Es ist das schönste Hobby der Welt 😉
      LG, Walter

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  3. Ein wirklich schönes und auch persönliches Interview, dass mir sehr gut gefallen hat. Wer sich selber mal im Schreiben ausprobieren möchte oder auch schon länger dabei ist, auf netzaktiv.de suchen wir fortlaufend neue interessante Autoren und Autorinnen!

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  4. Ich wollte eigentlich nach den ersten paar Sätzen aufhören zu lesen: Grundkurs Jornalismus erstes Semester mit null Mehrwert. Auch mit Walters Blog bin ich bisher nie warm geworden, außer den vielen gut untergebrachten Schweitzer Zitaten.

    Aber es hat sich gelohnt bis zum Ende durchzuhalten. Ich gebe mal einen Daumen hoch für dieses gelungene Interview und auch Walters Blog eine dritte Chance. Manchmal braucht es vielleicht Zeit, um miteinander warm zu werden.

    Grüße eines Geisterschreibers

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    • Hi Schreiberling,
      Da bin ich aber froh, dass du mir noch eine Chance gibst 🙂
      Vielleicht bin ich wie eine Olive – die schmeckten mir erst nach dem dritten Versuch 🙂

      LG, Walter

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  5. Kann mich den anderen nur anschließen. Ein wirklich gelungenes Interview.
    Ich kann mich in einigen Sachen sogar selber sehr gut wiederfinden.
    Vor allem was das Ablenken angeht… da sollte ich den Tipp mit der Internetsperre für mich selber vielleicht auch einmal in Erwägung ziehen 🙂

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    • Hi Crejilio,
      Das mit der INternetsperre ist wirklich mega effektiv. Nicht wegen Facebook und Co., sondern auch wegen der Recherche. Da ist man schnell bei einem interessanten Artikel in Wikipedia hängengeblieben…
      Freedom kann ich sehr empfehlen.
      LG, Walter

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  6. Peer, vielen Dank für das Interview mit Walter!

    Er ist talentiert und integer und wann immer er eine Email an seine Liste schickt, mache ich sie auf und lese alles was er aufs digitale Papier bringt.

    Sehr sympathisch finde ich, dass er Jura an den Nagel gehängt hat. Habe ich auch gemacht 🙂

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  7. Danke für das aufschlussreiche Interview, ich selbst habe Walters Newsletter abonniert und freue mich, hier von ihm zu lesen.

    Walter gibt auch so ein tolles Beispiel, das Mut macht. Inzwischen bin auch ich tief im Schreiben verwurzelt und versuche mir damit meine eigene Existenz aufzubauen. Hier sehen wir jemanden, der diesen Weg ganz konkret und erfolgreich verfolgt! 🙂

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  8. Gute Tipps dabei! Ich denke, mein Schreibstil ist auch noch nicht perfekt.
    Vor allem mit der “Schreibblockade geht mir ab und zu ähnlich. Da schiebt man es manchmal vor sich her und wenn man dann doch einmal anfängt, läufts auf einmal und man schreibt den Artikel in einem Durchlauf 😀

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