Nachdem im ersten Teil des Artikels Up-Selling und Cross-Selling erklärt und deren Vorteile erläutert wurden, geht es im zweiten Teil um den praktischen Einsatz.
So werden z.B. Orte vorgestellt, an denen man diese Maßnahmen einsetzen kann und emotionale Hebel angesprochen, die dabei helfen.
An welchen Orten sich Up-Selling und Cross-Selling eignen
- In Apps und anderen Freemium Modellen.
Das Fremium Modell ist an sich bereits die Vorlage für Up-Sells.In vielen Apps wie zum Beispiel Dropbox oder der etwas sichereren Version Tresorit kannst du nach dem Überschreiten des kostenlosen Speichervolumens direkt in der Anwendung weiteren Speicherplatz dazubuchen.
- Wenn du Onlineshop-Betreiber (E-Commerce) bist
Amazon hat das nicht ohne Grund perfektioniert. Sobald du bestimmte Produkte in deinen Einkaufswagen hinzugefügt hast, erscheinen unterhalb Produktvorschläge als Cross- oder Up-Selling Optionen. Hierbei wird besonders die Kaufbereitschaft des Kunden genutzt. Er wird mit der gezückten Kreditkarte oder dem offenen Geldbeutel abgefangen (weniger elegant hat das der Taxifahrer vom Anfang versucht).Du bist zwar nicht Amazon, aber du kannst das gleiche Prinzip für deinen Online-Shop nutzen und noch vor dem finalen Checkout weitere Premium-Versionen deines Produkts oder deiner Zusatzprodukte anbieten.
Besonders geschickt machen das bestimmte Hosting-Anbieter aus dem amerikanischen Raum. Hier kann es schnell geschehen, dass man sich “verklickt” und dann doch mit einer zusätzlichen Domain-Privacy etwas mehr Geld ausgibt (die bösen Buttons sind auch immer so schön anklickbar, Mensch).
- Im Kunden-Support
Abgesehen davon, dass ein Live-Chat im finalen Checkout das zu frühe Verlassen des Kaufprozesses vermeiden kann, wenn bestimmte Fragen unbeantwortet bleiben, ist ein Up- oder Cross-Sell auch in der Interaktion mit Kunden während eines Live-Chats möglich.Gerade vor einigen Tagen, ist mir das passiert. Beim zügigen Troubleshooting für eine meiner Seiten, wurde mir ein Hostingpaket angeboten, das bessere Serverleistungen versprach. Es war nur geringfügig teurer, aber half später der Performance deutlich. Das war ein geglückter Up-Sell mit einer Win-Win Situation für beide Seiten.
- Nach dem Abschluss eines Onlinekurses
Wenn du einen Onlinekurs anbietest, könntest du einen Up- oder Cross-Sell versuchen, wenn dein Kunde (Kursteilnehmer) am Ende des Kurses angelangt ist.In diesem Moment könntest du beispielsweise ein Tool (App oder Software, die zum Kursinhalt passt) oder einen weiteren Kurs zur Vertiefung anbieten.
Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, solange es relevant ist und funktioniert. Es gibt sicher noch mehr Orte, an denen sich Zusatzverkäufe unterbringen lassen.
Damit du dich selbst einmal hinsetzen kannst, um dir eine Liste mit möglichen Situationen und Orten anzufertigen, breche ich das für dich einmal auf ein einfaches Prinzip herunter:
- Zusatzverkäufe eignen sich überall dort, wo es bei dir im Verkaufsprozess/ Verkaufstrichter direkte Interaktionen mit dem Interessenten oder Kunden gibt.
- Dabei gilt: Je näher der Kunde am Geldbeutel ist, um so wahrscheinlicher ist der Erfolg.
Welche Emotionen und menschlichen Verhaltensweisen erhöhen deine Erfolgschancen auf Zusatzverkäufe?
Wie du eventuell schon mitbekommen hast, sind wir Menschen nicht wirklich rationale und objektive Wesen.
Dazu brauchst du dich nur einmal in eine Sportkneipe zu setzen und einmal so nüchtern wie möglich beobachten(am besten es spielt nicht gerade deine Mannschaft), welche Kommentare dort so in den Raum geworfen werden.
Menschen die von ihren Emotionen vollkommen eingenommen sind, können problematisch werden.
Für den Zweck dieses Artikels möchte ich mich aber der Frage zuwenden, wie bestimmte Emotionen zur Motivation von Zusatzverkäufen via Up-Sells und Cross-Sells eingesetzt werden können.
Angst
Mit Angst kann man Wahlen gewinnen und die Freiheit von Bürgern weiter einschränken. Mit ihr kann man aber auch besonders gut zusätzliche Produkte verkaufen.
Nehmen wir nur die Angst, dass das von dir frisch gekaufte Produkt vor die Hunde geht.
Mit dieser Angst lässt sich noch eine Versicherung dazu verkaufen.
Das obige Beispiel mit dem Virenschutz und dem Zusatzverkauf eines Schutzes für Banktransaktionen ist ebenfalls ein solcher angstmotivierte Zusatzverkauf.
Eine weitere Möglichkeit und im Grunde ebenfalls eine Versicherung ist eine erweiterte Garantie für ein bestimmtes Produkt.
Komplizierte Produkte
Nicht alle sowohl kostenlosen als auch kostenpflichtigen Produkte lassen sich einfach benutzen oder bedienen.
Wenn du einmal versucht hast, einen Ton aus einem Didgeridoo zu bekommen, weißt du was ich meine.
Sofern du nicht zusätzlich noch einen Online-Kurs oder einen Kurs vor Ort zum Erlernen dieser Fertigkeit besuchen wirst, landet es womöglich irgendwo in deiner Wohnung oder deinem Haus in der Ecke und staubt ein.
Ähnliches kann mit SAP-Produkten geschehen. 😉
Der Trick mit dem Mangel
Dieser Trick hat indirekt auch mit dem ersten Punkt (Angst) zu tun. Es geht um die Angst, etwas zu verlieren oder etwas zu verpassen.
Mit dem Gefühl des Mangels zu spielen wird leider zu oft etwas übertrieben.
Es kann aber besonders gut auch für die Stimulation von Zusatzverkäufen eingesetzt werden. So könntest du ein weiteres Produkt zu einem reduzierten Preis als Up- oder Cross-Sell anbieten, das aber nur für eine limitierte Zeit zu diesem Preis verfügbar ist.
Auch hierbei sollte das Produkt Relevanz zu dem vorherigen ersten Produkt haben.
Hier auch nicht übertreiben und zum Beispiel bei digitalen Produkten, die beliebig vervielfältigbar sind, Botschaften wie “Nur in begrenzten Stückzahlen vorhanden” schreiben.
Folge-Fragen und die menschliche Bequemlichkeit (Massenträgheit) ausnutzen
Wenn du Infoprodukte, wie zum Beispiel einen Online-Kurs anbietest, der sich beispielsweise um das Thema “gute Videos machen” dreht, bietet sich ein späterer Zusatzverkauf für unterschiedliches Video-Equipment an.
Denn nach einem erfolgreichen Kursabschluss, werden sich für den Teilnehmer automatisch Folgefragen wie unter anderem “Welches Equipment ist für mich jetzt am besten geeignet?” ergeben.
Um ihm ein aufwändiges Suchen zu ersparen, könnten hier entweder eigene Produkte aus einem Shop oder Affiliate-Produkte empfohlen werden.
Du kannst dir somit diese drei Fragen stellen, um mit bestehenden Kunden mehr Geld zu verdienen:
- An welchen Stellen gibt es bei mir im Verkaufsprozess/ Verkaufstrichter direkte Interaktionen mit dem Interessenten oder Kunden?
- Sind das Stellen, an dem der Kunde kaufbereit ist?
- Sind das Interaktionen mit Kunden, die in der Vergangenheit bereits bei mir etwas gekauft haben?
Was stehen sollte, bevor du an Up-Selling oder Cross-Selling denkst
Wenn du noch nicht genau weißt, wie dein idealer Verkaufsprozess funktioniert und dieser damit noch nicht etabliert und eingespielt ist, solltest du noch nicht an diese Art der Zusatzverkäufe denken.
Damit wärst du einen Schritt zu weit gegangen.
Es wäre erst noch über bestimmte Tests herauszufinden, wie dein idealer Verkaufsprozess überhaupt aussieht.
Denn es scheint, dass du noch nicht den richtigen Marketingkanal für dich herausgefunden hast.
Wann du Up-Selling oder Cross-Selling besser sein lassen solltest und es brenzlig werden kann
- Wenn du noch nicht weißt, wer deine ideale Käufergruppe ist
Dir ist damit dein idealer Marketingkanal/ Verkaufsprozess noch nicht klar. - Wenn das zuvor gekaufte Produkt/ die Dienstleistung nicht gehalten hat, was versprochen wurde.
Erinnerst du dich noch weiter oben an das Beispiel mit dem Live-Chat, wenn ein Kunde den Support kontaktiert (Stichwort: Momente der Interaktion mit dem Kunden)?Dort ein Up- oder Cross-Sell unterzubringen, kann auch in die Hose gehen, und zwar wenn der Kunde mit dem bereits gekauften Produkt oder der Dienstleistung vorübergehend schlechte Erfahrung gemacht hat, den Support kontaktiert und nun auch mit dem Support (z.B. zu lange Wartezeiten, etc.) weitere schlechte Erfahrungen macht.
- Wenn dein Cross- oder Up-Sell Produkt für den Kunden nicht relevant ist.
Mit dem Zusatzverkauf sollte immer ein weiterer bisher nicht abgedeckter Bedarf bedient werden. In Mittelamerika gibt es nervige Straßenverkäufer, die noch während dem Bezahlvorgang in einem Restaurant einen von der Seite anhauen, um eine (meist aus China importierte) Vase zu verkaufen.Aus deren Perspektive ist das verständlich, sei aber nicht einer von jenen in der Online-Welt. Umgekehrt bedeutet das auch, dass du Kunden aufmerksam zuhörst oder seine Nachrichten liest, um einen Zusatzbedarf zu identifizieren.
- Wenn das Produkt oder der Zusatzverkauf keinen weiteren Mehrwert für den Kunden darstellt.
Dieser Punkt ist eng mit dem vorherigen verwoben. Relevanz ist zumindest eine Vorbedingung für einen eventuellen weiteren Mehrwert, den du anbieten kannst. - Wenn du es machst wie der Taxifahrer am Anfang
Ich denke es versteht sich von selbst, dass sich unehrliche Methoden nicht auszahlen werden und du dir damit selbst in Knie schießen würdest. Abgesehen von rechtlichen Folgen, die auf dich zukommen könnten. - Wenn du zu aufdringlich bist
Auch dieser Punkt erklärt sich fast von selbst. Wenn du dem Bestandskunden oder neuen Kunden zu aufdringlich ein weiteres Produkt oder eine weitere Dienstleistung anbietest, wirst du dadurch seinen Bedarf an diesem Produkt nicht weiter vergrößern.Stattdessen wird er sich abwenden, da er sich unter Druck gesetzt fühlt. Er macht dann innerlich zu und die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Up- oder Cross-Selling gehen verloren.
Fazit
Mit Zusatzverkäufen via Up-Selling oder Cross-Selling kannst du wesentlich mehr Geld mit bereits bestehenden Kunden verdienen.
Tust du dies nicht, verschenkst du möglicherweise große Teile deines kostbaren Marketingbudgets.
Es sollte aber noch nicht eingesetzt werden, wenn du noch ganz am Anfang stehst. Hier wäre die Priorität Numero 1 erst einmal deinen idealen Kunden zu bestimmen und den besten Verkaufsprozess für dich zu etablieren.
Wenn es soweit ist, hast du unter Beachtung der Stolpersteine dabei gute Chancen, deinen Umsatz effizient zu erhöhen.
Autor
Tobias Schnellbächer ist Online-Unternehmer und Autor und lebt seit 2006 mit kurzen Unterbrechungen in Mittelamerika und schreibt auf seinem Blog humaninvestors.org über clevere und smarte Wege in die individuelle Freiheit.
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Sehr spannender Artikel zum Thema Up-Selling!
Werde die eine oder andere Idee in Zukunft auch einmal ausprobieren. Warum bin ich selbst noch nicht auf Punkt 4 “Nach dem Abschluss eines Onlinekurses” gekommen? – Werde das heute gleich noch einbauen.
Vielen Dank für die Anregungen! 🙂
Wie im Artikel schon geschrieben, sollte man es nicht übertreiben.
Ich habe schon von Marketern gehört, dass jemand einen „Grundkurs“ gekauft hat und der „Premium-Kurs“ im Bezahlvorgang dann für die Hälfte angeboten wurde, wie wenn man ihn direkt gekauft hat.
Wenn ich als Kunde direkt für den Premiumkurs mehr bezahlt hätte als jemand, der den Grundkust zzgl. Premiumkurs gekauft hat, würde ich mir betrogen vorkommen.
@Fabian: Vielen Dank für das Kompliment. Freut mich, dass ich eine Anregung geben konnte.
@ Manuel: Ja, absolut. Mit dem Übertreiben muss man ein bisschen aufpassen. Da ist dann Fingerspitzengefühl gefragt.
Ja von den großen Shops wie Amazon und Zalando kann man sich eine große Schreibe anschauen und umsetzen, nicht umsonst sind Amazon und Zalando an der absoluten Spitze!
ich arbeite seit über 1 jahr an einem food shop im auftrag eines kunden. da hab ich live sehen können wie gross die auswirkung waren auf kleine änderungen. ein besseres cross/upselling und die umsätze steigen, ein newsletter raus und die umsätze steigen, der kauf-button mit einer anderen farbe als die grundfarbe des shops und ja die umsätze steigern.
bei einem online shop sieht man schön, dass es tausende von kleinen “schräubchen” gibt an denen man drehen kann und wo man sofort sieht das es wirkt 🙂