Bei Nischenwebsites denken viele meist an recht kleine Websites, die mit wenig Aufwand Geld einbringen.
Dass es auch anders geht, zeigt mein heutiger Interview-Partner. Er schwört auf große Nischenwebsites.
Welche Vorteile diese mit sich bringen erfahrt ihr im Folgenden. Zudem gibt es Tipps und Erfahrungen aus der Praxis.
Hallo André. Bitte stell dich kurz vor.
Mein Name ist André Fuchs, ich bin 32 Jahre alt und wohne in Bochum.
Was machst du beruflich im Internet und wie bist du dazu gekommen?
Mein bisheriger beruflicher Werdegang hat eigentlich relativ wenig mit dem Internet zu tun gehabt. Ich habe Politikwissenschaft studiert und danach in der Research Abteilung einer großen PR-Agentur gearbeitet.
Anschließend habe ich mich beruflich umorientiert und bin seit knapp zwei Jahren Rezeptionist in einer Jugendherberge in Bochum.
Welche Websites bzw. Blogs betreibst du und wieso?
Ich betreibe seit Anfang 2013 den Blog Koffer für Handgepäck, auf dem ich Tipps gebe, wie man den passenden Koffer für das Handgepäck bei Flugreisen findet und wie man die Handgepäckbestimmungen der Airlines optimal ausnutzt.
Zurzeit arbeite ich außerdem an einem weiteren Blog, auf dem ich Tipps für die Vorbereitung eines Londontrips geben werde.
Die Idee, mit dem Bloggen zu beginnen und Koffer für Handgepäck zu starten, ist mir durch die erste Nischenseiten-Challenge 2012 gekommen.
Den Entschluss zusätzlich mit einem Blog über die Vorbereitung eines Londontrips zu beginnen, habe ich spontan bei meinem ersten Londonbesuch im Januar diesen Jahres gefasst. London hat mir noch besser gefallen, als ich vorher gedacht hatte. Und außerdem gibt es bei Recherche für den Blog viele Synergien mit Koffer für Handgepäck ;-).
Was hältst du von Nischenwebsites und machen diese heute noch Sinn?
Vielleicht vorneweg, was ich unter einer Nischenseite verstehe. Unter einer klassischen, kleinen Nischenseite verstehe ich eine Internetseite über ein Nischenthema, die in erster Linie erstellt wird, um auf bestimmte Suchbegriffe bei Google vorne in den Suchergebnissen zu stehen und dadurch Einnahmen zu erzielen.
Solche klassischen Nischenseiten zu betreiben würde mich nicht reizen, weil man sich nicht wirklich mit dem jeweiligen Thema auseinandersetzt und der persönliche Bezug zum Thema begrenzt ist. Unbefriedigend fände ich, dass die Seite den Benutzern nur einen geringen Mehrwert bietet, weil der Inhalt in der Regel auf Internetrecherchen basiert und an anderer Stelle im Internet schon vorhanden ist.
Ich denke aber, dass kleine Nischenseiten eine lukrative Einnahmequelle sein können, wenn man sich ein bisschen mit Suchmaschinen- und Konversionoptimierung auskennt und wie David, den Du vor einigen Wochen auch schon hier auf Selbstständig im Netz interviewt hast, mehrere Nischenseiten gleichzeitig betreibt.
Gegenüber großen Webseiten oder Blogs haben kleine Nischenseiten den Vorteil, dass sich die Schwankungen bei den Einnahmen gegenseitig ausgleichen und man mehr Möglichkeiten zum Experimentieren hat.
Du bist ein Fan von “großen” Nischenseiten? Was genau meinst du damit und wo liegen die Vorteile?
Unter einer “großen Nischenseite” verstehe ich eine Internetseite, die sich wie die klassischen kleinen Nischenseiten auf ein bestimmtes Nischenthema konzentriert und dabei nicht nur an der Oberfläche kratzt, sondern in die Tiefe geht. Ihr besonderer Nutzen für die Besucher liegt darin, dass sie neue, selbst recherchierte Inhalte bereitstellt, die im Internet noch nicht vorhanden sind.
Ein Beispiel für eine solche große Nischenseite ist z.B. lesen.net, auf der sich alles um das Thema Ebook-Reader dreht und für die mittlerweile mehrere Redakteure Artikel schreiben.
Große Nischenseiten finde ich persönlich spannender, weil man die Möglichkeit hat sich intensiv mit einem Thema zu beschäftigen. Es macht mir Spaß rauszugehen, um Informationen für neue Artikel zu sammeln, selber Fotos zu machen und bei privaten Reisen Koffermodelle zu testen und nicht nur vor dem Rechner zu sitzen.
Ich fände es außerdem unglaubwürdig Testberichte über Koffer zu schreiben, die ich selber nie benutzt habe oder Tipps zu geben, die ich nie ausprobiert habe.
Klasse finde ich an meinem großen Nischenblog auch, dass ich von meinen Lesern zahlreiche Rückmeldungen in Form von Kommentaren und Emails bekomme, seit er eine gewisse Größe erreicht hat. Der meistgelesene Artikel meines Blogs mit Tipps für das Handgepäck bei Ryanair hat mittlerweile z.B. mehr als 100 Kommentare.
Wie gehst du so eine große Nischenwebsite an und wie viel Arbeit steckst du da rein?
Bisher betreibe ich nur eine große Nischenwebsite und das ist “Koffer für Handgepäck”.
Ansonsten betreibe ich keine weiteren Internetseiten. Der Eingangs erwähnte Blog mit Tipps für die Vorbereitung eines Londontrips startet in den nächsten zwei bis drei Wochen.
Gestartet bin ich bei “Koffer für Handgepäck” mit der Vision eine Art Stiftung Warentest für Handgepäckkoffer im Blogformat zu schaffen. Bevor ich losgelegt habe, habe ich in Foren und dem Google Keyword Tool geschaut, nach welchen Informationen zu den Themen Handgepäckkoffer und dem Fliegen mit Handgepäck eine Nachfrage besteht. Und dann habe ich begonnen die nachgefragten Informationen auf meinem Blog bereitzustellen.
Ein festgelegtes Zeitbudget für meinen Blog habe ich nicht. Seit dem Start habe ich eigentlich immer an dem Blog gearbeitet, wenn ich gerade nichts anderes Wichtiges zu tun hatte. Und wenn ich in den Urlaub geflogen bin hatte ich immer ein Handgepäckkoffermodell zum Testen dabei und meine Reisebegleitung als Koffertester zwangsverpflichtet ;-).
Den zweiten Blog über London kann ich nur starten, weil mich mittlerweile ein Bekannter unterstützt. Ansonsten würde ich es zeitlich nicht schaffen “Koffer für Handgepäck” in der Form weiter zu betreiben, wie ich mir das vorstelle.
Wie ist deine Koffer-Website entstanden und wie hat sich diese entwickelt?
Gekommen ist mir die Idee für “Koffer für Handgepäck”, als ich die erste Nischenseiten-Challenge 2012 verfolgt habe. Damals habe ich mir gedacht, dass ich es spannend fände, einen großen Nischenblog mit vollständig selbst recherchierten und erstellten Inhalten zu betreiben und mich intensiv mit einem bestimmten Thema zu beschäftigen.
Ich habe mich dafür entschieden einen Blog über das Thema Handgepäckkoffer zu starten, weil ich selbst gerne reise und ich mir gedacht habe, dass ich so quasi die Möglichkeit habe, das Angenehme mit dem Praktischen zu verbinden. Das hat sich mittlerweile auch bewahrheitet: Im April diesen Jahres habe ich meine erste reine Recherchereise für meinen Blog unternommen, die ich komplett aus den Einnahmen meines Blogs finanziert habe. Wobei das mit Urlaub nicht so viel zu tun hatte ;-).
Die Besucher und Einnahmen haben sich seit dem Start positiv entwickelt. Die Besucherzahlen liegen momentan durchschnittlich etwa bei 500 Besuchern pro Tag. Und die Einnahmen sind mittlerweile so hoch, dass ich in Erwägung ziehe in ein bis zwei Jahren “Koffer für Handgepäck”, den London-Blog und evtl. eine oder zwei weitere große Nischenseiten hauptberuflich zu betreiben.
Welche Vermarktungsmaßnahmen sind für so eine große Nischenseite notwendig?
Die wichtigste Vermarktungsmaßnahme von kleinen und großen Nischenseiten ist es meiner Meinung nach, die Seiten “onpage” für Google zu optimieren. Und damit meine ich keine dubiosen Blackhat-Methoden wie “Keyword-Stuffing” o.ä., sondern einfache Dinge, wie darauf zu achten, wichtige Suchbegriffe am Anfang des Textes, in Überschriften und Metabeschreibungen unterzubringen oder die Ladezeit der Seite gering zu halten.
Dadurch lässt sich mit geringem Aufwand das meiste Potential bei der Gewinnung von Besuchern heben.
Langfristig sind außerdem richtig gute Inhalte, die es auf anderen Seiten nicht gibt, das beste Marketingtool. Um sie erstellen zu können muss man aber schon mit dem Thema vertraut sein und die Bedürfnisse seiner Nutzer gut kennen. Das ist sicherlich der größte Vorteil, den ich als Betreiber eines großen Nischenblogs gegenüber dem Betreiber einer kleinen Nischenseite habe.
Ansonsten habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Vermarktungsmöglichkeiten mit der Größe der Nischenseite zunehmen. Man profitiert langfristig von der Expertise, die man sich mit der Zeit erarbeitet. Hat man sich als Experte für sein Thema etabliert, sind viele Seitenbetreiber und Blogger mit ähnlichen Themenschwerpunkten an Kooperationen interessiert und man hat durch eine aktive Pressearbeit sogar die Möglichkeit Berichterstattung in etablierten Print- und Onlinemedien, wie Fachmagazinen, Tageszeitungen oder großen Onlineportalen über die Internetseite oder den Blog zu erreichen.
Ein Beispiel hierfür ist z.B. eine Pressemitteilung über den Praxistest eines neuen Handgepäckkoffermodells, den ich zusammen mit einem Vielflieger durchgeführt habe. Die Pressemitteilung wurde in einer Reihe von Onlinemedien aufgenommen, unter anderem in der Online-Ausgabe der dmm (“Der Mobilitäts Manager”), einem der bekanntesten deutschen Fachmagazin zum Thema “Firmenreisen”.
Wie verdienst du Geld damit?
Bei der Einnahmeerzielung setze ich ausschließlich auf Partnerprogramme von Koffershops, weil dadurch die Höhe meiner Einnahmen an den Nutzen der Besucher gekoppelt ist. Finden Sie auf meine Tipps, die Ihnen dabei helfen den passenden Handgepäckkoffer zu finden, kaufen Sie anschließend einen Handgepäckkoffer und ich bekomme eine Provision. Wenn nicht, suchen sie woanders im Netz weiter und ich gehe leer aus.
Bei anderen Nischenthemen macht es aber evtl. auch Sinn eigene Produkte zu verkaufen oder Google Adsense-Anzeigen einzubinden.
Gibt es Fehler die man bei Nischenwebsites vermeiden sollte?
Man sollte nicht versuchen Nutzern etwas schmackhaft zu machen, was sie nicht brauchen. Das funktioniert nicht. Und ich persönlich möchte so auch kein Geld verdienen.
Außerdem halte ich nichts von Kooperationen, die die Unabhängigkeit einschränken und die Glaubwürdigkeit infrage stellen. Damit meine ich z.B. bezahlte Beträge zu einem vorgegebenen Thema zu schreiben oder Links gegen Bezahlung einzubinden. Daher lasse ich mir z.B. auch keine Koffermodelle von Herstellern zum Testen zuschicken, sondern kaufe Testmodelle immer auf eigene Rechnung.
Auch finanziell lohnen sich solche Kooperationen nicht, weil man dadurch letztlich das Einnahmepotential der eigenen Seite an andere Seitenbetreiber weiterreicht.
Zum Schluss würde ich mich über deine wichtigsten Erfolgs-Tipps für Nischenwebsites freuen.
Im Laufe der Zeit bekommt man, jedenfalls als Betreiber einer großen Nischenseite, viel Input von seinen Nutzern in Form von Kommentaren, Emails, aber auch durch die Auswertung der Suchanfragen in den Statistiken von Google Analytics oder den Verkaufsstatistiken von Amazon.
Man sollte sich bei der Erstellung neuer Inhalte an den Bedürfnissen der Nutzern orientieren und sich an diesem Feedback orientieren, dann ist die Nischenseite irgendwann ein Selbstläufer :-).
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Interessant, was es alles für Ideen gibt. Hätte nicht gedacht, dass sich das so gut rechnet.
Mit der richtigen Idee kann man immer gutes Geld verdienen und mache verdienen damit dann auch ein paar Euros mehr 🙂
Danke für deine Tipps Andre’ . Als Fazit könnte man sagen, dass man eine Nischenwebsite nicht mehr SEO-mäßig optimieren sondern benutzerbezogen optimieren sollte!?
Ein wirklich aufschlussreicher Artikel. Als Webdesigner überlegt man ja eh mehere Standbeine aufzubauen.
Schönes, interessantes Interview. Ich denke so etwas läge mir auch mehr. Sich in ein Thema tiefer einarbeiten und auch über einen längeren Zeitpunkt damit auseinandersetzen. Dazu noch ethisch hoch korrekt zu arbeiten.
Wäre also auch für mich eine interessante Möglichkeit die ich mir mal durch den Kopf gehen lassen werde. Ich muss mir nur noch überlegen, bzw. rausfinden, welches Thema ich da beackern würde wollen. Reisekoffer sind ja nun schon weg, aber gut, das wäre auch nicht ganz mein Bereich. 🙂
Interessante Nische wie ich finde. Ich hätte nicht gedacht dass die so gut laufen würde.
Da ich auch einige, kleine Nischenseiten betreibe gefällt mir der Ansatz einer größeren Nischenseite sehr gut, sprich wie im Warenhaus eine gewisse Breite und Tiefe des “Textsortiments” anzubieten. Content is King bewahrheitet sich hier eben auch wieder. 😉
Hallo. Dieser Ansatz gefällt mir aus Sicht des Lesers natürlich besser. Statt nur eine erneute Zusammenfassung “schwarmintelligenten” Internet-Wissens zu erhalten, bekomme ich als Leser echte Informationen.
Aber das Risiko für den Betreiber solch einer größeren Seite ist, dass letztlich die “schnellen Nischenseiten” gekonnt kopieren / zusammenfassen, optimieren und Google Positionen abziehen.
Wer also Zeit in Content statt SEO steckt, ist letztlich der Verlierer. …?
@Felix: Jein.
Benutzer bezogene Optimierung schließt gewissen SEO-Maßnahmen, insbesondere auf der Seite selbst für mich ein (siehe meine Antwort auf die Frage, welche Vermarktungsmaßnahmen für eine große Nischenseite notwendig sind).
Der Inhalt einer Seite sollte sich an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren, gleichzeitig aber auch für Google „verständlich“ aufbereitet sein.Viele „echte“ Blogger haben teilweise hervorragenden Content, den man wegen „Unteroptimierung“ über Google leider nur schwer finden kann.
Interessant was du aus dem Thema alles rausholst. Oft fange ich eine Nischenthema an, aber nach 10 Artikeln verlässt mich einfach jede Idee. Werde mir die Tips zu Herzen nehmen 🙂
Coole Nischenseite sage ich da nur 🙂
@Sascha Man muss schon eine Leidenschaft für das Theme und natürlich viele Kreative Ideen haben. Ich mach es meist so, das ich ideen, die mir irgendwo mal kommen gleich aufschriebe.
Sehr interessanter Artikel und tolles Interview!
Große Nischenseiten würden mich beispielsweise auch mehr reizen – es bringt einem doch viel mehr, wenn man nicht nur eine Thematik an der Oberfläche ankratzt, sondern diese auch bis in die Tiefe analysieren kann und somit auch zum “Profi” zu werden was dieses Thema betrifft!
Endlich mal ein Webi der nicht nur auf den schnellen Euro aus ist, sondern sich auf den Nutzen für den Leser konzentriert. Viel Erfolg André.