Braucht man heute noch eine Website als Selbstständiger?

Braucht man heute noch eine Website als Selbstständiger?Durch Facebook, Instagram und Co. stellt sich für viele Unternehmen und Selbstständige die Frage, ob man heutzutage überhaupt noch eine aufwändige Website braucht.

Ich finde das Thema sehr spannend, gibt es doch einige Punkte, die meiner Ansicht nach immer noch dafür sprechen. Aber es gibt auch Argumente dagegen.

Mich würde auch sehr eure Meinung dazu interessieren.

Website zur Kundengewinnung

Erst letztens ging es in einem anderen Artikel darum, ob man als Webdesigner überhaupt noch eine Website benötigt. Schließlich hatte der Autor des Artikels die Erfahrungen gemacht, und auch in vielen anderen Fällen ist es so, dass die allermeisten Kunden entweder über Werbung, Social Networks oder über Empfehlungen kommen.

Also warum überhaupt noch Arbeit und Zeit in eine eigene Website stecken?

Ich möchte dazu mal 3 Punkte nennen, die mir in diesem Zusammenhang in den Kopf gekommen sind und auch meinen eigenen Erfahrungen entsprechen, auch wenn ich nicht mehr selbst Kunden habe.

Unterschiedliche Kunden

Es macht schon einen großen Unterschied, ob man B2C Kunden anspricht oder B2B Kunden. Wenn man für Firmen (oder andere Selbstständige) arbeitet, und das tun ja viele Selbstständige, dann funktioniert die Kundengewinnung schon anderes, als wenn man Endkunden erreichen will.

Ich habe selber früher die Erfahrung gemacht, dass die meisten meiner Kunden über Empfehlungen kamen. Offline-Werbung habe ich dagegen so gut wie keine gemacht.

Doch würde ich deshalb auf eine Website verzichten? Sicher nicht. Denn nicht jeder B2B-Kunde ist gleich und es hängt davon ab, welche B2B-Kunden man erreichen will. Sind es eher die technikscheuen regionalen Handwerker oder eher IT-Unternehmen? In welcher Altersgruppe liegen die potentiellen Kunden?

Meist kann man diese Fragen nicht eindeutig beantworten und die eigene Zielgruppe ist nicht nur über einen Kanal zu erreichen. Das bringt mich zu meinem nächsten Punkt.

Website als Teil des Gesamtpaketes

Eine Website ist für einen Selbstständigen, wie z.B. einen Webdesigner, aber auch für andere Dienstleister, ein Teil des Gesamt-Marketing-Paketes.

In der Regel wird man zum Teil potentielle Kunden haben, die gar nicht auf die Website schauen. Andere wiederum schauen auf jeden Fall auf der Website nach, ohne darüber aber direkt Kontakt aufzunehmen. Ganz andere kommen direkt über die Website, was aber wie gesagt an der Zielgruppe liegt und wie gut man die eigene Website z.B. in den Google Rankings platziert hat.

Oft genug ist eine Website auch Teil einer Marketing-Aktion, die sich über verschiedene Medien verteilt. So könnte man auf einer Messe Visitenkarten verteilen, auf denen die Domain steht. Oder man schaltet Print-Anzeigen und verweist auch dort auf die eigene Website.

Es stellt sich also in meinen Augen gar nicht die pauschale Frage, ob eine Website notwendig ist oder nicht, sondern wie man diese einsetzt und nutzt. Einfach nur eine Website zu haben bringt zwar auch schon was, und wenn es den potentiellen Kunden nur zeigt, dass es einen (noch) gibt, aber in der Regeln ist die Wirkung in Kombination mit anderen Marketing-Maßnahmen größer.

Aber natürlich kann es bei manchem auch so sein, dass eine Website nicht notwendig ist. Das muss man dann aber wirklich im Einzelfall herausfinden.

Aufwändig ist nicht unbedingt gut

Eine meiner Meinung nach typische Aussage von Webdesignern ist häufig: “… die meisten Kunden sind unfähig, ein qualitativ hochwertiges Webdesign zu erkennen.”

Diese Aussage zeugt nicht gerade von Respekt vor den Nutzern und auch nicht für das Verständnis für die wirklich Bedürfnisse der Zielgruppe.

Es zeigt in meinen Augen vor allem die Unfähigkeit vieler Webdesigner zu verstehen, worum es bei Firmenwebsites wirklich geht und was es bedeutet, das eigene Produkt (oder eben eine Website) an die Kundenbedürfnisse anzupassen und nicht zu verlangen, dass sich die Kunden an die Website anpassen.

Leider liest man oft wenig davon, wie man als Webdesigner mit seiner Website den “Nutzen für die Kunden” demonstrieren kann und wie man diesen zeigen kann, welche positiven wirtschaftlichen Effekte eine Firmenwebsite haben kann.

Stattdessen geht es häufig um aufwendige Websites, modernes Design, interaktive Effekte etc.. Das ist auch der Grund, warum ich mich früher nicht gern als reinen Webdesigner bezeichnet habe, denn in meinen Augen sehen viele Webdesigner nur die Optik und das Design und nicht das eigentlich wichtige dahinter, nämlich die Wirtschaftlichkeit.

Eine Firmenwebsite muss wirtschaftlich Sinn machen. Wenn das dadurch erreicht wird, dass man die Website schön gestaltet ist das okay. Wenn die Zielgruppe eher etwas einfaches möchte, was leicht zu bedienen ist, aber nicht unbedingt dem aktuellsten Designtrends entspricht, ist das auch okay.

Form follows Function

Das gilt auch und gerade bei der Erstellung von Websites. Und deshalb sollten Website-Betreiber nicht ewig über kleine Designentscheidungen krübeln und CSS-Feuerwerke abbrennen wollen, sondern sich erstmal überlegen, was potentielle B2B-Kunden von der Website erwarten.

Nur eine Portfolio-Website?

Den Ansatz einer Portfolio-Website finde ich nicht schlecht. Dabei handelt es sich um nur eine Seite, auf der das eigene Referenz-Portfolio vorgestellt wird und noch ein paar Kontaktdaten stehen.

Allerdings ist auch das keine Pauschallösung. So wird solch eine Site wahrscheinlich Probleme haben in Google ordentlich zu ranken, denn mit nur einer Seite ist es problematisch thematische Schwerpunkte zu setzen und Keywords etc. gezielt einzusetzen. Hat man als Webdesigner so eine One-Page Lösung könnte dies zudem dazu führen, dass auch potentielle Kunden der Meinung sind, dass eine Seite reicht.

Nicht zuletzt gehört, wie ich oben schon gesagt habe, auch die Vermittlung des Kundennutzens zu einer Website und nicht nur die Vorführung von tollen Referenzen. Und da wird es schon schwierig, dies alles auf einer Seite unterzubringen. Schließlich gibt es viele Ideen für Inhalte von Firmenwebsites.

Das Paretoprinzip bei der eigenen Website

Zu guter Letzt würde ich Unternehmen und Selbstständigen das Paretoprinzip ans Herz legen.

Dieses Prinzip sagt im Grunde aus, dass 20% der eingesetzten Zeit 80% der Ergebnisse bringt (grob geschätzt). Es gibt also sehr effektive Maßnahmen, die viel bewirken. Wenn man sich allerdings mit vielen Kleinigkeiten aufhält, die nur wenig oder gar nichts bringen, ist das kontraproduktiv.

Bei der Softwareentwicklung spricht man da z.B. vom “Goldplating”. Da werden zusätzlich noch Features eingebaut und “Verschönerungen” vorgenommen, die eigentlich nichts bringen und teilweise sogar das Gegenteil bewirken.

Während meines BWL-Studiums ist vieles nicht unbedingt in meinem Kopf hängen geblieben. 😉 Allerdings kann ich mich noch gut an die Kosten-Nutzen-Kurve erinnern.

Mit jeder Einheit Zeit, die man mehr eingesetzt hat, ist der gewonnene Nutzen weniger geworden. Ab einer bestimmten Stelle sollte man also aufhören zu optimieren, da es dann kaum noch was bringt und nur Zeit und Geld kostet.

Man muss gerade auch bei eigenen Projekten akzeptieren, dass man es nicht perfekt machen muss.

Welche Fehler hast du bei deiner ersten Website/Blog auch gemacht?

Ergebnis anschauen

Was ist eure Meinung?

Findet ihr Websites heute noch notwendig und wenn ja, wie und nach welchen Maßstäben entwickelt ihr eure eigenen Websites?

Lesen hier vielleicht auch Webdesigner mit, die ähnliche Probleme bei der Gestaltung der eigenen und von Kunden-Website haben? Welche Webdesigner leiden nicht an einem optischen Verwirklichungswahn, sondern orientieren sich an den Wünschen und Bedürfnissen der Zielgruppe?

Ich freue mich über eure Erfahrungen und Meinungen.

Peer Wandiger

10 Gedanken zu „Braucht man heute noch eine Website als Selbstständiger?“

  1. Wichtige Frage, bei der Gestaltung einer Internetseite, ist in meinen Augen auch immer welche Inhalte bieten einen Nutzen für Besuchende.

    Du sprichst es ja selbst schon an, dass eine Website auch immer ins Gesamtkonzept passen sollte.Bei der eigenen Website habe ich selbst es in der Hand, welche Informationen aktualisiert werden und wie auf aktuelle Trends reagiert werden kann.

    Eine Internetseite sollte auch aktuelle Informationen enthalten, so dass ich bspw. von einen Restaurant nicht nur die Öffnungszeiten sondern auch die aktuelle Speisekarte erwarten würde. Bei anderen Dienstleistungen können dieses aktuelle Projejte oder sonstige Darstellungen sein.

    Gerade bei Veranstaltungen, hier nehme ich als Beispiel gerne Gottesdienstzeiten von Kirchengemeinden, solten diese Informationen schnell aufrufbar sein aber auch einen Mehrwert bieten können.

    Die größte Herausforderung dürfte aber tatsächlich die Neustrukturierung einer bestehenden Seite sein, in der schon viele Inhalte angelegt worden sind aber durch das organische Wachstum der Seite dieses sehr unübersichtlich geworden ist.

    Insgesamt glaube ich, dass ein Teil einer guten Beratung immer auch die Frage ist, welchen Inhalt (und damit Mehrwert) möchte ich meiner (künftigen) Kundschaft bieten und wie gelingt es mir diese Information entsprechend darzustellen.

    Dabei kann Branchenerfahrung tatsächlich hilfreich sein und sich vorher schon einmal Gedanken darüber gemacht zu haben, welchen Zweck die eigene Seite verfolgen soll ist auch etwas, dass sicherlich nicht schadet.

    Insgesamt bin ich eindeutig der Meinung, dass auch heutzutage eine eigene Website noch erforderlich ist und eigentlich der Mittelpunkt eines “Personalbrandmix” sein sollte. Alle anderen, sicherlich auch wichtigen Kommunikationswege, sind als Ergänzung sehr wertvoll aber die Frage ist meiner Meinung nach, was auf Dauer Bestand haben soll und womit sich auch in einigen Jahren noch identifizierbar und auffindbar sein sollte.

    Gerade in Hinblick auf Webputation dürfte hier ein Markenkern wichtiger sein als Fremdplattformen die jederzeit die Spielregeln ändern können. 🙂

    Viele Grüße
    Andreas Unkelbach

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    • Danke Andreas,
      für deinen ausführlichen Kommentar. Ja, die Frage der Abhängigkeit ist hier auch sehr wichtig. Hatte ich ebenfalls schon mal thematisiert.

      Bei der Neustrukturierung einer großer Website stimme ich dir ganz besonders zu. Das ist auch für mich eine der größten Herausforderungen.

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  2. Ich bin der Meinung, dass jeder Selbstständige eine Website braucht. Ok bei Freelancer muss es nicht unbedingt sein, aber gerade im B to C sollte man zu mindestens eine kleine Website mit den wichtigsten Infos besitzen. Schon so viele richtig gute Restaurants gesehen, die nur eine “Facebook Page” und keine richtige Websites besitzen. Gerade für Menschen die nicht auf FB und co angemeldest sind, ist sowas ziemlich nervig, da diese Portale einen schon fast nötigen sich dort anzumelden. Man kann sich der heutigen Zeit auch mit wenig Geld und Aufwand, eine vernünftige Website bauen. Am besten ist es natürlich eine Website und die nötigsten Socialmedia Seiten dazu zu besitzen. So kann man sichergehen, dass alle Kunden einen problemlos kontaktieren können.

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    • Es gibt es aber auch Geschäfte, die bewusst keine Website haben, weil sie sonst eben zu sehr überlaufen werden. Hatte schon einen Kunden, der hat die Kontaktdaten auch immer wieder bewusst vom Netz genommen, wenn es wieder Anstürme gab und da half es dann tatsächlich sehr. Nicht jeder hat ja ein XXL-Unternehmen oder möchte überhaupt so überrannt werden.

      Habe das selbst auch lange so gehandhabt und versuche auch heute noch, mich weitgehend aus dem Netz rauszuhalten. Das ging sehr lange bei mir nur via Mund-zu-Mund Propaganda. Irgendwann habe ich es dann vereinfacht, weil ich wieder bloggen wollte und es vermisst habe, eine Website zu pflegen. Die braucht man schon als Spielplatz für eigene A/B Tests etc. deshalb macht sie fast immer Sinn, um bestimmte Dinge zu testen, bevor sie dann bei wirklich wichtigen Projekten oder Kunden eingesetzt werden. Ist auch der Klassiker, dass die eigenen Projekte immer als letztes ihre Updates kriegen, weil einem die Zeit fehlt.

      Auch heute lehne ich aber unglaublich viel ab und suche mir eben vielmehr aus, wo und wie ich meine Zeit investiere. Einer der Gründe, warum ich beispielsweise kein Kontaktformular auf der Website habe ist, dass dann zu viele Anfragen kommen. Auch so eine Sache. Je einfacher, desto mehr melden sich. Mehr ist aber nicht immer besser.

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  3. Hallo Peer,

    ich beschäftige mich ja viel mit Google Brancheneinträgen und auch hier kommt oft die Frage auf, ob man überhaupt noch eine eigene Webseite benötigt. Google zeigt gerade bei lokalen Unternehmen (Frisören, Agenturen, Restaurants) ja häufig schon die relevanten Infos (Telefonnumer, Speisekarte, Produkte) in den Suchergebnissen an. Dennoch bin ich weiterhin ein großer Befürworter der eigenen Webseite. Trotz all der Veränderungen sind Suchmaschinen immer noch relevante Traffic-Quellen. Gerade für Kleinunternehmern, die kein Geld in Paid Media stecken. Ohne eigene Webseite klicken die User im Zweifel auf ein Ergebnis eines Wettbewerbers. Außerdem gewinnt man über eine Webseite zusätzliche Daten (Webanalyse, Search Console, etc.) die wiederum helfen können die Kunden besser zu verstehen. Mit zunehmender Bedeutung von “Voice” wird die Notwendigkeit einer Webseite irgendwann wahrscheinlich abnehmen. Aktuell sehe ich das aber noch nicht. Viele Grüße Florian

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  4. Wenn man als Unternehmen online gesucht wird, ist es meiner Meinung nach auf jeden Fall vertrauenswürdiger, wenn der Suchende dann auf die Website stößt, als wenn nur FB oder andere Social Networks gefunden werden. Auch beim Hinterlegen in Verzeichnissen oder eben als Firma bei Google macht es einen besseren Eindruck, wenn der Interessent von dort dann auf die eigene Firmen-Site gelangen kann. Bei Freelancern sehe ich das übrigens genauso.

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  5. Hallo,
    Ja, jeder Selbstständige sollte eine Webseite haben, zumindest eine Webvisitenkarte.
    Denn wie soll man ansonsten überhaupt online seriös gefunden werden. Ja, ich weis, viele kleine Unternehmer und Soloselbstständige glauben immer noch, darauf verzichten zu können oder haben Angst, dass es für sie zu teuer wird. Dabei gibt es heute genug Möglichkeiten kostengünstig an eine eigne Domain und zumindest eine Webseite in Form einer Visitenkarte bequem und einfach selbst erstellen zu können. Und das ohne viel Aufwand.

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  6. Ein sehr hilfreicher Beitrag zum Thema Firmen-Website. Auch ich halte eine Website für Selbstständige für unerlässlich.
    Es grüßt Harald Adam
    aus dem Ruhrgebiet

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  7. Ich finde den Artikel sehr schlüssig. Ich würde bei meiner Antwort noch dahingehend differenzieren, ob die Selbständigen-Tätigkeit hauptberuflich oder nebenberuflich ausgeübt wird. Lange Zeit war auch die jeweilige Branche in der man tätig ist ausschlaggebend, ob man eine Webseite als Online-Präsenz benötigt. In Zeiten von Corona benötig selbst das kleinste Einzelhandelsgeschäft eine Webseite mit Terminbuchungsfunktion…

    In meinem Beispiel akquiriere ich zwar viele Kunden über Social Media, doch für den Erfolg in der Angebotsphase fungiert meine Homepage als Visitenkarte (Vertrauensgeber). Über Social Media ist alles etwas “gewöhnlicher” und persönlicher, was viele Vorteile hat, doch unter Umständen kann dies Kunden auch Lust nach einem “Freundschaftspreis” machen. Ich finde ein gutes Konzept aus verschiedenen Marketing-Kanälen ist der Schlüssel zum Erfolg.

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