Weniger arbeiten – Mehr schaffen?

Welcher Existenzgründer kennt das nicht. Die Arbeit wächst einem über den Kopf und man verbringt immer mehr Zeit im Büro.

Doch komischerweise will die ToDo-Liste nicht wirklich kürzer werden und man hat das Gefühl, dass man trotz mehr Arbeitsstunden nicht wirklich mehr oder sogar weniger schafft.

Kann es eine Lösung sein weniger zu arbeiten und dadurch mehr zu schaffen?

Weniger arbeiten – Mehr schaffen?

Ich habe selber die Erfahrung gemacht, dass die Arbeit immer mehr wurde und ich dann automatisch versucht habe mit noch mehr Arbeitsstunden der Lage Herr zu werden.

Und da bin ich nicht der einzige, wie unter anderem die Auswertung einer Umfrage zeigt.

Viele Selbständige arbeiten im Schnitt mehr als 8 Stunden am Tag und jeder vierte Selbständige sogar 11 Stunden oder mehr.

Auch ich habe solche Arbeitszeiten erlebt und für eine kurze Zeit funktioniert das sicher auch mal. Jedoch habe ich immer wieder festgestellt, dass es so einfach nicht ist.

20% mehr Arbeitszeit zu investieren führt leider nicht dazu, dass man automatisch auch 20% mehr Arbeit schafft.

Arbeitet ihr am Wochenende?

  • Ja, denn es gibt viel zu tun. (47%, 76 Stimmen)
  • Nur ein bisschen bzw. nur manchmal. (43%, 70 Stimmen)
  • Habe ich früher, aber jetzt nicht mehr (7%, 12 Stimmen)
  • Nein, das Wochenende ist tabu. (3%, 5 Stimmen)

Teilnehmerzahl: 163 (max. 1 Stimmen)

Und auch am Wochenende zu arbeiten, weil es viel zu tun gibt, ist bei vielen Selbständigen gang und gäbe, wie man an der Umfrage sieht.

Doch auch hier führen mehr Arbeitsstunden nicht automatisch dazu, dass man mehr schafft.

Darauf reagieren leider viele mit dem Reflex noch mehr Arbeitsstunden zu investieren. Dass das nicht gut gehen kann, sollte klar sein.

Leistungsfähigkeit und Konzentration

Warum mehr Arbeitsstunden nicht automatisch bedeuten, dass man mehr schafft!

Mit zunehmender Arbeitsdauer lässt die Produktivität nach. Konzentrationsschwächen führen dazu, dass man sich nicht mehr so genau auf die Arbeit konzentrieren kann, abgelenkt ist und am Ende viel länger als normalerweise braucht.

Zudem greift auch hier das Parkinsonsche Gesetze, welches sagt, dass sich die zu erledigende Arbeit in genau dem Maße ausdehnt, wie dafür Zeit zur Verfügung steht. Geht man also schon mit dem Plan in den Arbeitstag Überstunden zu machen, wird die anstehende Arbeit auch länger dauern.

Setzt man für die Aufgaben dagegen weniger Zeit an, schafft man diese in der Regel auch in der kürzeren Zeit.

Immer wieder Überstunden zu machen hat noch einen weiteren negativen Effekt. Man hat weniger Zeit zur Regeneration durch fehlende Freizeit und oft schläft man dann auch nicht ausreichend. Das führt wiederum dazu, dass man schon unausgeruht und mit Konzentrationsschwächen am nächsten Tag die Arbeit beginnt. Ein Teufelskreis.

Konzentration auf das Wesentliche

Deshalb bringt es nach meiner Erfahrung nicht viel, wenn man ständig Überstunden macht.

Mit einer Konzentration auf das Wesentliche kann man in weniger Zeit mehr schaffen. Dabei hilft unter anderen die 80/20 Regel, das sogenannte Pareto-Prinzip.

Es handelt sich dabei um eine Kosten/Nutzen-Kurve, die besagt, dass 80% der Ergebnisse mit 20% des Aufwandes erreicht werden. Je näher man den 100% einer Aufgabe kommen will, um so mehr Zeit und Aufwand muss man investieren.

Deshalb ist es natürlich richtig, wenn man seine Arbeit in einer guten Qualität abliefern möchte, aber man sollte nicht dem Versuch erliegen, diese perfekt machen zu wollen.

Gerade das feilen an kleinen Details, die für den Kunden bzw. für den Erfolg gar nicht so entscheidend sind, benötigt oft sehr viel Zeit. Programmierer sprechen von Goldplating, wenn an Funktionen ewig gebastelt wird, die so gut wie keiner nutzt.

Generell hilft es, wenn man die anstehenden Aufgaben plant und dabei Wichtiges von weniger Wichtigem trennt. Unwichtige Aufgaben sollte man dagegen ganz weglassen.

Produktivitätssteigernd wirkt sich zudem das Singletasking aus. Im Gegensatz zum Multitasking, was zwar populär ist, aber in der Arbeitspraxis einfach nicht funktioniert, konzentriert man sich nur auf eine einzige Aufgabe.

Dabei hat es sich bewährt in Arbeitsblöcken zu arbeiten. Also z.B. 90 Minuten an Aufgabe 1, dann eine kurze Pause und dann 90 Minuten an Aufgabe 2 usw..

Natürlich kann man diese Zeiten nicht immer einhalten, aber die ungefähre Einteilung des Arbeitstages in Blöcke hilft dabei sich zu konzentrieren und sich nicht ablenken zu lassen.

Weitere Tipps für eine produktive Selbständigkeit habe ich übrigens in der Artikelserie 35 Tipps für eine produktive Selbständigkeit aufgelistet.

Organisieren statt Rotieren

Neben der Herangehensweise an die eigene Arbeit gibt es noch einen zweiten Ansatzpunkt, wie man mit weniger Arbeit mehr schaffen kann.

Ich meine damit die Organisation des eigenen Business. Statt alles allein erledigen zu wollen und dabei eben auch viel Zeit mit Arbeiten zu verbringen, die man einfach nicht so gut kann, weil diese nicht zur Kernkompetenz gehören, sollte man lernen zu delegieren.

Ob man nun Mitarbeiter hat oder Freibrufler nutzt und Outsourcing betreibt, bleibt jedem selbst überlassen.

Wichtig ist nur, dass man mit der Zeit lernt an seinem Business zu arbeiten, anstatt immer nur darin.

In seinem Buch Die 4-Stunden Woche beschreibt Tim Ferris genau diese Herangehensweise und gibt viele Tipps, wie man weniger Arbeit investieren muss und dennoch mehr erledigen kann.

Fazit

Ich kann selber bestätigen, dass es nicht so einfach ist die Tipps in diesem Artikel umzusetzen. Früher habe ich viel gearbeitet und als dann noch immer nicht alles geschafft war, habe ich noch mehr gearbeitet.

Irgendwann kam der Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass die Rechnung so nicht aufgeht und ich mich zudem auf einen Burnout zubewegte.

Da habe ich begonnen wieder mehr auf einen Ausgleich zur Arbeit zu achten und mehr zu schlafen. Das Ergebnis war, dass ich viel fitter früh an die Arbeit gegangen bin und mehr geschafft habe, ohne schon Überstunden von vornherein einzuplanen.

Natürlich gibt es solche Zeiten auch heute immer mal wieder, aber das sollte nicht der Normalzustand sein und auch nicht zu lange dauern.

Eure Erfahrungen

Wie sind eure Erfahrungen bezüglich Arbeitsstunden und Produktivität?

Geht ihr auch so vor, dass ihr einfach mehr Stunden arbeitet, um mehr zu schaffen oder habt ihr die Tipps in diesem Artikel bereits erfolgreich angewendet.

Auch völlig andere Erfahrungen sind natürlich in den Kommentaren gern gesehen, schließlich ist jeder Mensch anders.

Peer Wandiger

13 Gedanken zu „Weniger arbeiten – Mehr schaffen?“

  1. Also hier muss ich meine eigene Erfahrung einbringen. Vor allem ist es so, dass die Leistungsfähigkeit und Produktivität bei jedem naturgemäß schwankt. Und genau an diesen Tagen sollte man sich zwingen auch mal das Büro von Außen abzuschließen. Diese Tage bringen einem nämlich wirklich absolut gar nichts. Also die wichtigsten Dinge erledigen und dann raus aus dem Büro. Erholen, relaxen und am nächsten Tag wieder ausgeruht beginnen.

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  2. Moin,
    ich habe auch über lange Zeit viele Stunden gearbeitet. Seit 3 Jahren gönne ich mir regelmäßig Auszeiten – ich glaube Urlaub nennt man sowas. Meine regelmäßige Arbeitszeit hat sich von bis zu 80 Stunden pro Woche in der Anfangszeit auf aktuell 35-50 Stunden pro Woche reduziert – damit fahre ich sehr gut. Da ich meine Arbeit Liebe und es vor der Selbständigkeit (2001) mein Hobby war finde ich den Zeiteinsatz vollkommen legitim. Jedes Hobby braucht Zeit.
    Gruß Thomas

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  3. Morgens und am frühen nachmittag soll man sich auch besonders gut konzentrieren können, es empfiehlt sich also den Tag entsprechend zu planen.

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  4. Ein sehr interessanter Artikel mit vielen guten Tipps.
    Wie du selbst allerdings schon gesagt hast, ist es nicht immer ganz einfach diese Tipps auch in der Praxis umzusetzen.

    Ich bin leider eine große Perfektionistin und ich stecke viel zu viel Arbeit in meinen Blog und alles, was damit zu tun hat. Um es noch konkreter zu sagen, ich stecke meine gesamte Freizeit rein, so dass ich nebem meinem Vollzeitjob und meinem Blog gar keinen Ausgleich mehr habe und irgendwie wird die “To-Do-Liste” auch immer länger.

    Ich arbeite hart daran, dass sich das bessert, aber es ist immer einfacher gesagt als getan.

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  5. Ich habe das in Zeiten hinter mir, in denen ich einen Onlineshop betrieben habe. Gegen alle Erwartungen lief es innerhalb kürzester Zeit sehr gut und ich wusste vor lauter Arbeit nicht mehr, wann ich noch alles machen soll. Mit zu dem Zeitpunkt 3 Kindern und in Schwangerschaft habe ich irgendwann die Reißlinie gezogen – auch wenn der Shop heute nicht mehr existiert (mit dann 4 Kindern und weiteren privaten Veränderungen war das die beste Lösung) weiß ich, dass es ganz wichtig ist a) seine Zeit gut einzusetzen und sinnvoll und b) bei zu viel Arbeit (die bei einem Shop irgendwann zu viel für einen ist) muss man bereit sein Aufgaben zu delegieren. Das würde ich heute auf jeden Fall machen. Deinen Artikel zum Thema finde ich gut und vor allem hilfreich für Selbständige, denn ja, auch ich bin wieder selbständig und kenne einige. Und die Gefahr des Burnouts liegt tatsächlich sehr nahe bei sehr, sehr vielen!

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  6. Selbständige stehen vor allen in die Startphase vor ein Dillema. Einerseits benötigt man jeden Auftrag und hierfür wird viel eigene Arbeitszeit aufgewendet. Die Akquise kostet auch eine Menge Zeit.

    Da sind 60 und mehr Stunden pro Woche eher die Regel als Ausnahme.

    Trotzdem sollte jeder Selbständige es zumindest nach ein bis zwei Jahren schaffen das seine regelmäßige Arbeitszeit zwischen 35 und 50 Wochenstunden sich bewegt.

    Gelegentlich wird etwas mehr nötig sein, aber dies muss die Ausnahme bleiben.

    Wochenendarbeit sollte nicht vorhanden sein, außer vielleicht mal ein paar Stunden am Samstag.

    Leider wird vor allen wenn die Auftrags und Einnahme Situation mal wieder nach unter zeigt (solche Schwankungen gibt es immer wieder) oft die Reaktion sein, noch mehr eigene Arbeitszeit zu investieren.

    Das dies aber meist nicht vom Erfolg gekrönt ist, brauche ich sicherlich nicht zu erwähnen.

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  7. Hallo, ja: man arbeitet mehr, jedoch ist auch viel Freizeit dazwischen. Facebook an=Tag zu Ende.

    Für mich ist wichtig, dass ich meine Leistungsfähigkeit richtig einschätze. Morgens schaffe ich viel mehr. Und wenn man tatsächlich mal mit den dringlichsten/wichtigsten Sachen anfängt, kann man mit Schwung den Berg runter:-)

    Was ich auch mal probiert habe, ist nach scrum (agiles Projektmanagement) mir Tasks einzuteilen. Hab ich leider nicht durchgehalten.

    Nun ja: jetzt ist Freitag nachmittag und ich vertrödel Zeit mit Bloglesen. Auf ins Wochenende!

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  8. Ich muss sagen, dass das Arbeiten mit einem Sideboard extrem hilfreich ist. Durch eine schöne Visualisierung kann man sich viel besser kleine Meilensteine setzen. Wichtig ist auch sich regelmäßig kleine Auszeiten zu nehmen und mal abzuschalten. Sicherlich sind die persönlichen Verhältnisse auch nicht zu verachten.

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  9. Ich kenne das nur allzu gut und du bringst es in deinem Beitrag auf den Punkt. Man muss einen kühlen Kopf bewahren und versuchen strukturiert zu arbeiten. Oftmals ist das effektiver als 20 Stunden zu buckeln.
    Danke für diesen lehrreichen Artikel.

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  10. Interessanter Beitrag und seeehr wahr! Auch ich habe das Buch die 4-Stunden Woche gelesen und selbst wenn nicht alle Tipps für Angestellte umsetzbar sind, hat mir das Buch sehr geholfen und war für mich eine noch größere Motivation mein eigenes Business voranzutreiben 🙂

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  11. Zunächst einmal Danke dafür, dass hier so häufig auch diese in meinen Augen sehr wichtigen Themen angesprochen werden. Das wichtigste ist, so denke ich, die Planung des Arbeitstages und die Fähigkeit, Dinge auch liegen zu lassen im Vertrauen, dass man sich heute ein paar Stunden “Freiheit” gönnen kann, weil man morgen gut geplant und konzentriert wieder am Werk ist. Man kann ja auch Facebook-Zeiten einplanen 😉

    Ein weiteres Thema ist Überforderung durch zuviel Ehrgeiz. Es gehört viel mehr Kraft und Stärke dazu, einen Neukunden abzusagen als ihn anzunehmen. Sehr wichtig ist es daher auch, das “Business” insgesamt zu planen und es, wenn es denn wächst, sinnvoll wachsen zu lassen und nicht zu überfordern.

    Viele Grüße!

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  12. Für mich waren gesundheitliche Beschwerden Auslöser des Überdenkens meiner Arbeitszeiten. Auch ich arbeitete am Wochenende zu den 10 Stunden an den übrigen Tagen. Ich habe da resolut Stunden gestrichen und am Wochenende schaue ich mir nur noch die Mails kurz an die ich dann bis zum Montag aufbewahre. Das einschränken der Arbeitsstunden muss aber gut überlegt sein, dabei sind Massnahmen notwendig wie im Artikel von Peer beschrieben. Inzwischen sind meine Beschwerden zwar noch nicht behoben (man hat mir gesagt dass dies seine Zeit braucht) aber ich fühle mich weniger unter Druck und geniesse die gewonnene Freizeit.

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