8.000 Euro monatlich mit dem Verkaufen von Excel-Sheets bei Etsy [Case Study]

Die Versicherungsangestellte Emily McDermott kündigte infolge eines Burnouts ihren Job, versuchte sich an einem Finanzblog – und hatte damit äußerst überschaubaren Erfolg. Die Besucher blieben aber aus, und damit auch die Einnahmen. Wie sich Emily mit dem Verkauf von selbst erstellten Tabellen für Sparfüchse über die Online-Plattform Etsy innerhalb kürzester Zeit und ohne Vorerfahrungen ein höchst profitables Online Business aufgebaut hat und was für Fehler sie auf dem Weg gemacht hat.

Etsy bezeichnet sich selbst als “Online-Marktplatz für Selbstgemachtes und Kreatives”. Tatsächlich muss sich das Sortiment in der Breite nicht hinter ebay und Amazon verstecken – und geht sogar noch darüber hinaus. Denn neben Vintage-Mode und Handyhüllen (handgemacht ebenso wie aus chinesischen Fabriken) sind bei Etsy auch digitale Produkte zu finden. Wie die Excel-Sheets von Emily McDermott. Im Gespräch mit Niche Pursuits stand Emily Rede und Antwort zu ihrem Etsy Business.

Geschichte, Gründerin, Angebot

Emily McDermott

Am Anfang von Emilys unternehmerischer Reise stand der Finanzblog Pretty Arrow. Darin dokumentierte die 29-jährige Kanadierin ihren Weg aus den Studenten-Schulden. Wie viele Neu-Blogger tat sich Emily aber schwer damit, Traffic auf ihren Blog zu bekommen und diesen Traffic dann auch zu monetarisieren.

Auf der Suche nach Einnahmequellen im Finanzbereich stieß Emily auf den Verkauf von Finanzplanern und versuchte sich selbst an einem ausdruckbaren Haushaltsplaner, erzielte damit trotz großem Aufwand aber nur vereinzelte Verkäufe. Der Erfolg stellte sich erst ein, als sie auf “smarte” Haushaltsplaner umschwenkte, sprich: Excel-Sheets.

Verkaufen bei Etsy – Umsätze, Aufwand und Team

Etsy Store von Pretty Arrow

Am ersten Tag verdiente Emily McDermott mit ihren Spreadsheets ganze 5 US-Dollar durch den Verkauf eines einzigen Produkts. Innerhalb von 3 Monaten waren es schon 5.000 US-Dollar im Monat, nach 6 Monaten verdiente sie 15.000 US-Dollar monatlich.

Aktuell sind im Etsy Store von Pretty Arrow 27 Spreadsheets für Excel und Google zu finden. Der Großteil der Digital-Produkte liegt um 30 US-Dollar, mit Ausreißern in beide Richtungen. Die meisten Sheets sind im Finanzbereich angesiedelt (Gehaltsplanung, Jahresplanung, Kalkulation zum Schuldenabbau, …), es gibt aber etwa auch ein Tracking-Sheet für Gewohnheiten.

Alle Sheets haben eine einheitliche Designsprache, die laut Emily an ihre Zielgruppe “Frauen in ihren 20ern” ausgerichtet ist. Für sie ein Erfolgskriterium – viele Händler versuchten ihre Produkte an jeden zu verkaufen, anstatt einer klar definierten Gruppe einen spezifischen Nutzen zu bieten.

Nach eigenen Angaben verdient Emily McDermott rund 100.000 US-Dollar jährlich mit ihrem Etsy-Shop. Sie hat keine Angestellten und arbeitet auch selbst nur noch etwa fünf Stunden pro Woche an Pretty Arrow. In der Aufbauphase war es ein Vollzeitjob, inzwischen funktioniert das Geschäft aber weitgehend auf Autopilot. Arbeit für Emily fällt nur bei der Beantwortung von Kundenanfragen an sowie für die Weiterentwicklung des Geschäftes.

Wachstum und Kundenherkunft

Lead Magnets auf prettyarrow.com

Der Etsy-Umsatz von Pretty Arrow ist sehr konstant und lag zwei Jahre in Folge um die 100.000 US-Dollar Marke. Die Verkäufe werden weitgehend innerhalb der Plattform generiert, wozu Emily viel Arbeit in Etsy-SEO gesteckt hat. Sie schaut sich sehr genau an, was auf dem Marktplatz gesucht wird, und bedient diese Anfragen mit spezifischen Produkten nebst affinen Keywords in Tags und Produktname.

Wachstumspotenzial sieht die Gründerin beim Shopify Store, der aktuell nur 10 Prozent der Umsätze ausmacht. Der Umsatz dort soll mit Facebook Ads ausgebaut werden.

Dazu gibt es im Pretty Arrow Blog eine Reihe eher simpler Spreadsheets nach Eingabe der E-Mail-Adresse für lau. Für diese Freebies schaltet Emily auch Facebook Ads und Instagram Ads. Ziel ist es natürlich, die Abonnenten zu Käufern ihrer Digitalprodukte zu konvertieren.

Eine weitere Einnahmequelle ist das Coaching. Nach eigenen Angaben hat Emily schon mehr als 200 Personen dabei geholfen, Spreadsheets online zu verkaufen. Im Etsy Shop von Pretty Arrow stehen sogar Resell-Rechte an ihrem eigenen Budget Planner zum Verkauf. Angst vor  einer Kannibalisierung des eigenen Geschäfts hat Emily ganz offenbar nicht.

Tools und Techniken

Etsy SEO Tool erank.com

Als zentrales Tool beim Etsy-SEO kommt erank zum Einsatz. Die optische Gestaltung der Spreadsheets macht Emily mit Canva, die eigentlichen Tabellen mit Google Sheets und Excel. Als Newsletter-Software setzt sie ConvertKit ein.

Unsere Analyse

Etsy-Suchergebnisse für “Budget Planner”

Der Charme an digitalen Produkten ist ihre hohe Gewinnspanne. Die Gesamtgebühren bei Etsy (Listing + Verkaufsgebühr + Transaktionsgebühr) liegen um 10 Prozent, womit beim Verkauf eines Spreadsheets für 30 US-Dollar ganze 27 US-Dollar bei der Gründerin hängen bleiben.

Damit bliebe trotz des relativ niedrigen Warenwertes viel Luft für Marketing-Maßnahmen, die es dank der zahlreichen organischen Zugriffe aber oft gar nicht braucht. Unter dem Strich stehen damit Margen bei Pretty Arrow, von denen Anbieter physischer Produkte nur träumen können.

Dabei hat das Geschäftsmodell aber auch einige Schattenseiten. So sind die angebotenen Produkte sehr generisch und leicht kopierbar. Eine Etsy-Suche nach “Budget Planner” fördert Hunderte Treffer zutage. Die Top-Ergebnisse (unter den auch hier präsenten werblichen Listings) sind allesamt professionell gestaltet, haben jeweils mehrere Tausend Bewertungen bei einem hohen Sterneschnitt – und kosten jeweils unter 5 US-Dollar.

Um höhere Preise durchsetzen zu können, wird der Ausbau des Produktkatalogs und die Flucht in die Nische unumgänglich sein. Aber auch hier werden erfolgreiche Produkte schnell kopiert werden, schon weil allen Händlern die gleichen Analysetools zur Verfügung stehen.

Emily McDermott tut gut daran, Traffic- und Umsatz-Kanäle zu diversifizieren und Pretty Arrow zur Marke zu machen, bei der dann auch wiederholt eingekauft wird. Im zweiten Anlauf würde aus dem Finanzblog dann vielleicht doch noch ein erfolgreiches Online-Portal werden.

Diese Transformation wird nicht als passives Lifestyle-Business mit einem Aufwand von fünf Wochenstunden möglich sein, dürfte mittelfristig aber überlebensnotwendig sein. Denn die Abhängigkeit von einer einzigen großen Plattform und ihren Algorithmen ist nie eine gute Idee, wovon wohl jeder Website-Betreiber inzwischen ein Lied singen kann.

Johannes Haupt

1 Gedanke zu „8.000 Euro monatlich mit dem Verkaufen von Excel-Sheets bei Etsy [Case Study]“

  1. Coole Soloselbständigen Story! Auf dem englischen Markt ist das natürlich noch eine andere Sache.
    Für den Deutschsprachigen Markt schätze ich die Chancen nicht so hoch ein.

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