Kleinigkeiten abrechnen – Warum es für Selbstständige wichtig ist, auch kleine Arbeiten zu berechnen

Kleinigkeiten abrechnen - Warum es für Selbstständige wichtig ist, auch Kleinigkeiten zu berechnenWer als Freiberufler arbeitet oder selbstständig ist und somit einen eigenen Kundenstamm besitzt, der steht hin und wieder vor der Frage, ob er Kleinigkeiten nun abrechnen sollte oder es einfach als zusätzlichen Service bzw. eine Gefälligkeit übernimmt.

Manchmal sind Nachbearbeitungen schließlich auch im Preis mit inbegriffen, die Frage ist eben nur wie viel und wie oft.

Da ich als Content Manager selbst immer mal wieder vor der Frage stehe, ob ich eine minimale Nachbearbeitung nun abrechnen sollte oder nicht, möchte ich in diesem Artikel genau darauf ein wenig eingehen. Dabei geht es um Vor- und Nachteile, aber auch allgemein um meine persönliche Meinung zu dem Thema.

Was sind eigentlich Kleinigkeiten?

Bevor es nun losgeht, muss erst einmal geklärt werden, wie im Artikel die sogenannte »Kleinigkeit« überhaupt definiert ist. Für mich sind das beispielsweise minimale CSS-Änderungen (Web Designer), die Überarbeitung eines kurzen Absatzes (Texter), sowie das Austauschen eines Bildes (Content Manager). Das alles kommt vor und ist meist keine große Sache, also eine Kleinigkeit.

Kleinigkeiten sind demnach Aufgaben, die für sich genommen keine gesonderte Mühe erfordern. Sie sind meist in wenigen Minuten erledigt, maximal innerhalb einer halben Stunde geschafft. Das sind für mich Kleinigkeiten, so würde ich sie definieren.

Die Frage ist und bleibt: Sollte ich diese als Selbstständiger abrechnen?

Grundsätzliche Überlegungen zum Abrechnen

Meine grundsätzliche Überlegung bei dem Thema ist, dass für alles, was ich tue, Fachwissen erforderlich ist. Mal ist es größer, mal kleiner, doch selbst die Überarbeitung eines CSS-Befehls braucht eben Wissen, was der Kunde nicht besitzt, weshalb er mich beauftragt hat, das Problem für ihn zu lösen.

Es geht also um Probleme und Fachwissen und darum, dass ich etwas beherrsche, was er nicht beherrscht. Oder darum, dass er das zwar alles auch selbst erledigen könnte, ihm aber die Zeit fehlt. So kommen Zeit, Wissen und Problemlösungen zusammen, für die ich auch entsprechend bezahlt werden sollte. Finde ich zumindest.

Die Punkte möchte ich mal anhand zweier Listen zusammenfassen. Was spricht FÜR eine Abrechnung von Kleinigkeiten und was spricht DAGEGEN. Schauen wir uns das Ganze also noch einmal etwas genauer an.

Gründe FÜR das Abrechnen von Kleinigkeiten

  • Zeit für Kleinigkeiten, ist Zeit, die für eigene Kleinigkeiten verwendet werden könnte. Mails checken, Buchhaltung, Telefonate… Zeit kostet immer Geld, weil ihr die Zeit sonst für euer eigenes Business nutzen könntet.
  • Fachwissen wird gebraucht, Fachwissen muss aber auch bezahlt werden. Schließlich habt ihr euch dieses über Jahre oder Jahrzehnte angeeignet.
  • Wer zahlt, entwickelt eine Wertschätzung für die Arbeit. Wer nicht zahlt, nimmt Dinge oft als selbstverständlich wahr und erwartet sie fortan immer wieder, ohne dafür zahlen zu wollen.
  • Kleine Änderungen verursachen manchmal große Probleme, die dann ebenfalls noch gelöst werden müssen. Ein CSS-Befehl könnte beispielsweise die gesamte Darstellung verschieben, die dann auch noch angepasst werden muss.
  • Manchmal ist nur eine minimale Anpassung notwendig, die aber lange Denkarbeit erfordert. Eine Stunde überlegen, zehn Sekunden überarbeiten.
  • Eine Abrechnung verhindert, dass Kunden sich ständig melden, mit der Bitte mal eben und schnell eine vermeintliche »Kleinigkeit« zu lösen.

Gründe GEGEN das Abrechnen von Kleinigkeiten

  • Eine Rechnung zu schreiben, scheint bei manchen Dingen aufwendiger zu sein, als sie einfach mal schnell in der Pause zu erledigen.
  • Kunden fühlen sich vor den Kopf gestoßen, weil sie für den Auftrag als solches schon vorher bezahlt haben und dann oft erwarten, dass Kleinigkeiten, selbst wenn sie später auftreten, noch schnell mitgemacht werden.
  • Wer Kleinigkeiten übernimmt, verbessert das Verhältnis zum Kunden. Der zahlt dann eventuell gerne und öfter mal für einen Auftrag, weil er weiß, dass er bei kleinen Dingen auch mal schnell, kostenlos und unkompliziert Hilfe bekommt.
  • Wer kleine Änderungen übernimmt, könnte das als Werbung nutzen. »Nachbearbeitung kostenlos« oder so »Gerne übernehme ich hinterher noch Anpassungen« sind typische Floskeln dafür.

Es geht um die Wertschätzung

Mir geht es bei der Abrechnung von Kleinigkeiten vor allem um die Wertschätzung meiner Arbeit. Als Content Manager denken die meisten von mir, ich tippe ein wenig herum und gut ist. Dass ich für jeden Artikel oder Text eine semantische Keyword-Recherche starte, eben auch mit der datenbasierten Optimierung arbeite und mich allgemein einfach sehr gut auskenne, demnach genau weiß, worauf es ankommt, wird dann häufig als selbstverständlich wahrgenommen. Doch vieles basiert eben auf Erfahrung und verschlingt Zeit.

Um also nicht als Textsklave wahrgenommen zu werden, der einfach nur nebenbei etwas schreibt, habe ich mir angewöhnt, Korrekturen zwar meist zu übernehmen, aber eben nicht komplette Überarbeitungen oder Ähnliches zu verschenken. Die Abrechnung nach Stunden wirkt da Wunder, um auch beim Kunden ein Verständnis dafür zu schaffen, wie aufwendig so etwas eigentlich sein kann, wenn man es professionell angeht. In meinem Fall ist da eben noch viel mehr notwendig, als einfach nur schreiben.

Für mich geht es bei der Frage nach der Abrechnung deshalb auch immer auch um die Wertschätzung als solches. Natürlich ist das Ändern eines CSS-Befehls, Satzes oder das kurze Austauschen eines Bildes absolut kein Problem. Das kann es aber werden, wenn jeder Kunde das im Nachhinein verlangt oder es als selbstverständlich empfindet, sodass die Fragen nach kostenloser Arbeit immer größere Ausmaße annehmen. Es nicht eskalieren zu lassen, darauf kommt es also wohl eher an.

Ein Zugeständnis, welches hier eventuell erlaubt ist, sind Rechnungen in Form einer Sammelrechnung. Dann wird man nicht jede Kleinigkeit sofort abrechnen, sondern landet einfach auf der nächsten Gesamtrechnung. Das geht natürlich nur dann, wenn es um Stammkunden geht, die sich auch garantiert immer wieder mal mit neuen Aufträgen melden. Und es geht nur dann, wenn Vertrauen auf beiden Seiten besteht. Ich persönlich rechne lieber sofort ab, dann sind die Dinge nämlich erledigt.

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Kleinigkeiten sind oft keine Kleinigkeiten

In der Programmierung höre ich häufig einen Satz, den man auf nörgelnde Kunden anwenden soll, die sich hinterher über minimale Änderungen beklagen, die dafür umso teurer berechnet worden sind.

Beispielsweise wurde nur eine Zeile Code geändert, die aber mit 200 Euro berechnet wurde. Der Kunde versteht das natürlich nicht. Als Antwort sagt man dann: »Stimmt, die Zeile zu ändern war einfach und hat nur 50 Cent gekostet, aber die Zeile zu finden war aufwendig und hat 199,50 Euro gekostet.«

Der Satz ist ein schönes Beispiel dafür, wie oft die Wahrnehmung bei Kunden eben von der tatsächlichen Arbeit abweicht. Nur weil eine Grafik minimalistisch aussieht, heißt das schließlich nicht, dass der Designer an diesem minimal verständlichen Konzept nicht umso länger gearbeitet hat. Nur weil ein Text, nur ein Text ist, bedeutet es nicht, dass ich nicht stundenlang recherchiert und optimiert habe, damit er sich flüssig liest und von Google ideal eingeordnet werden kann. Dinge, die klein aussehen, erfordern manchmal ganz schön viel Arbeit. Gerade »einfach« und »verständlich« zu sein, ist oft sogar am schwersten.

Wenn ein Kunde also sagt, dass ihm der eine Satz nicht gefällt, ändere ich diesen gerne für ihn. Kein Problem. Wenn es aber um einen Absatz geht, kann das bedeuteten, dass ich dann auch andere Absätze ändern muss, gewisse Verweise obsolet werden, oder die Semantik nicht mehr stimmt, die ich mühsam aufgebaut habe. Kleinigkeiten sind demnach oft keine Kleinigkeiten, sondern werden oft nur als solche wahrgenommen.

Warum ich auch Kleinigkeiten berechne

Mir ist es wichtig, dass meine Arbeit verstanden und wertgeschätzt wird. Inzwischen kann ich es mir glücklicherweise aussuchen, mit wem ich zusammenarbeite, doch am Anfang gab es da immer wieder Probleme mit Kunden, die meinten, alles wäre inklusive. Manchmal wird auch einfach extra ein kleiner Auftrag erteilt, der dann mit vielen (vermeintlich kostenlosen) Kleinigkeiten plötzlich größer wird. Darauf müsst ihr aufpassen, wenn ihr selbstständig seid, denn solche Kleinigkeiten fressen viel Zeit und kosten euch eine Menge Geld.

Inzwischen sehe ich es so, dass auch Kleinigkeiten immer bezahlt werden sollten. Warum? Weil ein Kunde nicht für eine Kleinigkeit zahlt, sondern dafür, dass ICH diese Kleinigkeit ausführe. Er bezahlt also MEIN Fachwissen, MEINE jahrelange Erfahrung, MEINE aufgebaute Expertise und somit MICH als Person. Wenn er das nicht möchte, kann er sich einen beliebigen anderen suchen. Ich aber lebe von meiner Arbeit, bilde mich fort, bin sehr gut darin, möchte also auch entsprechend wertgeschätzt werden. Ganz einfach.

Schlimm ist dann immer, wenn E-Mails schon damit beginnen, dass »nur eine Kleinigkeit« oder etwas »ganz Einfaches« erledigt werden muss. Wäre es so einfach, könnte er es selbst erledigen. Wäre es so einfach, müsste er mich nicht dafür bezahlen. Vielleicht klingt das alles ein wenig arrogant, aber ich bin stolz auf das, was ich tue, und möchte einfach nicht mehr für Leute arbeiten, die das alles als selbstverständlich betrachten oder glauben, weil sie zwei Bücher gelesen, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben.

Und so bin ich dazu übergegangen, auch vermeintliche Kleinigkeiten abzurechnen.

Wie seht ihr das?

7 Gedanken zu „Kleinigkeiten abrechnen – Warum es für Selbstständige wichtig ist, auch kleine Arbeiten zu berechnen“

  1. Hallo David
    Der Artikel ist wichtig. Immer wieder kommt es bei langjährigen Kunden zu einem Einschleichen der “mal ebenso” Aufgageben. Es ist auch manchmal ein Gratwanderung ob und wie oft man diese quasi Zusatzaufgaben kostenlos macht.
    Ich denke, man muss dem Kunden immer mal wieder klar machen, dass es das digitale oder datengetriebene Arbeiten eben doch hochspezialisierte Arbeit ist. Beim Handwerker ist das einfacher nachzuvollziehen. Es staubt und rumpelt und hinterher funktioniert es hoffentlich wieder.
    Dein CSS Beispiel ist gut.
    Deine Argumentation mit dem Wissensvorsprung ist gut.
    Hast du noch mehr solcher Argumente auf Lager?

    Wenn du in diesen Artikel noch 10 solcher Argumentationshilfen in Bulletpoints einarbeiten würdest, dann wäre der Beitrag aus meiner Sicht perfekt für die solo-selbständigen Leser dieser Seite.

    Die Kunden kommen ja gerade zu einem, weil sie es eben nicht selbst können. Je mehr der Kunde analog in seiner Produktion orientiert ist, desto schwerer fällt es ihm zu verstehen wo die eigentliche Arbeit der Digitalworker liegt. Der Austausch eines Bildes kann mitunter nur deshalb schnell erledigt sein, weil man eben weiss was dpi, jpg, metatext ist und wie photoshop funktioniert.

    Beste Grüße Alexander

    Antworten
  2. Hallo David,

    das sehe ich auch so wie du, man sollte sich seine Arbeit immer bezahlen lassen!

    Man sollte seinen eigenen Wert definieren und auch seine Würde. Was ist mir meine Zeit wert? Kann ich mich mit dem Kunden oder Unternehmen identifizieren? Egal ob man einen Job hat oder selbstständig ist.
    Daraus lässt sich dann wunderbar ableiten ob man den Job/Auftrag machen möchte.

    Grüße
    Erkan

    Antworten
  3. Hallo David,

    Danke dir. Prinzipiell sehe ich das genauso wie du.

    Ob es eine Kleinigkeit ist oder nicht, entscheide ich. Nicht die Kundin.

    Spannend ist die Sache auch bei Familie und Bekanntschaft: “du kannst das doch bestimmt mal schnell machen.” da stelle ich dann klar, dass ich gern helfe beim Umzug oder bei der Partyvorbereirung. Aber Lektorat und Coaching mache ich beruflich und nehme dafür auch Geld.

    Für meine Geburtsgeschichten nehme ich übrigens einen Festpreis. Da geht es dann ganz bewusst darum, dass ich weiß, dass viele Frauen erst nach und nach alles erzählen, was in die Geschichte gehört. Mehrere Nachbearbeitungen sind im Preis insofern bereits kalkuliert.

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  4. Anspruchsdenken auf kostenlos fällt schnell auf. Wenn es für den Kunden nicht selbverständlich ist, dass Arbeit honoriert werden muss, dann ist es Zeit sich zu trennen.

    Anders wenn Kundschaft offen kommuniziert nicht so viel, nicht sofort oder einfach anders zahlen kann/möchte. Dann gibt es Möglichkeiten zu verhandeln.

    Rein praktisch ist es doch auch kein Problem Kleinigkeiten per Zeiterfassung zu sammeln und turnusmässig abzurechnen.

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  5. Hallo, ich arbeite zwar in einem anderen Bereich, aber ein Beispiel für eine “Kleinigkeit”.
    Kundin möchte telefonisch “nur einen Termin ausmachen” und erzählt mir im Anschluss ganze 40 Minuten lang etwas, was für den folgenden Termin aus ihrer Sicht wichtig ist mir vorab mitzuteilen, das Gespräch endet mit der Terminvereinbarung.

    Zu Beginn meiner Tätigkeit hatte ich noch Hemmungen und habe manches Telefonat nicht berechnet, inzwischen setze ich selbstverständlich auf die Rechnung die dafür verwendete Zeit mit “Terminvorbereitung, telefonisch”. Die reine tel. Terminvereinbarung inkl. kurzem Smalltalk wird nicht berechnet.

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    • Das kenne ich und vor allem meine Frau auch. Viele Kunden sind sich nicht bewusst, wie viel man zun tun hat und dass 30 Minuten Gespräch eben auch Arbeitszeit ist. Klar ist eine gute Kommunikation wichtig und man sollte sich dafür Zeit nehmen, aber wahrscheinlich erzählt die Kundin im persönlichen Gepräch das alles nochmal.

      Finde ich gut, dass du längere Telefongespräche abrechnest.

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  6. Die Punkte, warum man Kleinigkeiten abrechnen muss, sind gut dargestellt. Ich lebe davon, Kleinigkeiten abzurechnen. Denn wie heißt es: “viel wenig ergibt ein viel”. Ich erstelle ca. halbjährig eine Sammelrechnung in der die Leistungen detailiert aufgeführt sind, so dass der Kunde das gut nachvollziehen kann.

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