Verkauf digitaler Produkte – Grundmodelle & Auswahlkriterien

Eigene Informationsprodukte sind eine klassische Quelle passiven Einkommens und eine sehr gute Möglichkeit, sich in seinem Gebiet als Experte zu positionieren. Für viele Blogger und Freelancer ist ein eigenes Produkt daher oft der nächste logische Schritt in Richtung mehr Sichtbarkeit und automatisiertem Einkommen. Vor allem durch das Schreiben eines E-Books kann man so sein Wissen umfangreich und strukturiert darlegen, statt in einzelnen Blogartikeln immer nur an der Oberfläche zu kratzen.

Um digitale Produkte zu verkaufen, gibt es eine Vielzahl von Modellen und technischen Lösungen. Hier geht es dabei vor allem um digitale Downloadprodukte wie beispielsweise E-Books, Audio, Video, Software und Excel-Sheets.

In diesem Artikel gebe ich euch zunächst einen Überblick über die drei wesentlichen Verkaufsmodelle sowie die wichtigsten Auswahlkriterien für eure passende Lösung. Im zweiten Teil des Artikel stelle ich euch in ein paar Tagen dann 6 konkrete, WordPress-zentrierte Lösungen mit ihren Eigenschaften und jeweiligen Vor- und Nachteilen vor.

Der ideale Bestellprozess für digitale Produkte

Bevor ich in die Auswahlkriterien eintauche, fasse ich nochmal den groben Kaufprozess bei digitalen Produkten zusammen. Dieser ist euch zwar bestimmt aus eigener Erfahrung bekannt, soll aber an dieser Stelle helfen, die einzelnen Kriterien besser einzuordnen und nicht den Überblick zu verlieren. Wenn ihr später vor der Entscheidung für oder gegen eine konkrete Software/Plattform steht, könnt ihr hierher zurückkommen und den Prozess mit dieser Lösung Schritt für Schritt durchdenken.

  • Jedes Produkt wird auf einer Produktseite oder in einem Shop zu einem festen Preis angeboten (eventuell gibt es verschiedene Produktpakete oder -varianten).
  • Durch den Klick auf einen Link auf eurer Website oder einen Warenkorbbutton in einem Shop gelangt ein Kunde zum Bestellprozess.
  • Im Bestellprozess gibt er bestimmte persönliche Daten ein (z. B. E-Mail-Adresse, Rechnungsanschrift).
  • Er wählt eine Zahlungsart aus und führt die Zahlung durch, indem er die dazu nötigen Daten eingibt (z. B. seine Kreditkartendaten).
  • Anschließend erhält er eine Bestätigungs-E-Mail über den erfolgreichen Kauf und einen Link, unter dem er das digitale Produkt herunterladen kann.

3 Grundmodelle

  1. Verkauf auf der eigenen Website
    Wer eine WordPress-Seite hat, kann einem Shop-Plugin oder Mitgliedschaftsplugin relativ leicht eine eigene Verkaufsseite sowie die komplette Bestellabwicklung einrichten. Andere CMS bieten ähnliche Möglichkeiten.

    Bei diesem Modell hält man die komplette Abwicklung selbst in der Hand und ist nicht von einem Drittanbieter abhängig. Viele der Plugins sind zwar kostenpflichtig, dafür fallen aber keine monatlichen oder transaktionsbasierten Provisionen mehr an.

    Gerade bei der Umsetzung auf der eigenen Website ist aber einiges zu beachten. Sicherheitsstandards sowie alle rechtlichen Anforderungen müssen selbst recherchiert und erfüllt werden. Dazu gehören unter anderem ein SSL-Zertifikat und eigene allgemeine Geschäftsbedingungen. Dadurch sowie die technische Umsetzung ist der initiale Einrichtungsaufwand bei diesem Modell im Vergleich zu den folgenden Alternativen am höchsten.

  2. Verkaufsplattformen
    Die Anbieter von Drittplattformen haben erkannt, wie komplex die Umsetzung eines technisch und rechtlich einwandfreien und benutzerfreundlichen Verkaufsprozess ist und bieten genau diesen als Software as a Service an. Prominente Beispiele sind Digistore24, Sendowl, Elopage und Shopify.

    Man erstellt einen Account auf der jeweiligen Plattform, legt ein Produkt an und erhält einen Link (oder sogar Shop), über den das Produkt gekauft werden kann. Die komplette Bestell-, Zahlungs und Download-Abwicklung wird übernommen. Wenn ihr als Anbieter auf eine dieser Plattformen setzt, müsst ihr euch nicht einzeln um verschiedene Zahlungsarten, Verschlüsselung oder die rechtliche Anpassung (mit Einschränkung, siehe unten) kümmern. Auch die Benutzerfreundlichkeit und Conversion ist bereits optimiert.

    Die Einrichtung ist im Gegensatz zu einem eigenen Plugin wesentlich einfacher. Im Gegenzug verlangen die Verkaufsplattformen Provisionen je erfolgtem Verkauf oder eine monatliche Grundgebühr.

  3. Marktplätze
    Marktplätze gehen noch einen Schritt weiter als Verkaufsplattformen und bieten zusätzlich zur Bestellabwicklung auch noch ein eigenes Publikum sowie die Produkte anderer Anbieter. Dazu gehören beispielsweise Amazon für E-Books (und physische Produkte), Udemy für Online Kurse, Bandcamp für Musik oder Vimeo für Videos.

    Die Provisionen an den Marktplatz sind in der Regel deutlich höher als bei reinen Verkaufsplattform (teilweise bis zu 50% des Verkaufspreises). Zudem behalten sich manche Marktplätze das Recht zur Preisgestaltung und Rabattaktionen vor und kontrollieren die Art und Inhalte eurer Produkte.

    Andererseits profitiert ihr als Produktautoren von einer zusätzlichen Reichweite mit vielen potentiellen Kunden, die ihr selbst noch nicht erreichen könntet. Marktplätze genießen zudem eher ein hohes Vertrauen bei Kunden als unbekannte Anbieter einzelner Produkte.

Auswahlkriterien

Welches Modell nun also das richtige für euch ist, hängt von einer Vielzahl von Kriterien ab. Deren genaue Ausprägung und Relevanz variiert zwischen den drei oben besprochenen Grundmodellen. Zu den wichtigsten Faktoren zählen folgende.

  • Zahlungsarten
    Welche Zahlungsarten stehen dem Kunden zur Verfügung? PayPal und Kreditkartenzahlung sollten Standard sein, idealerweise auch Lastschrift.
  • Umsatzsteuerberechnung
    Für Verkäufe digitaler Produkte ins EU-Ausland muss die Umsatzsteuer entsprechend des Ziellandes berechnet werden. Dies muss bei der Preisgestaltung und Rechnungsstellung berücksichtigt werden.
  • Rechnungsstellung
    Erfolgt die Rechnungsstellung an den Kunden automatisch über die Softwarelösung oder muss jede Rechnung manuell erstellt werden? Je nach dem, wie viele Geschäftskunden und Transaktionen ihr habt, kann das einen großen Unterschied im tatsächlichen Bearbeitungsaufwand machen.
  • Checkout-Prozess
    Wie läuft der Bestellprozess ab? Ist alles übersichtlich und leicht verständlich? Passt sich die Sprache an eure Kunden an? In welcher Währung werden Preise angezeigt und abgerechnet? Welche Dateneingaben des Kunden sind erforderlich?
  • Rechtliches
    Für den Verkauf digitaler Produkte an Privatpersonen gelten natürlich auch rechtliche Rahmenbedingungen. So solltet ihr Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) haben, deren Akzeptanz der Kunde explizit vor dem Kauf bestätigen muss. Auch das Widerrufsrecht muss korrekt umgesetzt werden sowie ggf. eine Datenschutzerklärung akzeptiert werden. Gerade für den deutschen Markt gelten hier andere Rechtsvorschriften als für den amerikanischen – weshalb viele internationale Lösungen nicht automatisch auch für Deutschland oder die EU geeignet sind.
  • Kosten
    Die verschiedenen technischen Lösungen bringen immer auch verschiedene Bezahlmodelle mit sich. Zum einen fallen fast immer transaktionsbasierte Gebühren für die Bezahlung über PayPal, Stripe oder andere Gateways an. Zum anderen entstehen ggf. einmalige Kosten für Plugins und Einrichtung, monatliche Grundgebühren oder zusätzliche Provisionen je Verkauf. Womit ihr selbst am günstigsten fahrt, hängt natürlich von der Anzahl und Regelmäßigkeit eurer Verkäufe sowie der Höhe eurer Preise ab.
  • Integration in bestehende Systeme
    Wie gut integriert sich die Lösung in eure Website (in Sachen Technik, Optik, Sprache, Benutzerfreundlichkeit)? Sind zusätzliche technische Vorkehrungen (z. B. ein SSL-Zertifikat, falls ihr selber Zahlungen abwickeln wollt) oder zusätzliche Plugins erforderlich?
  • Wartbarkeit und Support
    Ist die Lösung leicht umzusetzen und einzurichten? Braucht ihr technische Unterstützung oder könnt ihr alles selbst in die Hand nehmen? Steht bei Plugins oder Plattformen technischer Support zur Verfügung? Ist ein späterer Wechsel zu einer alternativen Lösung möglich?
  • Hosting der Downloads
    Wo werden die zu verkaufenden Dateien gespeichert und wie erfolgt der individuelle Zugriff darauf? Gerade bei größeren Dateimengen kann es sinnvoll sein, diese nicht auf dem eigenen Webhosting zu speichern.
  • Zusatzfunktionen
    Zusätzlich zum reinen Bestellprozess wünscht ihr euch vermutlich weitere Funktionen wie:

    • ein Affiliate-Programm, mit dem ihr anderen Bloggern und Unternehmern ermöglichen könnt, eure Produkte zu vermarkten
    • Integration mit eurem Newsletter-Anbieter
    • Quantitatives Tracking der Herkunft der tatsächlichen Verkäufe und Conversion Rate einzelner Kanäle und Verkaufsseiten
    • Rabatt- und Gutscheincodes für bestimmte Kundengruppen oder Marketingzwecke

Noch mehr Details und Hintergründe zu diesen Kriterien findet ihr in diesem Artikel.

Fazit

Es gibt vielfältige technische Möglichkeiten, digitale Produkte zu verkaufen – dabei kristallisieren sich drei wesentliche Modelle heraus, für die es jeweils verschiedene Anbieter gibt. Um die passende Lösung zu finden, sollten zunächst einige Kriterien bedacht und priorisiert werden.

Ob die Wahl letztendlich auf eine direkte Umsetzung auf der eigenen Website, eine Plattform oder einen Marktplatz fällt, hängt im Wesentlichen von der eigenen Reichweite sowie dem angebotenen Produkt ab.

Plattformlösungen lassen sich in der Regel leichter einrichten und sind bereits optimiert, dafür aber langfristig teurer. Die Umsetzung auf der eigenen Website erfordert nicht nur ein SSL-Zertifikat, sondern auch eine rechtliche Prüfung sowie mehr Einrichtungs- und Wartungsaufwand. Dafür sind Prozesse, Design und Funktionen leichter anpassbar und der Kunde erfährt alle Schritte des Prozesses “aus einer Hand”.

Marktplätze haben oft starke Reglementierungen und die höchsten Kosten – verschaffen euch als Anbieter aber Zugang zu einem breiteren Publikum. Sie eignen sich vor allem, wenn ihr noch keine eigene Reichweite habt oder ein Produkt anbietet, dessen Zielgruppe schwer zielgerichtet zu erreichen ist (z.B. ein Roman).

Im zweiten Teil des Artikels stelle ich euch sechs konkrete Anbieter vor, davon vier selbstgehostete Lösungen für WordPress und zwei Verkaufsplattformen, die allesamt für alle Arten von Downloadprodukten geeignet sind. Da Marktplätze hingegen auf ein Produktformat spezialisiert sind, bleiben sie zunächst außen vor.

Über die Autorin

Michelle Retzlaff unterstützt auf hootproof.de Selbständige und Online-Unternehmer bei der Pflege und Optimierung ihrer WordPress-Websites mit umfangreichen Tipps und aktivem Support. Ihr Ziel ist es, WordPress-Nutzern ein qualifizierter Guide durch den Dschungel an Ratschlägen und Plugins zu sein, damit weniger die Technik und umso mehr die Inhalte ihrer Leser und Kunden im Mittelpunkt stehen können.

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Peer Wandiger

11 Gedanken zu „Verkauf digitaler Produkte – Grundmodelle & Auswahlkriterien“

  1. Dieser Artikel kommt für mich gerade zur richtigen Zeit, denn genau meine Überlegungen beziehungsweise meine Fragen wurde jetzt mit diesem Artikel erläutert 🙂
    Danke für den Artikel.

    Liebe Grüße
    AnnaTeresa

  2. Ich persönlich bin mit Digistore24 sehr zufrieden und man kann es sehr gut integrieren. Wenn man sich die Influencer anschaut, wird auch sehr schnell ein Favourit deutlich.

    • Hallo David,
      im nächsten Teil kommen ja konkrete Empfehlungen. Persönliche finde ich Digistore24 zu teuer und gegenüber dem Kunden nicht so schön, weil die Rechnungen alle von Digistore24 kommen. Cool ist natürlich, dass man es so einfach einrichten kann und es wirklich alle erdenklichen Funktionen mitbringt und man sich um die rechtlichen Feinheiten nicht kümmern muss.
      Schönen Gruß
      Michelle

  3. Auch für mich kommt der Artikel genau richtig, danke Michelle! Stehe gerade vor der Frage MemberPress oder doch lieber DigiMember & Digistore24. Mein Bauchgeühl tendiert eher zu MemberPress, auch wenn der Erstaufwand da um einiges größer sein wird …

    • Hi Alexandra,
      das freut mich! Ich persönlich habe erst Digistore24 genutzt und bin dann zu MemberPress gewechselt. Allerdings steht die anwaltliche Prüfung noch aus. Digistore24 war mir auf Dauer zu teuer (vor allem, da ich kein Produkt, sondern eine Dienstleistung anbiete) und zu wenig eigene Kontrolle.
      Im zweiten Teil dieses Artikels kommt noch ein genauer Vergleich.

  4. Schöner Artikel! Letztendlich kann man viel vorher philosophieren wie alles laufen wird, aber dann müssen die Prozesse doch einfach getestet werden. Am besten ist immer alle drei erwähnten Verkaufskanäle aufzubauen und dann zu schauen woher die meisten Kunden kommen. Dort sollten dann auch wiederum Tests laufen wie sich die eigene oder angebotene Software optimieren, bzw. wie sich Kundenansprache und der ganze Prozess verfeinern lässt. Digistore24 kannte ich noch nicht, hört sich ganz interessant an, aber echt auch ganz schön teuer – schade. Grüße ISTQB

    • Da hast du absolut recht! Ich habe auch schon eine ganze Menge Geld und Zeit verwendet, um verschiedene Anbieter und Plugins zu testen.
      Letztendlich sind Verkaufsplattformen und die eigene Website ja derselbe Verkaufskanal – nämlich eben die eigene Website. Aber klar, man sollte definitiv testen und vergleichen, wenn die Marktplätze keine Exklusivität fordern.

      Und ja, Digistore24 ist ziemlich teuer – spart dir aber auch den Anwalt, die Rechnungserstellung und eine ganze Menge Buchhaltung. Für mich ist es aber auch nicht das richtige.

      Schönen Gruß
      Michelle

      • Liebe Michelle,

        inwiefern spart die digistore den Anwalt? AGBs brauchst du ja dennoch auf der eigenen Website. Eine Rechnungsvorlage erstellst du einmal und kannst sie bei jeder neuen Bestellung anpassen. So ganz blicke ich noch nicht durch, was mir digistore24 für einen Vorteil bieten ggü. einem Shop bzw. Verkaufsbutton auf WordPress.

        Liebe Grüße
        Kathi

        • Man braucht bei der Nutzung von Digistore24 keine eigenen AGB und ist auch selbst nicht der Verkäufer. Digistore24 ist offiziell der Verkäufer.

          Das macht alles Digistore und man bekommt nur die Auszahlung. Man hat also keine Arbeit.

          Und teuer ist Digistore24 auch nicht, insbesondere für teurere Produkte. Bei Amazon bekommt man bei mehr als 10 Euro Produkpreis gerade mal 30% ab. Bei Digistore liege ich bei meinem eBook derzeit bei rund 80%. Und die knapp 20% Prozenz gebe ich gern ab, wenn ich Null Aufwand habe.

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