Auf der Suche nach neuen Erlösmodellen hat sich der URL-Verkürzer Bitly mit einem Marketing-Dienstleister zusammengetan. Folge: Viele Kurz-Links werden für die Nutzer unbemerkt in Affiliate-URLs umgewandelt und zusätzliche Cookies gedroppt – auch in Deutschland.
Im Zeitalter sozialer Netzwerke, wo das Teilen spannender Inhalte alltäglich ist, erleben URL-Verkürzer einen nie dagewesenen Boom. Das New Yorker Unternehmen Bitly verzeichnet nach eigenen Angaben monatlich 8 Milliarden Klicks auf umgewandelte URLs, jeden Monat werden 600 Millionen neue URLs mit bit.ly umgewandelt. Neuerdings erfolgt allerdings nicht mehr jede Umwandlung 1:1.
Bitly hat sich mit Viglink zusammen getan, dessen Geschäftsmodell die kontextbasierte automatische Umwandlung von Text und bestehenden Links in Affiliate-URLs ist. Üblicherweise bekommen Website-Betreiber dabei eine Provision für über Links in eigenen Inhalten vermittelte Verkäufe bei Partner-Unternehmen (Merchants). Dazu zählen viele große Namen wie Amazon.com, Adidas.com und ebay.com.
Keinerlei Ankündigung, versteckte Hilfe-Seite
Seit kurzer Zeit lässt auch Bitly Links über Viglink in Affiliate-URLs umwandeln – und zwar genau jene monatlich 600 Millionen Links, die Bitly-Nutzer anlegen und verteilen. Eine öffentliche Ankündigung dieser Zusammenarbeit gab es nicht, über den “Bitly Affiliate Test” informiert lediglich eine Support-Seite bei Bitly. Dem Fachblog The SEM Post zufolge wurde der Schalter wohl im Februar oder März dieses Jahres umgelegt.
Auch .de-Links werden umgewandelt
Seither werden Links von Bitly-Nutzern, die keinen Premium-Account bei dem Unternehmen haben, im Hintergrund in Affiliate-URLs umgewandelt. Das geschieht ohne jeglichen Hinweis und auch bei URLs auf deutsche Seiten.
Wir haben testweise einen Bitly-Link auf die Homepage des Reisevermittlers Expedia.de angelegt. Die automatisch vergebene URL lautet https://bitly.com/1cq7reT
Im Analytics-Bereich zu dieser URL (generell öffentlich einsehbar durch Anhängen von “+” an Bitly-Links) gibt Bitly auch an, dass der Link-Code sauber auf expedia.de auflöst.
Nach einem Klick auf diese URL genügt aber schon ein flüchtiger Blick auf die Adresszeile für die Erkenntnis, dass der Link über Tracking-Server umgeleitet wurde.
Tatsächlich fangen sich Nutzer einen Cookie vom Werbenetzwerk Tradedoubler ein, mit dem Viglink hier offensichtlich zusammenarbeitet.
Bitly-Nutzer werden unwissentlich zu Cookie-Streuern
Das ist in vielfacher Hinsicht problematisch. Wer den Link zu einem Viglink-Partner mittels Bitly umwandelt, schiebt den Besuchern dieses Links völlig unwissentlich einen zusätzlichen Tracking-Cookie unter. Auch wer den Link anklickt, kann die Umleitung nicht ohne weiteres nachverfolgen. Und Webmaster, die selbst Teilnehmer von Partnerprogrammen sind, können über die Einbindung von Bitly-URLs sogar direkten finanziellen Schaden nehmen. Ihre Cookies werden durch die Cookies von Viglink ersetzt, am Ende verdienen nur der Dienstleister und Bitly an einem über die eigenen Kanäle vermittelten Verkauf.
Mangel an Transparenz
Bitly hat es nicht leicht: Das mit mehr als 30 Millionen US-Dollar Wagniskapital ausgestattete Unternehmen muss sich einerseits direkter Konkurrenten wie TinyURL, ow.ly (Hootsuite) und goo.gl (Google) erwehren. Andererseits kürzen soziale Netzwerke wie Twitter (die früher Bitly als Default-Verkürzer einsetzten) URLs immer häufiger eigentätig und machen externe “Stand-Alone-Dienste” nahezu obsolet. Die Suche nach neuen Erlösmöglichkeiten abseits von Premium-Accounts und SaaS-Modellen (unter anderem lässt die New York Times ihren Verkürzer nyti.ms von Bitly betreiben) ist absolut legitim. Transparenz und Nutzer-Kontrolle sollten dabei allerdings nicht vollends auf der Strecke bleiben.
[Update 09.05.: Der oben genannte Bitly-Link zu Expedia löst inzwischen “sauber” aus. Ein Statement von Bitly (über die verlinkte Support-Seite hinaus) zur Angelegenheit, die zwischenzeitlich einige Wellen geschlagen hat, steht noch aus. ]- 20.000 Euro monatlich mit Faceless Youtube Channel [Case Study] - 24. September 2024
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