Texte sind Direktmarketing und persönliche Betreuung – Interview mit Johannes Flörsch

Meine Artikel über gekaufte Texte habe ja einige Reaktionen hervorgerufen. Darunter waren positive wie negative Kommentare.

Und da ich selber zwar viel schreibe, aber kein professioneller Texter bin, wollte ich eben genau jene auch zu Wort kommen lassen.

Johannes Flörsch, von wortport.de war so freundlich, mir meine Fragen zu beantworten. Dabei hat er nicht nur viele Einblicke in seine Tätigkeit als Texter gegeben, sondern auch gleich ein paar sehr anschauliche Beispiele aufgeführt.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.

1. Hallo Herr Flörsch. Stellen Sie bitte sich und Ihre Website WortPort.de meinen Lesern vor.

Schönen guten Tag zusammen!

Damit ich nicht langweile (das aus beruflicher Sicht Wesentliche steht schon bei Xing), will ich hier nur zwei Dinge erwähnen: Ich wollte, ja ich musste immer schreiben. Und ich besitze ein starkes Unabhängigkeitsgefühl. Das ist zunächst mal keine schlechte Basis, aber für ein Leben als Schriftsteller auf der Veranda seines Insel-Domizils noch zu wenig.

Je älter ich wurde, desto schwieriger ließen sich Schreibwunsch und Unabhängigkeit vereinbaren: Ich musste eine Familie mitfinanzieren, und das bedeutete Einschränkung. Einschränkung, die aber mannigfach vergolten wurde: Weil ich über lange Phasen von zu Hause aus arbeiten konnte, war ich quasi schon in der Ehe alleinerziehend.

Meine Dienstleistung wortport.de nutzt genau diese Situation: Ich benötige keine Agenturräume und keine starren Arbeitszeiten. Seit Herbst 2008 bin ich damit auf dem Markt.

2. Welche Dienstleistungen bieten Sie genau an?

Mein Angebot bewegt sich im Magnetfeld von Text: Ich korrigiere, ich coache, ich schreibe.

Wer Fragen zur Rechtschreibung hat, wer Texte korrekturlesen lassen möchte, wer ein Lektorat benötigt und wer wissen will, ob sein Skript, sein Drehbuch, der Romanentwurf oder die Diplomarbeit halten, was sie sollen, findet bei mir, bei wortport.de, Unterstützung und Rat.

Seit Anfang 2010 biete ich auch SEO an: das Schreiben von für Suchmaschinen optimierte Texte.

3. Wie sind Sie dazu gekommen, professionell zu Texten? Braucht man dafür eine spezielle Ausbildung?

Ich hatte das große Glück, jeweils zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein: Im Fernsehstudio des Saarländischen Rundfunks traf ich den Vertriebschef eines Musikverlags, der einen Texter suchte. Daraus entwickelte sich der Kontakt zu Sound Check, dem Musikermagazin, was wiederum zum Job für eine Münchner Kommunikationsagentur führte.

Meine letzte Festanstellung als Redakteur bei Familie&Co in Freiburg hatte ich wohl der Summe all dieser Zufälle zu verdanken: Ich habe jeweils genau das gelernt, was mir beim nächsten Schritt, bei der nächsten Stelle, helfen konnte. Also im Grunde nichts, was man empfehlen könnte.

Oder härter formuliert: reines Glück, dass ich schreiben konnte.

4. Es gibt im Web ja immer mehr Textportale, in denen man für wenige Cent pro Wort Texte bekommt. Wie stehen Sie zu solchen Angeboten?

Schlicht gesagt: Mir persönlich sind die erst einmal egal. Aber ich habe natürlich auch eine etwas differenziertere Ansicht zu den drei beteiligten Parteien in diesem Geschäft: Wer sich schreibend etwas verdienen will in diesem Metier, soll das tun – ich halte es für eine Falle! Das Feedback ist miserabel, weil wenig hilfreich. Anders gesagt: Als Schreiber lernt man hier gerade nicht, seine Talente zu verbessern.

Zweitens. Ein Unternehmen, das Texte benötigt und nur auf den Preis schaut, agiert wie jemand, der für den günstigsten Preis die beste Leistung erwartet. Dieser Unfug kann sich nicht rechnen. Früher oder später wird das Unternehmen feststellen, dass es schlechtem Geld gutes hinterher werfen muss.

Drittens die Makler, die Textportale: eine legitime Sache. Es stellen sich nur Fragen: Wie wird die Qualität der Texte gesichert? Wenn ich als Konzeptioner oder Werbetexter einen Kunden berate, muss ich dem unter Umständen manche seiner Vorstellungen ausreden.

Ein Beispiel: Vor etwas über zehn Jahren betreute ich einen Gasthof im Bayerischen Wald. Der Gastronom, ein cleverer, ambitionierter und weitsichtiger Mann, legte Wert auf eine urbayerische Formulierung, die ich zähneknirschend hinnahm.

Mittlerweile ist aus dem ehemaligen Gasthof ein prämiertes Vier-Sterne-Wellness-Hotel geworden – aber die Formulierung findet sich immer noch in den Prospekten: Sie wirkt in der Hochglanzumgebung wie der Kuhhirte beim Neujahrsempfang – unpassend. Ich würde dem von mir ansonsten sehr geschätzten Gastronom nahelegen, auf diese Art Lokalkolorit zu verzichten. Diese Möglichkeit fehlt bei den Portalen, und meine Erfahrung mit einigen von ihnen zeigt, dass hier eher Dilettanten (also Liebhaber) über die Qualität urteilen als echte Kenner der Materie „Text“.

5. Sind solche Anbieter eine Konkurrenz für Sie? Wie grenzen Sie sich davon ab und wie argumentieren Sie Ihre höheren Preise gegenüber potentiellen Kunden?

Natürlich sind sie Konkurrenz, denn sie bieten Ähnliches an wie ich. Und natürlich sind sie es nicht, weil ich eine Art persönlicher Betreuung anbiete, die den Portalen vollkommen fremd ist: Ich drücke aus, was meinem Kunden auf der Zunge liegt.

Wir wollen dabei aber auch nicht vergessen, dass Portale nur für eine Textsorte zuständig sind: fürs SEO. Alles was darüber hinausgeht, PR, Werbung, Image, kann durch die Portale in ihrer jetztigen Form nicht erfasst werden.

Auch hier ein Beispiel: Einer meiner Kunden agiert im hochkomplexen Bereich des IT-Nearshoring: Softwareentwicklung im Ausland. Wegen der Materie ist hier die persönliche Nähe geradezu Voraussetzung für eine wirksame Arbeit des Texters und PR-Redakteurs. Und: special service – special price!

6. Stichwort “SEO-Texte”. Was ist nach Ihrer Meinung das Geheimnis erfolgreicher Web-Texte?

SEO-Texte zielen zurzeit einseitig nach dem Gefundenwerden durch Suchmaschinen. Was aber habe ich als Unternehmen von einem Platz auf Google-Seite Nummer 1, wenn mir trotzdem die Kunden abspringen, weil die Texte schlecht sind?

SEO-Texte dienen der webindexbasierten Listung: Das Heil wird darin gesehen, möglichst weit oben in der (nicht bezahlten) Suchliste zu stehen. Diesen Unternehmen kann ich nur raten: Täuscht euch nicht in Google! Google arbeitet pausenlos daran, die Trefferlisten im Sinne der Suchenden zu verbessern.

Die Häufung von Keywords im Text mag den Rang verbessern; sie verschlechtert aber dramatisch die Verständlichkeit des Textes und (was viel wichtiger ist) das Gefühl des Kunden: Wer in einem 350-Wörter-Text eines Reiseanbieters mindestens zwölfmal den Namen lesen muss, wird abgestoßen statt umschmeichelt. Der Text schreit es heraus: Ich bin wichtig – nicht du!

Erfolgreiche Texte sind Texte, die es zu verhindern wissen, dass die Leser aussteigen. Wer erfolgreiche Texte schreiben will, sollte sich dem Direktmarketing lernend nähern.


7. Kommen wir zu dem Thema, mit dem alle Selbständigen zu kämpfen haben. Wie läuft bei Ihnen die Kundengewinnung?

Ich habe vorübergehend mit AdWords experimentiert. Aber ich bin kein Fachmann, deswegen habe ich die Kampagnen eingestellt, als kein Return of Invest zu verzeichnen war. Das muss ich delegieren oder aber mich erneut selbst einarbeiten. Grundsätzlich halte ich AdWords für genial.

In Vorbereitung ist eine E-Mail-Kampagne: Druckereien und Agenturen sollen meinen Korrekturdienst buchen und in einem zweiten Schritt auf meine Texter-Leistung anspringen.


8. Welche Rolle spielt der Blog bzw. die Website bei der Kundengewinnung? Wie viele Ihrer Kunden kommen über das Internet zu Ihnen?

Texte sind DirektmarketingEhrlich: Ich habe die Bedeutung des Blogs unterschätzt.

Hier muss ich viel mehr Zeit investieren. Zwei Einträge im Monat sind definitiv zu wenig.

Bei der Kundengewinnung spielen sie derzeit keine Rolle – was aber, wie ich vermute, der schlechten Wartung geschuldet ist. Ich müsste mehr tun.


9. Gibt es noch andere On- und Offline-Kanäle, die Sie zur Kundengewinnung nutzen?

Wie gesagt: die E-Mail-Kampagne steht vor der Einführung.

Offline? An der Uni Passau hängen einfache, in Orange gehaltene Plakate mit meiner Website.


10. Zu guter letzt noch ein wichtiger Tipp für alle, die als Texter im Internet erfolgreich sein wollen.

Texte sind DirektmarketingWas ist erfolgreich?

Im Sachtexte-Portal www.suite101.de schreibe ich, worüber ich Lust habe. Manche Texte werden häufiger angeklickt, manche praktisch überhaupt nicht.

Doch auch die weniger frequentierten Artikel haben mir Genugtuung und Befriedigung verschafft – auch eine Art von Erfolg, wie ich finde.

Wenn Erfolg in Ihrer Frage im materiellen Sinne verstanden werden soll, fallen mir drei Dinge ein:

  • Lehrjahre sind keine Herrenjahre
  • Wer schreibt, um zu verdienen, wird enttäuscht
  • Aber egal, was du tust – tue es richtig!


Danke Herr Flörsch

für die Einblicke in die täglichen Herausforderungen eines professionellen Texters.

Das Interview bzw. die Antworten von Herrn Flörsch zeigen ganz deutlich, dass die Arbeit als Texter sicher nichts für jene ist, die schnell reich werden wollen.

Wer aber sehr gern schreibt und gern mit Menschen zu tun hat, für den ist es sicher eine erfüllende Tätigkeit, deren Wert weit über die monetäre Bezahlung hinaus geht.

Die Abgrenzung der Text-Portale zu den Leistungen eines professionellen Texters hat Herr Flörsch, wie ich finde, sehr gut beschrieben. Textportale liefern SEO-Texte. Einfache Texte für Affiliate-Sites und ähnliches.

Kaum eine Firma wird die Texte für einen Firmen-Website, einen Broschüre oder ähnliches über so ein Textportal ordern. Und hier liegt auch ganz klar die Chance von professionellen Textern. Der persönliche Kontakt und das individuelle Eingehen auf die Bedürfnisse der Kunden ist der große Vorteil und wird am Ende dann auch bezahlt.

Peer Wandiger

6 Gedanken zu „Texte sind Direktmarketing und persönliche Betreuung – Interview mit Johannes Flörsch“

  1. Ein sehr schöner Text, ich kann mich da Herrn Flörsch voll und ganz anschließen. Und weil ich gar nichts weiter ergänzen kann, möchte ich noch kurz ein Beispiel geben: Die Firma meines Vaters hat anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens ein Festbuch herausgegeben, das ungefähr 40.000 Euro Honorar gekostet hat. Natürlich hätte man auch einen Texter für 100 Euro gefunden. Aber die beiden Autoren des Buches sind ein halbes Jahr durch die Firma gelaufen, haben Mitarbeiter interviewt, Mitarbeiter im Ruhestand aufgetrieben und befragt, Fotos gemacht, Presseberichte recherchiert und, und, und. Man muss eben wissen, was man möchte.

  2. Gute Anregungen! Mein ehemaliger Chef hat immer gesagt: Wer billig kauft, kauft zweimal. Und schon etliche Male habe ich mir in den letzten 10 Jahren gedacht: Recht hat er gehabt. Das ist beim Kauf von Texten nämlich ganz ähnlich…

    @ Franc: Alles selbst zu schreiben wäre mir eigentlich auch am liebsten, ab einer gewissen Größe oder wenn man ganz viele Websites betreibt, geht das aber einfach nicht mehr…

  3. Ich bin Texterin, Autorin und Werbetexterin. Herrn Flörsch stimme ich zu, was die Textportale und den Nutzen von Billig-Texten angeht. Ich denke zum einen, dass Google in Zukunft nach der Qualität der Texte filtern kann.

    Mich berühren die Portale wahrscheinlich noch weniger als Herrn Flörsch, da meine Kunden selbst bei SEO-Texten Wert darauf legen, dass die Texte lesefreundlich und werblich ansprechend sind. Die Keyword-Dichte sollte nicht das Maß aller Dinge sein.

    Meiner Meinung nach beuten sich bei Billigportalen die Beteiligten gegenseitig aus: Die Auftraggeber erwarten Leistungen zu unterirdischen Preisen, die Texter verkaufen oft Ergebnisse, die nicht einmal diese Preise wert sind. Die Betreiber verdienen an der Arbeit der einen und der Gier der anderen.

    Was die persönliche Betreuung angeht, stimme ich ebenso mit Herrn Flörsch überein. Einen Werbebrief über ein komplexeres Angebot zum Beispiel kann ich am besten nach einem ausführlichen Gespräch mit meinem Kunden schreiben. Dabei spüre ich seine Leidenschaft und seine Überzeugung und übertrage diese Gefühle in den Brief. Die Worte kommen dann fast von allein.

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