Wie sich Startups unter Platzhirschen behaupten – 8 Tipps für Gründer

Dieser Beitrag wurde von Thorsten Kucklick verfasst, der sich auf DigitalBetrieb.de mit Strategien, Tools und Experimenten zum virtuellen Unternehmen befasst.

Ist die schiere Größe etablierter Unternehmen eine Bedrohung?
Kann sein, allerdings eher eine Bedrohung für die Dickschiffe selbst.

Startups, Solopreneure und kleine Unternehmen können der Landschaft aus Industrie und Großagenturen immer gelassener entgegensehen. Denn auch sie können große Räder drehen und sich im Wettbewerb mit den Platzhirschen behaupten – mit den richtigen Tools, Outsourcing beziehungsweise Einkauf von Leistungspaketen, und einer weitgehend virtuellen Organisation.

Nur weil deine Firmenräume die Größe einer Familienwohnung haben, heißt das noch lange nicht, dass sich das im mehrstöckigen Gebäudekomplex residierende Industrieunternehmen besser am Markt präsentiert.

Oft habe ich es andersherum: Der Etablierte ist gehemmt durch bürokratische Strukturen und lange Entscheidungswege. Und diese Chance lässt sich nutzen, wenn man sich am Markt groß genug präsentiert, ohne dabei übertrieben auf dicke Hose zu machen.

8 Basics für erfolgreiche Startups

Der Standort
Oftmals werden Unternehmen von zu Hause aus gestartet, und manchmal gibt es auch keinen Grund, das auf Dauer zu ändern. Das muss aber nicht die offizielle Adresse sein. Googelt jemand die Adresse und findet sie bei Streetview als Wohnhaus, kann das erstmal Fragezeichen erzeugen. Außerdem kann auch mal ungebetener Besuch vor der Haustür der Privatwohnung stehen.

Verkaufst du echte Waren, bietet sich zum Beispiel das Fullfilment-Center als Adresse an. Ansonsten bekommt man auch vernünftige Adressen über Businesscenter, oder man nutzt die Anschrift des Coworkingspace, in dem man regelmäßig arbeitet.

Der Titel
Bist du Gründer oder Freelancer?

Das klingt für den Lieferanten deiner Ware oder andere Partner möglicherweise nach Unsicherheit. Benutze lieber irgendeinen gängigen Titel. Aber bitte nicht “Head of Key Account Communications Level sowieso”. Ist zwar Geschmackssache, aber in meinen Augen kann das auch nach hinten losgehen und lächerlich wirken.

Nimm was Solides: Warum nicht einfach “Geschäftsführer”? Damit liegst du bei jeglicher Art von Verhandlung oder Akquise-Gespräch richtig.

Die Website
Wer ohne Website loslegt, ist am Markt quasi nicht existent. Und wer eine dilettantisch zusammengeschusterte Online-Präsenz als Aushängeschild nutzt, hat ebenso schlechte Karten. Also am besten gleich mit einer vernünftigen Website anfangen – und das ist gar nicht mal so aufwändig.

Mit Webbaukästen wie Jimdo oder einfach zu bedienenden Systemen wie WordPress lassen sich die Kosten zunächst mal im dreistelligen Bereich halten. Der Aufwand für die Erstellung ist minimal und macht oft sogar richtig Spaß! Eine ausführliche Übersicht über diverse Möglichkeiten findest du beim Websitetooltester.

Wenn du auch nur mit wenigen Leuten oder allein arbeitest, kann die Website dennoch mehrere Abteilungen mit unterschiedlichen Kontaktdaten repräsentieren. Dies wirkt nicht nur größer, sondern kann mit der Zeit auch ganz nützlich werden, weil Anfragen von Kunden, Lieferanten, Presse etc. gleich richtig eingeordnet werden.

Das Corporate Design
Ob auf der Website, auf dem Briefpapier oder am Türschild deines Büros, ein einheitliches professionelles Design ist Pflicht. In der reinen Außenwirkung stellst du dich so auf eine Stufe mit dem alteingesessenen Traditionsunternehmen, das diese einheitliche Geschäftsausstattung natürlich ebenso einsetzt. Und dabei kann deine sogar deutlich besser sein!

Entweder du arbeitest langfristig mit einem Designbüro zusammen, oder du engagierst für dein Corporate Design einen Freelancer per Projektbörse oder Crowdsourcing.

Das Sekretariat
Du kannst oder willst dir keine Sekrtärin leisten? Ja, ist schon klar.

Aber was ist, wenn potenzielle Kunden anrufen? Soll dann, immer wenn du anderweitig beschäftigt bist, ein Anrufbeantworter anspringen?

Lieber nicht. Buche ein Online-Sekretariat.

Seitdem wir uns zum Beispiel mit unserem Startup MeinSpiel ein solches Sekretariat zugelegt hatten, läuft kein Anruf mehr ins Leere. Denn Anrufe werden dorthin umgeleitet, und qualifiziert entgegengenommen.

Die Kontaktdaten der Anrufer sowie deren Anliegen bekommst du jeweils bequem per Email, und du kannst reagieren, wann es dir passt. Auch wenn das Sekretariat nicht das Fachwissen eines echten Mitarbeiters vermitteln kann – der Eindruck, der beim Anrufer bleibt, ist auf jeden Fall ein professioneller.

Die Auftragsbearbeitung
Online verfügbare CRM-Systeme oder Email-Tools bieten mittlerweile die gleichen Funktionen wie riesige Software-Installationen vergangener Jahrzehnte, mit denen heute vielerorts immer noch gearbeitet wird. Damit lassen sich beliebig viele Kunden managen, und automatisierte Workflows einrichten, für die sonst viel manuelle Arbeit nötig wäre.

Richtig eingesetzt kannst du damit die teils aufgeblähten Vertriebsapparate samt zugehöriger Innendienste in traditionellen Unternehmen in Sachen Effizienz und Kundenservice deutlich schlagen.

Die Produktion
Oft ist beim Thema virtuelles Unternehmen nur von reinen Online-Geschäften die Rede. Aber dabei muss es absolut nicht bleiben. Auch ein Handelsunternehmen, ein Verlag oder ein Unternehmen mit individuell gebrandeten Produkten kann aus der Garage geführt werden.

“Und was ist mit den Skalenvorteilen, über die ein Großunternehmen verfügt?”, mag dazu der studierte BWLer zweifelnd fragen. Diese spielen in vielen Bereichen immer weniger eine Rolle. Ob bei Produktion, Fulfillment oder Logistik – es gibt meist spezialisierte Dienstleister, bei denen man sich professionelle Leistungspakete einkaufen kann.

Willst du eigene Produkte in den Markt bringen, bieten sich in vielen Fällen Industrieunternehmen, die Lizenzprodukte anbieten, die also auf ihren Anlagen mit deinem Label produzieren.

Bevor wir uns mit MeinSpiel zum Beispiel auf individuell produzierte Spiele spezialisiert hatten, verkauften wir eine ganze Reihe von Eigenentwicklungen im Handel. Dazu hatten wir weder Produktions- noch Lagerhallen. Wir produzierten bei verschiedenen Druckereien, und Lagerung, Inkasso sowie Versand gaben wir in die Hände eines auf Verlagsprodukte spezialisierten Fulfillmentdienstleisters.

Amazon bietet einen ähnlichen Service an, so dass du nicht die komplette Ware einlagern, verpacken und versenden musst.

Die Visitenkarte
Last, but not least: Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber immer noch gibt es Leute, die mit pixeligen und wirklich schlecht gestalteten Visitenkarten rumrennen und einem schon fast entschuldigend in die Hand drücken. Dabei muss es noch nicht mal der Edeldruck sein.

Bei diversen Online-Druckereien sind solche Karten mittlerweile dermaßen günstig zu haben, dass es da keine Ausreden mehr geben dürfte. Auch das Design muss nicht viel kosten, man lässt es beim Corporate Design einfach gleich mitmachen lässt.

Fazit

Wer mit kleinem Team gründet, muss den Wettbewerb mit den Großen nicht scheuen.

Im Gegenteil – mit der richtigen Struktur aus Tools und Partnern im Netzwerk zahlen sich die damit einhergehende Flexibilität und Wendigkeit als handfeste Vorteile aus.

Eine selbstbewusste, individuelle, aber nicht abgehobene Präsentation nach außen ist dabei die Eintrittskarte zum Konzert der Großen.
 
(Bildquelle: Duncan Noakes – Fotolia.com)

Du hast Interesse einen Gastartikel hier auf “Selbständig im Netz” zu veröffentlichen?
Die Anforderungen an Gastartikel und ein Kontaktformular findest du auf der Gastautoren-Seite.

Peer Wandiger

15 Gedanken zu „Wie sich Startups unter Platzhirschen behaupten – 8 Tipps für Gründer“

  1. Zum Sekretariat: Ich habe seinerzeit mal ebuero im Einsteigertarif genutzt und war damit mehr als zufrieden. So hat man bereits eine telefonische Erreichbarkeit von Mo – Fr zwischen 7 und 19 Uhr. Für Außenstehende sieht das dann auch nicht mehr nach einer One-(Wo)man Show aus, denn schließlich gibt es ja “Mitarbeiter” die ans Telefon gehen… 😉

  2. Ich denke, gerade kleine Firmen und Agenturen, können sich viel schneller dem immer schneller werdenden Internet anpassen. Es wird fast überall eine gewisse Flexibilität erwartet und kleine Firmen können so schneller handeln und haben keinen riesen Kostendruck im Rücken

  3. Danke Thorsten für den Beitrag! Ich stimme da absolut mit ein. Es ist nicht nur die zusätzliche Arbeitspower, die insbesondere junge Unternehmen und Startups aufbringen. Mit den richtigen Tools sind sie deutlich produktiver und schneller.

    Man sollte nur darauf achten es sich möglichst auch bei Wachstum zu bewahren – auf Mails an das angebliche deutsche Vorzeigestartup Xing wartet man gerne mal ein paar Wochen…

  4. @Axel: Ja, ich denke auch, das ist eine der folgenden Herausforderungen für wachsende Startups: Wie halte ich den Gründergeist, die Flexibilität und die Schnelligkeit aufrecht?
    Rein technisch sind onlinebasierte Tools da sicher eine gute Voraussetzung. Daneben wird aber auch den Aspekten Führung und Kommunikation eine wichtigere Rolle zukommen.

  5. Ich denke gerade Berlin bietet Startups ein gutes Pflaster. Viele Studenten die aus den Unis nach Jobs suchen, wollen einfach in dieser pulsierenden Stadt bleiben. Zudem kommt Berlin noch das Image, das neue Silicon Valley zu sein, zu Gute. Viele kreative Köpfe lassen sich hier nieder. Sie können aus einem riesigen Pool von Mitarbeitern schöpfen.

  6. Sehr interessanter Beitrag. Neben dem Online Sekretariat gibt es noch weitere Möglichkeit, z. B. in einem Business Center “nur” ein virtual office einrichten zu lassen. Da hätte man zusätzlichen Vorteil, dass man auch eine “gute” und für Gründungen von GmbHs zulässige, feste Adresse in einer Stadt der Wahl erhalten kann.

  7. Das sind wirklich sehr gute Punkte. Ich genieße es auch sehr ein Mini-Unternehmen zu haben und alles selbst zu entscheiden. In größeren Läden ist gleich immer alles “politisch”, wodurch viele Neuerungen, die dem Kunden eigentlich nutzen könnten, verhindert werden. Nicht diesen hierarchischen Strukturen zu unterliegen ist ein unheimlich großer Vorteil.
    Und wie du sagst: was beim Kunden ankommt, braucht ja nicht unbedingt wie ein Kleinunternehmen aussehen.

  8. Vielen Dank für diese Liste nützlicher Tipps. Als Freelancerin finde ich es allerdings teilweise auch sinnvoll, erkennbar als One-Woman-Show aufzutreten um bei potentiellen Kunden keine falschen Erwartungen zu wecken.

  9. Als Telefonservice kann ich auch Telias empfehlen, die haben sogar nen Tarif ohne jede Grundgebühr, wenn man deren Dienste eben nur selten benötigt.
    Ansonsten sehe ich es auch so, dass kleine Newcomer einfach diesen Bonus haben, unglaublich wendig und engagiert zu sein – wenn man sich das bewahrt, findet man auch neben den Großen seine Nische.

  10. Danke für das gute Feedback!
    @Claude: In bestimmten Zusammenhängen ist eine bewusste Darstellung als One-Woman-Show sicher auch sinnvoll. Eines ist mir allerdings wichtig: Mir geht es in der Darstellung nicht um das Wecken falscher Erwartungen. Damit schneidet sich jeder nur selbst ins Bein. Eher geht es darum zu zeigen, dass man quasi die gleiche Leistung bieten kann wie ein größerer Apparat. Im Idealfall zeigt man in der tatsächlichen Arbeit, dass man es sogar noch besser, weil unbürokratischer kann.

  11. Schöner Beitrag, bloß bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Adresse des Co-Working Space die richtige Alternative ist. Zum einen sind damit zusätzliche Kosten verbunden, und zum andere ist die “Briefkasten Firma” doch offensichtlich. Die Adresse lautet ja schließlich immer Co-Workingspace XY c/o Max Mustermann… Da sieht der Lieferant oder wer auch immer, dass es offensichtlich nicht mein Büro ist. Oder sehe nur ich das so?

  12. Zum Titel lässt sich noch sagen, dass ein Gründer sich nicht einfach “Geschäftsführer” nennen kann. So eine Angabe z.B. im Impressum einer Website Ist ein Abmahngrund, wenn man Einzelunternehmer ist.

  13. Für ein richtiges Impressum, gibt es im Netz schon passende und günstige Lösungen. Für unter 100 Euro kann man sich schon ein passendes Impressum und AGBs anfertigen lassen.

Schreibe einen Kommentar