Unbezahlte Überstunden, mickriges Gehalt, launischer Boss, geringe Aufstiegschancen – es kann viele Gründe geben, den Weg in die Selbständigkeit zu wagen.
Den Sprung ins kalte Wasser sollten Sie aber gründlich überdenken, denn nicht jeder ist fürs selbstständige Arbeiten geschaffen.
Falls Sie diesen Wichtigsten aller Punkte geklärt haben, ist aber noch lange nicht Schluss. Auf was Sie bei einer Existenzgründung besonders achten müssen, habe ich in diesem Blogbeitrag zusammengetragen.
Punkt 1: Gründungszuschüsse nicht einplanen
Lange Zeit hatten Gründer einer neuen Unternehmung das Recht auf Zuschüsse, genau genommen auf den sogenannten Gründungszuschuss, den Nachfolger des Überbrückungsgeldes und des Existenzgründungszuschusses (damals “Ich-AG” genannt).
Seit 2012 ist damit quasi Schluss. Arbeitsministerin Ursula hat den Rotstift angesetzt und plant für diesen Etat nur noch 450 Millionen Euro statt zuvor 1,87 Milliarden Euro ein.
Das bedeutet, dass die Pflichtleistung, die jedem Empfänger von Arbeitslosengeld I zustand, zur “Ermessensleistung” geworden ist. Dementsprechend geht die Zahl der Geförderten drastisch zurück: Wurden im Januar 2011 noch 13.200 Gründer gefordert, waren es im Januar 2012 nur noch 5.400.
Die Chancen, einen Zuschuss zu erhalten, stehen also eher schlecht als recht. Das erschwert den Start in eine Selbstständigkeit erheblich. Schließlich müssen ab dem ersten Tag Umsätze geniert werden, falls kein Finanzpolster im Hintergrund vorhanden ist. Allerdings schärft das auch den Fokus auf das eigentliche Geschäftsfeld.
Punkt 2: Rechtsform wählen
Anfangs bietet sich als Rechtsform das “Einzelunternehmen” an. Das hat mehrere Vorteile.
So muss pro Jahr nur eine Steuererklärung erstellt werden und der Gewinn wird wie bei einem Angestelltenverhältnis gewohnt nach Einkommensteuertarif versteuert.
Darüber hinaus fällt bis zu einem Umsatz von 500.000,00 Euro und einem Gewinn unter 50.000,00 Euro die Buchführungspflicht weg, das senkt die Kosten für den Steuerberater.
Erst ab einem regelmäßigen Umsatz von über 100.000,00 Euro wird aus steuerlichen Gründen die Rechtsform als Einzelunternehmen UG(h) interessant. Hierbei handelt es um ein Art Mini-GmbH, die sich ab einem Euro Einlage gründen lässt.
Punkt 3: Businessplan erstellen
Der Businessplan bringt die Geschäftsidee schwarz und weiß zu Papier. Er beinhaltet die Zielgruppe, Chancen und mögliche Risiken und stellt insgesamt eine Art Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudie der Geschäftsidee dar.
Er ist beispielsweise bei der Beschaffung von Kapital unentbehrlich – und übrigens auch beim Antrag des Gründungszuschusses (siehe Punkt 1).
Bei der Erstellung helfen sogenannte Gründercoaches, nicht selten sogar kostenlos.
Punkt 4: Geld beisammen halten
Neues Notebook, schicke Kaffeemaschine, noble Büroausstattung, hochwertige Visitenkarten, vorzeigbarer Dienstwagen. Das ist zwar alles angenehm, aber nicht ausschlaggebend für den Erfolg.
Daher sollten Gründer auf hohe Image-Investitionen verzichten und die laufenden Kosten möglichst gering halten.
Beschränken Sie sich zunächst auf die Grundausstattung und vermeiden Sie unnötige Kosten, wo es nur geht. Wenn der Rubel rollt, kann man solche Anschaffungen immer noch tätigen.
Welche Büroartikel zur Grundausstattung für Existenzgründer zählen, das hat meine Kollegin übrigens für Sie recherchiert und im OTTO Office Blog zusammengestellt. Dort verlosen wir auch ein hochwertiges Erstausstattungspaket im Wert von 50 Euro.
Punkt 5: Werbung und Website beauftragen
Wer nicht von Anfang an schon über ein exzellentes Netzwerk verfügt, muss für die neue Unternehmung Werbung machen. Wie die aussieht, hängt in erster Linie vom Geschäftsmodell ab.
Werbemaßnahmen müssen nicht teuer sein, gerade im Internet existieren viele günstige Plattformen.
Apropos Internet: Ein professioneller Webauftritt gehört heutzutage für Selbstständige zur Pflichtübung. An dieser Stelle sollte nicht gespart werden, denn die Website ist sozusagen das Schaufenster des 21. Jahrhunderts.
Punkt 6: Penible Buchhaltung ab Tag 1
Als Selbstständiger muss man sich um Dinge wie Buchhaltung, Steuern und Finanzen selbst kümmern, wenn man nicht von Anfang an einen (teuren) Steuerberater verpflichtet. Diese Aufgabe verlangt Zeit und Disziplin.
Es gilt berufliche und private Ausgaben strikt zu trennen, ein Geschäftskonto ist Pflicht.
Zudem gilt es fein säuberlich Belege zu sammeln, abzuheften und Buch zu führen. Allein für diese Aufgaben muss man pro Monat mindestens einen Arbeitstag einplanen.
Punkt 7: Rücklagen bilden
Wenn das Geschäft brummt, fließt (hoffentlich) viel Geld aufs Konto. Manch Selbstständigen hat es schon das Genick gebrochen, nicht entsprechende Rücklagen für Umsatzsteuer, Einkommensteuer und andere Kosten zu bilden.
Vor allem für die gefürchtete Finanzlücke im Laufe des dritten Geschäftsjahr, wenn Selbstständige Steuernachzahlungen mit einsetzenden Vorauszahlungen für das laufende Jahr gleichzeitig bezahlen müssen.
Generell gilt: Besser zu viel als zu wenig zurücklegen.
Punkt 8: Auf angemessene Bezahlung achten
Gerade wenn das Geschäft am Anfang noch nicht richtig läuft ist die Verlockung groß, Aufträge anzunehmen, die nicht sonderlich attraktiv bezahlt sind. Es regiert die Angst gierig zu wirken und Aufträge nicht zu bekommen.
Eine ausgewogene Preisgestaltung ist aber sehr wichtig. Denn sind Sie erst einmal in der Billigschiene gelandet, ist es umso schwerer wieder mehr Geld zu verlangen.
Außerdem wird so der Eindruck vermittelt, dass es um die Qualität Ihres Produkts oder Ihrer Dienstleistung nicht bestens bestellt ist.
Natürlich darf man am Anfang keine Höchstpreise verlangen, von den gängigen, auf dem Markt üblichen Honoraren sollte man sich aber nicht allzu weit entfernen.
Punkt 9: Arbeit strukturieren
Sein eigener Boss sein – das ist für Viele anfangs ungewohnt. Vor allem wenn von zu Hause aus gearbeitet wird, fällt die Trennung von Arbeits- und Privatleben nicht immer leicht.
Der Fernseher ist beispielsweise nur wenige Meter, das verlockende Computerspiel nur einen Klick entfernt. Aus diesem Grund ist es wichtig, auch als Selbstständiger Struktur in seinen Arbeitstag zu bekommen.
Planen Sie also feste Anfangszeiten, Pausen und den Feierabend ein. Als Selbstständiger muss man zwar flexibel bleiben, geregelte Arbeitszeiten helfen aber dabei, Stress und Unzufriedenheit zu vermeiden.
Ein wichtiger Punkt dabei: ausreichende Erholung. Denn schwinden die Energiereserven, hat das einen negativen Effekt auf die Qualität der Arbeit.
An Wochenenden sollten Selbstständige daher nur in absoluten Ausnahmefällen arbeiten, und zudem einige Wochen Urlaub pro Jahr einplanen.
Punkt 10: Nicht jeden Auftrag annehmen
Die Verlockung als Selbstständiger ist groß, mehr Aufträge anzunehmen als man bewältigen kann. Zudem besteht die Angst, Auftraggebern durch eine Absage vor den Kopf zu stoßen und in die Arme der Konkurrenz zu treiben.
Andersherum: Werden zu viele Aufträge angenommen, kann darunter die Qualität leiden und auch auf diese Weise Kunden verprellen.
Selbstständige sollten daher genau überlegen, welche und wie viele Aufträge sie annehmen.
Fazit
Diese zehn Tipps sind nur Ausschnitte Ihrer langen To-do-Liste auf dem Weg in die Selbständigkeit.
Ich selbst bin diesen Weg auch schon mit Erfolg gegangen und bereue es nicht. Auch Ihnen wünsche ich viel Erfolg bei dem Sprung ins kalte Wasser.
Über den Autor:
Carsten Völler arbeitet im Bereich eCommerce bei OTTO Office und schreibt unter anderem Artikel für den OTTO Office Blog. Zusammen mit seiner Frau hat er einen erfolgreichen Online-Handel für Wohnaccessoires gegründet und etabliert.
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Leider funktioniert der OTTO Office Blog Link nicht 🙁
Der hier müsste richtig sein:
http://blog.otto-office.com/bueroartikel-zur-existenzgruendung
Gute Tipp´s die sich hoffentlich wie gelesen in die Tat umsetzen lassen:smile:
Hallo,
in vielen Fällen ist es nicht schlecht, wenn die Selbständigkeit im Nebenerwerb gestartet wird. So muss man nicht jeden Auftrag annehmen und kann seine Entscheidungen frei von jedem Einkommensdruck treffen. Wer gleich ins kalte Wasser springt, braucht wirklich einen sehr guten Pan eventuell sogar einen guten Berater. Es gibt zu viele die blauäugig in die Selbständigkeit gehen und sich nicht oft ruinieren.
freundliche Grüße
Josef
Danke für den Hinweis. Ich habe den Link geändert.
Sorry Peer. Habe die Seite schon mehrfach neu geladen aber bei mir erscheint unter Punkt 4 immer noch der alte Link mit der Folge: Seite nicht gefunden
Ich habe nochmal den Cache gelernt. Nun geht es hoffentlich.
Sehr guter Artikel, auch wenn die 10 Punkte nicht wirklich bei der Umsetzung helfen, damit eine Selbständigkeit ins rollen kommt.
Es sind aber diese 10 Punkte an den man sich halten sollte, damit man nicht ins Straucheln kommt.
Sehr guter Artikel.
Gut das ich den Gründungszuschuss bereits in 2010 erhalten habe, ohne diesen hätte ich mir das mit der Selbständigkeit abschminken können.
Warscheinlich gab es zu viele schwarze Schafe, die das Ganze nur ausgenutzt haben.
Ein wenig schade für die anderen.
H
Hallo,
kleine Ergänzung: Bei zukünftigen Existenzgründungen, wie für bereits Selbstständige die für ab 2013 angekündigte Versicherungspflicht zur Altersvorsorge nicht vergessen, Größenordnung 400 EUR im Monat. Entweder in die Gesetzliche Rentenversicherung direkt, oder an diese, die das Geld dann total sicher anlegt. Vermutung: In europäische Staatsanleihen.
Hier ein entsprechender Link zum Bundesministerium für Arbeit:
http://www.bmas.de/DE/Themen/Rente/rentenreformpaket-zuschussrente.html;jsessionid=A0CFBAE534D971C8080684326B19219D#doc69238bodyText7
Hier ein Link zu einem Artikel von mir, hoffe das ist ok (?):
http://www.helberg.info/blog/2012/04/rentenreformpaket-altersvorsorge-fuer-selbststaendige-wird-pflicht-der-zwangs-ruerup-kommt/
Viele Grüße – und nicht klein kriegen lassen.
für Buchhaltung und Aufträge nutze ich Büro Easy. Für Gründer sehr gut geeignet und auch kostengünstig
An Wochenenden sollten Selbstständige daher nur in absoluten Ausnahmefällen arbeiten, und zudem einige Wochen Urlaub pro Jahr einplanen.
Meistens ist immer was zu tun 🙄 und Urlaub Zuhause ist sowieso unmöglich deswegen.
Mir persönlich fehlt noch die Planung bzw. Umsetzung einer Notfallstrategie bzw. Worst-Case-Strategie. Diese gehört nicht nur zwingend in den Business-Plan, sondern muss ganzheitlich auch die persönlichen Bereiche abdecken.
Ein guter Freund und ich wollen uns gemeinsam verselbstständigen. Er ist erfolgreicher Künstler und ich habe gute Ideen. Wir planen schon länger an einem Onlinestore mit seiner Kunst auf Kleidung gedruckt. Wir werden natürlich einen Unternehmensberater zu Rate ziehen aber diese Tipps hier haben uns schon eine gute Übersicht gegeben. Es ist wirklich wichtig sein Geld zusammen zuhalten, weil man besonders zu beginn vieles aus eigener Tasche bezahlen musst.