Gästebuch, Forum, Chat und Co. – Was ist noch zeitgemäß?

Im Folgenden möchte ich einen kritischen Blick auf einige interaktive Seitenelemente, wie Gästebücher, Foren und Chats werfen.

Dabei soll es nicht nur darum gehen in Erinnerungen zu schwelgen, sondern vor allem zu prüfen, welche Tools für wen noch heute ihre Berechtigung haben.

Denn so viel vorab: Nicht alles von damals ist schlecht.

Gästebuch, Forum, Chat und Co. – Was ist noch zeitgemäß?

Die meisten werden sie noch kennen, die unzähligen Anbieter von Homepagebaukästen aus den 1990er-Jahren. Ohne eine Programmiersprache zu beherrschen, konnte ein jeder mit ihnen bunte und blinkende Webseiten erstellen, die einem LSD-Trip ernsthafte Konkurrenz gemacht haben. Entsprechende Angebote gibt es natürlich auch heute noch, einzig ihre Popularität ist auf ein Minimum geschrumpft. Glücklicherweise!

Trotz der Baukästen hat sich der eine oder andere die Mühe gemacht, HTML selbst zu erlernen. Angesicht der damals noch reduzierten Anzahl an Befehlen war das gar nicht so schwer. Wer aber auch interaktive Elemente auf seiner Homepage haben wollte, der musste mehr können als HTML. Und weil für die Programmierung eines Gästebuchs, Forums oder Newsletters den meisten Internetpionieren dann doch die Geduld und das Know-how fehlte, griff man dankbar auf kostenlos bereitgestellte Tools zurück.

Heute sieht man Counter, Chatboxen und Weiterempfehlungsformulare nur noch auf veralteten, ungepflegten Internetpräsenzen oder privaten Homepages experimentierfreudiger Internetneulinge. Andere Tools sind geblieben, schmiegen sich heute aber perfekt an das Design des Internetauftritts an, nerven nicht mit unschöner Werbung und sind technisch perfektioniert.

Das Gästebuch

Gib’s zu! Du hattest damals auch eins. Egal ob es Sinn machte oder nicht, jede Internetpräsenz hatte ein Gästebuch. Auf Einträge allerdings warteten viele vergeblich. Die Beliebtheit der Gästebücher hing damit zusammen, dass es damals eine einfache Möglichkeit war Feedback von seinen Besuchern zu erhalten. Selbst wenn der Besucherzähler, der damals auch auf keiner Homepage fehlen durfte, sich nennenswert in die Höhe schraubte, hatte man keinen Kontakt zu seinen Besuchern. Ein Gästebuch ermöglichte ihnen die Kontaktaufnahme, ohne eine E-Mail schreiben zu müssen.

Heute gibt es Facebook, Twitter und Co., Gästebücher sind vielerorts verschwunden. Die paar, die es auf Internetpräsenzen älteren Erstellungsdatums noch gibt, erfreuen sich aber gerade bei Suchmaschinenoptimierern größter Beliebtheit. Denn hier kann man meistens noch einen Link angeben, der nicht mit “nofollow” gekennzeichnet wird. Zudem werden viele alte Gästebücher nicht moderiert. Selbst offensichtliche Werbebotschaften werden sofort veröffentlicht.

Dennoch hat dieses Tool seine Berechtigung, nämlich dann, wenn es dafür genutzt wird, wofür es gedacht ist: als Gästebuch. Ferienhausvermieter und Restaurantbetreiber beispielsweise können nur gewinnen, wenn ihre zufriedenen Kunden im analogen wie digitalen Gästebuch vom aufmerksamen Service schwärmen. Da können die Werbebilder noch so hübsch und die Werbetexte noch so anpreisend sein – ehrliches Kundenlob überzeugt selbst den letzten Zweifler.

Der Chat

Auch die Blütezeit des Chats ist vorüber. Soziale Netzwerke und mobile Kommunikationsdienste wie WhatsApp haben nicht nur klassische Chaträume, sondern auch einst revolutionäre Instant-Messaging-Dienst wie ICQ abgelöst. Noch existierende Chats sind meist Überbleibsel einer vergangenen Netzepoche. Überproportional häufig übrigens im Erotikbereich zu finden.

Einem bestimmten Thema gewidmet hat der Chat dennoch seine Daseinsberechtigung um Gleichgesinnte zu finden. In Abgrenzung zu einem Forum war und ist die erleichterte Echtzeitkommunikation sein Vorteil. Bei Facebook und Twitter geht das heute aber genauso gut. Der Chat wird deshalb wohl auch zukünftig nur noch ein Nischendasein fristen.

Außer im Supportbereich. Hier erfreut er sich zu recht wachsender Beliebtheit und steigert so die Kundenzufriedenheit. Der Vorteil liegt auf der Hand: Statt auf eine Mailantwort warten oder in der Wartschleife der Hotline hängen zu müssen, erhält man direkt Auskunft. Für Unternehmen ist ein Supportchat einfach, kostengünstig und schnell realisierbar. Eine klassische Win-Win-Situation.

Das Forum

Erst gab es Newsrooms, dann kam das Forum. Wer sich auf seiner Internetpräsenz einem bestimmten Thema widmete, der wollte dazu auch ein Fachforum anbieten. Getrieben vom Traum, dass sich rund um die Uhr hunderte Gleichgesinnte über ein Thema austauschen, entstanden so mal mehr, mal weniger benutzerfreundliche Diskussionsforen.

Die meisten gibt es nicht mehr, weil sie nie ernsthaft mit Leben gefüllt wurden. Überlebt haben nur die großen. Denn ein Forum steht und fällt mit seiner Anzahl aktiver Mitglieder. Wer Fragen hat oder Meinungen diskutieren möchte, der erwartet prompte Reaktionen. Ist das mangels Mitgliedern nicht gesichert, hat ein Forum keine Chance. Entsprechend schwer tun sich Foren, die die gleichen Thematiken beackern und somit dieselbe Zielgruppe ansprechen. Heute gibt es meist ein großes Forum zu einem Thema. Die jedoch sind dann dank benutzergenerierter Inhalte ein Gewinn für die Betreiber und dank vieler Austauschwilliger auch für die Mitglieder.

Aus genannten Gründen lohnt sich die Eröffnung eines Forums eigentlich nur, wenn durch ein Blog, Magazin oder ähnliches bereits eine gewisse Reichweite und bestenfalls sogar eine kleine Community aufgebaut wurden. Direkt mit einem Forum ins Blaue hinein zu starten ist keine gute Idee. Es meldet sich halt niemand an, wenn nichts los ist. Und wenn sich niemand anmeldet, dann ist eben nichts los. Wer sich trotzdem an ein Forum wagt, dem steht heute immerhin kostenlose und professionelle Open-Source-Software zur Verfügung, die keine Wünsche offen lässt.

Das neue Forum sind heute Facebookgruppen, die es zu fast jedem Thema in Hülle und Fülle gibt. Weil sowieso fast jeder bei Facebook angemeldet ist, fällt diese hohe Hürde, die bei selbstständigen Foren zu überwinden ist, schon mal weg. Außerdem kann auf dem sozialen Netzwerk jeder ohne Vorkenntnisse innerhalb von Sekunden eine Gruppe erstellen. Dank des eigenen Kontaktepools, der direkt eingeladen werde kann, fällt eine erste Belebung leichter. Direkte Einnahmen lassen sich mit einer Facebookgruppe aber nur bedingt generieren.

Der Newsletter

Besucher über einen Newsletter an sein Internetangebot binden. Eigentlich eine gute Idee. Und dank der vielen kostenlosen Anbieter schon vor 15 Jahren zumindest rein technisch kein Problem. Blöd nur, wenn man nichts zu sagen hat. Denn die meisten Webseiten hatten gar kein Potential für das regelmäßige Füllen von Rundmails. Und so blieb das Postfach nach zwei, drei anfänglichen Ausgaben mit mehr oder weniger sinnvollen Inhalten leer. Oftmals auch, weil die erhoffte Abonnentenschar ausblieb.

Heute kennen wir den Newsletter überwiegend von Onlinehändlern. Gekonnt eingesetzt, können aber auch andere Branchen ihn noch immer gewinnbringend nutzen, wenngleich die Akzeptanz in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist. Um Besucher über neue Inhalte auf der Internetpräsenz zu informieren reichen heute die Social-Media-Kanäle.

Wer einen dauerhaft erfolgreichen Newsletter etablieren will, der muss seinen Abonnenten exklusive Inhalte bieten, die man nicht auch einfach auf der Webseite finden kann. Wer das beherzigt und perfektioniert, der kann je nach Thema mit seinem Newsletter sogar Geld verdienen.

In Sachen Technik hat sich jedenfalls einiges getan. Gute Newslettersysteme können zwar auch gutes Geld kosten, dafür spucken sie beispielsweise Öffnungs- und Klickraten aus. So kann man Inhalte, Gestaltung und Versandzeit optimieren und das Beste aus seinem digitalen Rundbrief herausholen.

Angesichts der verschärften Rechtslage ist ein vernünftiges Newslettersystem, das Double-Opt-In und ähnliches beherrscht, auch nötig. Früher hat niemand darüber nachgedacht, wo seine E-Mailadresse landet, wenn er sich über einen unbekannten Drittanbieter bei einem Newsletter eines fremden Portalbetreibers anmeldet. Heute hat Datenschutz oberste Priorität.

Das Weiterempfehlungsformular

Um den Datenschutz hat sich auch bei den früher sehr beliebten Weiterempfehlungsformularen niemand gekümmert. In sie konnte man die E-Mailadresse und oft auch den Namen eines Bekannten eintragen. Dieser erhielt dann eine automatische E-Mail, in der er auf das Internetangebot hingewiesen wurde. Heute sucht man entsprechende Funktionen vergeblich. Lediglich einige Nachrichtenportale haben noch ähnliche Tools, mit denen man Bekannte per E-Mail auf einen lesenswerten Artikel hinweisen kann.

Die Abwesenheit der Tell-a-friend-Formulare ist kein großer Verlust. Heute klickt man stattdessen auf einen Social-Media-Button seiner Wahl und verbreitet Inhalte auf diese Weise. Das hat vor allem die Vorteile, dass man mit einem Klick mehrere Personen erreicht und von niemandem mehr ungefragt die Mailadresse in irgendwelche Formulare tippen muss.

Letzteres Argument hat den heutigen Betrieb von Weiterempfehlungsformularen auch aus juristischer Sicht ohnehin so gut wie unmöglich gemacht. Nicht nur, weil er aus Datenschutzsicht bedenklich ist, sondern auch weil Empfehlungsmails grundsätzlich Werbung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb darstellen.

Fazit

Nicht alles, was in den 90er-Jahren der letzte Schrei war gehört heute aufs Abstellgleis. Mit Verstand eingesetzt können Chat, Gästebuch und Newsletter weiterhin sinnvolle Ergänzungen und echte Bereicherungen sein.

Wer nicht am falschen Ende spart, erhält professionelle Tools, die auch optisch Hingucker sind und sich rechtssicher betreiben lassen. Oberste Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz ist und bleibt aber ein tragfähiges Konzept, damit Forum und Co. nicht verweist bleiben.

15 Gedanken zu „Gästebuch, Forum, Chat und Co. – Was ist noch zeitgemäß?“

  1. Sehr toller und informativer Artikel. Besonders das mit dem Forum hat mich interessiert. Denn ich möchte nächstes Jahr auch eins auf meiner Seite anbieten. Der Gedanke war schon länger da, doch ich wollte erst einmal abwarten, wie sich das Ganze entwickelt. Heute hab ich eine größere E-Mailliste und die Follower auf Facebook werden auch immer mehr. Nach einer Umfrage hat sich herausgestellt, dass viele Interesse zeigten, so dass es sich rentieren kann. Doch das werde ich dann sehen.

    Hat einer einen Tipp für eine gute Forensoftware oder kann man das auch mit Plugins machen?

    Vielen Dank an Matthias für den Artikel und an Peer für die vielen tollen Tipps, die mich schon sehr viel weitergebracht haben.

  2. Also ein Gästebuch in digitaler Form geht in meinen Augen nicht mehr, auch nicht für Ferienhäuser. Ich halte da “Kundenstimmen” für besser geeignet. Natürlich sollten diese auch nachvollziehbar, authentisch und natürlich vor allem echt sein.

    Beim Rest gehe ich mit, je nachdem wo es denn hin passt.

  3. Da werde Ich ja ganz nostalgisch, wenn Ich daran denke, wie wir in der Schule alle auf einem Chat-Portal waren, welches auf Gästebüchern basierte. Schade, dass viele dieser Dinge heute weitestgehend durch Facebook und Co abgelöst wurde.
    Foren nutze Ich aber nach wie vor gerne!

  4. Jaa. Die guten alten Gästebücher! Das war noch was. Ich erinnere mich dunkel daran, dass man da auch schonmal selbst einen Beitrag verfasst hat, wenn es so gar nicht in Schwung kommen wollte 😀

  5. Gästebücher und Chats sind ja mehr für Privat und auch nicht mehr so aktuell zumindest die Gästebücher. Für Unternehmen sind Newsletter ganz aktuell und wichtig find ich. Foren sind meiner Meinung nach noch ok, sowohl für Unternehmen wie auch privat.

  6. Chat, Forum, Shoutbox, etc., das alles gibt es immer noch und wird es auch weiter geben, nur unter anderen “Bezeichnungen” und im anderen Kontext. Selbstverständlich hat sich alles aufgrund neuer Techniken verbessert, das Prinzip ist aber bei diesen Elementen geblieben.

  7. Also ich persönlich bin ein großer Anhänger von Foren. Ich bin zwar nur in einem einzigen selbst regelmäßig aktiv, suche aber oft nach Meinungen anderer. Daher google ich oft nach Begriffen im Zusammenhang mit dem Wort “Forum”. Auch in Blogs bin ich oft interessierter an den Kommentaren zu den Artikeln als an dem Artikel selber.

    Von mir selbst ausgehend würde ich daher sagen, dass Foren durchaus ihre Daseinsberechtigung haben und so schnell nicht aussterben werden.

    Ganz entscheidende Voraussetzung ist natürlich – wie hier ja auch steht – dass das Forum eine “kritische Masse” erreicht hat, sodass auch schnell antworten kommen. Dann läuft es praktisch von alleine (vorausgesetzt man hat ein Forum mit einem Thema, das immer “aktuell” ist.

  8. Ich habe schon seit Ewigkeiten kein Gästebuch mehr gesehen. Facebook, Instagram, Pinterest sind viel zu präsent. Mag daran liegen, dass Bilder immer wichtiger geworden sind. Nach dem Motto: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte…

  9. Schade, dass ich heute vieles nach Facebook und co verlagert. Ich erinnere mich noch gut und gerne an die Zeiten in denen noch über ICQ getextet wurde und in Foren sinnvoll (!) interagiert wurde. Was heute in einer Facebook- Gruppe geschrieben wird findet doch morgen niemand mehr wieder. Das war und ist in den Foren anders und deshalb nutzte ich diese nach wie vor gerne.

  10. Also Mathias, erstmals danke für den ARtikel. Gut geschrieben und sehr gut argumentiert. Allerdings finde ich snapchat insgesamt zu aufwendig und daher nicht effizient genug einsetzbar

  11. Gästebucher sind heutzutage gar nicht mehr richtig präsent. Wenn man sich etwas mehr im Internet umguckt, dann findet man Gästebücher über bestimmte Themen. Ansonsten sind die Sozialen Netzwerke Vorreiter! Aber trotzdem sehr guter Beitrag :)!

  12. Hallo Zusammen,

    Ihr Beitrag hat mir echt gut gefallen. Vor allem der Teil, wo es darum geht, dass die Gästebücher nicht mehr relevant sind. Mir selber ist das auch schon aufgefallen. Ich hab letztens auch einen Beitrag gelesen zur Aufstellung der Internetpräsenz ( md-seo.de/internetpraesenz/ ). Interessant ist dabei, dass diese Punkte, die Sie hier aufgelistet haben, komplett fehlen. Danke für diese Ergänzung.

    Freue mich bald mehr von Ihnen zu lesen.

    Mit freundlichen Grüßen

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