YouTube nur mit dem Smartphone – Wie es geht und was ihr braucht

YouTube nur mit dem Smartphone - Wie es geht und was ihr brauchtWer mit YouTube anfangen möchte oder gerade damit beginnt, seine Artikel langsam aber sicher auch in Videoform umzusetzen, benötigt meist teures Equipment. Genau wie im Bereich der Musik, gibt es auch in Sachen YouTube jede Menge teures Zubehör. Es ist kein Problem mal eben hunderte oder gar tausende von Euro in Videoequipment zu investieren. Doch ist das auch wirklich notwendig? Reicht nicht auch das Smartphone für gute YouTube-Videos?

Eigentlich nicht. Der bekannte YouTuber Casey Neistat, der vor allem für seine cleveren Schnitte und vielen kleinen Detailaufnahmen bekannt wurde, predigte in seinen Glanzzeiten vor einigen Jahren immer wieder den Satz: »Gear dosn’t matter«, also »Ausrüstung spielt keine Rolle«.

Was damit gemeint ist? Zum Beispiel, dass eine 8K-Aufnahme nicht automatisch ein besseres Video erzeugt. Dass irgendein sündhaft teures Cine-Objektiv die Aufnahme nicht pauschal besser macht. Es kommt auf die Geschichte im Video an, den Winkel der Aufnahme, die Protagonisten und ganz einfach die Art und Weise, wie die Videos geschnitten oder nachbearbeitet werden.

Ausrüstung spielt also keine Rolle? Persönlich würde ich wohl nicht ganz so weit gehen, doch im Kern ist die Aussage richtig. Ohne Idee, ohne Kreativität, ohne Talent, ohne einen roten Faden im Video, kommt ihr eben einfach nicht weit. Also ist es erst einmal egal, ob ihr in 8K filmt oder mit dem Smartphone, Hauptsache ihr filmt und habt eine geniale Geschichte für euer Video.

Ich zeige euch heute, warum ich der Meinung bin, dass das Smartphone für YouTube vollkommen ausreicht, um gute Videos zu produzieren.

Das Smartphone als vollwertige Filmkamera

Auch wenn die Ausrüstung nicht die größte Rolle spielt, muss sie natürlich moderne Standards erfüllen. Heutzutage noch in 720p filmen? Undenkbar eigentlich. Es wäre besser als nichts, doch mindestens 1080p solltet ihr schon haben. Die meisten modernen Smartphones filmen aber eh schon in 4K.

4K bei einem Smartphone ist deshalb so wichtig, weil es euch später viel Spielraum gibt. Nehmt am besten in 4K auf, rendert aber in 1080p. So verliert ihr beim Stabilisieren per Software später keinen wichtigen Bildausschnitt. Außerdem kann in das 4K-Bild hereingezoomt werden, ohne dass es gleich unscharf oder matschig wird. 4K ist also die Grundlage, um Schwächen beim Smartphone später mit geschickter Bearbeitung auszugleichen.

Kann euer Smartphone noch keine 4K-Aufnahmen, ist das grundsätzlich kein Problem. Ich gehe in meinem Beispiel aber davon aus, dass mindestens ein Gerät wie das iPhone 7 verwendet wird. Also ein halbwegs aktuelles Modell, welches moderne Standards erfüllt.

Aus dem Smartphone eine Filmkamera machen

Noch wichtiger, wenn ihr YouTube nur mit Smartphone machen wollt, ist jedoch, dass ihr nicht die Standard Kamera App verwendet. Warum? Weil die Bitrate dort viel zu niedrig ist und weil es in der Regel keine Fokus- oder Belichtungssperre gibt bzw. diese nicht frei gewählt werden kann. Dann pumpt der Fokus oder die Belichtung versucht ständig sich an das Bild anzupassen, was zu einem Flackern führt. Sehr unangenehm, bei Smartphone-Aufnahmen jedoch oft zu sehen.

Die einzige App, die echte (!) Flat- und Log-Profile auf dem Smartphone bietet, ist FilmicPro. Die verfügt über unzählige Funktionen und besser noch, sie produziert Videos mit einer Bitrate von bis zu 120 MBit/s. Letzteres ist besonders wichtig, wenn viele Details im Bild auftauchen. Vor allem erlaubt FilmicPro es euch aber, sämtliche Einstellungen manuell zu wählen. Damit wird das Smartphone zur Filmkamera, mit unzähligen neuen Möglichkeiten.

Echte Alternativen zu FilmicPro gibt es keine. Ich selbst habe inzwischen vier bis fünf angebliche Alternativen ausprobiert und kann nur sagen, dass keine davon professionelle Ansprüche erfüllt.

Ton ist wichtiger als Bildqualität

Weiterhin stellt sich die Frage, welches Mikrofon verwendet werden sollte. Denn guter Ton ist bei einem Video oft viel wichtiger, als ein besonders hochauflösendes Bild. Klar ist daher, dass das Smartphone Mikrofon nicht in Frage kommt.

Tipp: Interessant ist, dass manche Headsets für Smartphones überraschend klare Aufnahmen erzeugen und erstaunlich gute Mikrofone verbaut haben. Headsets können deshalb oft als Low-Budget Lavalier-Mikrofon verwendet werden, wenn ihr den Kopfhörer versteckt und das Mikro in den Kragen klemmt.

Wer später auch Voice Overs mit seinem Smartphone aufnehmen möchte, um seine YouTube Videos professionell zu vertonen, sollte sich noch eine einfache Recorder App anschauen. Die eignet sich auch, um separat eine Tonspur aufzunehmen. Ich selbst nutze JustPressRecord auf dem iPhone. Alternativen gibt es unendlich viele, es ist wohl reine Geschmacksache und kommt darauf an, welche App sich perfekt in eure Arbeitsweise integriert.

Shure MV5: Als Voice-Over-Mikrofon
Als dynamisches Mikrofon, zum Vertonen von Aufnahmen und für ein Voice Over, ist das Shure MV5 interessant. Kein perfektes Mikrofon, wirklich nicht, dafür aber extrem klein, handlich und einfach zu verwenden.

Die Qualität ist okay und wer ein bisschen mit dem Equalizer innerhalb der App spielt, hat schnell einen schönen Klang gefunden, der die eigene Stimme betont. Dank Lightning und USB-Anschluss, kann es sowohl am iPhone, als auch am Computer verwendet werden.

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Rode VideoMicro: Als Kameramikrofon
Das Rode VideoMicro ist klein, handlich und kann kinderleicht an das Smartphone bzw. einen entsprechenden Griff gesteckt werden. Mit dabei ist die Aufhängung, welche Geräusche vom Griff filtert und direkt in den Blitzschuh eventueller Stative geschoben werden kann.

Als Richtmikrofon nimmt es nur in Richtung der Kamera auf, also genau das, was gewünscht ist. Ein super Mikrofon, welches keinen weiteren Akku oder Strom benötigt. Lediglich das Rode SC7 Kabel ist nötig, damit es auch am Smartphone funktioniert.

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Rode smartLav+: Als Lavalier-Mikrofon
Wer vor der Kamera viel spricht oder seriöse Videos mit klarer Stimme benötigt, ist mit einem Lavalier-Mikrofon gut beraten. Das Ansteckmikrofon Rode smartLav+ bringt keine bahnbrechende Qualität (es hat schon einen Grund, warum Lavalier-Mikrofone oft mehrere hundert Euro kosten), es liefert aber klare Sprache, zu einem kleinen Preis.

Außerdem funktioniert es besonders einfach und ohne Akku oder Funkstrecke, direkt am Smartphone. Es ist nicht perfekt, aber ausreichend für den Anfang.

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Videos auf dem Smartphone schneiden?

Für den Schnitt braucht ihr dann doch wieder einen richtigen Computer. Egal ob ihr iMovie, Final Cut Pro, Premiere oder ein anderes Schnittprogramm für eure YouTube Videos verwendet, am Ende sollte der Schnitt auf einem großen Bildschirm erfolgen.

Nur dort sind alle Details zu erkennen, nur dort ist genug Power für Stabilisierung, Nachbearbeitung oder kleinere Anpassungen vorhanden.

Zwar gibt es inzwischen auch viele brauchbare Schnittprogramme für das Smartphone, doch so richtig empfehlen kann ich euch die eigentlich nicht. Alles noch zu fummelig und oft fehlen einfach wichtige Features oder schlichtweg die Maus, um zielgenaue Schnitte zu setzen.

Schließlich ist das Schneiden ein kreativer Prozess und der sollte nicht durch zu wenig Leistung oder einen zu kleinen Monitor behindert werden.

YouTube nur mit dem Smartphone, klappt das?

Wer mich fragt, bekommt ein klares »Ja« als Antwort. FilmicPro habe ich, nach anfänglichen Schwierigkeiten, wirklich lieben gelernt und die vielen kleinen Helfer, Griffe und Gimbals, die es inzwischen für das Smartphone gibt, können auch in Zukunft dabei helfen, stabilere Aufnahmen zu erzeugen, als mit so mancher großen Kamera.

Außerdem bin ich kein Profi in Sachen Objektive und habe ehrlich gesagt auch gar kein Interesse daran. Ich versuche meine Setups immer so minimal und effizient wie möglich zu halten und das Smartphone, in seiner heutigen Qualität, eignet sich durchaus als ernstzunehmende Alternative zu einer Kamera.

Nicht, weil es unbedingt mit einer DSLR oder einem Camcorder vergleichbar wäre, denn dem ist im Detail einfach nicht so, sondern weil es leicht, handlich und effizient ist, vor allem aber überall mit dabei. Und wer ein Smartphone hat, hat auch keine Ausrede dafür, warum er noch nicht auf YouTube aktiv ist. Also los!

7 Gedanken zu „YouTube nur mit dem Smartphone – Wie es geht und was ihr braucht“

  1. Hey David,
    super Tipps. Vor allem die Mikrofone werde ich mir genauer anschauen, da meine ersten aufnahmen vom Ton ein bisschen schwach auf der Brust waren.

    Hast du eine Empfehlung für ein Smartphone Gimbal mit Dreibein? Die Dinger sind ja schon teilweise recht teuer, aber fü ein stabiles Bild mit dem Smartphone fast unverzichtbar.

    Antworten
    • Hallo, klar habe ich die. Der Artikel wäre nur zu lang geworden. Könnte da noch eine ganze Reihe weiterer Tipps geben. Ich würde zunächst einmal kein Dreibein empfehlen, sondern ein Gimbal mit Gewinde unten, dann kannst du es auf jedes Dreibein aufschrauben und bleibst flexibel. Gimbals sind sowieso (wie Steadycams) für Bewegungen gedacht und je stabiler die Aufnahmen werden sollen, desto mehr Geld musst du ausgeben (mal ganz einfach gesagt).

      Persönlich finde ich derzeit das Movi Gimbal (https://store.freeflysystems.com/collections/movi/products/movi) am interessantesten. Sehr teuer, aber eben modern und richtig gut, auch wegen seiner Form und Handhabung. Dennoch… Luxusklasse und sicherlich nicht das, was du gerade suchst.

      Ich selbst habe allerdings auch fantastische Erfahrungen mit den Geräten von Feiyu gemacht. Die sind extrem günstig und leisten für ihren geringen Preis unglaublich viel, wie ich finde. Welche Version du nimmst, bleibt dir überlassen, beispielhaft hier mal ein Link: https://amzn.to/2FLs0Cl

      Hier noch ein Video… beachte bitte, dass das Video bereits mehrere Jahre alt ist (nicht das Uploaddatum) und ein Feiyu Gimbal mit der alten GoPro 3 genutzt wurde, die noch null interne Stabilisierung hatte. Siehst du im Video zwischen 0:22 und 0:27 sehr gut. Normalerweise müsste eine beschleunigte Aufnahme unfassbar wackeln, es bleibt aber eine weiche Kamerfahrt, weil das Gimbal eben extrem gut ausgleicht.

      https://www.youtube.com/watch?v=xHFnpOONCBI

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  2. Interessanter Beitrag – da ich selber auch einen kleinen YT Kanal mit gut 7.000 Abos habe muss ich hier auch ein Kommentar schreiben. Ich drehe auch die meisten meiner Video aus Gründen des Workflows einfach nur schnell mit dem Smartphone (obwohl ich über mehrere viel bessere Kameras incl. Objektive verfüge).

    Erstmals eine Ergänzung zu FilmicPro: Ja die App ansich ist perfekt und ihren Preis mehr als Wert, dennoch gibt es einen großen Hacken. Viele Smartphone Hersteller bieten eine eingeschränkte Kompatibilität zu dieser App. Das bedeutet, dass viele der wichtigen Funktionen (aufgrund dessen man diese App nutzen würde) nicht funktionieren. Dafür kann FilmicPro nichts, sondern das liegt an den jeweiligen Herstellen. Mit meinem damaligen Samsung Galaxy S7 Edge waren einige Funktionen nicht verfügbar/kompatibel.

    Ansonsten gebe ich den Autor recht – Ton ist das wichtigste! Und zur Ergänzung der hier erwähnten Mikrofone möchte ich noch eines hinzufügen: Das Edutige EIM-001 (das gibts auch auf amazon – könnte also auch im Beitrag hinzugefügt werden). Hatte vorher das Rode VideoMic Me und muss sagen, dass ich mit dem Modell von Edutige deutlich besser erfahren machen konnte, und empfehle es seitdem selber weiter. Falls es wem interessiert hier mein Kurztest zu diesem Mikrofon auf meinem YT Kanal: youtube.com/watch?v=PUOCH3rI7JM&t=5s

    Ansonsten verwende ich einen Gorillapod mit Adapter zum Filmen und für Videoschnitt früher Magix danach Premiere Pro CC. Hab jetzt aber schon ewig kein neues Video erstellt, da es mir derzeit zeitlich einfach nicht möglich ist. In Zukunft möcht ich da aber wieder was machen.

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    • Hier muss man auch einfach sagen… egal ob Apps oder Mikrofone und Zubehör, vieles in dieser Richtung ist einfach gnadenlos an das iPhone (Lightning) angepasst und wird hauptsächlich für diese Zielgruppe vermarktet.

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  3. Hi Peer,
    vielen dank für den ausführlichen Artikel und die Vorstellung der Mikros.

    Ich möchte mit OBS meinen Desktop aufnehmen und habe das Mikro: Rode smartLav+ Lavalier-Mikrofon für Smartphone/Tablet das du vorgestellt hast.

    Auf wie viel muss ich die Audiobitrate stellen?

    Habe leider nichts dazu finden können.

    Freue mich auf Antwort.
    LG
    Ivica

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