Als der Blogger Kai Thrun den Artikel verfasst hat, hoffte er natürlich auf ein wenig Aufmerksamkeit.
Was dann aber kam, hatte er noch nicht erlebt und schon gar nicht erwartet.
Mehr als 140.000 Likes, über 100.000 Besucher am Tag und mehrere Website-Ausfälle später blickt er in diesem Interview auf einen Social Media Erfolg zurück, der in Deutschland nicht so oft vorkommt.
Dabei schildert er seine Erfahrungen und gibt Tipps.
Hallo Kai. Bitte stell dich meinen Lesern vor.
Hallo liebe SiN-Leser, mein Name ist Kai Thrun und ich bin Blogger, Social Media Manager und Berater.
Ich engagiere mich als Beirat von SEED-Experts und bringe mich aktiv in den Bundesverband Community Management e.V. für digitale Kommunikation und Social Media ein. Ich bin also recht umtriebig, wenn es um digitale Kommunikation geht.
Was machst du beruflich und warum bloggst du auf kaithrun.de?
Ich bin hauptberuflich Social Media Manager bei der 247GRAD Labs GmbH, wo wir zukünftig Unternehmen dabei unterstützen, ihre digitale Kommunikation besser in den Griff zu gekommen. Das Unternehmen wurde im September gegründet und wir freuen uns, dass unser Produkt demnächst verkaufsreif ist.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, dass Wissen transportiert wird und komplexe Dinge auch einfach dargestellt werden können. Ich möchte Wissen transportieren, Kommunikationsknoten lösen, Anreize schaffen, Sichtweisen aufzeigen, Blogger-Probleme angehen oder einfach nur guter Arbeit eine Plattform bieten.
Ich kann dort meine Gedanken einfach reflektieren oder mir eine Meinung abholen. Ich stehe dafür ein, dass digitale Kommunikation auch ohne Buzzwords funktionieren kann und muss.
Und letztlich muss der “Blogger” salonfähiger werden und muss raus aus der Internet-Copyshop Ecke, sofern man mit dem Begriff Blogger überhaupt eine Assoziation hat.
Welche Rolle spielen für dich das Social Web und die großen Social Networks?
Eine sehr Große, denn ich bewege mich jeden Tag darin. Allerdings geht es auch mal ohne Smartphone, ohne Facebook, ohne Twitter.
Das Social Web spielt insofern für mich eine große Rolle, weil es mir die Möglichkeit gibt, menschliches Verhalten zu beobachten. Jeder, der häufiger Online ist, kennt diese Entwicklung, wo man schon die ersten Kommentare einschätzen kann. Ich liebe dies zu beobachten, wer, wie, wo, wieso und in welcher Tonalität kommuniziert, welche Worte er dabei wählt und was seine eigentliches Interesse dabei wohl sein könnte.
Darüber hinaus nutze ich die Netzwerke natürlich intensiv, um neue Menschen überall auf der Welt kennen zu lernen. Das ist zwar irgendwie alltäglich, aber kann ja sehr schnell spannend werden. So hole ich mir z.B. Tipps für den Urlaub bei Einheimischen über Twitter.
Ich nutze die Netzwerke natürlich auch, um meine Artikel zu verbreiten oder an Artikel, die verbreiten worden sind, anzudocken, aufzunehmen und ein Replik darüber zu schreiben. Es ist ein Geben und Nehmen, wo ich versuche mehr zu geben als zu nehmen.
Mit einem Artikel hast du vor kurzem einen unerwarteten Erfolg gefeiert. Was ist genau passiert?
Ich habe das Video von Julia Engelmann verbloggt. Ja, ich bin schuld, dass ihr so genervt seid – zumindest in Teilen. Es geht nicht der komplette Traffic auf mich, dass wäre noch schöner.
Nun, mich erreichte das Video als es um die 5.000 Aufrufe hatte. Ich fand es ansprechend, es passte nicht 100%ig in meinen Blog, aber aufgrund einiger Artikel zuvor, die in eine ähnliche Richtung gingen, habe ich es dann veröffentlicht.
Wie bist du auf das Video aufmerksam geworden? War dir vorher bewusst, was dich erwartet?
Ich habe das Video auf Facebook gesehen. Die gute Anna-Lena Radünz hatte es privat in ihrem Account geteilt. Ich schaute mir das Video an und mein 1. Gedanke war: Wieso hat es nur 5.000 Aufrufe? Ich habe nicht erwartet, dass es irgendwann mal 3,5 Mio sind, aber es gibt durchaus schlechtere Videos mit höheren Besuchszahlen.
Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Etwas anderes zu behaupten, wäre auch völlig vermessen. Wer bloggt weiß, dass man manchmal ein Gefühl hat, dass der Artikel der Knaller wird – und dann, dann wird es eine Bauchlandung.
In dem Fall war es so, dass ich mir erhofft hatte, dass es vielleicht über meine durchschnittliche Besuchszahl reicht. Die Hoffnung habe ich aber bei jedem Artikel.
Wie hast du den Artikel selber verbreitet? Hast du was besonderes gemacht?
Ich habe den Artikel in meinen Netzwerken verbreitet. Eigentlich ganz normal, wie ich es immer tue. Ich verfolge schon eine Strategie beim Veröffentlichen, wie z.B. die Tageszeiten und dass der Artikel nicht gleichzeitig in allen Netzwerken online geht.
In der Regel verbreite ich einen Artikel auf Twitter mindestens zweimal. In dem Fall war es so, dass ich den Artikel am Montag erneut auf Facebook (Privates Profil) sowie Twitter teilte. Es ist bekannt, dass viele im Büro surfen und am Wochenende nicht online sind.
Welche positiven und negativen Folgen hatte der Besucheransturm?
Ich werde einige Nerven verloren haben als der Webspace ausfiel und ich das Gefühl hatte, so richtig wolle man mir nicht helfen. Der Blog war 3x nicht erreichbar, dass war schon ziemlich nervenaufreibend.
Ansonsten gab es keine großen negativen Dinge, außer die üblichen Hater, Neider und Trolle, die dann versuchen dein Kommentarfeld mit unrelevanten Dingen vollzukleistern. Aber mit denen habe ich kein Problem mehr, dass lässt mich völlig kalt. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wüste Beschimpfungen über einen hereinbrechen.
Es gibt aber auch viele, viele tolle Reaktionen. Sei es in Form von Kommentaren, E-Mail oder Telefon. Es war sehr bewegend, dass Menschen, die dich seit Jahren lesen, dir aufrichtig gratulieren. Meist mit den Worten, dass es nach all der Arbeit verdient wäre. Diese Form der Anerkennung einen großen Wurf gemacht zu haben, zeigt mir, dass sich all die Quälerei irgendwie auszahlt. Die Anerkennung von Menschen, die ich schätze, haben mich mit Stolz erfüllt.
Freude hat mir der kleine Zusatz (Blogger) vor meinem Namen in der Presse bereitet und die Einblendung des Blogs im Fernsehen. Da war die Aufregung schon ziemlich über dem Zenit. Ich hege diesen romantischen Gedanken, dass die breite Masse versteht, was Blogger sind und wie vielfältig sie sind und das dieser Graben zur Presse flacher werden muss.
Welche Lehren ziehst du aus der Aktion und kann man daraus was lernen?
Ich habe sehr viel gelernt. Ich kenne mich zwar gut aus, wenn es um das Thema Bloggen geht, aber das war eben eine ganz andere Dimension. Ich hatte die Möglichkeit zu beobachten, wie die Presse so tickt. Immerhin kann man als Teil der Geschichte sehr gut sagen, was richtig ist, wo noch Detailfehler sind oder was halt völlig an der Realität vorbei geht.
Außerdem hätte ich fast den Fehler gemacht, und hätte mich im Sog des Hypes zurück gezogen. Freunde waren selbstverständlich schon völlig genervt vom dem Thema. In dem Moment, wo es rundgeht, darf man sich aber nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Es ist teilweise unangenehm und man muss nicht alles kommentieren, aber man muss die Nase in den Wind halten.
Woher soll ein Journalist wissen, wie das Video rumgegangen ist, wenn er bei 2 Mio Views erst in das Thema einsteigt. Da muss man sich dann schon mal ein Herz nehmen über seinen Blogger-Schatten springen und sagen: Hallo, hier bin ich, ich war es, du glaubst mir nicht, hier sind Leute, die können es bezeugen.
Ich werde verschiedene Phasen sicherlich noch in meinem Blog behandeln, denn es ist nicht immer einfach in jeder Situation die Ruhe zu bewahren.
Deine Website war in der Zeit öfter nicht erreichbar. War dein Hosting zu schlecht oder kann man sich auf sowas nicht vorbereiten?
Hier kommen einige Unglücke zusammen. Das erste Problem ist das von mir verwendete Theme, welches etwas speicherhungrig ist. Irgendwann zwischen dem ersten und dritten Ausfall hatte der Webspace das Caching verloren, obwohl keine Änderungen vorgenommen worden sind. Ich kann nur mutmaßen, dass es mit den Restriktionen des Hosters zu tun hat.
Das Hosting selbst ist eigentlich recht robust. Und nachdem ich etwas ungehalten am Freitagmorgen mit der Hotline sprach, lief es seltsamer Weise auch bei ähnlichen Besucherzahlen.
Die Vorbereitung darauf ist schwierig, immerhin gibt es keinen Plan dafür. Es wird aber sicherlich zukünftig eine Kernfrage sein, wie der Hoster reagiert, wenn ich plötzlich über 100.000 Zugriffe am Tag verbuche. Ich hörte schon, dass es da wohl Anbieter gibt, die dieses Problem bereits für ihr Marketing erkannt haben und entsprechende Lösungen anbieten.
Wie willst du das in Zukunft nochmal toppen?
Gar nicht. Es ist nicht mein Bestreben dies zu toppen. Ich möchte Bloggern beim Bloggen helfen und weiterhin Kommunikationsmaßnahmen beleuchten. Ich denke, mein Blog steht auch für halbwegs anständige Artikel. Ich möchte etwas bewegen und das wollte ich schon immer. Blogger müssen besser etabliert werden und Worthülsen müssen ein Ende bekommen.
Wenn ich den Antrieb hätte, möglichst viele Leute zu erreichen, dann würde ich andere Themen wählen, die auf Masse abzielen. Satire geht in Moment z.B. ziemlich gut, aber es ist nicht mein Metier.
Letztlich bleibe ich bei den Themen, womit ich anderen eine Hilfe sein kann, dabei spielt das Thema eine untergeordnete Rolle. Ich habe mir aber abgewöhnt über Dinge zu schreiben, die ich als negativ empfinde. In Ausnahmefällen rante ich aber weiterhin.
Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Social Media Tipps für Blogger freuen.
Ich bin mir nicht sicher, ob es die gibt. Ich finde es wichtig, dass ein Blogger in dem was er tut, aufgeht. Dabei ist das Thema völlig gleichgültig.
Es geht beim Bloggen nicht darum, wer der Schnellste ist, sondern wer den längsten Atem hat. Blogger sollten sich aber abgewöhnen alles selbst machen zu wollen. Wenn Du kein Designer bist, such dir jemanden, der Designer ist und lass dich bei der Theme-Auswahl beraten.
Es ist wichtig, ein Team von Experten um sich zu haben, die einen vielleicht als Mentoren fördern, aber auch als Gesprächspartner in kniffligen Entscheidungen reflektieren.
Blogs funktionieren so individuell wie ihre Autoren. Für den einen funktioniert Google+, für den Nächsten eben nicht. Da hilft nur eines: Ausprobieren. Ein Blog sollte seinen experimentellen Charakter nie verlieren und es darf auch mal etwas in die Hose gehen.
Last but not least einfach mehr für etwas und viel weniger gegen etwas sein.
Danke Kai
für die interessanten Einblicke.
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Ein Koblenzer bei SiN .. *daumen hoch* 😀
Das Gefühl eine großartige Idee zu haben, die ordentlich durchstartet und aus der dann nichts wird kenne ich nur zu gut. 😀
Naja schön zu hören, dass es auch anderen Bloggern so geht und das man auch mal vom Gegenteil überzeugt wird.
Nochmal herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle 🙂
Toll: “Da hilft nur eines: Ausprobieren. Ein Blog sollte seinen experimentellen Charakter nie verlieren und es darf auch mal etwas in die Hose gehen.”
Das finde ich ne super Aussage. Es ist nämlich auch die Freiheit, die man haben sollte.
gutes interview mit interessanten einblicken! gerade das thema des hostings, bei solch einem besucheransturm, ist interessant.
Glück.
Glückwunsch von meiner Seite.
Mehr braucht es meiner Meinung nicht zu sagen.
Wow, ein toller Beitrag! Ich mag die Beiträge von Kai sehr und husche seinen Links auch sehr gerne hinterher. Mit diesem Beitrag hier macht er anderen Bloggern viel Mut und die Einschätzung, dass auch mal was “in die Hose gehen darf” , macht ihn für mich jetzt noch ein großes Stück sympathischer als er ohnehin schon ist 😉
@Danosch: Es geht uns allen so. Meist sind es ja irgendwie die unbedachten Dinge, die sich dann nach oben schreiben. Der Erfolg eines Artikels ist ohne Geld reinzustecken nur schwer planbar.
@Tina: Vielen Dank 🙂
Sehr schön geschrieben. Der Abschlusssatz hat mich getroffen…im positiven natürlich.
Auch das Bloggen ausprobieren/experimentieren/versuchen ist.
Sehr schöner Artikel. Danke.
Viele Grüße
Danke für den interessanten Artikel. Mich würde allerdings interessieren, ob Kai die Aktion auch finanziell etwas gebracht hat? Oder ging es nur um Aufmerksamkeit?
Das ist ja echt krass, eine solche Resonanz auf einen. Unglaublich!
Wirklich beneidenswert, dass jemand dadurch ein solche Resonanz erhält.
Ich bin auch schon auf das angesprochene Produkt gespannt, es kann bestimmt jeden zu solchen Leistungen führen – hoffe ich zumindest 😉
@Markus: Indirekt. Du verdienst nicht durch den Traffic, aber Du kommt mit anderen Leuten ins Gespräch, was vielleicht wieder neue Folgegeschäft zum Tragen bringt. Ich halte z.B. nun einige Vorträge (u.a. gegen Honorar).
@Fabian: Es ist nicht das Tool ansich, es ist die Beständigkeit, die sich irgendwann auszahlt 🙂