Für die meisten Menschen hat ein normaler Arbeitstag 8 Stunden. Doch woher kommt diese Fixierung auf 8 Stunden und ist dies für Selbstständige überhaupt sinnvoll?
Diesen Fragen gehe ich in diesem Artikel nach, schildere meine Erfahrungen und gebe Tipps.
Natürlich freue ich mich über eure Erfahrungen und Meinungen zum 8 Stunden Arbeitstag.
Woher kommt der 8 Stunden Arbeitstag?
Auch wenn man früher insgesamt mehr gearbeitet hat (6 Tage in der Woche), gibt es den 8 Stunden Arbeitstags schon sehr lange.
Zwischenzeitlich wurde in verschiedenen Branche zwar die 38,5 oder sogar die 35 Stundenwoche umgesetzt, aber die Globalisierung hat in den letzten beiden Jahrzehnten eher wieder zu längeren Arbeitszeiten geführt. Und so ist auch heute noch der 8 Stunden Tag für viele Angestellte der Normalfall.
Doch wie sieht es bei Selbstständigen aus? Warum halten sich da viele an diesen eher starren Zeitraum und macht das überhaupt Sinn?
Der Arbeitstag von Selbstständigen
Es gibt einige Ansatzpunkte, um zu erklären, warum sich viele Selbstständige ebenfalls am 8 Stunden Arbeitstag orientieren.
Bereits im 19. Jahrhundert wurde in England der Spruch “Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und acht Stunden Freizeit und Erholung” geprägt. Diese Aufteilung des 24 Stunden Tages hat sich auf Dauer eingeprägt und ist für viele zu Standard-Aufteilung eines Wochentages geworden.
Ein weiterer Grund liegt sicher in der Vorgeschichte vieler Selbstständiger. Nicht wenige haben zuvor in einem Job gearbeitet und den meist nicht sehr flexiblen 8 Stunden Arbeitstag kennengelernt. Also wird es in der Selbstständigkeit genauso gemacht.
Eine wichtige Rolle spielt auch das soziale Umfeld. Wer einen Partner hat, der normal arbeiten geht und wer wie ich Kinder hat, die in die Schule müssen, ist nicht so flexibel bei den Arbeitszeiten. Also wird auch da der normale 8h Arbeitstag umgesetzt.
Allerdings muss man ebenfalls sagen, dass dies natürlich nicht pauschal so ist, genauso wenig wie alle Angestellten und Lohnempfänger pauschal 8 Stunden arbeiten. Manche arbeiten regelmäßig mehr, andere weniger.
So ist es gerade für Existenzgründer oft normal, dass sie mehr als 8 Stunden am Tag arbeiten und sogar am Wochenende tätig sind. Zudem spielt die Branche eine Rolle. Wer ein Ladengeschäft eröffnet oder ein Restaurant, kommt mit 40 Stunden meist nicht hin.
Gerade Selbstständige im Netz hätten aber grundsätzlich die Chance ihre Arbeitszeiten selbst zu bestimmten und dennoch sind auch dort Überstunden oder zumindest eher klassische 8 Stunden Tage nicht ungewöhnlich.
Machen 8 Stunden für Selbstständige überhaupt Sinn?
Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Wie so oft kommt darauf an.
Es ist bei vielen Existenzgründern in den ersten Jahren ganz normal, mehr als 8 Stunden zu arbeiten, da man sich erstmal etwas aufbauen muss. Solange man kaum Referenzen, wenige Stammkunden, keine stabilen Einnahmen und keinen besonders bekannten Ruf hat, muss man oft mehr arbeiten, um genug zu verdienen.
Später normalisiert sich das dann bei vielen Selbstständigen, zumindest sollte es das.
Dafür sprechen auch Studien, die belegen, dass die eigene Leistung bei längeren Arbeitszeiten überproportial sinkt. Es ist also nicht so, dass man 20% mehr Leistung erbringt, nur weil man 20% mehr arbeitet.
Ein weiterer Grund, warum ich festen Arbeitszeiten mittlerweile skeptisch gegenüber stehe, ist das Parkinsonsche Gesetz. Dieses besagt, dass sich die Arbeit in dem Maß “ausdehnt”, wie man dafür Zeit einplant.
Plant man also z.B. für eine bestimmte Arbeit 8 Stunden ein, dann wird es auch 8 Stunden dauern, bis man diese erledigt hat. Plant man dagegen nur 6 Stunden, dann schafft man es in der Regel auch in dieser Zeit. Weniger arbeiten, mehr schaffen ist daher ein interessanter Ansatz.
Das ist ein Phänomen, welches ich durchaus schon öfter selbst beobachten konnte. Es ist erstaunlich, wie viel schneller man Aufgaben erledigt, wenn man z.B. nur bis Mittag arbeiten will, weil man danach was vorhat.
Weniger als 8 Stunden arbeiten?!
Es ist der Traum vieler Selbstständiger weniger als 8 Stunden zu arbeiten. Dazu tragen auch Buchtitel wie Die 4 Stunden Woche von Tim Ferris bei, auch wenn der Ansatz des Buches eigentlich ein ganz anderer ist und es gar nicht primär darum geht, wirklich nur 4 Stunden zu arbeiten.
Doch ist das realistisch?
Ich denke schon, auch wenn ein grundlegendes Umdenken stattfinden muss. Statt den eigenen Arbeitstag an den Stunden zu messen, die man im Büro verbracht hat, sollte man die Konzentration stattdessen auf die zu erledigende Arbeit richten.
Das ist schwierig, aber lernbar. Hier ein paar Tipps:
- Aufgabenbezogene ToDo-Listen
Statt den 8 Stunden Arbeitstag mit Aufgaben zu füllen, sollte man sich lieber eine Todo-Liste anlegen, die aufgabenbezogen ist. Dabei sollte man realistisch vorgehen und nicht zu viele Aufgaben planen.
Das muss man lernen, aber dann kann das sehr gut funktionieren. Wenn man die Arbeit geschafft hat, muss man aber auch so konsequent sein und die Arbeit für den Tag beenden.
In der Konsequenz wird es dazu führen, dass man lernt damit zufrieden zu sein die Arbeit erledigt und nicht eine bestimmte Anzahl Stunden “abgerissen” zu haben. Viele Selbstständige haben leider Schuldgefühle, wenn sie als Selbstständiger weniger als 8 oder 10 Stunden arbeiten.
- Abwechslung
Jeden Tag genau dasselbe zu machen führt zu eingefahrenen Arbeitsstrukturen. Deshalb kann es sehr nützlich sein Abwechslung in den Arbeitstag zu bringen.
So könnte man an einem Tag nur an Webdesign-Arbeiten sitzen, während man am nächsten Tag den Verwaltungskram macht oder Artikel schreibt
Der Vorteil liegt zum einen darin, dass keine so eingefahrene Routine aufkommt und sich nicht jeder Tag gleich anfühlt. Zudem fällt es einem leichter den Arbeitstag zu beenden, wenn man mit der “heutigen” Arbeit fertig ist.
Macht man dagegen jeden Arbeitstag alles mögliche, dann wird man immer was finden, was man noch machen könnte.
- Tag freihalten
Eine noch “härtere” Methode ist es, sich einen Tag in der Woche komplett frei zu halten. Das bedeutet, dass man keine Termine, keine Aufgaben usw. auf einen Tag in der Woche legt.
Ich selber habe das hin und wieder schon geschafft, aber noch nicht regelmäßig. Ich habe schon einige positive Berichte dazu gelesen. Es ist erstaunlich, dass man meist dennoch alles schafft, was man sich vornimmt, dem Parkinsonschen Gesetz sei dank.
- Freizeit-Termine machen
Mir hilft es immer sehr, wenn ich mir Termine für den Nachmittag vornehme. Im besten Falle natürlich Termine, auf die ich mich freue.
Ich bin an diesen Tagen immer viel effizienter und produktiver, da mein Gehirn nicht die “Ausrede” in der Hinterhand hat, dass ich ja länger und auch noch Abends was erledigt kann.
Stattdessen muss die Arbeit bis X Uhr fertig sein und das gelingt dann erstaunlicherweise auch meist.
- Konzentration auf das Wesentliche
Gerade bei Selbstständigen ist oft zu beobachten, dass die ToDo-Listen von Aufgaben überquellen. Kein Wunder, dass meist mehr als 8 Stunden am Arbeitstag gearbeitet wird.
Dagegen kann man nur vorgehen, wenn man sich ganz klar überlegt, welche der Aufgaben wirklich wichtig sind. Oft genug arbeiten gerade Selbstständige im Netz noch an vielen weiteren Ideen, probieren neue Dinge aus und wollen möglichst viele Eisen im Feuer haben.
Bis zu einem gewissen Grad ist das auch Okay, aber man sollte hin und wieder dennoch mal die eigenen Aufgaben und Arbeiten analysieren und alles “rausschmeißen”, was nicht wirklich wichtig für die Zukunft des eigenen Business ist.
So habe ich erst kürzlich einige Blogs und Websites eingestellt, um mich besser auf die verbliebenen zu konzentieren.
- Outsourcing, Automatisierung & Angestellte
Zu guter Letzt ist es mit der Zeit für viele Selbstständige durchaus eine Option nicht mehr alles selber zu machen.
Neben Outsourcing einzelner Arbeiten und einer gewissen Automatisierung bestimmter Aufgaben, kann der eine oder andere vielleicht sogar mal Angestellte einstellen.
Mein Arbeitstag
Meine eigenen Erfahrungen zum Arbeitstag sind recht typisch denke ich.
Als ich mich selbstständig gemacht habe, musste ich mir natürlich erstmal was aufbauen. Ich habe von 0 angefangen und deshalb viele Überstunden gemacht und auch am Wochenende gearbeitet.
Auf Grund von Frau und Kindern und meiner vorherigen Berufserfahrung habe ich mich später mit dem normalen 8 Stunden-Arbeitstag (plus Überstunden) arrangiert.
Mit der Zeit habe ich die Überstunden allerdings zurückgefahren. Zum einen hatte ich Stammkunden und auch meine eigenen Websites und Blogs entwickelten sich gut. Zum anderen litt meine Gesundheit unter den Überstunden und ich wollte keinen Burnout oder eine längere Krankheit riskieren.
Mittlerweile haben sich meine Arbeitsstunden normalisiert. Ich versuche Abwechslung in meinen Arbeitstag zu bringen und analysiere immer mal wieder, was ich eigentlich so alles mache und ob das alles unbedingt notwendig ist.
Zudem versuche ich mir hin und wieder mal einen Tag komplett freizuhalten und etwas ganz anderes zu machen, als sonst.
In den ersten Jahren meiner Selbstständigkeit hatte ich große Schwierigkeiten überhaupt Feierabend zu machen. Zudem hatte ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal eher Feierabend gemacht und nicht 10 oder mehr Stunden gearbeitet habe.
Es hat ein paar Jahre gedauert diese Einstellung zu ändern und einen stärkeren Fokus auf die Arbeit, aber auch die Freizeit zu legen.
Auch heute noch habe ich einen relativ geregelten Arbeitstag, das bringt eine Familie eben mit sich. Dennoch fällt es mir viel einfacher mal eher Schluss zu machen oder wenn es notwendig ist auch mal länger zu arbeiten.
Flexibler zu werden und zufriedener mit dem was man geschafft hat, war für mich viel wichtiger, als auf eine bestimmte Zahl an Arbeitsstunden (oder auch Überstunden) zu achten.
Wie sind eure Arbeitstag-Erfahrungen?
Es gibt sicher keine Pauschallösung für das Thema Arbeitstag.
Jeder Selbstständige muss für sich einen Weg finden, dafür aber eben auch kritisch hinterfragen, wie viel man arbeitet, wann man arbeitet und was man dabei eigentlich schafft.
Wie sind eure Erfahrungen diesbezüglich und wie geht ihr mit Arbeitszeiten, Überstunden und ToDo-Listen um?
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Hi Peer,
ich bin auch ein absoluter Freund von ToDo Listen. Diese klassifiziere ich nach A, B und C-Prio. Damit achte ich darauf, dass die A-Prio IMMER abgearbeitet wird. B-Prio sollte abgearbeitet werden und wenn ich die C-Prio nicht schaffe, ist das nicht so tragisch.
Für die C-Prio kann man sich auch einen Tag freihalten und die Masse der C-Prio geschlossen abarbeiten. Das sind ja in der Regel eher unwichtige Aufgaben wie Druckerpapierbestellungen und ähnliches.
Die ToDo – Listen helfen mir auch unnötige Aufgaben zu identifizieren, die ich nicht tun muss / nicht tun sollte. Das greift dann das Prinzip „cut he bullshit“ 😉
In diesem Sinne
VG Manuel
Ich nutze ToDo-Listen ebenfalls sehr gern, aber sie können auch einen gewissen Druck ausüben und da muss man aufpassen. Zu schnell wächst und wächst eine ToDo-Liste.
Da finde ich deinen pragmatischen Ansatz “cut the bullshit” sehr wichtig. 🙂
In den Grundlagen der BWL wird nicht umsonst dasZeitmanagement gelehrt! https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitmanagement
Das ist zwar richtig und ich habe das in meinem BWL-Studium auch gelernt, aber die Praxis ist dann doch noch mal was ganz anderes, als die Theorie im Studium. 😉
Ich habe mich extra für die Selbstständigkeit um EBEN langfristig weniger als 40 Stunden / Woche zu arbeiten dabei verfahre ich auch ziemlich streng, meine Devise lautet “möglichst hohes Einkommen bei möglichst geringer Arbeitszeit” dabei stehen auch passives Einkommen, radikale Kostenreduzierung, Automatisierung und Flexibilität im Vordergrund
Hallo David,
das ist auf jeden Fall ein wichtiges Ziel, aber leider nicht so einfach zu erreichen.
Viel Erfolg dabei.